Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.Item Baptista Girardon / vnd sein Sohn / neben vielen anderen: Inmassen die Evangelischen hiermit zertrent / vnd je die Fürnembsten zum ersten hingerissen wurden / dardurch sie sich zu jhrer nothwendigen rettung nicht zusammen schlagen haben können. Allein hat ermelter Hans Anders Mingardin / auß erinnerung dessen / was in den obgedachten Criminalprocessen vergriffen / am selben Sontag den 9. Julij mit seinem Bruder Gregorio / vnnd andern von der Kirchen zu Sonders / sich selb achtzehend zu Hauß begeben / beneben etlichen Frawen vnd Töchtern / welches Hauß am Pallast gelegen war. Diese stärckten sich im Hauß / willens sich daselbst zu wehren / vnd biß in Todt zu schirmen: Sintemal auff den darbey gelegenen Platz niemand hinkommen / noch in die Kirchen tringen würde dörffen / als die vnder aller Augen gelegen were. Aber gleichwol hat sich der Feind diese Behausung / mit tausend bewehrten Mannen anzufechten / entschlossen: Auch der Oberkeit gedräwet / sie selbsten vmbzubringen / da einer vnder jnen darauß solte geschediget werden. Also hat dieselbe selbsten denen / so dahin geflohen / sich herauß zumachen befohlen: Welche vnversehener Sach / wol bewapnet / durch Sonders hin vnd weg gereiset / den Weg auff die Brücken zunemende: allda sie vmb etwas verblieben. Nach dem sie vmbgekehrt / namen sie etlich andere zu sich / vnd zogen auf die Gemeynd deß Bergs Sonders: Haben daselbsten mit dem Pfarherr jhr Gebett zu Gott verrichtet / vnd sind von dannen jhrer auff die 73. Personen / durch das Malenkerthal gezogen / so an zweyen Orten von den Feinden besetzt war. Es erschreckte sie aber Gott dermassen / daß sie geflohen. Diese arme Evangelische Herd aber / ob sie jhro gleich hernach biß auff die Spitzen der Bergen nachgeeylt / durch Gottes Beystand / wunderbahrer weiß darvon kommen. Die Feind / vnd nemblich deß besagten Thals / eygne Einwohner / sampt dero fürnembsten Redlinsführern / Jacob Robustellen / Azzo Besta / Hans Guizziarden / Lorentz Paribellen vnd anderen / fielen in den Pallast / vnd entsatzten die Oberkeit jhres Gewalts / nemblich Hans Andres Traversen von Schams auß dem obern Engadin / deß Veltlyns Hauptmann vnnd Gubernatorn: Welcher sich mit sampt den seinen in Paul Clamers Hauß verfügt hat / biß daß sie Dienstags den II. Jul. vnder dem Schein sie zuversichern / gen Malenk geführt wurden: allda sie im Dorff Chiesa wider gegebene Trew gefängklich angenommen / vnd die acht folgende Tag auff gehalten worden. Die Jenigen / so dieser Landtshauptmann gefangen hielt / machten sie ledig / vnd nahmen an deren statt die Evangelischen gefangen: enderten stracks den Calender / vnd gaben der Evangelischen Güter preiß: Daher nicht so wol vmb der Religion / als aber auß Begierd zu rauben vnnd stälen / ein grosse menge Volcks von allen Enden Veltlyns zusammen geloffen: Vnd damit männiglich Haab vnd Gut / so sich in so viel reicher Edelleuten Häusern befunden / bekommen möchte / ist die Begierd zum rauben dermassen gewachsen / daß die leiblichen Brüder / vnd nechsten Verwandten / ein ander auffgewercket haben. Die Zinß- vnd Haußleut / auß Hoffnung / daß sie durch diesen Mord jährlichen Zinß vnd Gülten abkommen möchten / haben den armen Evangelischen / auch biß in die Büsch / Höltzer vnd Berg nachgeeylt / vnd sie mit eusserster grawsamkeit gemetzget. Vnder diesen sind gewesen Doctor Bartolome Paravicin von Sonders: Doctor Nicolaus / sein Bruder / alß kurtz zuvor jhr Bruder Doctor Lelius in der Kirch zu Tell ermordt worden: Petronius Paravicin: Doctor Johan. Baptist. Mallery / von Antorff auß Niederland / ein außbündiger schöner Mann an Gemüth vnnd Leib. Dann er war ein guter Philosophus vnd Theologus, vnd die liebe Jugend zu vnderrichten / hoch qualificirt: ward bey den Häusern Moron ereylt / vnd daselbst nicht allein mit Steinen zu