Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.Verwaltung Rechenschaft zu fordern. Eine Verfassung ist ungültig, wenn nicht die Mehrheit aller Individuen, aus denen die Natur besteht, an ihrer Gestaltung mitgearbeitet hat. - Erwacht ihr Frauen! - Das Sturmläuten der Vernunft lässt sich im ganzen Universum hören. Die Fackel der Wahrheit hat die Wolken der Torheit und Tyrannei zerstreut. Weiber! Weiber! wann werdet ihr aufhören blind zu sein? Vereint euch! Setzt der Kraft der rohen Gewalt die Kraft der Vernunft und Gerechtigkeit entgegen. Und bald werdet Ihr sehen, wie die Männer nicht mehr als schmachtende Anbeter zu euern Füssen liegen, sondern stolz darauf, die ewigen Rechte der Menschheit mit euch zu teilen, Hand in Hand mit euch gehen werden." Olimpe die Gouges war im Juli 1789 Revolutionärin, am 6. Oktober, als sie den König in Paris gefangen sah, wurde sie Royalistin und im Juni 1791, unter dem Eindruck der Flucht und des Treuebruchs Ludwig XVI., wurde sie Republikanerin. Sie wurde dem König wieder geneigt, als man ihm den Prozess machte, und schrieb, bloss aus dem Gefühl des reinsten Mitleids heraus, ohne auch nur einen Augenblick an die Gefahr zu denken, die sie damit für sich selbst heraufbeschwor, an den Präsidenten des Nationalkonventes einen Brief zur Verteidigung des Angeklagten, dem wir folgende Stelle entnehmen: "Ich halte Ludwig XVI. als König für schuldig, aber einmal dieses abgeschafften Titels entäussert, hört er auf in den Augen der Republik strafbar zu sein. Seine Vorfahren haben in Frankreich den Kelch des Leidens voll gemacht. Unglückseligerweise ist der Kelch in seiner Hand geborsten und alle Scherben sind auf sein Haupt zurückgeprallt. Ich könnte noch hinzufügen, dass er ohne die Verderbtheit des Hofes vielleicht ein tugendhafter König geworden wäre. Es genügt, sich daran zu erinnern, dass er die Vornehmen hasste, dass er es verstanden hat, sie zu zwingen, ihre Schulden zu zahlen, und dass er der einzige unserer Tyrannen war, Verwaltung Rechenschaft zu fordern. Eine Verfassung ist ungültig, wenn nicht die Mehrheit aller Individuen, aus denen die Natur besteht, an ihrer Gestaltung mitgearbeitet hat. – Erwacht ihr Frauen! – Das Sturmläuten der Vernunft lässt sich im ganzen Universum hören. Die Fackel der Wahrheit hat die Wolken der Torheit und Tyrannei zerstreut. Weiber! Weiber! wann werdet ihr aufhören blind zu sein? Vereint euch! Setzt der Kraft der rohen Gewalt die Kraft der Vernunft und Gerechtigkeit entgegen. Und bald werdet Ihr sehen, wie die Männer nicht mehr als schmachtende Anbeter zu euern Füssen liegen, sondern stolz darauf, die ewigen Rechte der Menschheit mit euch zu teilen, Hand in Hand mit euch gehen werden.“ Olimpe die Gouges war im Juli 1789 Revolutionärin, am 6. Oktober, als sie den König in Paris gefangen sah, wurde sie Royalistin und im Juni 1791, unter dem Eindruck der Flucht und des Treuebruchs Ludwig XVI., wurde sie Republikanerin. Sie wurde dem König wieder geneigt, als man ihm den Prozess machte, und schrieb, bloss aus dem Gefühl des reinsten Mitleids heraus, ohne auch nur einen Augenblick an die Gefahr zu denken, die sie damit für sich selbst heraufbeschwor, an den Präsidenten des Nationalkonventes einen Brief zur Verteidigung des Angeklagten, dem wir folgende Stelle entnehmen: „Ich halte Ludwig XVI. als König für schuldig, aber einmal dieses abgeschafften Titels entäussert, hört er auf in den Augen der Republik strafbar zu sein. Seine Vorfahren haben in Frankreich den Kelch des Leidens voll gemacht. Unglückseligerweise ist der Kelch in seiner Hand geborsten und alle Scherben sind auf sein Haupt zurückgeprallt. Ich könnte noch hinzufügen, dass er ohne die Verderbtheit des Hofes vielleicht ein tugendhafter König geworden wäre. 