Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.sie ihre Freiheit wieder zu erlangen hoffte. Der Baron von Landresc benahm sich sehr gütig gegen sie, er sah ihre grosse Seelenerschütterung, liess sie bei dem sie beruhigenden Gedanken und verriet ihr nicht das wirkliche Ziel ihrer Reise. Am 17. März kamen sie endlich in Kufstein an. Man kann sich das Entsetzen und die Angst Theroignes vorstellen, als sie sich vor der Festung mit den schweren Eisentoren, den Türmen und den vergitterten Fenstern befand, als sie erfuhr, dass sie nun Gefangene sei. Gleich traten allerlei Schreckbilder vor ihr geistiges Auge, vielleicht würde sie nie mehr die Freiheit erlangen, vielleicht würde sie nun hinter diesen düstern Kerkermauern, allen Qualen ausgesetzt, ihr Leben hoffnungslos hindämmern müssen. Sie weinte krampfhaft, sie bekam einen Nervenanfall und rief ein über das anderemal: "Lieber sterben, als hinter diesen elenden Mauern ein verwünschtes Leben hinschleppen!" Inzwischen war der Festungskommandant, Hauptmann Schöniger, herbeigekommen, er war an die Verzweiflungsausbrüche der Häftlinge so gewöhnt, dass ihn die von Theroigne kalt liessen. Nun ging es durch düstere Höfe, über allerlei Treppen, an Wachposten vorbei, es rasselten Schlüsseln an den schweren Türschlössern, und alles war dazu angetan die Verzweiflung zu steigern und die Hoffnung auf jegliches Entkommen auszuschliessen ... Endlich war die Zelle erreicht, nach einer gründlichen Durchsuchung und Notierung der Effekten wurde Theroigne mit sich und ihrer Verzweiflung allein gelassen. Ihre Haft dauerte schon viele Wochen; es war gegen Ende Mai, als endlich der von ihr so sehnlichst herbeigewünschte Untersuchungsrichter Hofrat Franz von Blanc in Kufstein anlangte. Seiner Menschenfreundlichkeit und seinem guten Willen ist es zu danken, dass die Untersuchung mit Eifer in kürzerer Zeit als dies meist üblich ist, geführt wurde und dass nach einigen Monaten der Prozess so weit gediehen war, dass Theroigne von der Anklage des Hochverrates freigesprochen sie ihre Freiheit wieder zu erlangen hoffte. Der Baron von Landresc benahm sich sehr gütig gegen sie, er sah ihre grosse Seelenerschütterung, liess sie bei dem sie beruhigenden Gedanken und verriet ihr nicht das wirkliche Ziel ihrer Reise. Am 17. März kamen sie endlich in Kufstein an. Man kann sich das Entsetzen und die Angst Théroignes vorstellen, als sie sich vor der Festung mit den schweren Eisentoren, den Türmen und den vergitterten Fenstern befand, als sie erfuhr, dass sie nun Gefangene sei. Gleich traten allerlei Schreckbilder vor ihr geistiges Auge, vielleicht würde sie nie mehr die Freiheit erlangen, vielleicht würde sie nun hinter diesen düstern Kerkermauern, allen Qualen ausgesetzt, ihr Leben hoffnungslos hindämmern müssen. Sie weinte krampfhaft, sie bekam einen Nervenanfall und rief ein über das anderemal: „Lieber sterben, als hinter diesen elenden Mauern ein verwünschtes Leben hinschleppen!“ Inzwischen war der Festungskommandant, Hauptmann Schöniger, herbeigekommen, er war an die Verzweiflungsausbrüche der Häftlinge so gewöhnt, dass ihn die von Théroigne kalt liessen. Nun ging es durch düstere Höfe, über allerlei Treppen, an Wachposten vorbei, es rasselten Schlüsseln an den schweren Türschlössern, und alles war dazu angetan die Verzweiflung zu steigern und die Hoffnung auf jegliches Entkommen auszuschliessen … Endlich war die Zelle erreicht, nach einer gründlichen Durchsuchung und Notierung der Effekten wurde Théroigne mit sich und ihrer Verzweiflung allein gelassen. Ihre Haft dauerte schon viele Wochen; es war gegen Ende Mai, als endlich der von ihr so sehnlichst herbeigewünschte Untersuchungsrichter Hofrat Franz von Blanc in Kufstein anlangte. Seiner Menschenfreundlichkeit und seinem guten Willen ist es zu danken, dass die Untersuchung mit Eifer in kürzerer Zeit als dies meist üblich ist, geführt wurde und dass nach einigen Monaten der Prozess so weit gediehen war, dass Théroigne von der Anklage des Hochverrates freigesprochen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0040" n="23"/> sie