Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.zu haben, du willst also auch noch das Blut seiner Frau? Dein Ungeheuer Fouquier-Tinville hat eben den Auftrag gegeben, sie aufs Schafott zu bringen. Zwei Stunden noch und sie lebt nicht mehr. Robespierre, wenn du nicht ein Tiger mit menschlichem Antlitz bist, wenn Camilles Blut dich nicht bis auf den Grad berauscht hat, dass du deinen Verstand verloren hast, wenn du dich noch an unsere innigen Freundschaftsbeziehungen, an die Liebkosungen, die du an den kleinen Horaz verschwendet hast, erinnerst, den du auf den Knieen zu halten dir gefielst, wenn du dich erinnerst, dass du mein Schwiegersohn hättest werden sollen, verschone ein unschuldiges Opfer. Wenn aber deine Wut die eines Löwen ist, komm' und nimm uns auch, mich, Adele und Horaz, komm' uns alle drei zerreissen mit deinen noch von Camilles Blut dampfenden Händen, komm', komm', und möge ein Grab uns vereinen. Weib Duplessis." Robespierre hat diese Bitte nicht erhört. Diese arme Mutter blieb allein auf Erden zurück und musste noch lange in der traurigen Einsamkeit leben. Sie wehrte jeden Trost und jedes Mitleid ab. Am 13. April 1794, acht Tage, nachdem Desmoulins seine letzte Reise gemacht hatte, fuhr der rote Karren wieder durch die Strassen von Paris, begleitet vom Hohngelächter und beschimpft von der wahnsinnigen Menge. Im Karren sass Lucile Desmoulins, geschmückt wie eine Braut, ein weisser Schleier war um ihr schönes Haar gewunden, sie sprach ruhig heiter mit einem jungen Mann an ihrer Seite, der auch zum Tode verurteilt war. Am Richtplatz, im Angesicht des Todes, behielt sie dieselbe Ruhe bei; sie stieg selbst mit einem gewissen Stolz die Stufen des Schafottes hinauf. Sie waren für sie, wie die Stufen eines Altares. Sie würde Camille wiedersehen, dieser Gedanke liess ihr ihr Lächeln. Das war die Gattin die für den Gatten starb. Sie war ein Opfer der Liebe und der edelsten und heiligsten Leidenschaft. zu haben, du willst also auch noch das Blut seiner Frau? Dein Ungeheuer Fouquier-Tinville hat eben den Auftrag gegeben, sie aufs Schafott zu bringen. Zwei Stunden noch und sie lebt nicht mehr. Robespierre, wenn du nicht ein Tiger mit menschlichem Antlitz bist, wenn Camilles Blut dich nicht bis auf den Grad berauscht hat, dass du deinen Verstand verloren hast, wenn du dich noch an unsere innigen Freundschaftsbeziehungen, an die Liebkosungen, die du an den kleinen Horaz verschwendet hast, erinnerst, den du auf den Knieen zu halten dir gefielst, wenn du dich erinnerst, dass du mein Schwiegersohn hättest werden sollen, verschone ein unschuldiges Opfer. Wenn aber deine Wut die eines Löwen ist, komm’ und nimm uns auch, mich, Adele und Horaz, komm’ uns alle drei zerreissen mit deinen noch von Camilles Blut dampfenden Händen, komm’, komm’, und möge ein Grab uns vereinen. Weib Duplessis.“ Robespierre hat diese Bitte nicht erhört. Diese arme Mutter blieb allein auf Erden zurück und musste noch lange in der traurigen Einsamkeit leben. Sie wehrte jeden Trost und jedes Mitleid ab. Am 13. April 1794, acht Tage, nachdem Desmoulins seine letzte Reise gemacht hatte, fuhr der rote Karren wieder durch die Strassen von Paris, begleitet vom Hohngelächter und beschimpft von der wahnsinnigen Menge. Im Karren sass Lucile Desmoulins, geschmückt wie eine Braut, ein weisser Schleier war um ihr schönes Haar gewunden, sie sprach ruhig heiter mit einem jungen Mann an ihrer Seite, der auch zum Tode verurteilt war. Am Richtplatz, im Angesicht des Todes, behielt sie dieselbe Ruhe bei; sie stieg selbst mit einem gewissen Stolz die Stufen des Schafottes hinauf. Sie waren für sie, wie die Stufen eines Altares. Sie würde Camille wiedersehen, dieser Gedanke liess ihr ihr Lächeln. Das war die Gattin die für den Gatten starb. Sie war ein Opfer der Liebe und der edelsten und heiligsten Leidenschaft. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0200" n="180"/> zu haben, du willst also auch noch das Blut seiner Frau? Dein Ungeheuer Fouquier-Tinville hat eben den Auftrag gegeben, sie aufs Schafott zu bringen. Zwei Stunden noch und sie lebt nicht mehr. Robespierre, wenn du nicht ein Tiger mit menschlichem Antlitz bist, wenn Camilles Blut dich nicht bis auf den Grad berauscht hat, dass du deinen Verstand verloren hast, wenn du dich noch an unsere innigen Freundschaftsbeziehungen, an die Liebkosungen, die du an den kleinen Horaz verschwendet hast, erinnerst, den du auf den Knieen zu halten dir gefielst, wenn du dich erinnerst, dass du mein Schwiegersohn hättest werden sollen, verschone ein unschuldiges Opfer. Wenn aber deine Wut die eines Löwen ist, komm’ und nimm uns auch, mich, Adele und Horaz, komm’ uns alle drei zerreissen mit deinen noch von Camilles Blut dampfenden Händen, komm’, komm’, und möge ein Grab uns vereinen.</p> <p> <hi rendition="#right">Weib Duplessis.“</hi> </p> <p>Robespierre hat diese Bitte nicht erhört. Diese arme Mutter blieb allein auf Erden zurück und musste noch lange in der traurigen Einsamkeit leben. Sie wehrte jeden Trost und jedes Mitleid ab.</p> <p>Am 13. April 1794, acht Tage, nachdem Desmoulins seine letzte Reise gemacht hatte, fuhr der rote Karren wieder durch die Strassen von Paris, begleitet vom Hohngelächter und beschimpft von der <choice><sic>wahnsinnigan</sic><corr>wahnsinnigen</corr></choice> Menge. Im Karren sass Lucile Desmoulins, geschmückt wie eine Braut, ein weisser Schleier war um ihr schönes Haar gewunden, sie sprach ruhig heiter mit einem jungen Mann an ihrer Seite, der auch zum Tode verurteilt war.</p> <p>Am Richtplatz, im Angesicht des Todes, behielt sie dieselbe Ruhe bei; sie stieg selbst mit einem gewissen Stolz die Stufen des Schafottes hinauf. Sie waren für sie, wie die Stufen eines Altares. Sie würde Camille wiedersehen, dieser Gedanke liess ihr ihr Lächeln. Das war die Gattin die für den Gatten starb. Sie war ein Opfer der Liebe und der edelsten und heiligsten Leidenschaft.</p> </div> </body> </text> </TEI> [180/0200]
zu haben, du willst also auch noch das Blut seiner Frau? Dein Ungeheuer Fouquier-Tinville hat eben den Auftrag gegeben, sie aufs Schafott zu bringen. Zwei Stunden noch und sie lebt nicht mehr. Robespierre, wenn du nicht ein Tiger mit menschlichem Antlitz bist, wenn Camilles Blut dich nicht bis auf den Grad berauscht hat, dass du deinen Verstand verloren hast, wenn du dich noch an unsere innigen Freundschaftsbeziehungen, an die Liebkosungen, die du an den kleinen Horaz verschwendet hast, erinnerst, den du auf den Knieen zu halten dir gefielst, wenn du dich erinnerst, dass du mein Schwiegersohn hättest werden sollen, verschone ein unschuldiges Opfer. Wenn aber deine Wut die eines Löwen ist, komm’ und nimm uns auch, mich, Adele und Horaz, komm’ uns alle drei zerreissen mit deinen noch von Camilles Blut dampfenden Händen, komm’, komm’, und möge ein Grab uns vereinen.
Weib Duplessis.“
Robespierre hat diese Bitte nicht erhört. Diese arme Mutter blieb allein auf Erden zurück und musste noch lange in der traurigen Einsamkeit leben. Sie wehrte jeden Trost und jedes Mitleid ab.
Am 13. April 1794, acht Tage, nachdem Desmoulins seine letzte Reise gemacht hatte, fuhr der rote Karren wieder durch die Strassen von Paris, begleitet vom Hohngelächter und beschimpft von der wahnsinnigen Menge. Im Karren sass Lucile Desmoulins, geschmückt wie eine Braut, ein weisser Schleier war um ihr schönes Haar gewunden, sie sprach ruhig heiter mit einem jungen Mann an ihrer Seite, der auch zum Tode verurteilt war.
Am Richtplatz, im Angesicht des Todes, behielt sie dieselbe Ruhe bei; sie stieg selbst mit einem gewissen Stolz die Stufen des Schafottes hinauf. Sie waren für sie, wie die Stufen eines Altares. Sie würde Camille wiedersehen, dieser Gedanke liess ihr ihr Lächeln. Das war die Gattin die für den Gatten starb. Sie war ein Opfer der Liebe und der edelsten und heiligsten Leidenschaft.
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