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Und bald werdet Ihr sehen, wie die Männer nicht mehr als schmachtende Anbeter zu euern Füssen liegen, sondern stolz darauf, die ewigen Rechte der Menschheit mit euch zu teilen, Hand in Hand mit euch gehen werden.“</p> <p>Olimpe die Gouges war im Juli 1789 Revolutionärin, am 6. Oktober, als sie den König in Paris gefangen sah, wurde sie Royalistin und im Juni 1791, unter dem Eindruck der Flucht und des Treuebruchs Ludwig XVI., wurde sie Republikanerin. Sie wurde dem König wieder geneigt, als man ihm den Prozess machte, und schrieb, bloss aus dem Gefühl des reinsten Mitleids heraus, ohne auch nur einen Augenblick an die Gefahr zu denken, die sie damit für sich selbst heraufbeschwor, an den Präsidenten des Nationalkonventes einen Brief zur Verteidigung des Angeklagten, dem wir folgende Stelle entnehmen: „Ich halte Ludwig XVI. als König für schuldig, aber einmal dieses abgeschafften Titels entäussert, hört er auf in den Augen der <choice><sic>Rebuplik</sic><corr>Republik</corr></choice> strafbar zu sein. Seine Vorfahren haben in Frankreich den Kelch des Leidens voll gemacht. Unglückseligerweise ist der Kelch in seiner Hand geborsten und alle Scherben sind auf sein Haupt zurückgeprallt. Ich könnte noch hinzufügen, dass er ohne die Verderbtheit des Hofes vielleicht ein tugendhafter König geworden wäre. Es genügt, sich daran zu erinnern, dass er die Vornehmen hasste, dass er es verstanden hat, sie zu zwingen, ihre Schulden zu zahlen, und dass er der einzige unserer Tyrannen war, </p> </div> </body> </text> </TEI> [191/0212]
Verwaltung Rechenschaft zu fordern. Eine Verfassung ist ungültig, wenn nicht die Mehrheit aller Individuen, aus denen die Natur besteht, an ihrer Gestaltung mitgearbeitet hat. – Erwacht ihr Frauen! – Das Sturmläuten der Vernunft lässt sich im ganzen Universum hören. Die Fackel der Wahrheit hat die Wolken der Torheit und Tyrannei zerstreut. Weiber! Weiber! wann werdet ihr aufhören blind zu sein?
Vereint euch! Setzt der Kraft der rohen Gewalt die Kraft der Vernunft und Gerechtigkeit entgegen. Und bald werdet Ihr sehen, wie die Männer nicht mehr als schmachtende Anbeter zu euern Füssen liegen, sondern stolz darauf, die ewigen Rechte der Menschheit mit euch zu teilen, Hand in Hand mit euch gehen werden.“
Olimpe die Gouges war im Juli 1789 Revolutionärin, am 6. Oktober, als sie den König in Paris gefangen sah, wurde sie Royalistin und im Juni 1791, unter dem Eindruck der Flucht und des Treuebruchs Ludwig XVI., wurde sie Republikanerin. Sie wurde dem König wieder geneigt, als man ihm den Prozess machte, und schrieb, bloss aus dem Gefühl des reinsten Mitleids heraus, ohne auch nur einen Augenblick an die Gefahr zu denken, die sie damit für sich selbst heraufbeschwor, an den Präsidenten des Nationalkonventes einen Brief zur Verteidigung des Angeklagten, dem wir folgende Stelle entnehmen: „Ich halte Ludwig XVI. als König für schuldig, aber einmal dieses abgeschafften Titels entäussert, hört er auf in den Augen der Republik strafbar zu sein. Seine Vorfahren haben in Frankreich den Kelch des Leidens voll gemacht. Unglückseligerweise ist der Kelch in seiner Hand geborsten und alle Scherben sind auf sein Haupt zurückgeprallt. Ich könnte noch hinzufügen, dass er ohne die Verderbtheit des Hofes vielleicht ein tugendhafter König geworden wäre. Es genügt, sich daran zu erinnern, dass er die Vornehmen hasste, dass er es verstanden hat, sie zu zwingen, ihre Schulden zu zahlen, und dass er der einzige unserer Tyrannen war,
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