Zwar kan ich nicht von dir/ mein Kind/ wie jener sagen: Durch schöner Hände Band macht mich die Lieb ihr eigen. Doch werd ich mich auch nicht/ wie er betrübt/ beklagen: Darum mein bestes Los ist liebend sterb- und schweigen. Du kanst mit einer Hand gnug Holtz zum Feuer tragen/ Darffst unsre Flamme nicht mit beyden Händen zeigen. Wer will/ weil sie so gern uns mit Umfassen plagen/ Dem Vielfuß in der See/ den Affen Gunst zuneigen. Wär Hercules wie du mit einer Hand versehn/ Und Bacchus Weiber auch/ könt Anteus noch leben/ Am Orfeus wäre nicht der schnöde Mord geschehn. Wofern der Schönheit Preiß soll an den Händen seyn/ So streicht ihn Briareus mit tausend Fingern ein: Den Ausspruch/ ob diß wahr/ mögt ihr/ Verliebte/ geben.
Quid ridetis, quod non habeo manus?
Nunquam putavi futurum salva pudicitia, ut mulier fortis sen- iret, se manus perdidisse.
In mentem vobis venit misereri huic, quae manus non habet, uam illorum, qui frustra habent sacrilegi & homicidae? haec urti non potest esse suspecta.
Polypo nullum animal ad conficiendum hominem in aqua ocentius, luctatur enim complexu. Plin.
Si apud antiquos nefas putabatur, brachium extra togam exe- ere, ab his moribus, qui manus non habet, non aberrabit.
Sapiens aliquando sui parte contentus est, si illi manum aut orbus aut hostis inciderit.
Mucius confecit bellum inermis & mancus, & manu trunca eges duos vicit. Ep. 66.
Lex integrum ad animum refert, non ad corpus. Controv. L. . C. 2.
39. Die
P 3
Schertz-Sonnette.
38. Die Schoͤne Einhaͤndige.
Zwar kan ich nicht von dir/ mein Kind/ wie jener ſagen: Durch ſchoͤner Haͤnde Band macht mich die Lieb ihr eigen. Doch werd ich mich auch nicht/ wie er betruͤbt/ beklagen: Darum mein beſtes Los iſt liebend ſterb- und ſchweigen. Du kanſt mit einer Hand gnug Holtz zum Feuer tragen/ Darffſt unſre Flamme nicht mit beyden Haͤnden zeigen. Wer will/ weil ſie ſo gern uns mit Umfaſſen plagen/ Dem Vielfuß in der See/ den Affen Gunſt zuneigen. Waͤr Hercules wie du mit einer Hand verſehn/ Und Bacchus Weiber auch/ koͤnt Anteus noch leben/ Am Orfeus waͤre nicht der ſchnoͤde Mord geſchehn. Wofern der Schoͤnheit Preiß ſoll an den Haͤnden ſeyn/ So ſtreicht ihn Briareus mit tauſend Fingern ein: Den Auſſpruch/ ob diß wahr/ moͤgt ihr/ Verliebte/ geben.
In mentem vobis venit miſereri huic, quæ manus non habet, uam illorum, qui fruſtra habent ſacrilegi & homicidæ? hæc urti non poteſt eſſe ſuſpecta.
Polypo nullum animal ad conficiendum hominem in aqua ocentius, luctatur enim complexu. Plin.
Si apud antiquos nefas putabatur, brachium extra togam exe- ere, ab his moribus, qui manus non habet, non aberrabit.
Sapiens aliquando ſui parte contentus eſt, ſi illi manum aut orbus aut hoſtis inciderit.
Mucius confecit bellum inermis & mancus, & manu trunca eges duos vicit. Ep. 66.
Lex integrum ad animum refert, non ad corpus. Controv. L. . C. 2.
39. Die
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Schertz-Sonnette.
38. Die Schoͤne Einhaͤndige.
Zwar kan ich nicht von dir/ mein Kind/ wie jener ſagen:
Durch ſchoͤner Haͤnde Band macht mich die Lieb ihr eigen.
Doch werd ich mich auch nicht/ wie er betruͤbt/ beklagen:
Darum mein beſtes Los iſt liebend ſterb- und ſchweigen.
Du kanſt mit einer Hand gnug Holtz zum Feuer tragen/
Darffſt unſre Flamme nicht mit beyden Haͤnden zeigen.
Wer will/ weil ſie ſo gern uns mit Umfaſſen plagen/
Dem Vielfuß in der See/ den Affen Gunſt zuneigen.
Waͤr Hercules wie du mit einer Hand verſehn/
Und Bacchus Weiber auch/ koͤnt Anteus noch leben/
Am Orfeus waͤre nicht der ſchnoͤde Mord geſchehn.
Wofern der Schoͤnheit Preiß ſoll an den Haͤnden ſeyn/
So ſtreicht ihn Briareus mit tauſend Fingern ein:
Den Auſſpruch/ ob diß wahr/ moͤgt ihr/ Verliebte/ geben.
Quid ridetis, quod non habeo manus?
Nunquam putavi futurum ſalva pudicitia, ut mulier fortis ſen-
iret, ſe manus perdidiſſe.
In mentem vobis venit miſereri huic, quæ manus non habet,
uam illorum, qui fruſtra habent ſacrilegi & homicidæ? hæc
urti non poteſt eſſe ſuſpecta.
Polypo nullum animal ad conficiendum hominem in aqua
ocentius, luctatur enim complexu. Plin.
Si apud antiquos nefas putabatur, brachium extra togam exe-
ere, ab his moribus, qui manus non habet, non aberrabit.
Sapiens aliquando ſui parte contentus eſt, ſi illi manum aut
orbus aut hoſtis inciderit.
Mucius confecit bellum inermis & mancus, & manu trunca
eges duos vicit. Ep. 66.
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39. Die
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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/329>, abgerufen am 05.07.2024.
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