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Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.

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sehen lassen. Solchem nun vorzukommen / resolvirten sich die vornembsten jhres Gesetzes / im Namen der gantzen Gemein / den Sultan durch ein Sendbrieff zuermanen / von solchem Vorsatz abzulassen: In welchem Schreiben sie jhm zu Gemüth führeten / in was grosse Gefahr er sich setzte / vnnd daß er auff Behauptung seines vorhabens das Reich gar verlieren möchte / weil das Kriegsvolck trohete / wann er verreisen würde / daß sie ein andern Sultan auffwerffen wolten / derowegen er solches / weil der Sachen noch zu remediren seye / wol erwegen solte / etc.

Der Sultan aber hatte jhm seine Wallfarth mit solchem Eyffer in den Kopff gefast / daß er dieser Warnung nichts achtet / sondern den Fortgang seiner Reiß stärcker als zuvor begehrte: Weil man aber gleichwol in Sorgen stunde / das Kriegsvolck möchte nach seinem verreisen jhre Trohung ins Werck richten / als wurde jhm durch den Primo Vezier Dilaver Bassa vnnd seinen Cißlar Aga / welche bey jhm die vornembsten am Brett gewesen / vnd am meisten gegolten / gerathen / seinen Schatz mit sich in Asiam zuführen / mit welchem er alda auff den Nothfall ein newes vnd bessers Kriegsheer auffrichten köndte / vnd da sich die Statt Constantinopel rebellisch erzeigen solte / so köndte er seine Residentz zu Damasco oder anderswo anstellen: Darzu verhieß jhm gemelter Dilaver Bassa (als welcher in Asia practiciret vnnd wol bekandt war / auch da er einsmals für einen Rebellen gehalten wurde / mit seinem Reichthumb seine Reputation erhalten / vnnd jhm ein grossen Nahmen gemacht hatte) seine Hülff vnd Beystandt / welche Assistentz wie er sagte / diesem Werck sehr nutzlich seyn könte.

Diesem Dilaver Bassa hieng auch an der Cißlar Aga / ob er sich wol bey den andern Veziern eusserlich erzeigte / als were er auff jhrer Seithen. Ist demnach das Werck also angestellet worden / daß Sultan Oßmann all sein Gelt vnd Silbergeschirr / so in dem Castell / zu den sieben Thürnen genannt / gewesen (ausser deß jenigen / so er täglich gebrauchen wollen) schmeltzen vnnd zu Hauff bringen lassen / auch auß seinen schönsten Zimmern alle schöne Stück von Goldt vnnd Silber genommen / alles zu dem Endt / damit er desto reicher verreisen / vnnd der ander so nach jhm kommen würde / vnnd von dem vngetrewen Kriegsvolck zum Sultan auffgeworffen werden möchte / desto weniger finden solte: Ließ derwegen alle köstliche Sachen / neben gemeltem Kayserlichen Schatz durch seine Diener auff etliche Galleen schaffen / in Meynung solches nach Asien voran zuschicken / vnnd vber fünff Tag hernach selbst zufolgen / zu welchem End er albereit seinen Hauptfahnen von Constantinopel nach Asien fortziehen lassen.

Türckische Kriegsleut tumultuiren wider jhren Kayser. Als aber hierauß das Kriegsvolck deß Sultans endlichen Vorsatz vernommen / sind sie den 8. (18.) May mit grossem Tumult zu den vornemsten deß Türckischen vnnd Mahometischen Gesetzes gelauffen / bey denen sie sich vber dieses deß Sultans Vornehmen beklagt haben; hernacher nahmen sie den Muffti oder Türckischen Pabst mit jhnen zum Sultan Median / alda sambleten sie sich / vnnd zwungen alle Türcken / so sie auff der Strassen angetroffen / daß sie sich zu jhnen schlagen musten / resolvirten sich auch noch selbigen Morgen dem Kayser / im Nahmen jhrer aller / einen Brieff zuschreiben / vnnd jhm anzuzeigen / daß er in alle weg die vorhabende Reiß nach Mecha einstellen / vnnd in der Statt Constantinopel verharren solte / dann im widerigen Fall sie jhm anders begegnen wolten. Aber dieses Schreiben operirte sehr wenig / vnd wurd der Kayser darüber so hefftig erbittert / daß er es zu Stücken zerriß / vnnd zugleich antwortete / Jhme gebühre zu befehlen vnnd dem Volck zugehorsamen.

