Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.viel Titul hatte / als der König in Spanien selbst: dann er schriebe sich Don Rodrigo de Calderone, Marggraff von Siebenkirchen / Graffe zu Oliva, Commendator zu Ocava, Ritter deß Ordens Sanct Jacobs / Hauptmann der Teutschen Guardj deß Königs / Capitain deß Hauses Arragon / Schrifftbewahrer der Cantzeley zu Valladolid / Obrister Werckmeister deroselben Statt / erster Algvazil daselbsten / vnd Alcayda der Königlichen Gefängnussen. Vber diß hatte er die erste Stimm in dem Hoffraht: Er war Obrister Postmeister: Vonjeder Creutzbull / die zu Valladolid getruckt ward / hatte er ein Maravedi: welches deß Jahrs in sechs Tausendt Ducaten eintruge: Er hatte ein eigene Cammer in den Spielhäussern zu Valladolid / wie auch in dem Coral zu Madrill: Er war Regent zu Soria vnd Placentia / General Depositarius vnd Schrifftbewahrer daselbsten: Er war Patron deß Closters zu Madrill / welches Porta Coeli genennet wirdt / wie auch der Königlichen Capell daselbsten: Er empfieng die Helffte der Perlemutter / die auß Ost-Indien kamen. Er hatte den Zoll von dem Brasilien Holtz / das von Lisabona in Spanien kam / welches jhm deß Jahrs wol zwölff Tausendt Ducaten einbracht. Der König hatte jhm gegönnet / daß niemands Mühl: oder Schleiffstein nach Ost Indien führen möchte / er gebe jhm dann ein genanntes darvon. Sein Haußrath ward auff vier hundert Tausendt Ducaten werth geschätzt: vnd belieff sich sein Jährliches Einkommen auff zwey hundert Tausendt Ducaten: Jedoch war er damit noch nicht ersättiget / sondern trachtete jmmerdar / wie er noch mehr an sich bringen möchte: Wie es aber also mit jhme auffs höchste kommen / da war er seinem Fall am nechsten. Darzu dann am meisten geholffen / dieweil er jhme viel durch seinen Trutz vnnd Vbermuth zuwider gemacht hatte: dahero so baldt deß Duca di Lerma Ansehen vnd Gewalt anfienge zu sincken / dieser auch angefangen nichts mehr zu gelten: vnd haben etliche grosse Herren / die er beleydiget hatte / sich herfür gethan / vnd Mittel gesucht / sich an jhme zu rächen: also daß er endlich in gefängliche Hafft genommen / vnd von dem General Procuratorn angeklagt worden / daß er ein Vrsach were an dem Todt der letzt verstorbenen Königin / Fraw Margrethae von Oesterreich. Aber dieweil solches nicht klärlich genug kondte bewiesen werden / ist er darvon ledig gesprochen worden. Er ward aber ferrners beschuldiget / daß er den Don Alonso de Caravajal, den Jesuiten Christoff Suaretz / den Don Petro Cavallero, vnd Petro de Camino, welche alle fürtreffliche Männer gewesen / vmbgebracht hette. Aber er wußte solches alles dermassen zu entschuldigen / daß man jhme deßwegen keine Straff anthun kondte / vnangesehen er der fürnembste Anstiffter jhres Todes gewesen. Dann er gab für / er hette solches mit Vorwissen vnd Befelch der Königlichen Rähte gethan. Aber das brach jhme den Hals / daß so gar offenbahr vnd bekandt war / daß er den Don Augustin de Avila, Francisco de Yuara, vnnd andere furtreffliche Männer hette eigenes Gewalts hinrichten lassen / daß er es nicht läugnen kondte: vnd war auch allbereits Iuan de Gusman, welcher den Yuara auß Befelch deß Calderone getödtet hatte / deßwegen enthauptet worden. Ist derhalben den neundten Julij dieses Jahres das Vrtheil deß Todes vber diesen Rodiigo de Calderone auch gesprochen worden: nachdem er länger dann zwey Jahr gefangen gesessen / die meiste Zeit in seinem Hauß / doch mit einer starcken Wacht wol verwahret. Die Execution deß Vrtheils ist wol drey Monat lang verschoben worden / nämlich biß auff den ein vnd zwantzigsten Octobris / dieweil er appellirt hatte. Aber solche seine Appellation hat jhn nichts helffen mögen: dann sie endlich verworffen / vnd das Vrtheil / das vber jhn war ergangen / bestättiget worden. Er ritte auff einem Maul Esel / welchen der Scharpffrichter führete / an