Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.keine Effekten?" - "Ich habe nichts, sehen Sie her." - "Aber die Sitzung ist doch schon geschlossen?" - "Jawohl, das ist es eben, was mir leid tut, denn ich hatte eine Beschwerdeschrift einzureichen." - "Eine Frau zu dieser Stunde, das ist unbegreiflich, das ist sehr unvorsichtig." - "Sicherlich ist das nicht alltäglich und hat für mich nichts angenehmes; ich bedurfte gewiss grosser Beweggründe hiezu." - "Aber wie, Madame sind ganz allein?" - "Wieso, mein Herr, allein? Sehen Sie nicht die Unschuld und die Wahrheit in meiner Gesellschaft; was bedarf es mehr?" - "Wohlan, ich weiche Ihren Beweisgründen." - "Sie tun wohl daran, denn sie sind stichhältig," fügte Madame Roland freundlicher hinzu. Endlich war sie wieder zu Hause angelangt! Kaum hatte sich Madame Roland niedergesetzt, es war bereits Mitternacht, als sie an ihrer Türe klopfen hörte. Eine zahlreiche Deputation vom Gemeinderat stellte sich ihr vor und verlangte nach Roland. - "Aber wo kann er sein," fragte ein Mann in Offiziersuniform. "Sie müssen doch seine Gewohnheiten kennen und über seine Rückkehr eine Vorstellung haben"? - "Es ist mir nicht bekannt" antwortete Madame Roland, "ob Ihr Befehl Sie ermächtigt, derartige Fragen an mich zu stellen, aber ich weiss, dass nichts mich dazu zwingen kann, darauf zu antworten. Roland hat seine Wohnung verlassen, während ich im Konvent war, er konnte mir daher keine vertraulichen Mitteilungen machen, und ich habe weiter nichts hinzuzufügen!" Die Bande zog sich hierauf höchst unzufrieden zurück und liess eine Schildwache an der Wohnungstüre und einen Wachposten am Haustor stehen. Madame Roland fühlte, dass nun nichts weiter zu tun übrig blieb, als alle Kraft zu sammeln, um sich gegen das, was nun kommen würde, zu verteidigen. Sie war von Müdigkeit erschöpft, sie ass etwas, schrieb einen Brief, den sie ihrer getreuen Dienerin anvertraute, und begab sich zu Bett. Sie schlief beiläufig eine Stunde sehr fest, als ihre Dienerin ins Zimmer keine Effekten?“ – „Ich habe nichts, sehen Sie her.“ – „Aber die Sitzung ist doch schon geschlossen?“ – „Jawohl, das ist es eben, was mir leid tut, denn ich hatte eine Beschwerdeschrift einzureichen.“ – „Eine Frau zu dieser Stunde, das ist unbegreiflich, das ist sehr unvorsichtig.“ – „Sicherlich ist das nicht alltäglich und hat für mich nichts angenehmes; ich bedurfte gewiss grosser Beweggründe hiezu.“ – „Aber wie, Madame sind ganz allein?“ – „Wieso, mein Herr, allein? Sehen Sie nicht die Unschuld und die Wahrheit in meiner Gesellschaft; was bedarf es mehr?“ – „Wohlan, ich weiche Ihren Beweisgründen.“ – „Sie tun wohl daran, denn sie sind stichhältig,“ fügte Madame Roland freundlicher hinzu. Endlich war sie wieder zu Hause angelangt! Kaum hatte sich Madame Roland niedergesetzt, es war bereits Mitternacht, als sie an ihrer Türe klopfen hörte. Eine zahlreiche Deputation vom Gemeinderat stellte sich ihr vor und verlangte nach Roland. – „Aber wo kann er sein,“ fragte ein Mann in Offiziersuniform. „Sie müssen doch seine Gewohnheiten kennen und über seine Rückkehr eine Vorstellung haben“? – „Es ist mir nicht bekannt“ antwortete Madame Roland, „ob Ihr Befehl Sie ermächtigt, derartige Fragen an mich zu stellen, aber ich weiss, dass nichts mich dazu zwingen kann, darauf zu antworten. Roland hat seine Wohnung verlassen, während ich im Konvent war, er konnte mir daher keine vertraulichen Mitteilungen machen, und ich habe weiter nichts hinzuzufügen!“ Die Bande zog sich hierauf höchst unzufrieden zurück und liess eine Schildwache an der Wohnungstüre und einen Wachposten am Haustor stehen. Madame Roland fühlte, dass nun nichts weiter zu tun übrig blieb, als alle Kraft zu sammeln, um sich gegen das, was nun kommen würde, zu verteidigen. Sie war von Müdigkeit erschöpft, sie ass etwas, schrieb einen Brief, den sie ihrer getreuen Dienerin anvertraute, und begab sich zu Bett. Sie schlief beiläufig eine Stunde sehr fest, als ihre Dienerin ins Zimmer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0132" n="113"/> keine Effekten?