In dem nun solche Antwort für das Kriegsvolck kommen / glaubten sie gäntzlich / daß diese deß Kaysers Obstination durch niemanden anders / als durch den Primo Vezier / Cißlar Aga / vnd sein deß Kaysers Coggia / so bey jhme in dem Serraglio oder Sarai (das ist der Kayserliche Pallast) gewesen / fomentirt würde / entschlossen sich also / den Muffti hinein zu dem Kayser zu senden / vnnd dieser dreyer Köpff zu begehren: Wie dann der Muffti solch Anbringen verrichtet: Aber sein Begehren machte ein grosse Verbitterung / vnnd wurde dem Kayser durch obgemelte drey (deren Köpff das Kriegsvolck begehret) gerathen / daß er sich diesem Begehren widersetzen / vnnd jhnen zuentbieten lassen solte / daß sie ein grobes Volck / vnnd wenig nutz weren. Mit diesem Bescheid wurde der Muffti wider abgefertiget / vnnd jhm darneben von dem Sultan angezeigt / daß er die Köpff keines weges hergeben wolle. Vnnd ist der Sultan dieser Sachen halben / vber die Kriegsleuth also erbittert gewesen / daß er also bald dem Bastang Bassa befohlen / daß er vier Tausend bewehrte Bastangier zu sich nehmen / vnnd damit die vornehmbste vnder den Janizaren hinrichten solte / aber er kundte zu der Zeit die Bastangier nicht auff bringen: Derhalben die Kriegsleuth sich ohne Verzug in das Serraglium oder Pallast begeben / die begehrte Häupter selber zusuchen / weil sie aber disarmirt / ist jhnen das zweyte Thor vor der Nasen zugeschlagen worden. Als aber bey diesem Handel die Plünderung in der gantzen Statt befahret wurde / gebot der Janitzaren Aga / daß alle Läden der Kauffleut zugeschlossen würden.

Bey diesem Wesen sind viel / so nicht in jhre Häuser kommen können / in die Weinberg geflohen / vnnd sind sonderlich die Juden hierüber in grosse Forcht gerathen. Weil aber eben damals ein grosser Regen eingefallen / so in zwo Stund lang gewehret / ist denselben Tag weiter nichts vorgangen / als daß die Janitzaren jhren Aga gefragt / was weiters zuthun were / der jhnen versprochen / er wolte mit seinen Capitaynen hiervber rathschlagen / vnd hat sie als Brüder freundlich gebeten / sie wolten sich zu Ruhe begeben / vnd vnderdessen von Blutvergiessen abstehen. Wor-

sehen lassen. Solchem nun vorzukommen / resolvirten sich die vornembsten jhres Gesetzes / im Namen der gantzen Gemein / den Sultan durch ein Sendbrieff zuermanen / von solchem Vorsatz abzulassen: In welchem Schreiben sie jhm zu Gemüth führeten / in was grosse Gefahr er sich setzte / vnnd daß er auff Behauptung seines vorhabens das Reich gar verlieren möchte / weil das Kriegsvolck trohete / wann er verreisen würde / daß sie ein andern Sultan auffwerffen wolten / derowegen er solches / weil der Sachen noch zu remediren seye / wol erwegen solte / etc.

Der Sultan aber hatte jhm seine Wallfarth mit solchem Eyffer in den Kopff gefast / daß er dieser Warnung nichts achtet / sondern den Fortgang seiner Reiß stärcker als zuvor begehrte: Weil man aber gleichwol in Sorgen stunde / das Kriegsvolck möchte nach seinem verreisen jhre Trohung ins Werck richten / als wurde jhm durch den Primo Vezier Dilaver Bassa vnnd seinen Cißlar Aga / welche bey jhm die vornembsten am Brett gewesen / vnd am meisten gegolten / gerathen / seinen Schatz mit sich in Asiam zuführen / mit welchem er alda auff den Nothfall ein newes vnd bessers Kriegsheer auffrichten köndte / vnd da sich die Statt Constantinopel rebellisch erzeigen solte / so köndte er seine Residentz zu Damasco oder anderswo anstellen: Darzu verhieß jhm gemelter Dilaver Bassa (als welcher in Asia practiciret vnnd wol bekandt war / auch da er einsmals für einen Rebellen gehalten wurde / mit seinem Reichthumb seine Reputation erhalten / vnnd jhm ein grossen Nahmen gemacht hatte) seine Hülff vnd Beystandt / welche Assistentz wie er sagte / diesem Werck sehr nutzlich seyn könte.