todt geworffen: sondern jhme der Kopff zerspalten / der Bauch auff geschnitten / vnd das Eyngeweid herauß gerissen. Seine beede arme Kinder Hans Andres vnd Catharina wurden nach Meyland geführt. Anna di Liba / Antonelli Grotti von Schio / auß dem Vincentiner Gebiet / Haußfraw / eines ehrlichen alten Geschlechts / so vmb der Freyheit deß Gewissens willen / vor etlich jahren auß Italia nach Sonders gezogen / ward erstlich von diesen Henckersbuben jren Glauben zuverlaugnen / mit freundlichen Worten angeredet. Als sie aber bestendig verharret / ist sie auffs wenigste jhrem Kindlein / so sie an der Brust getragen / vnd vngefähr zween Monat alt war / zuverschonen vermahnt worden: anderst Kind vnnd Mutter bey einander bleiben / vnnd Augenblicklich sterben müßten. Gab aber vnerschrocken zur antwort / Sie seye nicht darumb auß Italia gezogen / vnd habe das jhrige alles dahinden gelassen / daß sie den Glauben / den jhr Herr Jesus eingepflantzt hette / wolte verlassen: wolte darüber ehe tausend tödt leyden / wann es möglich were. Vnd wie solte ich / sprach sie / meines Kinds verschonen / da doch mein himlischer Vatter seine einigen Kinds / meines Herrn Jesu / nicht verschonet / sondern jhne für mich vnd alle arme Sünder in den Todt gegeben? rc. Vbergab jhnen hiemit das Kindlein / sprechende / Hie habt jhrs: Gott der Herr / der der Vöglein im Lufft rechnung hat / wird diese arme Creatur / da sie gleich in diesen Bergen von Menschen verlassen wird / wol zuerhalten wissen / rc. Rieß die Kleider auff / öffnet jhr Hertz vnnb sprach / Siehe / hie habt jhr den Leib / welchen jhr tödten könnet: meine Seel aber befehle ich in die Hand meines Gottes / welche jhr nicht tödten könnet. Ward drüber hingericht vnnd in vier stuck zerhawen. Dem Töchterlein / weil es ein vberauß schön Kindlein war / ward verschonet / vnd zu Castion / von dannen diese Henckersknecht gebürtig waren / einer Papistin zu säugen vbergeben. Zu mercken aber ists / daß diese gottse- Item Baptista Girardon / vnd sein Sohn / neben vielen anderen: Inmassen die Evangelischen hiermit zertrent / vnd je die Fürnembsten zum ersten hingerissen wurden / dardurch sie sich zu jhrer nothwendigen rettung nicht zusammen schlagen haben können. Allein hat ermelter Hans Anders Mingardin / auß erinnerung dessen / was in den obgedachten Criminalprocessen vergriffen / am selben Sontag den 9. Julij mit seinem Bruder Gregorio / vnnd andern von der Kirchen zu Sonders / sich selb achtzehend zu Hauß begeben / beneben etlichen Frawen vnd Töchtern / welches Hauß am Pallast gelegen war. Diese stärckten sich im Hauß / willens sich daselbst zu wehren / vnd biß in Todt zu schirmen: Sintemal auff den darbey gelegenen Platz niemand hinkommen / noch in die Kirchen tringen würde dörffen / als die vnder aller Augen gelegen were. Aber gleichwol hat sich der Feind diese Behausung / mit tausend bewehrten Mannen anzufechten / entschlossen: Auch der Oberkeit gedräwet / sie selbsten vmbzubringen / da einer vnder jnen darauß solte geschediget werden. Also hat dieselbe selbsten denen / so dahin geflohen / sich herauß zumachen befohlen: Welche vnversehener Sach / wol bewapnet / durch Sonders hin vñ weg gereiset / den Weg auff die Brücken zunemende: allda sie vmb etwas verblieben. Nach dem sie vmbgekehrt / namen sie etlich andere zu sich / vnd zogen auf die Gemeynd deß Bergs Sonders: Haben daselbsten mit dem Pfarherr jhr Gebett zu Gott verrichtet / vnd sind von dannen jhrer auff die 73. Personen / durch das Malenkerthal gezogen / so an zweyen Orten von den Feinden besetzt war. Es erschreckte sie aber Gott dermassen / daß sie geflohen. Diese arme Evangelische Herd aber / ob sie jhro gleich hernach biß auff die Spitzen der Bergen nachgeeylt / durch Gottes Beystand / wunderbahrer weiß darvon kommen. Die Feind / vnd nemblich deß besagten Thals / eygne Einwohner / sampt dero