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Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

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gelernt habe, meinen Sinnen zu gebieten und die Nichtigkeit dieser Welt zu verachten."

Die Jugendfreundin Madame Rolands, die wir unter dem Mädchennamen Henriette Cannet kennen, war Witwe zur Zeit, als sich Madame Roland in Sainte-Pelagie im Gefängnis befand. Sie besuchte sie dort und bot ihr grossmütig an, statt ihrer aufs Schafott zu gehen. Madame Roland sollte sich durch die Flucht retten, um sich ihrer Familie zu erhalten. Doch lassen wir diese treue Freundin selbst erzählen: "Ich war eine kinderlose Witwe, mein Mann, Herr Vouglans, war 1791 gestorben. Madame Roland hatte einen bereits alten Mann und eine kleine, reizende Tochter, beide bedurfte ihrer Sorgfalt als Gattin und Mutter. Was war natürlicher, als mein unnützes Leben preiszugeben, um das für ihre Familie so wertvolle Dasein zu retten. Ich wollte mit ihr die Kleider wechseln und als Gefangene zurückbleiben, während sie versuchen sollte, unter dem Schutze der Verkleidung hinauszukommen ... Wohlan, all mein Bitten, alle meine Tränen hatten nichts zu erzielen vermocht. ,Aber man würde dich ermorden, meine gute Henriette', wiederholte Madame Roland ohne Unterlass; ,dein vergossenes Blut würde auf mich zurückfallen, eher tausend Tode erdulden, als dass ich mir den deinen vorzuwerfen hätte!' Als ich sie unerschütterlich sah, sagte ich ihr Lebewohl! Niemals habe ich sie mehr wiedergesehen."

Dieser edle Zug ehrt ebenso das Andenken Henriettens, als es gleichzeitig das schönste Lob ist, das man Madame Roland erteilen kann. Denn Henriette gehörte einer royalistischen Familie an, teilte diese Anschauungen, und sah mit Schmerz, dass ihre Freundin sich in die revolutionäre Strömung stürzte und ihren Traum einer Republik verwirklichen wollte. Trotz des Eingreifens in die Politik während des Ministerium Rolands bewahrte Henriette ihr dennoch eine unverbrüchliche Freundschaft und ging so weit, ihr das Opfer ihres Lebens bringen zu wollen!

gelernt habe, meinen Sinnen zu gebieten und die Nichtigkeit dieser Welt zu verachten.“

Die Jugendfreundin Madame Rolands, die wir unter dem Mädchennamen Henriette Cannet kennen, war Witwe zur Zeit, als sich Madame Roland in Sainte-Pélagie im Gefängnis befand. Sie besuchte sie dort und bot ihr grossmütig an, statt ihrer aufs Schafott zu gehen. Madame Roland sollte sich durch die Flucht retten, um sich ihrer Familie zu erhalten. Doch lassen wir diese treue Freundin selbst erzählen: „Ich war eine kinderlose Witwe, mein Mann, Herr Vouglans, war 1791 gestorben. Madame Roland hatte einen bereits alten Mann und eine kleine, reizende Tochter, beide bedurfte ihrer Sorgfalt als Gattin und Mutter. Was war natürlicher, als mein unnützes Leben preiszugeben, um das für ihre Familie so wertvolle Dasein zu retten. Ich wollte mit ihr die Kleider wechseln und als Gefangene zurückbleiben, während sie versuchen sollte, unter dem Schutze der Verkleidung hinauszukommen … Wohlan, all mein Bitten, alle meine Tränen hatten nichts zu erzielen vermocht. ‚Aber man würde dich ermorden, meine gute Henriette‘, wiederholte Madame Roland ohne Unterlass; ,dein vergossenes Blut würde auf mich zurückfallen, eher tausend Tode erdulden, als dass ich mir den deinen vorzuwerfen hätte!‘ Als ich sie unerschütterlich sah, sagte ich ihr Lebewohl! Niemals habe ich sie mehr wiedergesehen.“

Dieser edle Zug ehrt ebenso das Andenken Henriettens, als es gleichzeitig das schönste Lob ist, das man Madame Roland erteilen kann. Denn Henriette gehörte einer royalistischen Familie an, teilte diese Anschauungen, und sah mit Schmerz, dass ihre Freundin sich in die revolutionäre Strömung stürzte und ihren Traum einer Republik verwirklichen wollte. Trotz des Eingreifens in die Politik während des Ministerium Rolands bewahrte Henriette ihr dennoch eine unverbrüchliche Freundschaft und ging so weit, ihr das Opfer ihres Lebens bringen zu wollen!

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[144/0163] gelernt habe, meinen Sinnen zu gebieten und die Nichtigkeit dieser Welt zu verachten.“ Die Jugendfreundin Madame Rolands, die wir unter dem Mädchennamen Henriette Cannet kennen, war Witwe zur Zeit, als sich Madame Roland in Sainte-Pélagie im Gefängnis befand. Sie besuchte sie dort und bot ihr grossmütig an, statt ihrer aufs Schafott zu gehen. Madame Roland sollte sich durch die Flucht retten, um sich ihrer Familie zu erhalten. Doch lassen wir diese treue Freundin selbst erzählen: „Ich war eine kinderlose Witwe, mein Mann, Herr Vouglans, war 1791 gestorben. Madame Roland hatte einen bereits alten Mann und eine kleine, reizende Tochter, beide bedurfte ihrer Sorgfalt als Gattin und Mutter. Was war natürlicher, als mein unnützes Leben preiszugeben, um das für ihre Familie so wertvolle Dasein zu retten. Ich wollte mit ihr die Kleider wechseln und als Gefangene zurückbleiben, während sie versuchen sollte, unter dem Schutze der Verkleidung hinauszukommen … Wohlan, all mein Bitten, alle meine Tränen hatten nichts zu erzielen vermocht. ‚Aber man würde dich ermorden, meine gute Henriette‘, wiederholte Madame Roland ohne Unterlass; ,dein vergossenes Blut würde auf mich zurückfallen, eher tausend Tode erdulden, als dass ich mir den deinen vorzuwerfen hätte!‘ Als ich sie unerschütterlich sah, sagte ich ihr Lebewohl! Niemals habe ich sie mehr wiedergesehen.“ Dieser edle Zug ehrt ebenso das Andenken Henriettens, als es gleichzeitig das schönste Lob ist, das man Madame Roland erteilen kann. Denn Henriette gehörte einer royalistischen Familie an, teilte diese Anschauungen, und sah mit Schmerz, dass ihre Freundin sich in die revolutionäre Strömung stürzte und ihren Traum einer Republik verwirklichen wollte. Trotz des Eingreifens in die Politik während des Ministerium Rolands bewahrte Henriette ihr dennoch eine unverbrüchliche Freundschaft und ging so weit, ihr das Opfer ihres Lebens bringen zu wollen!

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Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/163>, abgerufen am 24.11.2024.