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Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

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Der Vater trat im Traueranzug an ihr Bett und suchte sie in seiner Weise zu trösten. Er gab zu, dass der Verlust unersetzlich sei, dass aber das Schicksal doch gnädig gehandelt habe, indem er die Mutter, deren Erziehungswerk vollendet war, abberufen habe und ihr den Vater gelassen hätte, der ihr zu ihrem Glücke eher würde nützlich sein können. Sie war von der trockenen Art jener angeblichen Tröstungen, die so gar nicht nach ihrem Sinne waren, ganz betroffen. Zum erstenmal ermass sie all das, was sie von ihrem Vater trennte, es schien ihr, als ob er selbst den Schleier der Ehrfurcht, unter dem sie ihn betrachtete, zerriss. In jenem Momente fühlte sie sich völlig verwaist; ihre Mutter war nicht mehr, und das sah sie nun ein, dass ihr Vater sie nie werde verstehen können. Eine neue Art von Kummer lastete auf ihrem Herzen, sie fiel wieder in einen Zustand der heftigsten Verzweiflung zurück. Nur der Güte und aufopfernden Pflege guter Verwandter war es zu danken, dass Manon dem nahen Tode entrissen wurde. Sie sagte selbst darüber: "Ach! wenn meine Tage damals zu Ende gegangen wären! Es war mein erster Kummer, von wie vielen Prüfungen war er nicht gefolgt!"

Hier endet die freundliche, hell strahlende Epoche jener ruhigen Jahre, die sie im Frieden und dem Reiz beglückender Zärtlichkeit und geliebter Studien verbrachte, ähnlich jenem schönen Frühlingsmorgen, wo die Heiterkeit des Himmels, die Reinheit der Luft, die Lebhaftigkeit des Laubes, der Duft der Pflanzen, alles was atmet, entzückt, das Dasein entwickelt und beglückt, indem es das Glück in Aussicht stellt.

Als sich Manon nach und nach ein wenig erholt hatte, liess man Bekannte zu ihr kommen, um sie mit der Aussenwelt wieder in Verbindung zu bringen. Sie schien nicht in der wirklichen Welt zu leben, sie beachtete nicht, was um sie herum vorging, sie antwortete nicht, oder sie antwortete eher auf ihre eigenen Gedanken, als dass sie jene der andern

Der Vater trat im Traueranzug an ihr Bett und suchte sie in seiner Weise zu trösten. Er gab zu, dass der Verlust unersetzlich sei, dass aber das Schicksal doch gnädig gehandelt habe, indem er die Mutter, deren Erziehungswerk vollendet war, abberufen habe und ihr den Vater gelassen hätte, der ihr zu ihrem Glücke eher würde nützlich sein können. Sie war von der trockenen Art jener angeblichen Tröstungen, die so gar nicht nach ihrem Sinne waren, ganz betroffen. Zum erstenmal ermass sie all das, was sie von ihrem Vater trennte, es schien ihr, als ob er selbst den Schleier der Ehrfurcht, unter dem sie ihn betrachtete, zerriss. In jenem Momente fühlte sie sich völlig verwaist; ihre Mutter war nicht mehr, und das sah sie nun ein, dass ihr Vater sie nie werde verstehen können. Eine neue Art von Kummer lastete auf ihrem Herzen, sie fiel wieder in einen Zustand der heftigsten Verzweiflung zurück. Nur der Güte und aufopfernden Pflege guter Verwandter war es zu danken, dass Manon dem nahen Tode entrissen wurde. Sie sagte selbst darüber: „Ach! wenn meine Tage damals zu Ende gegangen wären! Es war mein erster Kummer, von wie vielen Prüfungen war er nicht gefolgt!“

Hier endet die freundliche, hell strahlende Epoche jener ruhigen Jahre, die sie im Frieden und dem Reiz beglückender Zärtlichkeit und geliebter Studien verbrachte, ähnlich jenem schönen Frühlingsmorgen, wo die Heiterkeit des Himmels, die Reinheit der Luft, die Lebhaftigkeit des Laubes, der Duft der Pflanzen, alles was atmet, entzückt, das Dasein entwickelt und beglückt, indem es das Glück in Aussicht stellt.

Als sich Manon nach und nach ein wenig erholt hatte, liess man Bekannte zu ihr kommen, um sie mit der Aussenwelt wieder in Verbindung zu bringen. Sie schien nicht in der wirklichen Welt zu leben, sie beachtete nicht, was um sie herum vorging, sie antwortete nicht, oder sie antwortete eher auf ihre eigenen Gedanken, als dass sie jene der andern

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[82/0101] Der Vater trat im Traueranzug an ihr Bett und suchte sie in seiner Weise zu trösten. Er gab zu, dass der Verlust unersetzlich sei, dass aber das Schicksal doch gnädig gehandelt habe, indem er die Mutter, deren Erziehungswerk vollendet war, abberufen habe und ihr den Vater gelassen hätte, der ihr zu ihrem Glücke eher würde nützlich sein können. Sie war von der trockenen Art jener angeblichen Tröstungen, die so gar nicht nach ihrem Sinne waren, ganz betroffen. Zum erstenmal ermass sie all das, was sie von ihrem Vater trennte, es schien ihr, als ob er selbst den Schleier der Ehrfurcht, unter dem sie ihn betrachtete, zerriss. In jenem Momente fühlte sie sich völlig verwaist; ihre Mutter war nicht mehr, und das sah sie nun ein, dass ihr Vater sie nie werde verstehen können. Eine neue Art von Kummer lastete auf ihrem Herzen, sie fiel wieder in einen Zustand der heftigsten Verzweiflung zurück. Nur der Güte und aufopfernden Pflege guter Verwandter war es zu danken, dass Manon dem nahen Tode entrissen wurde. Sie sagte selbst darüber: „Ach! wenn meine Tage damals zu Ende gegangen wären! Es war mein erster Kummer, von wie vielen Prüfungen war er nicht gefolgt!“ Hier endet die freundliche, hell strahlende Epoche jener ruhigen Jahre, die sie im Frieden und dem Reiz beglückender Zärtlichkeit und geliebter Studien verbrachte, ähnlich jenem schönen Frühlingsmorgen, wo die Heiterkeit des Himmels, die Reinheit der Luft, die Lebhaftigkeit des Laubes, der Duft der Pflanzen, alles was atmet, entzückt, das Dasein entwickelt und beglückt, indem es das Glück in Aussicht stellt. Als sich Manon nach und nach ein wenig erholt hatte, liess man Bekannte zu ihr kommen, um sie mit der Aussenwelt wieder in Verbindung zu bringen. Sie schien nicht in der wirklichen Welt zu leben, sie beachtete nicht, was um sie herum vorging, sie antwortete nicht, oder sie antwortete eher auf ihre eigenen Gedanken, als dass sie jene der andern

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Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/101>, abgerufen am 24.11.2024.