Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.einigen Jahren des Unterrichtes erklärt hätte, dass Manon nun der Anleitung nicht weiter bedürfe, dass aber die Eltern gestatten mögen, dass er ihr Haus besuchen und mit ihrer Tochter im Verkehr bleiben dürfe. Der Vater nahm fast keinen Einfluss auf ihre Erziehung. Ihre kluge, und vorsichtige Mutter fand bald heraus, dass man sie nur durch Vernunftsgründe beherrschen, oder durch Gefühl gewinnen könne. Sie stiess bei ihrer Tochter nie auf Widerstand, während der Vater als Herr befahl und nie oder spät Folgsamkeit durchsetzte. Wenn er nun gar als Despot auftrat und sein Kind bestrafte, da verwandelte sich das sonst sanfte Geschöpf in eine kleine Löwin. Sie schlug um sich, protestierte und bäumte sich gegen seinen Willen auf. Als Manon eines Tages krank war, wollte der Vater ihr mit Gewalt die verordnete Medizin beibringen. Ihre Mutter hatte sich schon vorher in aller Güte und Geduld bemüht, sie dazu zu bewegen, vergebens. Der Vater fuhr dazwischen, erklärte den Ekel der Kranken für Trotz und begann tüchtig auf sie loszuhauen. Dann reichte er wieder die Medizin hin, und als sie Miene machte sie auszuschütten, wurden die Prügel zweimal wiederholt. Erst schrie sie laut, dann aber, als die Schmerzen schier unerträglich wurden, beruhigte sie sich mit einemmale, sie hörte zu weinen auf, eine jähe Ruhe kam über sie und vereinigte alle ihre Kräfte zu einem Entschluss. Sie stieg aus dem Bette, wendete sich gegen die Mauer, lehnte den geneigten Kopf gegen sie und bot selbst ihren entblössten Körper den Streichen dar. Sie erzählt selbst, dass ihr kein weiterer Seufzer entfuhr und dass man sie auf der Stelle hätte totschlagen können, ohne ihr einen Seufzer zu entlocken! Der Mutter gelang es endlich den Vater aus dem Zimmer zu entfernen. Sie legte das misshandelte Kind ins Bett und liess es zwei Stunden unbehelligt. Nach Verlauf dieser Zeit trat die Mutter ins Zimmer. Sie weinte und beschwor Manon, die Medizin zu nehmen und ihr nicht weiter Schmerz zu bereiten. Das einigen Jahren des Unterrichtes erklärt hätte, dass Manon nun der Anleitung nicht weiter bedürfe, dass aber die Eltern gestatten mögen, dass er ihr Haus besuchen und mit ihrer Tochter im Verkehr bleiben dürfe. Der Vater nahm fast keinen Einfluss auf ihre Erziehung. Ihre kluge, und vorsichtige Mutter fand bald heraus, dass man sie nur durch Vernunftsgründe beherrschen, oder durch Gefühl gewinnen könne. Sie stiess bei ihrer Tochter nie auf Widerstand, während der Vater als Herr befahl und nie oder spät Folgsamkeit durchsetzte. Wenn er nun gar als Despot auftrat und sein Kind bestrafte, da verwandelte sich das sonst sanfte Geschöpf in eine kleine Löwin. Sie schlug um sich, protestierte und bäumte sich gegen seinen Willen auf. Als Manon eines Tages krank war, wollte der Vater ihr mit Gewalt die verordnete Medizin beibringen. Ihre Mutter hatte sich schon vorher in aller Güte und Geduld bemüht, sie dazu zu bewegen, vergebens. Der Vater fuhr dazwischen, erklärte den Ekel der Kranken für Trotz und begann tüchtig auf sie loszuhauen. Dann reichte er wieder die Medizin hin, und als sie Miene machte sie auszuschütten, wurden die Prügel zweimal wiederholt. Erst schrie sie laut, dann aber, als die Schmerzen schier unerträglich wurden, beruhigte sie sich mit einemmale, sie hörte zu weinen auf, eine jähe Ruhe kam über sie und vereinigte alle ihre Kräfte zu einem Entschluss. Sie stieg aus dem Bette, wendete sich gegen die Mauer, lehnte den geneigten Kopf gegen sie und bot selbst ihren entblössten Körper den Streichen dar. Sie erzählt selbst, dass ihr kein weiterer Seufzer entfuhr und dass man sie auf der Stelle hätte totschlagen können, ohne ihr einen Seufzer zu entlocken! Der Mutter gelang es endlich den Vater aus dem Zimmer zu entfernen. Sie legte das misshandelte Kind ins Bett und liess es zwei Stunden unbehelligt. Nach Verlauf dieser Zeit trat die Mutter ins Zimmer. Sie weinte und beschwor Manon, die Medizin zu nehmen und ihr nicht weiter Schmerz zu bereiten. Das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0075" n="56"/> einigen