Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.Der erbärmliche Scharfrichter, namens Legros, war so schändlich, dem abgehauenen Kopfe eine Ohrfeige zu versetzen, als er ihn in die Höhe hob. Die Tat dieses Nichtswürdigen erregte einen Ausbruch der Entrüstung. Das Martyrium Charlotte Cordays machte Proselyten. Schon als sie ins Gefängnis eintrat, kam ein junger Mann herbeigeeilt, der sich erbot, sich statt ihrer als Gefangener zu stellen und für sie die Strafe über sich ergehen zu lassen. Adam Lux hatte den Mut, seine Bewunderung in einer Broschüre öffentlich auszudrücken. Er hat sie geschildert, wie sie ihr friedliches Heim verlassen, wie sie sich niemandem anvertraut habe, ohne Stütze, ohne Rat, ohne Tröster da gestanden sei. Ihr Dasein bedeutet nichts für sie, sie geht das Dasein von Tausenden zu retten. Dieser einzige Gedanke gibt ihr eine Kraft und eine Sicherheit, die sie nicht verlassen. Ihr Brief an Barbaroux ergreift und begeistert den Verfasser der Broschüre, er könnte keinen ähnlichen ersinnen. Dieser Brief wird Schwärmer erzeugen und Helden hervorbringen. "Charlotte Corday, hehres Mädchen, unvergleichliches Wesen! was hab' ich nicht empfunden, als ich dich zum Richtplatz führen sah! Du, so schön, so zart! Als ich deine unerschütterliche Sanftmut inmitten des barbarischen Geheules sah! Dieser so sanfte und durchdringende Blick! Diese lebhaften, feurigen Funken, die aus deinen schönen Augen sprühten, aus denen eine ebenso zarte als unerschrockene Seele sprach. Bezaubernde Augen, die Steine hätten erweichen müssen! Einziges, unsterbliches Angedenken! Blicke eines Engels, die mein Herz innig durchdrungen haben, die es mit lebhaften, bis dahin unbekannten Regungen erfüllt haben, Regungen, deren Süssigkeit die Bitternis ausgleicht, und deren Empfindung nur mit meinem letzten Atemzug erlöschen wird." Der Unglückliche forderte für sich die Guillotine heraus wie einen Altar, der durch das Blut der schönen Heldin geläutert war. Er sehnte sich darnach, sein Blut mit dem Der erbärmliche Scharfrichter, namens Legros, war so schändlich, dem abgehauenen Kopfe eine Ohrfeige zu versetzen, als er ihn in die Höhe hob. Die Tat dieses Nichtswürdigen erregte einen Ausbruch der Entrüstung. Das Martyrium Charlotte Cordays machte Proselyten. Schon als sie ins Gefängnis eintrat, kam ein junger Mann herbeigeeilt, der sich erbot, sich statt ihrer als Gefangener zu stellen und für sie die Strafe über sich ergehen zu lassen. Adam Lux hatte den Mut, seine Bewunderung in einer Broschüre öffentlich auszudrücken. Er hat sie geschildert, wie sie ihr friedliches Heim verlassen, wie sie sich niemandem anvertraut habe, ohne Stütze, ohne Rat, ohne Tröster da gestanden sei. Ihr Dasein bedeutet nichts für sie, sie geht das Dasein von Tausenden zu retten. Dieser einzige Gedanke gibt ihr eine Kraft und eine Sicherheit, die sie nicht verlassen. Ihr Brief an Barbaroux ergreift und begeistert den Verfasser der Broschüre, er könnte keinen ähnlichen ersinnen. Dieser Brief wird Schwärmer erzeugen und Helden hervorbringen. „Charlotte Corday, hehres Mädchen, unvergleichliches Wesen! was hab’ ich nicht empfunden, als ich dich zum Richtplatz führen sah! Du, so schön, so zart! Als ich deine unerschütterliche Sanftmut inmitten des barbarischen Geheules sah! Dieser so sanfte und durchdringende Blick! Diese lebhaften, feurigen Funken, die aus deinen schönen Augen sprühten, aus denen eine ebenso zarte als unerschrockene Seele sprach. Bezaubernde Augen, die Steine hätten erweichen müssen! Einziges, unsterbliches Angedenken! Blicke eines Engels, die mein Herz innig durchdrungen haben, die es mit lebhaften, bis dahin unbekannten Regungen erfüllt haben, Regungen, deren Süssigkeit die Bitternis ausgleicht, und deren Empfindung nur mit meinem letzten Atemzug erlöschen wird.