Diesem Dilaver Bassa hieng auch an der Cißlar Aga / ob er sich wol bey den andern Veziern eusserlich erzeigte / als were er auff jhrer Seithen. Ist demnach das Werck also angestellet worden / daß Sultan Oßmann all sein Gelt vnd Silbergeschirr / so in dem Castell / zu den sieben Thürnen genannt / gewesen (ausser deß jenigen / so er täglich gebrauchen wollen) schmeltzen vnnd zu Hauff bringen lassen / auch auß seinen schönsten Zimmern alle schöne Stück von Goldt vnnd Silber genommen / alles zu dem Endt / damit er desto reicher verreisen / vnnd der ander so nach jhm kommen würde / vnnd von dem vngetrewen Kriegsvolck zum Sultan auffgeworffen werden möchte / desto weniger finden solte: Ließ derwegen alle köstliche Sachen / neben gemeltem Kayserlichen Schatz durch seine Diener auff etliche Galleen schaffen / in Meynung solches nach Asien voran zuschicken / vnnd vber fünff Tag hernach selbst zufolgen / zu welchem End er albereit seinen Hauptfahnen von Constantinopel nach Asien fortziehen lassen.

Türckische Kriegsleut tumultuiren wider jhren Kayser. Als aber hierauß das Kriegsvolck deß Sultans endlichen Vorsatz vernommen / sind sie den 8. (18.) May mit grossem Tumult zu den vornemsten deß Türckischen vnnd Mahometischen Gesetzes gelauffen / bey denen sie sich vber dieses deß Sultans Vornehmen beklagt haben; hernacher nahmen sie den Muffti oder Türckischen Pabst mit jhnen zum Sultan Median / alda sambleten sie sich / vnnd zwungen alle Türcken / so sie auff der Strassen angetroffen / daß sie sich zu jhnen schlagen musten / resolvirten sich auch noch selbigen Morgen dem Kayser / im Nahmen jhrer aller / einen Brieff zuschreiben / vnnd jhm anzuzeigen / daß er in alle weg die vorhabende Reiß nach Mecha einstellen / vnnd in der Statt Constantinopel verharren solte / dann im widerigen Fall sie jhm anders begegnen wolten. Aber dieses Schreiben operirte sehr wenig / vnd wurd der Kayser darüber so hefftig erbittert / daß er es zu Stücken zerriß / vnnd zugleich antwortete / Jhme gebühre zu befehlen vnnd dem Volck zugehorsamen.

In dem nun solche Antwort für das Kriegsvolck kommen / glaubten sie gäntzlich / daß diese deß Kaysers Obstination durch niemanden anders / als durch den Primo Vezier / Cißlar Aga / vnd sein deß Kaysers Coggia / so bey jhme in dem Serraglio oder Sarai (das ist der Kayserliche Pallast) gewesen / fomentirt würde / entschlossen sich also / den Muffti hinein zu dem Kayser zu senden / vnnd dieser dreyer Köpff zu begehren: Wie dann der Muffti solch Anbringen verrichtet: Aber sein Begehren machte ein grosse Verbitterung / vnnd wurde dem Kayser durch obgemelte drey (deren Köpff das Kriegsvolck begehret) gerathen / daß er sich diesem Begehren widersetzen / vnnd jhnen zuentbieten lassen solte / daß sie ein grobes Volck / vnnd wenig nutz weren. Mit diesem Bescheid wurde der Muffti wider abgefertiget / vnnd jhm darneben von dem Sultan angezeigt / daß er die Köpff keines weges hergeben wolle. Vnnd ist der Sultan dieser Sachen halben / vber die Kriegsleuth also erbittert gewesen / daß er also bald dem Bastang Bassa befohlen / daß er vier Tausend bewehrte Bastangier zu sich nehmen / vnnd damit die vornehmbste vnder den Janizaren hinrichten solte / aber er kundte zu der Zeit die Bastangier nicht auff bringen: Derhalben die Kriegsleuth sich ohne Verzug in das Serraglium oder Pallast begeben / die begehrte Häupter selber zusuchen / weil sie aber disarmirt / ist jhnen das zweyte Thor vor der Nasen zugeschlagen worden. Als aber bey diesem Handel die Plünderung in der gantzen Statt befahret wurde / gebot der Janitzaren Aga / daß alle Läden der Kauffleut zugeschlossen würden.