das Orth / da er solte hingerichtet werden: Vor jhme her (wie in Spanien gebräuchlich ist) gieng einer / der rieff: Diß ist die Iustitia, welche vnser König befohlen hat vber diesen Mann ergehen zulassen / dieweil er einen Verrähterischer weise vmbgebracht / vnd an eines andern Todt schuldt / auch noch andere böse Stücke begangen hat / die in seinem Vrtheil gemeldet werden. Darumb soll er andern zum Exempel von dem Leben zum Todt gerichtet werden / auff daß ein jeder wisse / daß jhme eben solche Straff widerfahren wirdt / wann er dergleichen Sünde begehet. Mitten auff dem Marckt war ein Bühne auffgerichtet / darauff gieng er: vnnd als er zuvor sein Gebett verrichtet / vnnd von einem Carmeliter-Münch die Absolution empfangen hatte / auch darauff jhme Hände vnnd Füsse gebunden worden / streckte er mit grosser Hertzhafftigkeit dem Scharpffrichter seinen Hals dar / welcher jhme das Haupt (wie in Spanien der Gebrauch ist) von vornen her abgehawen. Der Cörper ist von Mittag an biß auff den Abendt auff der Bühne ligen blieben: da ist endlich auß dem nechsten Hauß ein Tuch / als für einen armen Menschen geholet / darein der / so zuvor fast eines Königs Gut gehabt / herrlich vnd köstlich gelebet / schlecht eingewickelt / vnd begraben worden / wie sonsten ein armer Sünder / so vmb seiner Mißhandlung willen vom Leben zum Todt hingerichtet worden. Den halben Theil seiner Güter hat man confiscirt. Nach seinem Todt hat man jhn schier zu einem Heiligen machen wöllen: Dann ein Büchlein / cum licentia Superiorum ist außgegangen / von seiner sonderbahren Gottseligkeit / welche er bey seinem Ende bewiesen / nämlich / daß er / nachdem das Vrtheil vber jhne gesprochen worden / auß seinen Kleydern nicht were kommen / auch nicht zu Betthe gangen seye: Daß er den viel Titul hatte / als der König in Spanien selbst: dann er schriebe sich Don Rodrigo de Calderone, Marggraff von Siebenkirchen / Graffe zu Oliva, Commendator zu Ocava, Ritter deß Ordens Sanct Jacobs / Hauptmann der Teutschen Guardj deß Königs / Capitain deß Hauses Arragon / Schrifftbewahrer der Cantzeley zu Valladolid / Obrister Werckmeister deroselben Statt / erster Algvazil daselbsten / vnd Alcayda der Königlichen Gefängnussen. Vber diß hatte er die erste Stimm in dem Hoffraht: Er war Obrister Postmeister: Vonjeder Creutzbull / die zu Valladolid getruckt ward / hatte er ein Maravedi: welches deß Jahrs in sechs Tausendt Ducaten eintruge: Er hatte ein eigene Cammer in den Spielhäussern zu Valladolid / wie auch in dem Coral zu Madrill: Er war Regent zu Soria vnd Placentia / General Depositarius vnd Schrifftbewahrer daselbsten: Er war Patron deß Closters zu Madrill / welches Porta Coeli genennet wirdt / wie auch der Königlichen Capell daselbsten: Er empfieng die Helffte der Perlemutter / die auß Ost-Indien kamen. Er hatte den Zoll von dem Brasilien Holtz / das von Lisabona in Spanien kam / welches jhm deß Jahrs wol zwölff Tausendt Ducaten einbracht. Der König hatte jhm gegönnet / daß niemands Mühl: oder Schleiffstein nach Ost Indien führen möchte / er gebe jhm dann ein genanntes darvon. Sein Haußrath ward auff vier hundert Tausendt Ducaten werth geschätzt: vnd belieff sich sein Jährliches Einkommen auff zwey hundert Tausendt Ducaten: Jedoch war er damit noch nicht ersättiget / sondern trachtete jmmerdar / wie er noch mehr an sich bringen möchte: Wie es aber also mit jhme auffs höchste kommen / da war er seinem Fall am nechsten. Darzu dann am meisten geholffen / dieweil er jhme viel durch seinen Trutz vnnd Vbermuth zuwider gemacht hatte: dahero so baldt deß Duca di Lerma Ansehen vnd Gewalt anfienge zu sincken / dieser auch angefangen nichts mehr zu gelten: vnd haben etliche grosse Herren / die er beleydiget hatte / sich herfür gethan / vnd Mittel gesucht / sich an jhme zu rächen: also daß er endlich in gefängliche Hafft genommen / vnd von dem General