fürnembsten Redlinsführern / Jacob Robustellen / Azzo Besta / Hans Guizziarden / Lorentz Paribellen vnd anderen / fielen in den Pallast / vnd entsatzten die Oberkeit jhres Gewalts / nemblich Hans Andres Traversen von Schams auß dem obern Engadin / deß Veltlyns Hauptmann vnnd Gubernatorn: Welcher sich mit sampt den seinen in Paul Clamers Hauß verfügt hat / biß daß sie Dienstags den II. Jul. vnder dem Schein sie zuversichern / gen Malenk geführt wurden: allda sie im Dorff Chiesa wider gegebene Trew gefängklich angenommen / vnd die acht folgende Tag auff gehalten worden. Die Jenigen / so dieser Landtshauptmann gefangen hielt / machten sie ledig / vnd nahmen an deren statt die Evangelischen gefangen: enderten stracks den Calender / vnd gaben der Evangelischen Güter preiß: Daher nicht so wol vmb der Religion / als aber auß Begierd zu rauben vnnd stälen / ein grosse menge Volcks von allen Enden Veltlyns zusammen geloffen: Vnd damit männiglich Haab vnd Gut / so sich in so viel reicher Edelleuten Häusern befunden / bekommen möchte / ist die Begierd zum rauben dermassen gewachsen / daß die leiblichen Brüder / vnd nechsten Verwandten / ein ander auffgewercket haben. Die Zinß- vnd Haußleut / auß Hoffnung / daß sie durch diesen Mord jährlichen Zinß vnd Gülten abkommen möchten / haben den armen Evangelischen / auch biß in die Büsch / Höltzer vnd Berg nachgeeylt / vnd sie mit eusserster grawsamkeit gemetzget. Vnder diesen sind gewesen Doctor Bartolome Paravicin von Sonders: Doctor Nicolaus / sein Bruder / alß kurtz zuvor jhr Bruder Doctor Lelius in der Kirch zu Tell ermordt worden: Petronius Paravicin: Doctor Johan. Baptist. Mallery / von Antorff auß Niederland / ein außbündiger schöner Mann an Gemüth vnnd Leib. Dann er war ein guter Philosophus vnd Theologus, vnd die liebe Jugend zu vnderrichten / hoch qualificirt: ward bey den Häusern Moron ereylt / vnd daselbst nicht allein mit Steinen zu todt geworffen: sondern jhme der Kopff zerspalten / der Bauch auff geschnitten / vnd das Eyngeweid herauß gerissen. Seine beede arme Kinder Hans Andres vnd Catharina wurden nach Meyland geführt. Anna di Liba / Antonelli Grotti von Schio / auß dem Vincentiner Gebiet / Haußfraw / eines ehrlichen alten Geschlechts / so vmb der Freyheit deß Gewissens willen / vor etlich jahren auß Italia nach Sonders gezogen / ward erstlich von diesen Henckersbuben jren Glauben zuverlaugnen / mit freundlichen Worten angeredet. Als sie aber bestendig verharret / ist sie auffs wenigste jhrem Kindlein / so sie an der Brust getragen / vnd vngefähr zween Monat alt war / zuverschonen vermahnt worden: anderst Kind vnnd Mutter bey einander bleiben / vnnd Augenblicklich sterben müßten. Gab aber vnerschrocken zur antwort / Sie seye nicht darumb auß Italia gezogen / vnd habe das jhrige alles dahinden gelassen / daß sie den Glauben / den jhr Herr Jesus eingepflantzt hette / wolte verlassen: wolte darüber ehe tausend tödt leyden / wann es möglich were. Vnd wie solte ich / sprach sie / meines Kinds verschonen / da doch mein himlischer Vatter seine einigen Kinds / meines Herrn Jesu / nicht verschonet / sondern jhne für mich vnd alle arme Sünder in den Todt gegeben? rc. Vbergab jhnen hiemit das Kindlein / sprechende / Hie habt jhrs: Gott der Herr / der der Vöglein im Lufft rechnung hat / wird diese arme Creatur / da sie gleich in diesen Bergen von Menschen verlassen wird / wol zuerhalten wissen / rc. Rieß die Kleider auff / öffnet jhr Hertz vnnb sprach / Siehe / hie habt jhr den Leib / welchen jhr tödten könnet: meine Seel aber befehle ich in die Hand meines Gottes / welche jhr nicht tödten könnet. Ward drüber hingericht vnnd in vier stuck zerhawen. Dem Töchterlein / weil es ein vberauß schön Kindlein war / ward verschonet / vnd zu Castion / von dannen diese Henckersknecht gebürtig waren / einer Papistin zu säugen vbergeben. Zu mercken aber ists / daß diese gottse- <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0559" n="492"/> Item Baptista Girardon / vnd sein Sohn / neben vielen anderen: Inmassen die Evangelischen hiermit zertrent / vnd je die Fürnembsten zum ersten hingerissen wurden / dardurch sie sich zu jhrer nothwendigen rettung nicht zusammen schlagen haben können.