Bey diesem Wesen sind viel / so nicht in jhre Häuser kommen können / in die Weinberg geflohen / vnnd sind sonderlich die Juden hierüber in grosse Forcht gerathen. Weil aber eben damals ein grosser Regen eingefallen / so in zwo Stund lang gewehret / ist denselbẽ Tag weiter nichts vorgangen / als daß die Janitzaren jhren Aga gefragt / was weiters zuthun were / der jhnen versprochen / er wolte mit seinen Capitaynen hiervber rathschlagen / vnd hat sie als Brüder freundlich gebeten / sie wolten sich zu Ruhe begeben / vnd vnderdessen von Blutvergiessen abstehen. Wor-

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          <p>Der Sultan aber hatte jhm seine Wallfarth mit solchem Eyffer in den Kopff gefast                      / daß er dieser Warnung nichts achtet / sondern den Fortgang seiner Reiß                      stärcker als zuvor begehrte: Weil man aber gleichwol in Sorgen stunde / das                      Kriegsvolck möchte nach seinem verreisen jhre Trohung ins Werck richten / als                      wurde jhm durch den Primo Vezier Dilaver Bassa vnnd seinen Cißlar Aga / welche                      bey jhm die vornembsten am Brett gewesen / vnd am meisten gegolten / gerathen /                      seinen Schatz mit sich in Asiam zuführen / mit welchem er alda auff den Nothfall                      ein newes vnd bessers Kriegsheer auffrichten köndte / vnd da sich die Statt                      Constantinopel rebellisch erzeigen solte / so köndte er seine Residentz zu                      Damasco oder anderswo anstellen: Darzu verhieß jhm gemelter Dilaver Bassa (als                      welcher in Asia practiciret vnnd wol bekandt war / auch da er einsmals für einen                      Rebellen gehalten wurde / mit seinem Reichthumb seine Reputation erhalten / vnnd                      jhm ein grossen Nahmen gemacht hatte) seine Hülff vnd Beystandt / welche                      Assistentz wie er sagte / diesem Werck sehr nutzlich seyn könte.</p>
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          <p>Bey diesem Wesen sind viel / so nicht in jhre Häuser kommen können / in die                      Weinberg geflohen / vnnd sind sonderlich die Juden hierüber in grosse Forcht                      gerathen. Weil aber eben damals ein grosser Regen eingefallen / so in zwo Stund                      lang gewehret / ist denselbe&#x0303; Tag weiter nichts vorgangen / als daß die                      Janitzaren jhren Aga gefragt / was weiters zuthun were / der jhnen versprochen /                      er wolte mit seinen Capitaynen hiervber rathschlagen / vnd hat sie als Brüder                      freundlich gebeten / sie wolten sich zu Ruhe begeben / vnd vnderdessen von                      Blutvergiessen abstehen. Wor-
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Solchem nun vorzukommen / resolvirten sich die vornembsten jhres Gesetzes / im Namen der gantzen Gemein / den Sultan durch ein Sendbrieff zuermanen / von solchem Vorsatz abzulassen: In welchem Schreiben sie jhm zu Gemüth führeten / in was grosse Gefahr er sich setzte / vnnd daß er auff Behauptung seines vorhabens das Reich gar verlieren möchte / weil das Kriegsvolck trohete / wann er verreisen würde / daß sie ein andern Sultan auffwerffen wolten / derowegen er solches / weil der Sachen noch zu remediren seye / wol erwegen solte / etc. Der Sultan aber hatte jhm seine Wallfarth mit solchem Eyffer in den Kopff gefast / daß er dieser Warnung nichts achtet / sondern den Fortgang seiner Reiß stärcker als zuvor begehrte: Weil man aber gleichwol in Sorgen stunde / das Kriegsvolck möchte nach seinem verreisen jhre Trohung ins Werck richten / als wurde jhm durch den Primo Vezier Dilaver Bassa vnnd seinen Cißlar Aga / welche bey jhm die vornembsten am Brett gewesen / vnd am meisten gegolten / gerathen / seinen Schatz mit sich in Asiam zuführen / mit welchem er alda auff den Nothfall ein newes vnd bessers Kriegsheer auffrichten köndte / vnd da sich die Statt Constantinopel rebellisch erzeigen solte / so köndte er seine Residentz zu Damasco oder anderswo anstellen: Darzu verhieß jhm gemelter Dilaver Bassa (als welcher in Asia practiciret vnnd wol bekandt war / auch da er einsmals für einen Rebellen gehalten wurde / mit seinem Reichthumb seine Reputation erhalten / vnnd jhm ein grossen Nahmen gemacht hatte) seine Hülff vnd Beystandt / welche Assistentz wie er sagte / diesem Werck sehr nutzlich seyn könte. Diesem Dilaver Bassa hieng auch an