Procuratorn angeklagt worden / daß er ein Vrsach were an dem Todt der letzt verstorbenen Königin / Fraw Margrethae von Oesterreich. Aber dieweil solches nicht klärlich genug kondte bewiesen werden / ist er darvon ledig gesprochen worden. Er ward aber ferrners beschuldiget / daß er den Don Alonso de Caravajal, den Jesuiten Christoff Suaretz / den Don Petro Cavallero, vnd Petro de Camino, welche alle fürtreffliche Männer gewesen / vmbgebracht hette. Aber er wußte solches alles dermassen zu entschuldigen / daß man jhme deßwegen keine Straff anthun kondte / vnangesehen er der fürnembste Anstiffter jhres Todes gewesen. Dann er gab für / er hette solches mit Vorwissen vnd Befelch der Königlichen Rähte gethan. Aber das brach jhme den Hals / daß so gar offenbahr vnd bekandt war / daß er den Don Augustin de Avila, Francisco de Yuara, vnnd andere furtreffliche Männer hette eigenes Gewalts hinrichten lassen / daß er es nicht läugnen kondte: vnd war auch allbereits Iuan de Gusman, welcher den Yuara auß Befelch deß Calderone getödtet hatte / deßwegen enthauptet worden. Ist derhalben den neundten Julij dieses Jahres das Vrtheil deß Todes vber diesen Rodiigo de Calderone auch gesprochen worden: nachdem er länger dann zwey Jahr gefangen gesessen / die meiste Zeit in seinem Hauß / doch mit einer starckẽ Wacht wol verwahret. Die Execution deß Vrtheils ist wol drey Monat lang verschoben worden / nämlich biß auff den ein vnd zwantzigsten Octobris / dieweil er appellirt hatte. Aber solche seine Appellation hat jhn nichts helffen mögen: dann sie endlich verworffen / vnd das Vrtheil / das vber jhn war ergangen / bestättiget worden. Er ritte auff einem Maul Esel / welchen der Scharpffrichter führete / an das Orth / da er solte hingerichtet werden: Vor jhme her (wie in Spanien gebräuchlich ist) gieng einer / der rieff: Diß ist die Iustitia, welche vnser König befohlen hat vber diesen Mann ergehen zulassen / dieweil er einen Verrähterischer weise vmbgebracht / vnd an eines andern Todt schuldt / auch noch andere böse Stücke begangen hat / die in seinem Vrtheil gemeldet werden. Darumb soll er andern zum Exempel von dem Leben zum Todt gerichtet werden / auff daß ein jeder wisse / daß jhme eben solche Straff widerfahren wirdt / wann er dergleichen Sünde begehet. Mitten auff dem Marckt war ein Bühne auffgerichtet / darauff gieng er: vnnd als er zuvor sein Gebett verrichtet / vnnd von einem Carmeliter-Münch die Absolution empfangen hatte / auch darauff jhme Hände vnnd Füsse gebunden worden / streckte er mit grosser Hertzhafftigkeit dem Scharpffrichter seinen Hals dar / welcher jhme das Haupt (wie in Spanien der Gebrauch ist) von vornen her abgehawen. Der Cörper ist von Mittag an biß auff den Abendt auff der Bühne ligen blieben: da ist endlich auß dem nechsten Hauß ein Tuch / als für einen armen Menschen geholet / darein der / so zuvor fast eines Königs Gut gehabt / herrlich vnd köstlich gelebet / schlecht eingewickelt / vnd begraben worden / wie sonsten ein armer Sünder / so vmb seiner Mißhandlung willen vom Leben zum Todt hingerichtet worden. Den halben Theil seiner Güter hat man confiscirt. Nach seinem Todt hat man jhn schier zu einem Heiligen machen wöllen: Dann ein Büchlein / cum licentia Superiorum ist außgegangen / von seiner sonderbahren Gottseligkeit / welche er bey seinem Ende bewiesen / nämlich / daß er / nachdem das Vrtheil vber jhne gesprochen worden / auß seinen Kleydern nicht were kommen / auch nicht zu Betthe gangen seye: Daß er den <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0789" n="706"/> viel Titul hatte / als der König in Spanien selbst: dann er schriebe sich Don Rodrigo de Calderone, Marggraff von Siebenkirchen / Graffe zu Oliva, Commendator zu Ocava, Ritter deß Ordens Sanct Jacobs / Hauptmann der Teutschen Guardj deß Königs / Capitain deß Hauses Arragon / Schrifftbewahrer der