Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Gedichte.
Bald schliest aus Furcht die feuchte Schneck ihr Thor/
Bald öffnet sie ihr Muschel-Hauß/
Die Ganß pflückt ihre Federn aus/
Der Taucher sinckt und schwebt empor;
Man sieht wie Schnepff- und Wasser-Hennen
Auch in der Flutt vor Liebe brennen.
Hier finden Aahr und Reiger ihre Kost/
Dort schluckt der Hecht den Weißfisch ein/
Hier pflegt der schlaue Fuchs zu seyn/
Der Fischen schäzt für seine Lust/
Dort siehet man den glatten Otter
Sich mühen um sein schuppicht Futter.
Kein Kahn noch Karn kam ie der Gegend bey/
Kein Wandersmann von Durst geplagt/
Kein Reh von Hunden auffgejagt/
Sucht/ ob ihm hier zu helffen sey;
Kein Angel giebt Verräthers-weise
Den Fischen Stal und Tod zur Speise.
Da weiset sich verlebter Mauren Pracht/
Ein Thurn/ der hundert Nitze kriegt/
Und mehr als halb zu Boden liegt/
Ein Schloß/ das wüst und unbedacht
Auff ungewissen Pfeilern schwebet/
In eigner Asche sich begräbet.
Was bleibet nur von Tod und Zeit verschont?
Was stoltzer Herren Lust-Sitz war/
Muß/ eh verlauffen tausend Jahr/
Von Schlang- und Ottern seyn bewohnt/
Muß seyn ein Auffenthalt der Eulen/
Ein Ort/ wo Wölff und Bären heulen.
Dem Raben dient das Schlaffgemach/
Ein Rittelweib bemahlt die Wand/
Im Saale zu der rechten Hand/
Hält Hex und Unhold ihr Gelag;
Wer sieht durch die gebrochnen Fenster
Als schwartze Geister und Gespenster?
Die
Vermiſchte Gedichte.
Bald ſchlieſt aus Furcht die feuchte Schneck ihr Thor/
Bald oͤffnet ſie ihr Muſchel-Hauß/
Die Ganß pfluͤckt ihre Federn aus/
Der Taucher ſinckt und ſchwebt empor;
Man ſieht wie Schnepff- und Waſſer-Hennen
Auch in der Flutt vor Liebe brennen.
Hier finden Aahr und Reiger ihre Koſt/
Dort ſchluckt der Hecht den Weißfiſch ein/
Hier pflegt der ſchlaue Fuchs zu ſeyn/
Der Fiſchen ſchaͤzt fuͤr ſeine Luſt/
Dort ſiehet man den glatten Otter
Sich muͤhen um ſein ſchuppicht Futter.
Kein Kahn noch Karn kam ie der Gegend bey/
Kein Wandersmann von Durſt geplagt/
Kein Reh von Hunden auffgejagt/
Sucht/ ob ihm hier zu helffen ſey;
Kein Angel giebt Verraͤthers-weiſe
Den Fiſchen Stal und Tod zur Speiſe.
Da weiſet ſich verlebter Mauren Pracht/
Ein Thurn/ der hundert Nitze kriegt/
Und mehr als halb zu Boden liegt/
Ein Schloß/ das wuͤſt und unbedacht
Auff ungewiſſen Pfeilern ſchwebet/
In eigner Aſche ſich begraͤbet.
Was bleibet nur von Tod und Zeit verſchont?
Was ſtoltzer Herren Luſt-Sitz war/
Muß/ eh verlauffen tauſend Jahr/
Von Schlang- und Ottern ſeyn bewohnt/
Muß ſeyn ein Auffenthalt der Eulen/
Ein Ort/ wo Woͤlff und Baͤren heulen.
Dem Raben dient das Schlaffgemach/
Ein Rittelweib bemahlt die Wand/
Im Saale zu der rechten Hand/
Haͤlt Hex und Unhold ihr Gelag;
Wer ſieht durch die gebrochnen Fenſter
Als ſchwartze Geiſter und Geſpenſter?
