Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.Diese Anstellung / deren man kein exempel hatte / liesse sich schwer ansehen: aber man hielte darfür / daß es wegen der Noth vnnd Gefahr wol könte entschuldiget werden. Wann die Possession empfangen / auch die Gerechtigkeit ertheilet / hielte man darfür / es würde alles andere leichtlich von statten gehen: Vnderdessen war dem Cardinal fast bang / daß nicht etwan diese Sach / so allein angefangen / aber nicht zum ende gebracht / seinem guten Nahmen nachtheil brächte. Mitlerweil begaben sich jene nach Neapels / vnnd entdeckten die Sach jhren guten Freunden / vnnd vnder anderm auch dem Fürsten Bißniano vnnd andern hohen Personen / welche es alle für rathsamb hielten. Es wurden auch etliche Hauptleuth darzu vermöcht / daß sie solcher Meynung beyfielen. Derohalben alß der Hertzog in das newe Castell vnd Schloß S. Ermi gienge / ist er wider voller sorgen herauß kommen / vnnd hat folgends all sein Hoffnung auff die Kriegsleuth / welche er vor das Schloß gestellet / gesetzet. Wie nun alles genugsamb nach gelegenheit der Zeit berahtschlaget worden / sind viel von den Regenten / vnder denen Carolus Grimaldus / welchem daß Zunffimeisterampt vber das Volck von rechtswegen zugehörete / vnnd andere so darzu gehöreten / auff bestimbte Zeit in die Insul kommen. Constantius verbliebe zu Neaples / thate doch schrifftlich sein Meynung in geheimb seinen Amptsgenossen zuwissen / vnder dem Schein zwar / damit das verreysen eines solchen ansehenlichen Mannes / ohne welchen / wie der Hertzog darfür hielte / nichts nambhafftes mochte außgerichtet werden / den Anschlag verriethe: aber in der Warheit / daß / was auch für einen Außgang die Sachen gewinnen möchten / er ein gleichen Zutritt / entweder zu dem Borgia / oder aber dem Hertzogen von Ossuna haben könte. Nachdem sie nun alle in vorbemelte Insul zusammen kommen / wurde das Königliche Patent / in welchem dem Borgiae die Verwaltung deß Königreichs Neapels auffgetragen ward / vorgeleget / alles in der Eyl auff ein Ort gemacht / vnd die Hochheit der Possession / dem Cardinal vbergeben. Dieses würde zwar alles in geheimb verrichtet / aber doch nicht also / daß der argwöhnische Hertzog nicht etwas davon gemercket hette. Deßwegen beschloß er diesem Thun zubegegnen / vnnd liesse eylends alle Hauptleuth in deß Genuini Behausung zusammen beruffen. Daselbs wurde gehandelt / wie dem Borgia die Zu Neapels stehen die Sachen gefährlich. Possession verwehret werden möchte. Hiervon wurde der Schrecken in der Statt hefftig vermehret / vnnd besorget sich jedermann es würde mit Fewer vnnd Plündern verfahren werden / vnnd hielte es gar hart / daß nicht die grimmige Waaffen gegeneinander gebrauchet wurden Viel begaben sich auff die Flucht / andere verbargen sich. Vnderdessen bedachte sich der Statthalter / wie er nicht allein den Borgiam / sondern auch den Adel vnnd die gantze Statt / in Gefahr bringen möchte / brauchte darzu die Waaffen vnnd andere heimbliche Practicken / aber alles vergeblich. Er schickete den Bischoff von Agrigent / der Bravus genennet war / wie auch den Regenten Constantium selber zu dem Cardinal / vnd ließ jhn ersuchen / daß er doch noch vmb etwas die Rayß auffschieben wolte / biß er wider antwort auß Hispania bekäme. Vnnd diese zwar haben alßbald jhre Rayß vorgenommen / vnd auff einem Wagen nacher dem Gestatt deß Meers gefahren: aber wie sich alles zum vnglück deß Hertzogen geschickt / also hat es allhie auch dessen anzeigung von sich geben / dann der Wagen ist vnderwegens zerbrochen / also daß sie jnnhalten müssen / biß er wider gemacht worden: welches / wie es der Außgang hernach gelehret / dem Borgiae nicht wenig genutzet. Dann es waren dazumal bey jhm deß Anschlags / darvon bißher gemeldet worden / erste Anfänger / welche riethen / daß in geschwinder Eyl alles verrichtet / vnnd auch mit gefahr etwas gethan werden. Der Cardinal Borgia stellete sich / alß wolte er sich in der Insul mit jagen erlustieren / nahm derwegen alles Gesinde vnnd Instrumenta mit sich. Nach dem er nun von der Avalorum Behausung / in welcher er sich auffhielte / ziemblich weit hinweg war / hat er sich etwas von der Strassen abgethan / vnnd alß wann er auß Notturfft darzu gezwungen / in eines Privaten Hauß sich begeben / vnd allein zween seiner geheimbsten Diener mit sich genommen. Die andern aber alle beseits gehen lassen. Da er dann deß einen Dienern Didaci Iavedrae: Kleydung angeleget / vnd als ein andere Privatperson sich erzeiget / dem Diener aber sein gewohnliche Kleydung angethan / welcher dann gantz vnerkant in einem Sessel / an statt des Cardinals / wider in der Avalorum Behausung getragen worden. Der Bischoff Bravus vnd der Constantius / welche in dem der Cardinal außgewesen / in der Insul ankommen / vnnd eben damals / alß dieser für den Cardinal in dem Sessel / nach der besagten Avalorum Behausung getragen ward / zugegen waren / verwunderten sich daß der Cardinal / wie sie vermeinten / also mit stillschweigen für sie vorüber getragen wurde / vnnd begehrten darauff / daß Man sie für jhn lassen solte. Seme Hoffleuth / welche zugegen waren / wendeten allerley entschuldigung vor / daß sie dißmahl nicht vor jhn kommen köndten. Demnach sie nun etwas verzogen / wolten sie sich noch vor Abend wider gen Neaples begeben. Aber alß durch anstellung deß Cardinals alle Brücken abgeworffen vnnd die Wege versperret waren / musten sie wider jhren willen in der Insul vbernachten: Dann es hatte Borgia bey Leibs vnd Lebens Straff verbotten / daß niemand auß der Insul gelassen würde. Der Constantins klagte / es geschehe jhm hierinnen gewält: dann der Cardinal könte jhn nicht / ober Diese Anstellung / deren man kein exempel hatte / liesse sich schwer ansehen: aber man hielte darfür / daß es wegen der Noth vnnd Gefahr wol könte entschuldiget werden. Wann die Possession empfangen / auch die Gerechtigkeit ertheilet / hielte man darfür / es würde alles andere leichtlich von statten gehen: Vnderdessen war dem Cardinal fast bang / daß nicht etwan diese Sach / so allein angefangen / aber nicht zum ende gebracht / seinem guten Nahmen nachtheil brächte. Mitlerweil begaben sich jene nach Neapels / vnnd entdeckten die Sach jhren guten Freunden / vnnd vnder anderm auch dem Fürsten Bißniano vnnd andern hohen Personen / welche es alle für rathsamb hielten. Es wurden auch etliche Hauptleuth darzu vermöcht / daß sie solcher Meynung beyfielen. Derohalben alß der Hertzog in das newe Castell vnd Schloß S. Ermi gienge / ist er wider voller sorgen herauß kommen / vnnd hat folgends all sein Hoffnung auff die Kriegsleuth / welche er vor das Schloß gestellet / gesetzet. Wie nun alles genugsamb nach gelegenheit der Zeit berahtschlaget worden / sind viel von den Regenten / vnder denen Carolus Grimaldus / welchem daß Zunffimeisterampt vber das Volck von rechtswegen zugehörete / vnnd andere so darzu gehöreten / auff bestimbte Zeit in die Insul kommen. Constantius verbliebe zu Neaples / thate doch schrifftlich sein Meynung in geheimb seinen Amptsgenossen zuwissen / vnder dem Schein zwar / damit das verreysen eines solchen ansehenlichen Mannes / ohne welchen / wie der Hertzog darfür hielte / nichts nambhafftes mochte außgerichtet werden / den Anschlag verriethe: aber in der Warheit / daß / was auch für einen Außgang die Sachen gewinnen möchten / er ein gleichen Zutritt / entweder zu dem Borgia / oder aber dem Hertzogen von Ossuna haben könte. Nachdem sie nun alle in vorbemelte Insul zusammen kommen / wurde das Königliche Patent / in welchem dem