Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Agricola, Johann Jacob: Schau-Platz deß Allgemeinen Hauß-Haltern. Bd. 3. Nördlingen, 1677.

Bild:
<< vorherige Seite

Die ersten zwen Tag nach der Geburt soll man das Junge samt seiner Mutter einsperren/ damit es nicht allein bey ihr warm bleibe/ sondern auch seine Mutter lerne erkennen. Indessen aber soll man das alte Schaf mit bestem Hew und Kleyen fütern/ und ein wenig Saltz darunter mischen: den Stall zuhalten/ und in vier Tagen nicht in die Lufft lassen: mit laulechtem Wasser/ darunter Hirsenmeel und Saltz gemischt wird/ träncken/ und die erste Milch/ weil sie kein nutz ist/ außmelcken lassen.

Wann das junge Lämmlein anfahet sein eigen Mutter zu erkennen/ alsdann mag man das alte Schaf in die andere Herde schlagen/ und auff die Weyde außlassen: das Junge aber in warmen dunckeln Ort/ so lange biß daß es anfahet zu schertzen und zu geylen/ innbehalten/ alle Morgen/ ehe das alte Schaf auff die Weyde gehet / und Abends/ wann es widerum vom Feld kommen ist/ außlassen/ und an seiner Mutter saugen lassen. So es aber älter und stärcker worden/ alsdann mag man dem jungen Lämmlein auch in seinem Stall das beste und kleinste Hew oder Kleyen zu essen fürsetzen/ damit es sich also/ weil die Mutter auff der Weyde ist/ übe/ und im Stall nicht müssig stehe.

Ein bescheidener und vernünfftiger Schäfer soll keine andere Lämmlin/ dann allein die Stärcksten und Grösten behalten/ oder welche am besten bey Leibe unter ihnen sind/ auch Frost und Kälte mögen erleiden/ zur Zucht behalten: Die andere aber/ welche blöd und gering seyn/ in die Stätte an den Marckt verschicken und verkauffen. Darnach auch ein gut Theil überenßig behalten / damit man etwan/ wo die andern kranck würden/ und stürben/ an statt derselbigen möchte auffziehen/ und die Zahl erfüllen.

Nachmals soll er auch sehen/ daß seine Heerde allwegen von ungeradener Zahl seye / dann die Alten haben allezeit solche ungleiche Zahl in vilen Dingen für ein solch glückselig Ding/ doch mitlenden Göttlichen Gedeyens/ geachtet/ daß es eine sondere verborgene wunderbarliche Natürliche Krafft und Mürckung haben solte/ welche zu einem

Die ersten zwen Tag nach der Geburt soll man das Junge samt seiner Mutter einsperren/ damit es nicht allein bey ihr warm bleibe/ sondern auch seine Mutter lerne erkennen. Indessen aber soll man das alte Schaf mit bestem Hew und Kleyen fütern/ und ein wenig Saltz darunter mischen: den Stall zuhalten/ und in vier Tagen nicht in die Lufft lassen: mit laulechtem Wasser/ darunter Hirsenmeel und Saltz gemischt wird/ träncken/ und die erste Milch/ weil sie kein nutz ist/ außmelcken lassen.

Wann das junge Lämmlein anfahet sein eigen Mutter zu erkennen/ alsdann mag man das alte Schaf in die andere Herde schlagen/ und auff die Weyde außlassen: das Junge aber in warmen dunckeln Ort/ so lange biß daß es anfahet zu schertzen und zu geylen/ innbehalten/ alle Morgen/ ehe das alte Schaf auff die Weyde gehet / und Abends/ wann es widerum vom Feld kommen ist/ außlassen/ und an seiner Mutter saugen lassen. So es aber älter und stärcker worden/ alsdann mag man dem jungen Läm̃lein auch in seinem Stall das beste und kleinste Hew oder Kleyen zu essen fürsetzen/ damit es sich also/ weil die Mutter auff der Weyde ist/ übe/ und im Stall nicht müssig stehe.

Ein bescheidener und vernünfftiger Schäfer soll keine andere Lämmlin/ dann allein die Stärcksten und Grösten behalten/ oder welche am besten bey Leibe unter ihnen sind/ auch Frost und Kälte mögen erleiden/ zur Zucht behalten: Die andere aber/ welche blöd und gering seyn/ in die Stätte an den Marckt verschicken und verkauffen. Darnach auch ein gut Theil überenßig behalten / damit man etwan/ wo die andern kranck würden/ und stürben/ an statt derselbigen möchte auffziehen/ und die Zahl erfüllen.

