Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

Bild:
<< vorherige Seite

noch das Vermögen der Grossmutter Phlipon durchgebracht hatte, hatte Roland seine Schulden bezahlt und ihm eine kleine Pension gegeben, nachdem beide ihn zu den Entschluss gebracht hatten, sich vom Geschäfte zurückzuziehen. Er war immer unzufrieden und im höchsten Grade ungerecht gegen seine Tochter und ihren Mann, sein Selbstbewusstsein litt zu sehr, in abhängige Stellung geraten zu sein.

Als die Revolution ausbrach, war Roland noch Generalinspektor der Manufakturen und Fabriken von Lyon. Er und seine Frau waren vom Gedanken der Revolution ganz entflammt. Als Freunde der Menschheit und der Freiheit, glaubten sie an die Wiedergeburt des Menschengeschlechtes, sie hofften an der Erlösung derjenigen Menschenklasse mitarbeiten zu können, über deren Schicksal sie so oft gerührt waren. Sie empfingen den Ausbruch der Revolution mit Begeisterung. Ihre freiheitlichen Gedanken verstimmten viele Leute ihrer Umgebung, die, an ihre kaufmännischen Berechnungen gewöhnt, nicht begriffen, dass man auf dem Wege der Philosophie die Umgestaltung der bestehenden Ordnung hervorrufen und gutheissen konnte, eine Umgestaltung, die bloss den andern zum Vorteil gereichte; er machte sich dadurch allein schon viele Feinde und andere wieder zu Freunden.

Roland und seine Frau lebten den Winter über in Lyon; sie waren Mitglieder der gelehrten und literarischen Gesellschaften dieser Stadt. Roland wurde von der landwirtschaftlichen Gesellschaft mit der Abfassung der Anträge für die Generalstaaten beauftragt. Seine Grundsätze und sein Charakter liessen ihn mit Freuden eine Revolution erblicken, die die Abschaffung so vieler Misstände versprach. Seinen Anlagen und seinen Fähigkeiten verdankte er seine Berufung bei der ersten Bildung des Gemeinderates, wo er mit der Vertretung der Interessen der Stadt betraut wurde, die mit beträchtlichen Schulden belastet war.

noch das Vermögen der Grossmutter Phlipon durchgebracht hatte, hatte Roland seine Schulden bezahlt und ihm eine kleine Pension gegeben, nachdem beide ihn zu den Entschluss gebracht hatten, sich vom Geschäfte zurückzuziehen. Er war immer unzufrieden und im höchsten Grade ungerecht gegen seine Tochter und ihren Mann, sein Selbstbewusstsein litt zu sehr, in abhängige Stellung geraten zu sein.

Als die Revolution ausbrach, war Roland noch Generalinspektor der Manufakturen und Fabriken von Lyon. Er und seine Frau waren vom Gedanken der Revolution ganz entflammt. Als Freunde der Menschheit und der Freiheit, glaubten sie an die Wiedergeburt des Menschengeschlechtes, sie hofften an der Erlösung derjenigen Menschenklasse mitarbeiten zu können, über deren Schicksal sie so oft gerührt waren. Sie empfingen den Ausbruch der Revolution mit Begeisterung. Ihre freiheitlichen Gedanken verstimmten viele Leute ihrer Umgebung, die, an ihre kaufmännischen Berechnungen gewöhnt, nicht begriffen, dass man auf dem Wege der Philosophie die Umgestaltung der bestehenden Ordnung hervorrufen und gutheissen konnte, eine Umgestaltung, die bloss den andern zum Vorteil gereichte; er machte sich dadurch allein schon viele Feinde und andere wieder zu Freunden.