ihre Freiheit wieder zu erlangen hoffte. Der Baron von Landresc benahm sich sehr gütig gegen sie, er sah ihre grosse Seelenerschütterung, liess sie bei dem sie beruhigenden Gedanken und verriet ihr nicht das wirkliche Ziel ihrer Reise. Am 17. März kamen sie endlich in Kufstein an. Man kann sich das Entsetzen und die Angst Théroignes vorstellen, als sie sich vor der Festung mit den schweren Eisentoren, den Türmen und den vergitterten Fenstern befand, als sie erfuhr, dass sie nun Gefangene sei. Gleich traten allerlei Schreckbilder vor ihr geistiges Auge, vielleicht würde sie nie mehr die Freiheit erlangen, vielleicht würde sie nun hinter diesen düstern Kerkermauern, allen Qualen ausgesetzt, ihr Leben hoffnungslos hindämmern müssen.</p> <p>Sie weinte krampfhaft, sie bekam einen Nervenanfall und rief ein über das anderemal: „Lieber sterben, als hinter diesen elenden Mauern ein verwünschtes Leben hinschleppen!“ Inzwischen war der Festungskommandant, Hauptmann Schöniger, herbeigekommen, er war an die Verzweiflungsausbrüche der Häftlinge so gewöhnt, dass ihn die von Théroigne kalt liessen.</p> <p>Nun ging es durch düstere Höfe, über allerlei Treppen, an Wachposten vorbei, es rasselten Schlüsseln an den schweren Türschlössern, und alles war dazu angetan die Verzweiflung zu steigern und die Hoffnung auf jegliches Entkommen auszuschliessen …</p> <p>Endlich war die Zelle erreicht, nach einer gründlichen Durchsuchung und Notierung der Effekten wurde Théroigne mit sich und ihrer Verzweiflung allein gelassen. Ihre Haft dauerte schon viele Wochen; es war gegen Ende Mai, als endlich der von ihr so sehnlichst herbeigewünschte Untersuchungsrichter Hofrat Franz von Blanc in Kufstein anlangte. Seiner Menschenfreundlichkeit und seinem guten Willen ist es zu danken, dass die Untersuchung mit Eifer in kürzerer Zeit als dies meist üblich ist, geführt wurde und dass nach einigen Monaten der Prozess so weit gediehen war, dass Théroigne von der Anklage des Hochverrates freigesprochen </p> </div> </body> </text> </TEI> [23/0040]
sie ihre Freiheit wieder zu erlangen hoffte. Der Baron von Landresc benahm sich sehr gütig gegen sie, er sah ihre grosse Seelenerschütterung, liess sie bei dem sie beruhigenden Gedanken und verriet ihr nicht das wirkliche Ziel ihrer Reise. Am 17. März kamen sie endlich in Kufstein an. Man kann sich das Entsetzen und die Angst Théroignes vorstellen, als sie sich vor der Festung mit den schweren Eisentoren, den Türmen und den vergitterten Fenstern befand, als sie erfuhr, dass sie nun Gefangene sei. Gleich traten allerlei Schreckbilder vor ihr geistiges Auge, vielleicht würde sie nie mehr die Freiheit erlangen, vielleicht würde sie nun hinter diesen düstern Kerkermauern, allen Qualen ausgesetzt, ihr Leben hoffnungslos hindämmern müssen.
Sie weinte krampfhaft, sie bekam einen Nervenanfall und rief ein über das anderemal: „Lieber sterben, als hinter diesen elenden Mauern ein verwünschtes Leben hinschleppen!“ Inzwischen war der Festungskommandant, Hauptmann Schöniger, herbeigekommen, er war an die Verzweiflungsausbrüche der Häftlinge so gewöhnt, dass ihn die von Théroigne kalt liessen.
Nun ging es durch düstere Höfe, über allerlei Treppen, an Wachposten vorbei, es rasselten Schlüsseln an den schweren Türschlössern, und alles war dazu angetan die Verzweiflung zu steigern und die Hoffnung auf jegliches Entkommen auszuschliessen …
Endlich war die Zelle erreicht, nach einer gründlichen Durchsuchung und Notierung der Effekten wurde Théroigne mit sich und ihrer Verzweiflung allein gelassen. Ihre Haft dauerte schon viele Wochen; es war gegen Ende Mai, als endlich der von ihr so sehnlichst herbeigewünschte Untersuchungsrichter Hofrat Franz von Blanc in Kufstein anlangte. Seiner Menschenfreundlichkeit und seinem guten Willen ist es zu danken, dass die Untersuchung mit Eifer in kürzerer Zeit als dies meist üblich ist, geführt wurde und dass nach einigen Monaten der Prozess so weit gediehen war, dass Théroigne von der Anklage des Hochverrates freigesprochen
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