Borgiae die Verwaltung deß Königreichs Neapels auffgetragen ward / vorgeleget / alles in der Eyl auff ein Ort gemacht / vnd die Hochheit der Possession / dem Cardinal vbergeben. Dieses würde zwar alles in geheimb verrichtet / aber doch nicht also / daß der argwöhnische Hertzog nicht etwas davon gemercket hette. Deßwegen beschloß er diesem Thun zubegegnen / vnnd liesse eylends alle Hauptleuth in deß Genuini Behausung zusammen beruffen. Daselbs wurde gehandelt / wie dem Borgia die Zu Neapels stehen die Sachen gefährlich. Possession verwehret werden möchte. Hiervon wurde der Schrecken in der Statt hefftig vermehret / vnnd besorget sich jedermann es würde mit Fewer vnnd Plündern verfahren werden / vnnd hielte es gar hart / daß nicht die grimmige Waaffen gegeneinander gebrauchet wurden Viel begaben sich auff die Flucht / andere verbargen sich. Vnderdessen bedachte sich der Statthalter / wie er nicht allein den Borgiam / sondern auch den Adel vnnd die gantze Statt / in Gefahr bringen möchte / brauchte darzu die Waaffen vnnd andere heimbliche Practicken / aber alles vergeblich. Er schickete den Bischoff von Agrigent / der Bravus genennet war / wie auch den Regenten Constantium selber zu dem Cardinal / vnd ließ jhn ersuchen / daß er doch noch vmb etwas die Rayß auffschieben wolte / biß er wider antwort auß Hispania bekäme. Vnnd diese zwar haben alßbald jhre Rayß vorgenommen / vnd auff einem Wagen nacher dem Gestatt deß Meers gefahren: aber wie sich alles zum vnglück deß Hertzogen geschickt / also hat es allhie auch dessen anzeigung von sich geben / dann der Wagen ist vnderwegens zerbrochen / also daß sie jnnhalten müssen / biß er wider gemacht worden: welches / wie es der Außgang hernach gelehret / dem Borgiae nicht wenig genutzet. Dann es waren dazumal bey jhm deß Anschlags / darvon bißher gemeldet worden / erste Anfänger / welche riethen / daß in geschwinder Eyl alles verrichtet / vnnd auch mit gefahr etwas gethan werden. Der Cardinal Borgia stellete sich / alß wolte er sich in der Insul mit jagen erlustieren / nahm derwegen alles Gesinde vnnd Instrumenta mit sich. Nach dem er nun von der Avalorum Behausung / in welcher er sich auffhielte / ziemblich weit hinweg war / hat er sich etwas von der Strassen abgethan / vnnd alß wann er auß Notturfft darzu gezwungen / in eines Privaten Hauß sich begeben / vnd allein zween seiner geheimbsten Diener mit sich genommen. Die andern aber alle beseits gehen lassen. Da er dann deß einen Dienern Didaci Iavedrae: Kleydung angeleget / vnd als ein andere Privatperson sich erzeiget / dem Diener aber sein gewohnliche Kleydung angethan / welcher dann gantz vnerkant in einem Sessel / an statt des Cardinals / wider in der Avalorum Behausung getragen worden. Der Bischoff Bravus vnd der Constantius / welche in dem der Cardinal außgewesen / in der Insul ankommen / vnnd eben damals / alß dieser für den Cardinal in dem Sessel / nach der besagten Avalorum Behausung getragen ward / zugegen waren / verwunderten sich daß der Cardinal / wie sie vermeinten / also mit stillschweigen für sie vorüber getragen wurde / vnnd begehrten darauff / daß Man sie für jhn lassen solte. Seme Hoffleuth / welche zugegen waren / wendeten allerley entschuldigung vor / daß sie dißmahl nicht vor jhn kommen köndten. Demnach sie nun etwas verzogen / wolten sie sich noch vor Abend wider gen Neaples begeben. Aber alß durch anstellung deß Cardinals alle Brücken abgeworffen vnnd die Wege versperret waren / musten sie wider jhren willen in der Insul vbernachten: Dann es hatte Borgia bey Leibs vnd Lebens Straff verbotten / daß niemand auß der Insul gelassen würde. Der Constantins klagte / es geschehe jhm hierinnen gewält: dann der Cardinal könte jhn nicht / ober <TEI> <text> <body> <div> <div> <pb