Roland und seine Frau lebten den Winter über in Lyon; sie waren Mitglieder der gelehrten und literarischen Gesellschaften dieser Stadt. Roland wurde von der landwirtschaftlichen Gesellschaft mit der Abfassung der Anträge für die Generalstaaten beauftragt. Seine Grundsätze und sein Charakter liessen ihn mit Freuden eine Revolution erblicken, die die Abschaffung so vieler Misstände versprach. Seinen Anlagen und seinen Fähigkeiten verdankte er seine Berufung bei der ersten Bildung des Gemeinderates, wo er mit der Vertretung der Interessen der Stadt betraut wurde, die mit beträchtlichen Schulden belastet war.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0111" n="92"/>
noch das Vermögen der Grossmutter Phlipon durchgebracht hatte, hatte Roland seine Schulden bezahlt und ihm eine kleine Pension gegeben, nachdem beide ihn zu den Entschluss gebracht hatten, sich vom Geschäfte zurückzuziehen. Er war immer unzufrieden und im höchsten Grade ungerecht gegen seine Tochter und ihren Mann, sein Selbstbewusstsein litt zu sehr, in abhängige Stellung geraten zu sein.</p>
        <p>Als die Revolution ausbrach, war Roland noch Generalinspektor der Manufakturen und Fabriken von Lyon. Er und seine Frau waren vom Gedanken der Revolution ganz entflammt. Als Freunde der Menschheit und der Freiheit, glaubten sie an die Wiedergeburt des Menschengeschlechtes, sie hofften an der Erlösung derjenigen Menschenklasse mitarbeiten zu können, über deren Schicksal sie so oft gerührt waren. Sie empfingen den Ausbruch der Revolution mit Begeisterung. Ihre freiheitlichen Gedanken verstimmten viele Leute ihrer Umgebung, die, an ihre kaufmännischen Berechnungen gewöhnt, nicht begriffen, dass man auf dem Wege der Philosophie die Umgestaltung der bestehenden Ordnung hervorrufen und gutheissen konnte, eine Umgestaltung, die bloss den andern zum Vorteil gereichte; er machte sich dadurch allein schon viele Feinde und andere wieder zu Freunden.</p>
        <p>Roland und seine Frau lebten den Winter über in Lyon; sie waren Mitglieder der gelehrten und literarischen Gesellschaften dieser Stadt. Roland wurde von der landwirtschaftlichen Gesellschaft mit der Abfassung der Anträge für die Generalstaaten beauftragt. Seine Grundsätze und sein Charakter liessen ihn mit Freuden eine Revolution erblicken, die die Abschaffung so <choice><sic>sieler</sic><corr>vieler</corr></choice> Misstände versprach. Seinen Anlagen und seinen Fähigkeiten verdankte er seine Berufung bei der ersten Bildung des Gemeinderates, wo er mit der Vertretung der Interessen der Stadt betraut wurde, die mit beträchtlichen Schulden belastet war.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0111] noch das Vermögen der Grossmutter Phlipon durchgebracht hatte, hatte Roland seine Schulden bezahlt und ihm eine kleine Pension gegeben, nachdem beide ihn zu den Entschluss gebracht hatten, sich vom Geschäfte zurückzuziehen. Er war immer unzufrieden und im höchsten Grade ungerecht gegen seine Tochter und ihren Mann, sein Selbstbewusstsein litt zu sehr, in abhängige Stellung geraten zu sein. Als die Revolution ausbrach, war Roland noch Generalinspektor der Manufakturen und Fabriken von Lyon. Er und seine Frau waren vom Gedanken der Revolution ganz entflammt. Als Freunde der Menschheit und der Freiheit, glaubten sie an die Wiedergeburt des Menschengeschlechtes, sie hofften an der Erlösung derjenigen Menschenklasse mitarbeiten zu können, über deren Schicksal sie so oft gerührt waren. Sie empfingen den Ausbruch der Revolution mit Begeisterung. Ihre freiheitlichen Gedanken verstimmten viele Leute ihrer Umgebung, die, an ihre kaufmännischen Berechnungen gewöhnt, nicht begriffen, dass man auf dem Wege der Philosophie die Umgestaltung der bestehenden Ordnung hervorrufen und gutheissen konnte, eine Umgestaltung, die bloss den andern zum Vorteil gereichte; er machte sich dadurch allein schon viele Feinde und andere wieder zu Freunden. Roland und seine Frau lebten den Winter über in Lyon; sie waren Mitglieder der gelehrten und literarischen Gesellschaften dieser Stadt. Roland wurde von der landwirtschaftlichen Gesellschaft mit der Abfassung der Anträge für die Generalstaaten beauftragt. Seine Grundsätze und sein Charakter liessen ihn mit Freuden eine Revolution erblicken, die die Abschaffung so vieler Misstände versprach. Seinen Anlagen und seinen Fähigkeiten verdankte er seine Berufung bei der ersten Bildung des Gemeinderates, wo er mit der Vertretung der Interessen der Stadt betraut wurde, die mit beträchtlichen Schulden belastet war.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-02-11T11:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-11T11:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-02-11T11:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/111
Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/111>, abgerufen am 04.05.2024.