[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618].Hirnschleiffer. vnd wie vil darzu gehört. Nemblich vnd erst-lich ein gütiges vnd mitleidliches Gemüt/ Dann wie der allerhöchst Richter Christus die Statt Jerusalem/ die er vorhabens war zustraffen/ anschawte/ anfing bitterlich zu wainen: Also/ wann die Richter vorhabens seynd frembde verbrechen zustraffen/ sollen sie das mitleiden darbey erscheinen lassen/ vnnd die Gerechtigkeit mit der Barmhertzigkeit be- glaiten/ dann sonsten verlieret die Gerechtig- keit jhren Namen/ vnnd wird verkehrt in ein Tyranney. Billich ist/ daß man die Laster andern zum exempel ernstlich straffe/ aber doch soll man darneben ein mitleiden erzai- gen vnd heimlich wainen. Als der HErr das verderben Jerusalems vorsahe/ erzaigte er mit dem einen Aug die Zäher/ aber mit dem andern den Zorn: in der einen Hand zaigte er die gnad/ vnnd in der andern die straf: Mit der einen Hand verthediget er die Sünder/ vnd mit der andern schlegt er: ob schon er mit der einen Handt zürnet/ so beschützet er doch seine Creaturen mit der andern Hand. Die Göttliche Barmhertzigkeit bedecket die Sünd/ damit sie nit gesehen werden von der schärpffe
Hirnſchleiffer. vnd wie vil darzu gehoͤrt. Nemblich vnd erſt-lich ein guͤtiges vnd mitleidliches Gemuͤt/ Dann wie der allerhoͤchſt Richter Chriſtus die Statt Jeruſalem/ die er vorhabens war zuſtraffen/ anſchawte/ anfing bitterlich zu wainen: Alſo/ wann die Richter vorhabens ſeynd frembde verbrechen zuſtraffen/ ſollen ſie das mitleiden darbey erſcheinen laſſen/ vnnd die Gerechtigkeit mit der Barmhertzigkeit be- glaiten/ dann ſonſten verlieret die Gerechtig- keit jhren Namen/ vnnd wird verkehrt in ein Tyranney. Billich iſt/ daß man die Laſter andern zum exempel ernſtlich ſtraffe/ aber doch ſoll man darneben ein mitleiden erzai- gen vnd heimlich wainen. Als der HErꝛ das verderben Jeruſalems vorſahe/ erzaigte er mit dem einen Aug die Zaͤher/ aber mit dem andern den Zorn: in der einen Hand zaigte er die gnad/ vnnd in der andern die ſtraf: Mit der einen Hand verthediget er die Suͤnder/ vnd mit der andern ſchlegt er: ob ſchon er mit der einen Handt zuͤrnet/ ſo beſchuͤtzet er doch ſeine Creaturen mit der andern Hand. Die Goͤttliche Barmhertzigkeit bedecket die Suͤnď/ damit ſie nit geſehen werden von der ſchaͤrpffe
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Hirnſchleiffer.
vnd wie vil darzu gehoͤrt. Nemblich vnd erſt-
lich ein guͤtiges vnd mitleidliches Gemuͤt/
Dann wie der allerhoͤchſt Richter Chriſtus
die Statt Jeruſalem/ die er vorhabens war
zuſtraffen/ anſchawte/ anfing bitterlich zu
wainen: Alſo/ wann die Richter vorhabens
ſeynd frembde verbrechen zuſtraffen/ ſollen ſie
das mitleiden darbey erſcheinen laſſen/ vnnd
die Gerechtigkeit mit der Barmhertzigkeit be-
glaiten/ dann ſonſten verlieret die Gerechtig-
keit jhren Namen/ vnnd wird verkehrt in ein
Tyranney. Billich iſt/ daß man die Laſter
andern zum exempel ernſtlich ſtraffe/ aber
doch ſoll man darneben ein mitleiden erzai-
gen vnd heimlich wainen. Als der HErꝛ das
verderben Jeruſalems vorſahe/ erzaigte er
mit dem einen Aug die Zaͤher/ aber mit dem
andern den Zorn: in der einen Hand zaigte er
die gnad/ vnnd in der andern die ſtraf: Mit
der einen Hand verthediget er die Suͤnder/
vnd mit der andern ſchlegt er: ob ſchon er mit
der einen Handt zuͤrnet/ ſo beſchuͤtzet er doch
ſeine Creaturen mit der andern Hand. Die
Goͤttliche Barmhertzigkeit bedecket die
Suͤnď/ damit ſie nit geſehen werden von der
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Zitationshilfe: | [Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618], S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/160>, abgerufen am 16.02.2025. |