facs="#f0770" n="687"/> <p>Diese Anstellung / deren man kein exempel hatte / liesse sich schwer ansehen: aber man hielte darfür / daß es wegen der Noth vnnd Gefahr wol könte entschuldiget werden. Wann die Possession empfangen / auch die Gerechtigkeit ertheilet / hielte man darfür / es würde alles andere leichtlich von statten gehen: Vnderdessen war dem Cardinal fast bang / daß nicht etwan diese Sach / so allein angefangen / aber nicht zum ende gebracht / seinem guten Nahmen nachtheil brächte. Mitlerweil begaben sich jene nach Neapels / vnnd entdeckten die Sach jhren guten Freunden / vnnd vnder anderm auch dem Fürsten Bißniano vnnd andern hohen Personen / welche es alle für rathsamb hielten. Es wurden auch etliche Hauptleuth darzu vermöcht / daß sie solcher Meynung beyfielen. Derohalben alß der Hertzog in das newe Castell vnd Schloß S. Ermi gienge / ist er wider voller sorgen herauß kommen / vnnd hat folgends all sein Hoffnung auff die Kriegsleuth / welche er vor das Schloß gestellet / gesetzet.</p> <p>Wie nun alles genugsamb nach gelegenheit der Zeit berahtschlaget worden / sind viel von den Regenten / vnder denen Carolus Grimaldus / welchem daß Zunffimeisterampt vber das Volck von rechtswegen zugehörete / vnnd andere so darzu gehöreten / auff bestimbte Zeit in die Insul kommen. Constantius verbliebe zu Neaples / thate doch schrifftlich sein Meynung in geheimb seinen Amptsgenossen zuwissen / vnder dem Schein zwar / damit das verreysen eines solchen ansehenlichen Mannes / ohne welchen / wie der Hertzog darfür hielte / nichts nambhafftes mochte außgerichtet werden / den Anschlag verriethe: aber in der Warheit / daß / was auch für einen Außgang die Sachen gewinnen möchten / er ein gleichen Zutritt / entweder zu dem Borgia / oder aber dem Hertzogen von Ossuna haben könte.</p> <p>Nachdem sie nun alle in vorbemelte Insul zusammen kommen / wurde das Königliche Patent / in welchem dem Borgiae die Verwaltung deß Königreichs Neapels auffgetragen ward / vorgeleget / alles in der Eyl auff ein Ort gemacht / vnd die Hochheit der Possession / dem Cardinal vbergeben. Dieses würde zwar alles in geheimb verrichtet / aber doch nicht also / daß der argwöhnische Hertzog nicht etwas davon gemercket hette.</p> <p>Deßwegen beschloß er diesem Thun zubegegnen / vnnd liesse eylends alle Hauptleuth in deß Genuini Behausung zusammen beruffen. Daselbs wurde gehandelt / wie dem Borgia die <note place="left">Zu Neapels stehen die Sachen gefährlich.</note> Possession verwehret werden möchte. Hiervon wurde der Schrecken in der Statt hefftig vermehret / vnnd besorget sich jedermann es würde mit Fewer vnnd Plündern verfahren werden / vnnd hielte es gar hart / daß nicht die grimmige Waaffen gegeneinander gebrauchet wurden Viel begaben sich auff die Flucht / andere verbargen sich.</p> <p>Vnderdessen bedachte sich der Statthalter / wie er nicht allein den Borgiam / sondern auch den Adel vnnd die gantze Statt / in Gefahr bringen möchte / brauchte darzu die Waaffen vnnd andere heimbliche Practicken / aber alles vergeblich. Er schickete den Bischoff von Agrigent / der Bravus genennet war / wie auch den Regenten Constantium selber zu dem Cardinal / vnd ließ jhn ersuchen / daß er doch noch vmb etwas die Rayß auffschieben wolte / biß er wider antwort auß Hispania bekäme. Vnnd diese zwar haben alßbald jhre Rayß vorgenommen / vnd auff einem Wagen nacher dem Gestatt deß Meers gefahren: aber wie sich alles zum vnglück deß Hertzogen geschickt / also hat es allhie auch dessen anzeigung von sich geben / dann der Wagen ist vnderwegens zerbrochen / also daß sie jnnhalten müssen / biß er wider gemacht worden: welches / wie es der Außgang hernach gelehret / dem Borgiae nicht wenig genutzet. Dann es waren dazumal bey jhm deß Anschlags / darvon bißher gemeldet worden / erste Anfänger / welche riethen / daß in geschwinder Eyl alles verrichtet / vnnd auch mit gefahr etwas gethan werden.