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0654" n="74"/>
          <fw place="top" type="header">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</fw><lb/>
          <lg n="10">
            <l>Bald &#x017F;chlie&#x017F;t aus Furcht die feuchte Schneck ihr Thor/</l><lb/>
            <l>Bald o&#x0364;ffnet &#x017F;ie ihr Mu&#x017F;chel-Hauß/</l><lb/>
            <l>Die Ganß pflu&#x0364;ckt ihre Federn aus/</l><lb/>
            <l>Der Taucher &#x017F;inckt und &#x017F;chwebt empor;</l><lb/>
            <l>Man &#x017F;ieht wie Schnepff- und Wa&#x017F;&#x017F;er-Hennen</l><lb/>
            <l>Auch in der Flutt vor Liebe brennen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="11">
            <l>Hier finden Aahr und Reiger ihre Ko&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Dort &#x017F;chluckt der Hecht den Weißfi&#x017F;ch ein/</l><lb/>
            <l>Hier pflegt der &#x017F;chlaue Fuchs zu &#x017F;eyn/</l><lb/>
            <l>Der Fi&#x017F;chen &#x017F;cha&#x0364;zt fu&#x0364;r &#x017F;eine Lu&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Dort &#x017F;iehet man den glatten Otter</l><lb/>
            <l>Sich mu&#x0364;hen um &#x017F;ein &#x017F;chuppicht Futter.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="12">
            <l>Kein Kahn noch Karn kam ie der Gegend bey/</l><lb/>
            <l>Kein Wandersmann von Dur&#x017F;t geplagt/</l><lb/>
            <l>Kein Reh von Hunden auffgejagt/</l><lb/>
            <l>Sucht/ ob ihm hier zu helffen &#x017F;ey;</l><lb/>
            <l>Kein Angel giebt Verra&#x0364;thers-wei&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Den Fi&#x017F;chen Stal und Tod zur Spei&#x017F;e.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="13">
            <l>Da wei&#x017F;et &#x017F;ich verlebter Mauren Pracht/</l><lb/>
            <l>Ein Thurn/ der hundert Nitze kriegt/</l><lb/>
            <l>Und mehr als halb zu Boden liegt/</l><lb/>
            <l>Ein Schloß/ das wu&#x0364;&#x017F;t und unbedacht</l><lb/>
            <l>Auff ungewi&#x017F;&#x017F;en Pfeilern &#x017F;chwebet/</l><lb/>
            <l>In eigner A&#x017F;che &#x017F;ich begra&#x0364;bet.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="14">
            <l>Was bleibet nur von Tod und Zeit ver&#x017F;chont?</l><lb/>
            <l>Was &#x017F;toltzer Herren Lu&#x017F;t-Sitz war/</l><lb/>
            <l>Muß/ eh verlauffen tau&#x017F;end Jahr/</l><lb/>
            <l>Von Schlang- und Ottern &#x017F;eyn bewohnt/</l><lb/>
            <l>Muß &#x017F;eyn ein Auffenthalt der Eulen/</l><lb/>
            <l>Ein Ort/ wo Wo&#x0364;lff und Ba&#x0364;ren heulen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="15">
            <l>Dem Raben dient das Schlaffgemach/</l><lb/>
            <l>Ein Rittelweib bemahlt die Wand/</l><lb/>
            <l>Im Saale zu der rechten Hand/</l><lb/>
            <l>Ha&#x0364;lt Hex und Unhold ihr Gelag;</l><lb/>
            <l>Wer &#x017F;ieht durch die gebrochnen Fen&#x017F;ter</l><lb/>
            <l>Als &#x017F;chwartze Gei&#x017F;ter und Ge&#x017F;pen&#x017F;ter?</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0654] Vermiſchte Gedichte. Bald ſchlieſt aus Furcht die feuchte Schneck ihr Thor/ Bald oͤffnet ſie ihr Muſchel-Hauß/ Die Ganß pfluͤckt ihre Federn aus/ Der Taucher ſinckt und ſchwebt empor; Man ſieht wie Schnepff- und Waſſer-Hennen Auch in der Flutt vor Liebe brennen. Hier finden Aahr und Reiger ihre Koſt/ Dort ſchluckt der Hecht den Weißfiſch ein/ Hier pflegt der ſchlaue Fuchs zu ſeyn/ Der Fiſchen ſchaͤzt fuͤr ſeine Luſt/ Dort ſiehet man den glatten Otter Sich muͤhen um ſein ſchuppicht Futter. Kein Kahn noch Karn kam ie der Gegend bey/ Kein Wandersmann von Durſt geplagt/ Kein Reh von Hunden auffgejagt/ Sucht/ ob ihm hier zu helffen ſey; Kein Angel giebt Verraͤthers-weiſe Den Fiſchen Stal und Tod zur Speiſe. Da weiſet ſich verlebter Mauren Pracht/ Ein Thurn/ der hundert Nitze kriegt/ Und mehr als halb zu Boden liegt/ Ein Schloß/ das wuͤſt und unbedacht Auff ungewiſſen Pfeilern ſchwebet/ In eigner Aſche ſich begraͤbet. Was bleibet nur von Tod und Zeit verſchont? Was ſtoltzer Herren Luſt-Sitz war/ Muß/ eh verlauffen tauſend Jahr/ Von Schlang- und Ottern ſeyn bewohnt/ Muß ſeyn ein Auffenthalt der Eulen/ Ein Ort/ wo Woͤlff und Baͤren heulen. Dem Raben dient das Schlaffgemach/ Ein Rittelweib bemahlt die Wand/ Im Saale zu der rechten Hand/ Haͤlt Hex und Unhold ihr Gelag; Wer ſieht durch die gebrochnen Fenſter Als ſchwartze Geiſter und Geſpenſter? Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/654
Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/654>, abgerufen am 29.05.2024.