der Cißlar Aga / ob er sich wol bey den andern Veziern eusserlich erzeigte / als were er auff jhrer Seithen. Ist demnach das Werck also angestellet worden / daß Sultan Oßmann all sein Gelt vnd Silbergeschirr / so in dem Castell / zu den sieben Thürnen genannt / gewesen (ausser deß jenigen / so er täglich gebrauchen wollen) schmeltzen vnnd zu Hauff bringen lassen / auch auß seinen schönsten Zimmern alle schöne Stück von Goldt vnnd Silber genommen / alles zu dem Endt / damit er desto reicher verreisen / vnnd der ander so nach jhm kommen würde / vnnd von dem vngetrewen Kriegsvolck zum Sultan auffgeworffen werden möchte / desto weniger finden solte: Ließ derwegen alle köstliche Sachen / neben gemeltem Kayserlichen Schatz durch seine Diener auff etliche Galleen schaffen / in Meynung solches nach Asien voran zuschicken / vnnd vber fünff Tag hernach selbst zufolgen / zu welchem End er albereit seinen Hauptfahnen von Constantinopel nach Asien fortziehen lassen. Als aber hierauß das Kriegsvolck deß Sultans endlichen Vorsatz vernommen / sind sie den 8. (18.) May mit grossem Tumult zu den vornemsten deß Türckischen vnnd Mahometischen Gesetzes gelauffen / bey denen sie sich vber dieses deß Sultans Vornehmen beklagt haben; hernacher nahmen sie den Muffti oder Türckischen Pabst mit jhnen zum Sultan Median / alda sambleten sie sich / vnnd zwungen alle Türcken / so sie auff der Strassen angetroffen / daß sie sich zu jhnen schlagen musten / resolvirten sich auch noch selbigen Morgen dem Kayser / im Nahmen jhrer aller / einen Brieff zuschreiben / vnnd jhm anzuzeigen / daß er in alle weg die vorhabende Reiß nach Mecha einstellen / vnnd in der Statt Constantinopel verharren solte / dann im widerigen Fall sie jhm anders begegnen wolten. Aber dieses Schreiben operirte sehr wenig / vnd wurd der Kayser darüber so hefftig erbittert / daß er es zu Stücken zerriß / vnnd zugleich antwortete / Jhme gebühre zu befehlen vnnd dem Volck zugehorsamen. Türckische Kriegsleut tumultuiren wider jhren Kayser. In dem nun solche Antwort für das Kriegsvolck kommen / glaubten sie gäntzlich / daß diese deß Kaysers Obstination durch niemanden anders / als durch den Primo Vezier / Cißlar Aga / vnd sein deß Kaysers Coggia / so bey jhme in dem Serraglio oder Sarai (das ist der Kayserliche Pallast) gewesen / fomentirt würde / entschlossen sich also / den Muffti hinein zu dem Kayser zu senden / vnnd dieser dreyer Köpff zu begehren: Wie dann der Muffti solch Anbringen verrichtet: Aber sein Begehren machte ein grosse Verbitterung / vnnd wurde dem Kayser durch obgemelte drey (deren Köpff das Kriegsvolck begehret) gerathen / daß er sich diesem Begehren widersetzen / vnnd jhnen zuentbieten lassen solte / daß sie ein grobes Volck / vnnd wenig nutz weren. Mit diesem Bescheid wurde der Muffti wider abgefertiget / vnnd jhm darneben von dem Sultan angezeigt / daß er die Köpff keines weges hergeben wolle. Vnnd ist der Sultan dieser Sachen halben / vber die Kriegsleuth also erbittert gewesen / daß er also bald dem Bastang Bassa befohlen / daß er vier Tausend bewehrte Bastangier zu sich nehmen / vnnd damit die vornehmbste vnder den Janizaren hinrichten solte / aber er kundte zu der Zeit die Bastangier nicht auff bringen: Derhalben die Kriegsleuth sich ohne Verzug in das Serraglium oder Pallast begeben / die begehrte Häupter selber zusuchen / weil sie aber disarmirt / ist jhnen das zweyte Thor vor der Nasen zugeschlagen worden. Als aber bey diesem Handel die Plünderung in der gantzen Statt befahret wurde / gebot der Janitzaren Aga / daß alle Läden der Kauffleut zugeschlossen würden. Bey diesem Wesen sind viel / so nicht in jhre Häuser kommen können / in die Weinberg geflohen / vnnd sind sonderlich die Juden hierüber in grosse Forcht gerathen. Weil aber eben damals ein grosser Regen eingefallen / so in zwo Stund lang gewehret / ist denselbẽ Tag weiter nichts vorgangen / als daß die Janitzaren jhren Aga gefragt / was weiters zuthun were / der jhnen versprochen / er wolte mit seinen Capitaynen hiervber rathschlagen / vnd hat sie als Brüder freundlich gebeten / sie wolten sich zu Ruhe begeben / vnd vnderdessen von Blutvergiessen abstehen. Wor-

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  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.



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Zitationshilfe: Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635, S. 774. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635/877>, abgerufen am 23.11.2024.