</p> <p>Der Cardinal Borgia stellete sich / alß wolte er sich in der Insul mit jagen erlustieren / nahm derwegen alles Gesinde vnnd Instrumenta mit sich. Nach dem er nun von der Avalorum Behausung / in welcher er sich auffhielte / ziemblich weit hinweg war / hat er sich etwas von der Strassen abgethan / vnnd alß wann er auß Notturfft darzu gezwungen / in eines Privaten Hauß sich begeben / vnd allein zween seiner geheimbsten Diener mit sich genommen. Die andern aber alle beseits gehen lassen. Da er dann deß einen Dienern Didaci Iavedrae: Kleydung angeleget / vnd als ein andere Privatperson sich erzeiget / dem Diener aber sein gewohnliche Kleydung angethan / welcher dann gantz vnerkant in einem Sessel / an statt des Cardinals / wider in der Avalorum Behausung getragen worden.</p> <p>Der Bischoff Bravus vnd der Constantius / welche in dem der Cardinal außgewesen / in der Insul ankommen / vnnd eben damals / alß dieser für den Cardinal in dem Sessel / nach der besagten Avalorum Behausung getragen ward / zugegen waren / verwunderten sich daß der Cardinal / wie sie vermeinten / also mit stillschweigen für sie vorüber getragen wurde / vnnd begehrten darauff / daß Man sie für jhn lassen solte. Seme Hoffleuth / welche zugegen waren / wendeten allerley entschuldigung vor / daß sie dißmahl nicht vor jhn kommen köndten.</p> <p>Demnach sie nun etwas verzogen / wolten sie sich noch vor Abend wider gen Neaples begeben. Aber alß durch anstellung deß Cardinals alle Brücken abgeworffen vnnd die Wege versperret waren / musten sie wider jhren willen in der Insul vbernachten: Dann es hatte Borgia bey Leibs vnd Lebens Straff verbotten / daß niemand auß der Insul gelassen würde. Der Constantins klagte / es geschehe jhm hierinnen gewält: dann der Cardinal könte jhn nicht / ober </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [687/0770]
Diese Anstellung / deren man kein exempel hatte / liesse sich schwer ansehen: aber man hielte darfür / daß es wegen der Noth vnnd Gefahr wol könte entschuldiget werden. Wann die Possession empfangen / auch die Gerechtigkeit ertheilet / hielte man darfür / es würde alles andere leichtlich von statten gehen: Vnderdessen war dem Cardinal fast bang / daß nicht etwan diese Sach / so allein angefangen / aber nicht zum ende gebracht / seinem guten Nahmen nachtheil brächte. Mitlerweil begaben sich jene nach Neapels / vnnd entdeckten die Sach jhren guten Freunden / vnnd vnder anderm auch dem Fürsten Bißniano vnnd andern hohen Personen / welche es alle für rathsamb hielten. Es wurden auch etliche Hauptleuth darzu vermöcht / daß sie solcher Meynung beyfielen. Derohalben alß der Hertzog in das newe Castell vnd Schloß S. Ermi gienge / ist er wider voller sorgen herauß kommen / vnnd hat folgends all sein Hoffnung auff die Kriegsleuth / welche er vor das Schloß gestellet / gesetzet.
Wie nun alles genugsamb nach gelegenheit der Zeit berahtschlaget worden / sind viel von den Regenten / vnder denen Carolus Grimaldus / welchem daß Zunffimeisterampt vber das Volck von rechtswegen zugehörete / vnnd andere so darzu gehöreten / auff bestimbte Zeit in die Insul kommen. Constantius verbliebe zu Neaples / thate doch schrifftlich sein Meynung in geheimb seinen Amptsgenossen zuwissen / vnder dem Schein zwar / damit das verreysen eines solchen ansehenlichen Mannes / ohne welchen / wie der Hertzog darfür hielte / nichts nambhafftes mochte außgerichtet werden / den Anschlag verriethe: aber in der Warheit / daß / was auch für einen Außgang die Sachen gewinnen möchten / er ein gleichen Zutritt / entweder zu dem Borgia / oder aber dem Hertzogen von Ossuna haben könte.