</p> <p>Allein hat ermelter Hans Anders Mingardin / auß erinnerung dessen / was in den obgedachten Criminalprocessen vergriffen / am selben Sontag den 9. Julij mit seinem Bruder Gregorio / vnnd andern von der Kirchen zu Sonders / sich selb achtzehend zu Hauß begeben / beneben etlichen Frawen vnd Töchtern / welches Hauß am Pallast gelegen war. Diese stärckten sich im Hauß / willens sich daselbst zu wehren / vnd biß in Todt zu schirmen: Sintemal auff den darbey gelegenen Platz niemand hinkommen / noch in die Kirchen tringen würde dörffen / als die vnder aller Augen gelegen were. Aber gleichwol hat sich der Feind diese Behausung / mit tausend bewehrten Mannen anzufechten / entschlossen: Auch der Oberkeit gedräwet / sie selbsten vmbzubringen / da einer vnder jnen darauß solte geschediget werden. Also hat dieselbe selbsten denen / so dahin geflohen / sich herauß zumachen befohlen: Welche vnversehener Sach / wol bewapnet / durch Sonders hin vñ weg gereiset / den Weg auff die Brücken zunemende: allda sie vmb etwas verblieben. Nach dem sie vmbgekehrt / namen sie etlich andere zu sich / vnd zogen auf die Gemeynd deß Bergs Sonders: Haben daselbsten mit dem Pfarherr jhr Gebett zu Gott verrichtet / vnd sind von dannen jhrer auff die 73. Personen / durch das Malenkerthal gezogen / so an zweyen Orten von den Feinden besetzt war. Es erschreckte sie aber Gott dermassen / daß sie geflohen. Diese arme Evangelische Herd aber / ob sie jhro gleich hernach biß auff die Spitzen der Bergen nachgeeylt / durch Gottes Beystand / wunderbahrer weiß darvon kommen.</p> <p>Die Feind / vnd nemblich deß besagten Thals / eygne Einwohner / sampt dero fürnembsten Redlinsführern / Jacob Robustellen / Azzo Besta / Hans Guizziarden / Lorentz Paribellen vnd anderen / fielen in den Pallast / vnd entsatzten die Oberkeit jhres Gewalts / nemblich Hans Andres Traversen von Schams auß dem obern Engadin / deß Veltlyns Hauptmann vnnd Gubernatorn: Welcher sich mit sampt den seinen in Paul Clamers Hauß verfügt hat / biß daß sie Dienstags den II. Jul. vnder dem Schein sie zuversichern / gen Malenk geführt wurden: allda sie im Dorff Chiesa wider gegebene Trew gefängklich angenommen / vnd die acht folgende Tag auff gehalten worden. Die Jenigen / so dieser Landtshauptmann gefangen hielt / machten sie ledig / vnd nahmen an deren statt die Evangelischen gefangen: enderten stracks den Calender / vnd gaben der Evangelischen Güter preiß: Daher nicht so wol vmb der Religion / als aber auß Begierd zu rauben vnnd stälen / ein grosse menge Volcks von allen Enden Veltlyns zusammen geloffen: Vnd damit männiglich Haab vnd Gut / so sich in so viel reicher Edelleuten Häusern befunden / bekommen möchte / ist die Begierd zum rauben dermassen gewachsen / daß die leiblichen Brüder / vnd nechsten Verwandten / ein ander auffgewercket haben. Die Zinß- vnd Haußleut / auß Hoffnung / daß sie durch diesen Mord jährlichen Zinß vnd Gülten abkommen möchten / haben den armen Evangelischen / auch biß in die Büsch / Höltzer vnd Berg nachgeeylt / vnd sie mit eusserster grawsamkeit gemetzget.</p> <p>Vnder diesen sind gewesen Doctor Bartolome Paravicin von Sonders: Doctor Nicolaus / sein Bruder / alß kurtz zuvor jhr Bruder Doctor Lelius in der Kirch zu Tell ermordt worden: Petronius Paravicin: Doctor Johan. Baptist. Mallery / von Antorff auß Niederland / ein außbündiger schöner Mann an Gemüth vnnd Leib. Dann er war ein guter Philosophus vnd Theologus, vnd die liebe Jugend zu vnderrichten / hoch qualificirt: ward bey den Häusern Moron ereylt / vnd daselbst nicht allein mit Steinen zu todt geworffen: sondern jhme der Kopff zerspalten / der Bauch auff geschnitten / vnd das Eyngeweid herauß gerissen. Seine beede arme Kinder Hans Andres vnd Catharina wurden nach Meyland geführt.