Jahren des Unterrichtes erklärt hätte, dass Manon nun der Anleitung nicht weiter bedürfe, dass aber die Eltern gestatten mögen, dass er ihr Haus besuchen und mit ihrer Tochter im Verkehr bleiben dürfe. Der Vater nahm fast keinen Einfluss auf ihre Erziehung. Ihre kluge, und vorsichtige Mutter fand bald heraus, dass man sie nur durch Vernunftsgründe beherrschen, oder durch Gefühl gewinnen könne. Sie stiess bei ihrer Tochter nie auf Widerstand, während der Vater als Herr befahl und nie oder spät Folgsamkeit durchsetzte. Wenn er nun gar als Despot auftrat und sein Kind bestrafte, da verwandelte sich das sonst sanfte Geschöpf in eine kleine Löwin. Sie schlug um sich, protestierte und bäumte sich gegen seinen Willen auf.</p> <p>Als Manon eines Tages krank war, wollte der Vater ihr mit Gewalt die verordnete Medizin beibringen. Ihre Mutter hatte sich schon vorher in aller Güte und Geduld bemüht, sie dazu zu bewegen, vergebens. Der Vater fuhr dazwischen, erklärte den Ekel der Kranken für Trotz und begann tüchtig auf sie loszuhauen. Dann reichte er wieder die Medizin hin, und als sie Miene machte sie auszuschütten, wurden die Prügel zweimal wiederholt. Erst schrie sie laut, dann aber, als die Schmerzen schier unerträglich wurden, beruhigte sie sich mit einemmale, sie hörte zu weinen auf, eine jähe Ruhe kam über sie und vereinigte alle ihre Kräfte zu einem Entschluss. Sie stieg aus dem Bette, wendete sich gegen die Mauer, lehnte den geneigten Kopf gegen sie und bot selbst ihren entblössten Körper den Streichen dar. Sie erzählt selbst, dass ihr kein weiterer Seufzer entfuhr und dass man sie auf der Stelle hätte totschlagen können, ohne ihr einen Seufzer zu entlocken! Der Mutter gelang es endlich den Vater aus dem Zimmer zu entfernen. Sie legte das misshandelte Kind ins Bett und liess es zwei Stunden unbehelligt. Nach Verlauf dieser Zeit trat die Mutter ins Zimmer. Sie weinte und beschwor Manon, die Medizin zu nehmen und ihr nicht weiter Schmerz zu bereiten. Das </p> </div> </body> </text> </TEI> [56/0075]
einigen Jahren des Unterrichtes erklärt hätte, dass Manon nun der Anleitung nicht weiter bedürfe, dass aber die Eltern gestatten mögen, dass er ihr Haus besuchen und mit ihrer Tochter im Verkehr bleiben dürfe. Der Vater nahm fast keinen Einfluss auf ihre Erziehung. Ihre kluge, und vorsichtige Mutter fand bald heraus, dass man sie nur durch Vernunftsgründe beherrschen, oder durch Gefühl gewinnen könne. Sie stiess bei ihrer Tochter nie auf Widerstand, während der Vater als Herr befahl und nie oder spät Folgsamkeit durchsetzte. Wenn er nun gar als Despot auftrat und sein Kind bestrafte, da verwandelte sich das sonst sanfte Geschöpf in eine kleine Löwin. Sie schlug um sich, protestierte und bäumte sich gegen seinen Willen auf.
Als Manon eines Tages krank war, wollte der Vater ihr mit Gewalt die verordnete Medizin beibringen. Ihre Mutter hatte sich schon vorher in aller Güte und Geduld bemüht, sie dazu zu bewegen, vergebens. Der Vater fuhr dazwischen, erklärte den Ekel der Kranken für Trotz und begann tüchtig auf sie loszuhauen. Dann reichte er wieder die Medizin hin, und als sie Miene machte sie auszuschütten, wurden die Prügel zweimal wiederholt. Erst schrie sie laut, dann aber, als die Schmerzen schier unerträglich wurden, beruhigte sie sich mit einemmale, sie hörte zu weinen auf, eine jähe Ruhe kam über sie und vereinigte alle ihre Kräfte zu einem Entschluss. Sie stieg aus dem Bette, wendete sich gegen die Mauer, lehnte den geneigten Kopf gegen sie und bot selbst ihren entblössten Körper den Streichen dar. Sie erzählt selbst, dass ihr kein weiterer Seufzer entfuhr und dass man sie auf der Stelle hätte totschlagen können, ohne ihr einen Seufzer zu entlocken! Der Mutter gelang es endlich den Vater aus dem Zimmer zu entfernen. Sie legte das misshandelte Kind ins Bett und liess es zwei Stunden unbehelligt. Nach Verlauf dieser Zeit trat die Mutter ins Zimmer. Sie weinte und beschwor Manon, die Medizin zu nehmen und ihr nicht weiter Schmerz zu bereiten. Das
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