“ – „Ich habe nichts, sehen Sie her.“ – „Aber die Sitzung ist doch schon geschlossen?“ – „Jawohl, das ist es eben, was mir leid tut, denn ich hatte eine Beschwerdeschrift einzureichen.“ – „Eine Frau zu dieser Stunde, das ist unbegreiflich, das ist sehr unvorsichtig.“ – „Sicherlich ist das nicht alltäglich und hat für mich nichts angenehmes; ich bedurfte gewiss grosser Beweggründe hiezu.“ – „Aber wie, Madame sind ganz allein?“ – „Wieso, mein Herr, allein? Sehen Sie nicht die Unschuld und die Wahrheit in meiner Gesellschaft; was bedarf es mehr?“ – „Wohlan, ich weiche Ihren Beweisgründen.“ – „Sie tun wohl daran, denn sie sind stichhältig,“ fügte Madame Roland freundlicher hinzu.</p> <p>Endlich war sie wieder zu Hause angelangt! Kaum hatte sich Madame Roland niedergesetzt, es war bereits Mitternacht, als sie an ihrer Türe klopfen hörte. Eine zahlreiche Deputation vom Gemeinderat stellte sich ihr vor und verlangte nach Roland. – „Aber wo kann er sein,“ fragte ein Mann in Offiziersuniform. „Sie müssen doch seine Gewohnheiten kennen und über seine Rückkehr eine Vorstellung haben“? – „Es ist mir nicht bekannt“ antwortete Madame Roland, „ob Ihr Befehl Sie ermächtigt, derartige Fragen an mich zu stellen, aber ich weiss, dass nichts mich dazu zwingen kann, darauf zu antworten. Roland hat seine Wohnung verlassen, während ich im Konvent war, er konnte mir daher keine vertraulichen Mitteilungen machen, und ich habe weiter nichts hinzuzufügen!“</p> <p>Die Bande zog sich hierauf höchst unzufrieden zurück und liess eine Schildwache an der Wohnungstüre und einen Wachposten am Haustor stehen. Madame Roland fühlte, dass nun nichts weiter zu tun übrig blieb, als alle Kraft zu sammeln, um sich gegen das, was nun kommen würde, zu verteidigen. Sie war von Müdigkeit erschöpft, sie ass etwas, schrieb einen Brief, den sie ihrer getreuen Dienerin anvertraute, und begab sich zu Bett. Sie schlief beiläufig eine Stunde sehr fest, als ihre Dienerin ins Zimmer </p> </div> </body> </text> </TEI> [113/0132]
keine Effekten?“ – „Ich habe nichts, sehen Sie her.“ – „Aber die Sitzung ist doch schon geschlossen?“ – „Jawohl, das ist es eben, was mir leid tut, denn ich hatte eine Beschwerdeschrift einzureichen.“ – „Eine Frau zu dieser Stunde, das ist unbegreiflich, das ist sehr unvorsichtig.“ – „Sicherlich ist das nicht alltäglich und hat für mich nichts angenehmes; ich bedurfte gewiss grosser Beweggründe hiezu.“ – „Aber wie, Madame sind ganz allein?“ – „Wieso, mein Herr, allein? Sehen Sie nicht die Unschuld und die Wahrheit in meiner Gesellschaft; was bedarf es mehr?“ – „Wohlan, ich weiche Ihren Beweisgründen.“ – „Sie tun wohl daran, denn sie sind stichhältig,“ fügte Madame Roland freundlicher hinzu.
Endlich war sie wieder zu Hause angelangt! Kaum hatte sich Madame Roland niedergesetzt, es war bereits Mitternacht, als sie an ihrer Türe klopfen hörte. Eine zahlreiche Deputation vom Gemeinderat stellte sich ihr vor und verlangte nach Roland. – „Aber wo kann er sein,“ fragte ein Mann in Offiziersuniform. „Sie müssen doch seine Gewohnheiten kennen und über seine Rückkehr eine Vorstellung haben“? – „Es ist mir nicht bekannt“ antwortete Madame Roland, „ob Ihr Befehl Sie ermächtigt, derartige Fragen an mich zu stellen, aber ich weiss, dass nichts mich dazu zwingen kann, darauf zu antworten. Roland hat seine Wohnung verlassen, während ich im Konvent war, er konnte mir daher keine vertraulichen Mitteilungen machen, und ich habe weiter nichts hinzuzufügen!“
Die Bande zog sich hierauf höchst unzufrieden zurück und liess eine Schildwache an der Wohnungstüre und einen Wachposten am Haustor stehen. Madame Roland fühlte, dass nun nichts weiter zu tun übrig blieb, als alle Kraft zu sammeln, um sich gegen das, was nun kommen würde, zu verteidigen. Sie war von Müdigkeit erschöpft, sie ass etwas, schrieb einen Brief, den sie ihrer getreuen Dienerin anvertraute, und begab sich zu Bett. Sie schlief beiläufig eine Stunde sehr fest, als ihre Dienerin ins Zimmer
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