Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.Von da an begann für ihn ein stürmisches, bewegtes Leben, er kämpfte und litt bis zu jenem Tage, da sein Kopf am Schafott hinabrollen sollte. Aber inzwischen schien ihn ein ganz anderes Leben zu erwarten. Nachdem Luciles Vater acht Jahre hindurch Camille Desmoulins als Werber abgewiesen hatte, entschloss er sich am 11. Dezember 1789, seine Zustimmung zur Heirat Luciles mit Camille Desmoulins zu geben. Camille Desmoulins schrieb am selben Tag folgenden Brief an seinen Vater: "Heute, am 11. Dezember, sehe ich mich auf dem Gipfel meiner Wünsche. Das Glück hat mich lange auf sich warten lassen, aber endlich ist es gekommen und ich bin so glücklich, als man es auf Erden sein kann. Die Eltern dieser reizenen Lucile, von der ich Ihnen schon so viel erzählt habe, die ich seit acht Jahren liebe, geben sie mir endlich und weisen mich nicht zurück. Eben kam ihre Mutter, mir diese Nachricht mitzuteilen, wobei sie vor Freude weinte. Die Ungleichheit des Vermögens - Herr Duplessis hat 20.000 Livres Rente - hat bis nun mein Glück verzögert. Ihr Vater war von andern Heiratsanträgen, die man ihr machte, geblendet. Er hatte einen Bewerber mit 100.000 Francs zurückgewiesen, Lucile vordem bereits einen mit 25.000 Livres Rente. Sie werden sie aus der nachfolgenden Schilderung einer Begebenheit kennen lernen. Als ihre Mutter sie mir zugesagt hatte, führte sie mich in ihr Zimmer. Ich warf mich vor Lucile auf die Knie und war überrascht, sie lachen zu hören, da hob ich die Augen zu ihr auf, und sah, dass die ihren in keinem besseren Zustand waren, als die meinen, sie waren voll von Thränen, sie flossen sogar reichlich und dennoch lachte sie noch. Nie habe ich ein so entzückendes Schauspiel gesehen, und ich hätte nicht gedacht, dass die Natur und die Empfindsamkeit diese zwei Gegensätze so zu vereinigen vermag. Ihr Vater sagte mir, dass er unsere Heirat nur deshalb noch herausschiebe, weil er uns vorher die 100.000 Francs geben wolle, die er seiner Tochter versprochen habe, und, dass ich mit ihm, wann es Von da an begann für ihn ein stürmisches, bewegtes Leben, er kämpfte und litt bis zu jenem Tage, da sein Kopf am Schafott hinabrollen sollte. Aber inzwischen schien ihn ein ganz anderes Leben zu erwarten. Nachdem Luciles Vater acht Jahre hindurch Camille Desmoulins als Werber abgewiesen hatte, entschloss er sich am 11. Dezember 1789, seine Zustimmung zur Heirat Luciles mit Camille Desmoulins zu geben. Camille Desmoulins schrieb am selben Tag folgenden Brief an seinen Vater: „Heute, am 11. Dezember, sehe ich mich auf dem Gipfel meiner Wünsche. Das Glück hat mich lange auf sich warten lassen, aber endlich ist es gekommen und ich bin so glücklich, als man es auf Erden sein kann. Die Eltern dieser reizenen Lucile, von der ich Ihnen schon so viel erzählt habe, die ich seit acht Jahren liebe, geben sie mir endlich und weisen mich nicht zurück. Eben kam ihre Mutter, mir diese Nachricht mitzuteilen, wobei sie vor Freude weinte. Die Ungleichheit des Vermögens – Herr Duplessis hat 20.000 Livres Rente – hat bis nun mein Glück verzögert. Ihr Vater war von andern Heiratsanträgen, die man ihr machte, geblendet. Er hatte einen Bewerber mit 100.000 Francs zurückgewiesen, Lucile vordem bereits einen mit 25.000 Livres Rente. Sie werden sie aus der nachfolgenden Schilderung einer Begebenheit kennen lernen. Als ihre Mutter sie mir zugesagt hatte, führte sie mich in ihr Zimmer. Ich warf mich vor Lucile auf die Knie und war überrascht, sie lachen zu hören, da hob ich die Augen zu ihr auf, und sah, dass die ihren in keinem besseren Zustand waren, als die meinen, sie waren voll von Thränen, sie flossen sogar reichlich und dennoch lachte sie noch. Nie habe ich ein so entzückendes Schauspiel gesehen, und ich hätte nicht gedacht, dass die Natur und die Empfindsamkeit diese zwei Gegensätze so zu vereinigen vermag. Ihr Vater sagte mir, dass er unsere Heirat nur deshalb noch herausschiebe, weil er uns vorher die 100.000 Francs geben wolle, die er seiner Tochter versprochen habe, und, dass ich mit ihm, wann es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0180" n="160"/> <p> Von da an begann für ihn ein stürmisches, bewegtes Leben, er kämpfte und litt bis zu jenem Tage, da sein Kopf am Schafott hinabrollen sollte. Aber inzwischen schien ihn ein ganz anderes Leben zu erwarten.