Cantzeley zu Valladolid / Obrister Werckmeister deroselben Statt / erster Algvazil daselbsten / vnd Alcayda der Königlichen Gefängnussen. Vber diß hatte er die erste Stimm in dem Hoffraht: Er war Obrister Postmeister: Vonjeder Creutzbull / die zu Valladolid getruckt ward / hatte er ein Maravedi: welches deß Jahrs in sechs Tausendt Ducaten eintruge: Er hatte ein eigene Cammer in den Spielhäussern zu Valladolid / wie auch in dem Coral zu Madrill: Er war Regent zu Soria vnd Placentia / General Depositarius vnd Schrifftbewahrer daselbsten: Er war Patron deß Closters zu Madrill / welches Porta Coeli genennet wirdt / wie auch der Königlichen Capell daselbsten: Er empfieng die Helffte der Perlemutter / die auß Ost-Indien kamen. Er hatte den Zoll von dem Brasilien Holtz / das von Lisabona in Spanien kam / welches jhm deß Jahrs wol zwölff Tausendt Ducaten einbracht. Der König hatte jhm gegönnet / daß niemands Mühl: oder Schleiffstein nach Ost Indien führen möchte / er gebe jhm dann ein genanntes darvon. Sein Haußrath ward auff vier hundert Tausendt Ducaten werth geschätzt: vnd belieff sich sein Jährliches Einkommen auff zwey hundert Tausendt Ducaten: Jedoch war er damit noch nicht ersättiget / sondern trachtete jmmerdar / wie er noch mehr an sich bringen möchte: Wie es aber also mit jhme auffs höchste kommen / da war er seinem Fall am nechsten. Darzu dann am meisten geholffen / dieweil er jhme viel durch seinen Trutz vnnd Vbermuth zuwider gemacht hatte: dahero so baldt deß Duca di Lerma Ansehen vnd Gewalt anfienge zu sincken / dieser auch angefangen nichts mehr zu gelten: vnd haben etliche grosse Herren / die er beleydiget hatte / sich herfür gethan / vnd Mittel gesucht / sich an jhme zu rächen: also daß er endlich in gefängliche Hafft genommen / vnd von dem General Procuratorn angeklagt worden / daß er ein Vrsach were an dem Todt der letzt verstorbenen Königin / Fraw Margrethae von Oesterreich. Aber dieweil solches nicht klärlich genug kondte bewiesen werden / ist er darvon ledig gesprochen worden.</p> <p>Er ward aber ferrners beschuldiget / daß er den Don Alonso de Caravajal, den Jesuiten Christoff Suaretz / den Don Petro Cavallero, vnd Petro de Camino, welche alle fürtreffliche Männer gewesen / vmbgebracht hette. Aber er wußte solches alles dermassen zu entschuldigen / daß man jhme deßwegen keine Straff anthun kondte / vnangesehen er der fürnembste Anstiffter jhres Todes gewesen. Dann er gab für / er hette solches mit Vorwissen vnd Befelch der Königlichen Rähte gethan.</p> <p>Aber das brach jhme den Hals / daß so gar offenbahr vnd bekandt war / daß er den Don Augustin de Avila, Francisco de Yuara, vnnd andere furtreffliche Männer hette eigenes Gewalts hinrichten lassen / daß er es nicht läugnen kondte: vnd war auch allbereits Iuan de Gusman, welcher den Yuara auß Befelch deß Calderone getödtet hatte / deßwegen enthauptet worden.</p> <p>Ist derhalben den neundten Julij dieses Jahres das Vrtheil deß Todes vber diesen Rodiigo de Calderone auch gesprochen worden: nachdem er länger dann zwey Jahr gefangen gesessen / die meiste Zeit in seinem Hauß / doch mit einer starckẽ Wacht wol verwahret.</p> <p>Die Execution deß Vrtheils ist wol drey Monat lang verschoben worden / nämlich biß auff den ein vnd zwantzigsten Octobris / dieweil er appellirt hatte. Aber solche seine Appellation hat jhn nichts helffen mögen: dann sie endlich verworffen / vnd das Vrtheil / das vber jhn war ergangen / bestättiget worden.</p> <p>Er ritte auff einem Maul Esel / welchen der Scharpffrichter führete / an das Orth / da er solte hingerichtet werden: Vor jhme her (wie in Spanien gebräuchlich ist) gieng einer / der rieff: Diß ist die Iustitia, welche vnser König befohlen hat vber diesen Mann ergehen zulassen / dieweil er einen Verrähterischer weise vmbgebracht / vnd an eines andern Todt schuldt / auch noch andere böse Stücke begangen hat / die in seinem Vrtheil gemeldet werden. Darumb soll er andern zum Exempel von dem Leben zum Todt gerichtet werden / auff daß ein jeder wisse / daß jhme eben solche Straff widerfahren wirdt / wann er dergleichen Sünde begehet.