“ Der Unglückliche forderte für sich die Guillotine heraus wie einen Altar, der durch das Blut der schönen Heldin geläutert war. Er sehnte sich darnach, sein Blut mit dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0065" n="47"/> <p> Der erbärmliche Scharfrichter, namens Legros, war so schändlich, dem abgehauenen Kopfe eine Ohrfeige zu versetzen, als er ihn in die Höhe hob. Die Tat dieses Nichtswürdigen erregte einen Ausbruch der Entrüstung.</p> <p>Das Martyrium Charlotte Cordays machte Proselyten. Schon als sie ins Gefängnis eintrat, kam ein junger Mann herbeigeeilt, der sich erbot, sich statt ihrer als Gefangener zu stellen und für sie die Strafe über sich ergehen zu lassen. 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Diese lebhaften, feurigen Funken, die aus deinen schönen Augen sprühten, aus denen eine ebenso zarte als unerschrockene Seele sprach. Bezaubernde Augen, die Steine hätten erweichen müssen! Einziges, unsterbliches Angedenken! Blicke eines Engels, die mein Herz innig durchdrungen haben, die es mit lebhaften, bis dahin unbekannten Regungen erfüllt haben, Regungen, deren Süssigkeit die Bitternis ausgleicht, und deren Empfindung nur mit meinem letzten Atemzug erlöschen wird.“</p> <p>Der Unglückliche forderte für sich die Guillotine heraus wie einen Altar, der durch das Blut der schönen Heldin geläutert war. Er sehnte sich darnach, sein Blut mit dem </p> </div> </body> </text> </TEI> [47/0065]
Der erbärmliche Scharfrichter, namens Legros, war so schändlich, dem abgehauenen Kopfe eine Ohrfeige zu versetzen, als er ihn in die Höhe hob. Die Tat dieses Nichtswürdigen erregte einen Ausbruch der Entrüstung.
Das Martyrium Charlotte Cordays machte Proselyten. Schon als sie ins Gefängnis eintrat, kam ein junger Mann herbeigeeilt, der sich erbot, sich statt ihrer als Gefangener zu stellen und für sie die Strafe über sich ergehen zu lassen. Adam Lux hatte den Mut, seine Bewunderung in einer Broschüre öffentlich auszudrücken.
Er hat sie geschildert, wie sie ihr friedliches Heim verlassen, wie sie sich niemandem anvertraut habe, ohne Stütze, ohne Rat, ohne Tröster da gestanden sei. Ihr Dasein bedeutet nichts für sie, sie geht das Dasein von Tausenden zu retten. Dieser einzige Gedanke gibt ihr eine Kraft und eine Sicherheit, die sie nicht verlassen. Ihr Brief an Barbaroux ergreift und begeistert den Verfasser der Broschüre, er könnte keinen ähnlichen ersinnen. Dieser Brief wird Schwärmer erzeugen und Helden hervorbringen. „Charlotte Corday, hehres Mädchen, unvergleichliches Wesen! was hab’ ich nicht empfunden, als ich dich zum Richtplatz führen sah! Du, so schön, so zart! Als ich deine unerschütterliche Sanftmut inmitten des barbarischen Geheules sah! Dieser so sanfte und durchdringende Blick! Diese lebhaften, feurigen Funken, die aus deinen schönen Augen sprühten, aus denen eine ebenso zarte als unerschrockene Seele sprach. Bezaubernde Augen, die Steine hätten erweichen müssen! Einziges, unsterbliches Angedenken! Blicke eines Engels, die mein Herz innig durchdrungen haben, die es mit lebhaften, bis dahin unbekannten Regungen erfüllt haben, Regungen, deren Süssigkeit die Bitternis ausgleicht, und deren Empfindung nur mit meinem letzten Atemzug erlöschen wird.“
Der Unglückliche forderte für sich die Guillotine heraus wie einen Altar, der durch das Blut der schönen Heldin geläutert war. Er sehnte sich darnach, sein Blut mit dem
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