</p> <p>Nachdem Luciles Vater acht Jahre hindurch Camille Desmoulins als Werber abgewiesen hatte, entschloss er sich am 11. Dezember 1789, seine Zustimmung zur Heirat Luciles mit Camille Desmoulins zu geben.</p> <p>Camille Desmoulins schrieb am selben Tag folgenden Brief an seinen Vater: „Heute, am 11. Dezember, sehe ich mich auf dem Gipfel meiner Wünsche. Das Glück hat mich lange auf sich warten lassen, aber endlich ist es gekommen und ich bin so glücklich, als man es auf Erden sein kann. Die Eltern dieser reizenen Lucile, von der ich Ihnen schon so viel erzählt habe, die ich seit acht Jahren liebe, geben sie mir endlich und weisen mich nicht zurück. Eben kam ihre Mutter, mir diese Nachricht mitzuteilen, wobei sie vor Freude weinte. Die Ungleichheit des Vermögens – Herr Duplessis hat 20.000 Livres Rente – hat bis nun mein Glück verzögert. Ihr Vater war von andern Heiratsanträgen, die man ihr machte, geblendet. Er hatte einen Bewerber mit 100.000 Francs zurückgewiesen, Lucile vordem bereits einen mit 25.000 Livres Rente. Sie werden sie aus der nachfolgenden Schilderung einer Begebenheit kennen lernen. Als ihre Mutter sie mir zugesagt hatte, führte sie mich in ihr Zimmer. Ich warf mich vor Lucile auf die Knie und war überrascht, sie lachen zu hören, da hob ich die Augen zu ihr auf, und sah, dass die ihren in keinem besseren Zustand waren, als die meinen, sie waren voll von Thränen, sie flossen sogar reichlich und dennoch lachte sie noch. Nie habe ich ein so entzückendes Schauspiel gesehen, und ich hätte nicht gedacht, dass die Natur und die Empfindsamkeit diese zwei <choice><sic>Gegensatze</sic><corr>Gegensätze</corr></choice> so zu vereinigen vermag. Ihr Vater sagte mir, dass er unsere Heirat nur deshalb noch herausschiebe, weil er uns vorher die 100.000 Francs geben wolle, die er seiner Tochter versprochen habe, und, dass ich mit ihm, wann es </p> </div> </body> </text> </TEI> [160/0180]
Von da an begann für ihn ein stürmisches, bewegtes Leben, er kämpfte und litt bis zu jenem Tage, da sein Kopf am Schafott hinabrollen sollte. Aber inzwischen schien ihn ein ganz anderes Leben zu erwarten.
Nachdem Luciles Vater acht Jahre hindurch Camille Desmoulins als Werber abgewiesen hatte, entschloss er sich am 11. Dezember 1789, seine Zustimmung zur Heirat Luciles mit Camille Desmoulins zu geben.
Camille Desmoulins schrieb am selben Tag folgenden Brief an seinen Vater: „Heute, am 11. Dezember, sehe ich mich auf dem Gipfel meiner Wünsche. Das Glück hat mich lange auf sich warten lassen, aber endlich ist es gekommen und ich bin so glücklich, als man es auf Erden sein kann. Die Eltern dieser reizenen Lucile, von der ich Ihnen schon so viel erzählt habe, die ich seit acht Jahren liebe, geben sie mir endlich und weisen mich nicht zurück. Eben kam ihre Mutter, mir diese Nachricht mitzuteilen, wobei sie vor Freude weinte. Die Ungleichheit des Vermögens – Herr Duplessis hat 20.000 Livres Rente – hat bis nun mein Glück verzögert. Ihr Vater war von andern Heiratsanträgen, die man ihr machte, geblendet. Er hatte einen Bewerber mit 100.000 Francs zurückgewiesen, Lucile vordem bereits einen mit 25.000 Livres Rente. Sie werden sie aus der nachfolgenden Schilderung einer Begebenheit kennen lernen. Als ihre Mutter sie mir zugesagt hatte, führte sie mich in ihr Zimmer. Ich warf mich vor Lucile auf die Knie und war überrascht, sie lachen zu hören, da hob ich die Augen zu ihr auf, und sah, dass die ihren in keinem besseren Zustand waren, als die meinen, sie waren voll von Thränen, sie flossen sogar reichlich und dennoch lachte sie noch. Nie habe ich ein so entzückendes Schauspiel gesehen, und ich hätte nicht gedacht, dass die Natur und die Empfindsamkeit diese zwei Gegensätze so zu vereinigen vermag. Ihr Vater sagte mir, dass er unsere Heirat nur deshalb noch herausschiebe, weil er uns vorher die 100.000 Francs geben wolle, die er seiner Tochter versprochen habe, und, dass ich mit ihm, wann es
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