</p> <p>Mitten auff dem Marckt war ein Bühne auffgerichtet / darauff gieng er: vnnd als er zuvor sein Gebett verrichtet / vnnd von einem Carmeliter-Münch die Absolution empfangen hatte / auch darauff jhme Hände vnnd Füsse gebunden worden / streckte er mit grosser Hertzhafftigkeit dem Scharpffrichter seinen Hals dar / welcher jhme das Haupt (wie in Spanien der Gebrauch ist) von vornen her abgehawen. Der Cörper ist von Mittag an biß auff den Abendt auff der Bühne ligen blieben: da ist endlich auß dem nechsten Hauß ein Tuch / als für einen armen Menschen geholet / darein der / so zuvor fast eines Königs Gut gehabt / herrlich vnd köstlich gelebet / schlecht eingewickelt / vnd begraben worden / wie sonsten ein armer Sünder / so vmb seiner Mißhandlung willen vom Leben zum Todt hingerichtet worden.</p> <p>Den halben Theil seiner Güter hat man confiscirt. Nach seinem Todt hat man jhn schier zu einem Heiligen machen wöllen: Dann ein Büchlein / cum licentia Superiorum ist außgegangen / von seiner sonderbahren Gottseligkeit / welche er bey seinem Ende bewiesen / nämlich / daß er / nachdem das Vrtheil vber jhne gesprochen worden / auß seinen Kleydern nicht were kommen / auch nicht zu Betthe gangen seye: Daß er den </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [706/0789]
viel Titul hatte / als der König in Spanien selbst: dann er schriebe sich Don Rodrigo de Calderone, Marggraff von Siebenkirchen / Graffe zu Oliva, Commendator zu Ocava, Ritter deß Ordens Sanct Jacobs / Hauptmann der Teutschen Guardj deß Königs / Capitain deß Hauses Arragon / Schrifftbewahrer der Cantzeley zu Valladolid / Obrister Werckmeister deroselben Statt / erster Algvazil daselbsten / vnd Alcayda der Königlichen Gefängnussen. Vber diß hatte er die erste Stimm in dem Hoffraht: Er war Obrister Postmeister: Vonjeder Creutzbull / die zu Valladolid getruckt ward / hatte er ein Maravedi: welches deß Jahrs in sechs Tausendt Ducaten eintruge: Er hatte ein eigene Cammer in den Spielhäussern zu Valladolid / wie auch in dem Coral zu Madrill: Er war Regent zu Soria vnd Placentia / General Depositarius vnd Schrifftbewahrer daselbsten: Er war Patron deß Closters zu Madrill / welches Porta Coeli genennet wirdt / wie auch der Königlichen Capell daselbsten: Er empfieng die Helffte der Perlemutter / die auß Ost-Indien kamen. Er hatte den Zoll von dem Brasilien Holtz / das von Lisabona in Spanien kam / welches jhm deß Jahrs wol zwölff Tausendt Ducaten einbracht. Der König hatte jhm gegönnet / daß niemands Mühl: oder Schleiffstein nach Ost Indien führen möchte / er gebe jhm dann ein genanntes darvon. Sein Haußrath ward auff vier hundert Tausendt Ducaten werth geschätzt: vnd belieff sich sein Jährliches Einkommen auff zwey hundert Tausendt Ducaten: Jedoch war er damit noch nicht ersättiget / sondern trachtete jmmerdar / wie er noch mehr an sich bringen möchte: Wie es aber also mit jhme auffs höchste kommen / da war er seinem Fall am nechsten. Darzu dann am meisten geholffen / dieweil er jhme viel durch seinen Trutz vnnd Vbermuth zuwider gemacht hatte: dahero so baldt deß Duca di Lerma Ansehen vnd Gewalt anfienge zu sincken / dieser auch angefangen nichts mehr zu gelten: vnd haben etliche grosse Herren / die er beleydiget hatte / sich herfür gethan / vnd Mittel gesucht / sich an jhme zu rächen: also daß er endlich in gefängliche Hafft genommen / vnd von dem General Procuratorn angeklagt worden / daß er ein Vrsach were an dem Todt der letzt verstorbenen Königin / Fraw Margrethae von Oesterreich. Aber dieweil solches nicht klärlich genug kondte bewiesen werden / ist er darvon ledig gesprochen worden.