Nachmals soll er auch sehen/ daß seine Heerde allwegen von ungeradener Zahl seye / dann die Alten haben allezeit solche ungleiche Zahl in vilen Dingen für ein solch glückselig Ding/ doch mitlenden Göttlichen Gedeyens/ geachtet/ daß es eine sondere verborgene wunderbarliche Natürliche Krafft und Mürckung haben solte/ welche zu einem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0127" n="110"/>
        <p>Die ersten zwen Tag nach der Geburt soll man das Junge samt seiner Mutter                      einsperren/ damit es nicht allein bey ihr warm bleibe/ sondern auch seine                      Mutter lerne erkennen. Indessen aber soll man das alte Schaf mit bestem Hew und                      Kleyen fütern/ und ein wenig Saltz darunter mischen: den Stall zuhalten/ und                      in vier Tagen nicht in die Lufft lassen: mit laulechtem Wasser/ darunter                      Hirsenmeel und Saltz gemischt wird/ träncken/ und die erste Milch/ weil sie                      kein nutz ist/ außmelcken lassen.</p>
        <p>Wann das junge Lämmlein anfahet sein eigen Mutter zu erkennen/ alsdann mag man                      das alte Schaf in die andere Herde schlagen/ und auff die Weyde außlassen: das                      Junge aber in warmen dunckeln Ort/ so lange biß daß es anfahet zu schertzen und                      zu geylen/ innbehalten/ alle Morgen/ ehe das alte Schaf auff die Weyde gehet                     / und Abends/ wann es widerum vom Feld kommen ist/ außlassen/ und an seiner                      Mutter saugen lassen. So es aber älter und stärcker worden/ alsdann mag man dem                      jungen Läm&#x0303;lein auch in seinem Stall das beste und kleinste Hew oder                      Kleyen zu essen fürsetzen/ damit es sich also/ weil die Mutter auff der Weyde                      ist/ übe/ und im Stall nicht müssig stehe.</p>
        <p>Ein bescheidener und vernünfftiger Schäfer soll keine andere Lämmlin/ dann                      allein die Stärcksten und Grösten behalten/ oder welche am besten bey Leibe                      unter ihnen sind/ auch Frost und Kälte mögen erleiden/ zur Zucht behalten: Die                      andere aber/ welche blöd und gering seyn/ in die Stätte an den Marckt                      verschicken und verkauffen. Darnach auch ein gut Theil überenßig behalten /                      damit man etwan/ wo die andern kranck würden/ und stürben/ an statt                      derselbigen möchte auffziehen/ und die Zahl erfüllen.</p>
        <p>Nachmals soll er auch sehen/ daß seine Heerde allwegen von ungeradener Zahl seye                     / dann die Alten haben allezeit solche ungleiche Zahl in vilen Dingen für ein                      solch glückselig Ding/ doch mitlenden Göttlichen Gedeyens/ geachtet/ daß es                      eine sondere verborgene wunderbarliche Natürliche Krafft und Mürckung haben                      solte/ welche zu einem
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0127] Die ersten zwen Tag nach der Geburt soll man das Junge samt seiner Mutter einsperren/ damit es nicht allein bey ihr warm bleibe/ sondern auch seine Mutter lerne erkennen. Indessen aber soll man das alte Schaf mit bestem Hew und Kleyen fütern/ und ein wenig Saltz darunter mischen: den Stall zuhalten/ und in vier Tagen nicht in die Lufft lassen: mit laulechtem Wasser/ darunter Hirsenmeel und Saltz gemischt wird/ träncken/ und die erste Milch/ weil sie kein nutz ist/ außmelcken lassen. Wann das junge Lämmlein anfahet sein eigen Mutter zu erkennen/ alsdann mag man das alte Schaf in die andere Herde schlagen/ und auff die Weyde außlassen: das Junge aber in warmen dunckeln Ort/ so lange biß daß es anfahet zu schertzen und zu geylen/ innbehalten/ alle Morgen/ ehe das alte Schaf auff die Weyde gehet / und Abends/ wann es widerum vom Feld kommen ist/ außlassen/ und an seiner Mutter saugen lassen. So es aber älter und stärcker worden/ alsdann mag man dem jungen Läm̃lein auch in seinem Stall das beste und kleinste Hew oder Kleyen zu essen fürsetzen/ damit es sich also/ weil die Mutter auff der Weyde ist/ übe/ und im Stall nicht müssig stehe. Ein bescheidener und vernünfftiger Schäfer soll keine andere Lämmlin/ dann allein die Stärcksten und Grösten behalten/ oder welche am besten bey Leibe unter ihnen sind/ auch Frost und Kälte mögen erleiden/ zur Zucht behalten: Die andere aber/ welche blöd und gering seyn/ in die Stätte an den Marckt verschicken und verkauffen. Darnach auch ein gut Theil überenßig behalten / damit man etwan/ wo die andern kranck würden/ und stürben/ an statt derselbigen möchte auffziehen/ und die Zahl erfüllen. Nachmals soll er auch sehen/ daß seine Heerde allwegen von ungeradener Zahl seye / dann die Alten haben allezeit solche ungleiche Zahl in vilen Dingen für ein solch glückselig Ding/ doch mitlenden Göttlichen Gedeyens/ geachtet/ daß es eine sondere verborgene wunderbarliche Natürliche Krafft und Mürckung haben solte/ welche zu einem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/agricola_schauplatz03_1677
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/agricola_schauplatz03_1677/127
Zitationshilfe: Agricola, Johann Jacob: Schau-Platz deß Allgemeinen Hauß-Haltern. Bd. 3. Nördlingen, 1677, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/agricola_schauplatz03_1677/127>, abgerufen am 09.11.2024.