Nachdem sie nun alle in vorbemelte Insul zusammen kommen / wurde das Königliche Patent / in welchem dem Borgiae die Verwaltung deß Königreichs Neapels auffgetragen ward / vorgeleget / alles in der Eyl auff ein Ort gemacht / vnd die Hochheit der Possession / dem Cardinal vbergeben. Dieses würde zwar alles in geheimb verrichtet / aber doch nicht also / daß der argwöhnische Hertzog nicht etwas davon gemercket hette.
Deßwegen beschloß er diesem Thun zubegegnen / vnnd liesse eylends alle Hauptleuth in deß Genuini Behausung zusammen beruffen. Daselbs wurde gehandelt / wie dem Borgia die Possession verwehret werden möchte. Hiervon wurde der Schrecken in der Statt hefftig vermehret / vnnd besorget sich jedermann es würde mit Fewer vnnd Plündern verfahren werden / vnnd hielte es gar hart / daß nicht die grimmige Waaffen gegeneinander gebrauchet wurden Viel begaben sich auff die Flucht / andere verbargen sich.
Zu Neapels stehen die Sachen gefährlich. Vnderdessen bedachte sich der Statthalter / wie er nicht allein den Borgiam / sondern auch den Adel vnnd die gantze Statt / in Gefahr bringen möchte / brauchte darzu die Waaffen vnnd andere heimbliche Practicken / aber alles vergeblich. Er schickete den Bischoff von Agrigent / der Bravus genennet war / wie auch den Regenten Constantium selber zu dem Cardinal / vnd ließ jhn ersuchen / daß er doch noch vmb etwas die Rayß auffschieben wolte / biß er wider antwort auß Hispania bekäme. Vnnd diese zwar haben alßbald jhre Rayß vorgenommen / vnd auff einem Wagen nacher dem Gestatt deß Meers gefahren: aber wie sich alles zum vnglück deß Hertzogen geschickt / also hat es allhie auch dessen anzeigung von sich geben / dann der Wagen ist vnderwegens zerbrochen / also daß sie jnnhalten müssen / biß er wider gemacht worden: welches / wie es der Außgang hernach gelehret / dem Borgiae nicht wenig genutzet. Dann es waren dazumal bey jhm deß Anschlags / darvon bißher gemeldet worden / erste Anfänger / welche riethen / daß in geschwinder Eyl alles verrichtet / vnnd auch mit gefahr etwas gethan werden.
Der Cardinal Borgia stellete sich / alß wolte er sich in der Insul mit jagen erlustieren / nahm derwegen alles Gesinde vnnd Instrumenta mit sich. Nach dem er nun von der Avalorum Behausung / in welcher er sich auffhielte / ziemblich weit hinweg war / hat er sich etwas von der Strassen abgethan / vnnd alß wann er auß Notturfft darzu gezwungen / in eines Privaten Hauß sich begeben / vnd allein zween seiner geheimbsten Diener mit sich genommen. Die andern aber alle beseits gehen lassen. Da er dann deß einen Dienern Didaci Iavedrae: Kleydung angeleget / vnd als ein andere Privatperson sich erzeiget / dem Diener aber sein gewohnliche Kleydung angethan / welcher dann gantz vnerkant in einem Sessel / an statt des Cardinals / wider in der Avalorum Behausung getragen worden.
Der Bischoff Bravus vnd der Constantius / welche in dem der Cardinal außgewesen / in der Insul ankommen / vnnd eben damals / alß dieser für den Cardinal in dem Sessel / nach der besagten Avalorum Behausung getragen ward / zugegen waren / verwunderten sich daß der Cardinal / wie sie vermeinten / also mit stillschweigen für sie vorüber getragen wurde / vnnd begehrten darauff / daß Man sie für jhn lassen solte. Seme Hoffleuth / welche zugegen waren / wendeten allerley entschuldigung vor / daß sie dißmahl nicht vor jhn kommen köndten.
Demnach sie nun etwas verzogen / wolten sie sich noch vor Abend wider gen Neaples begeben. Aber alß durch anstellung deß Cardinals alle Brücken abgeworffen vnnd die Wege versperret waren / musten sie wider jhren willen in der Insul vbernachten: Dann es hatte Borgia bey Leibs vnd Lebens Straff verbotten / daß niemand auß der Insul gelassen würde. Der Constantins klagte / es geschehe jhm hierinnen gewält: dann der Cardinal könte jhn nicht / ober
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Zitationshilfe: | Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635, S. 687. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635/770>, abgerufen am 28.07.2024. |