Er ward aber ferrners beschuldiget / daß er den Don Alonso de Caravajal, den Jesuiten Christoff Suaretz / den Don Petro Cavallero, vnd Petro de Camino, welche alle fürtreffliche Männer gewesen / vmbgebracht hette. Aber er wußte solches alles dermassen zu entschuldigen / daß man jhme deßwegen keine Straff anthun kondte / vnangesehen er der fürnembste Anstiffter jhres Todes gewesen. Dann er gab für / er hette solches mit Vorwissen vnd Befelch der Königlichen Rähte gethan.
Aber das brach jhme den Hals / daß so gar offenbahr vnd bekandt war / daß er den Don Augustin de Avila, Francisco de Yuara, vnnd andere furtreffliche Männer hette eigenes Gewalts hinrichten lassen / daß er es nicht läugnen kondte: vnd war auch allbereits Iuan de Gusman, welcher den Yuara auß Befelch deß Calderone getödtet hatte / deßwegen enthauptet worden.
Ist derhalben den neundten Julij dieses Jahres das Vrtheil deß Todes vber diesen Rodiigo de Calderone auch gesprochen worden: nachdem er länger dann zwey Jahr gefangen gesessen / die meiste Zeit in seinem Hauß / doch mit einer starckẽ Wacht wol verwahret.
Die Execution deß Vrtheils ist wol drey Monat lang verschoben worden / nämlich biß auff den ein vnd zwantzigsten Octobris / dieweil er appellirt hatte. Aber solche seine Appellation hat jhn nichts helffen mögen: dann sie endlich verworffen / vnd das Vrtheil / das vber jhn war ergangen / bestättiget worden.
Er ritte auff einem Maul Esel / welchen der Scharpffrichter führete / an das Orth / da er solte hingerichtet werden: Vor jhme her (wie in Spanien gebräuchlich ist) gieng einer / der rieff: Diß ist die Iustitia, welche vnser König befohlen hat vber diesen Mann ergehen zulassen / dieweil er einen Verrähterischer weise vmbgebracht / vnd an eines andern Todt schuldt / auch noch andere böse Stücke begangen hat / die in seinem Vrtheil gemeldet werden. Darumb soll er andern zum Exempel von dem Leben zum Todt gerichtet werden / auff daß ein jeder wisse / daß jhme eben solche Straff widerfahren wirdt / wann er dergleichen Sünde begehet.
Mitten auff dem Marckt war ein Bühne auffgerichtet / darauff gieng er: vnnd als er zuvor sein Gebett verrichtet / vnnd von einem Carmeliter-Münch die Absolution empfangen hatte / auch darauff jhme Hände vnnd Füsse gebunden worden / streckte er mit grosser Hertzhafftigkeit dem Scharpffrichter seinen Hals dar / welcher jhme das Haupt (wie in Spanien der Gebrauch ist) von vornen her abgehawen. Der Cörper ist von Mittag an biß auff den Abendt auff der Bühne ligen blieben: da ist endlich auß dem nechsten Hauß ein Tuch / als für einen armen Menschen geholet / darein der / so zuvor fast eines Königs Gut gehabt / herrlich vnd köstlich gelebet / schlecht eingewickelt / vnd begraben worden / wie sonsten ein armer Sünder / so vmb seiner Mißhandlung willen vom Leben zum Todt hingerichtet worden.
Den halben Theil seiner Güter hat man confiscirt. Nach seinem Todt hat man jhn schier zu einem Heiligen machen wöllen: Dann ein Büchlein / cum licentia Superiorum ist außgegangen / von seiner sonderbahren Gottseligkeit / welche er bey seinem Ende bewiesen / nämlich / daß er / nachdem das Vrtheil vber jhne gesprochen worden / auß seinen Kleydern nicht were kommen / auch nicht zu Betthe gangen seye: Daß er den
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Zitationshilfe: | Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635, S. 706. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635/789>, abgerufen am 22.07.2024. |