</p> <p>Anna di Liba / Antonelli Grotti von Schio / auß dem Vincentiner Gebiet / Haußfraw / eines ehrlichen alten Geschlechts / so vmb der Freyheit deß Gewissens willen / vor etlich jahren auß Italia nach Sonders gezogen / ward erstlich von diesen Henckersbuben jren Glauben zuverlaugnen / mit freundlichen Worten angeredet. Als sie aber bestendig verharret / ist sie auffs wenigste jhrem Kindlein / so sie an der Brust getragen / vnd vngefähr zween Monat alt war / zuverschonen vermahnt worden: anderst Kind vnnd Mutter bey einander bleiben / vnnd Augenblicklich sterben müßten. Gab aber vnerschrocken zur antwort / Sie seye nicht darumb auß Italia gezogen / vnd habe das jhrige alles dahinden gelassen / daß sie den Glauben / den jhr Herr Jesus eingepflantzt hette / wolte verlassen: wolte darüber ehe tausend tödt leyden / wann es möglich were. Vnd wie solte ich / sprach sie / meines Kinds verschonen / da doch mein himlischer Vatter seine einigen Kinds / meines Herrn Jesu / nicht verschonet / sondern jhne für mich vnd alle arme Sünder in den Todt gegeben? rc. Vbergab jhnen hiemit das Kindlein / sprechende / Hie habt jhrs: Gott der Herr / der der Vöglein im Lufft rechnung hat / wird diese arme Creatur / da sie gleich in diesen Bergen von Menschen verlassen wird / wol zuerhalten wissen / rc. Rieß die Kleider auff / öffnet jhr Hertz vnnb sprach / Siehe / hie habt jhr den Leib / welchen jhr tödten könnet: meine Seel aber befehle ich in die Hand meines Gottes / welche jhr nicht tödten könnet. Ward drüber hingericht vnnd in vier stuck zerhawen. Dem Töchterlein / weil es ein vberauß schön Kindlein war / ward verschonet / vnd zu Castion / von dannen diese Henckersknecht gebürtig waren / einer Papistin zu säugen vbergeben. Zu mercken aber ists / daß diese gottse- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [492/0559]
Item Baptista Girardon / vnd sein Sohn / neben vielen anderen: Inmassen die Evangelischen hiermit zertrent / vnd je die Fürnembsten zum ersten hingerissen wurden / dardurch sie sich zu jhrer nothwendigen rettung nicht zusammen schlagen haben können.
Allein hat ermelter Hans Anders Mingardin / auß erinnerung dessen / was in den obgedachten Criminalprocessen vergriffen / am selben Sontag den 9. Julij mit seinem Bruder Gregorio / vnnd andern von der Kirchen zu Sonders / sich selb achtzehend zu Hauß begeben / beneben etlichen Frawen vnd Töchtern / welches Hauß am Pallast gelegen war. Diese stärckten sich im Hauß / willens sich daselbst zu wehren / vnd biß in Todt zu schirmen: Sintemal auff den darbey gelegenen Platz niemand hinkommen / noch in die Kirchen tringen würde dörffen / als die vnder aller Augen gelegen were. Aber gleichwol hat sich der Feind diese Behausung / mit tausend bewehrten Mannen anzufechten / entschlossen: Auch der Oberkeit gedräwet / sie selbsten vmbzubringen / da einer vnder jnen darauß solte geschediget werden. Also hat dieselbe selbsten denen / so dahin geflohen / sich herauß zumachen befohlen: Welche vnversehener Sach / wol bewapnet / durch Sonders hin vñ weg gereiset / den Weg auff die Brücken zunemende: allda sie vmb etwas verblieben. Nach dem sie vmbgekehrt / namen sie etlich andere zu sich / vnd zogen auf die Gemeynd deß Bergs Sonders: Haben daselbsten mit dem Pfarherr jhr Gebett zu Gott verrichtet / vnd sind von dannen jhrer auff die 73. Personen / durch das Malenkerthal gezogen / so an zweyen Orten von den Feinden besetzt war. Es erschreckte sie aber Gott dermassen / daß sie geflohen. Diese arme Evangelische Herd aber / ob sie jhro gleich hernach biß auff die Spitzen der Bergen nachgeeylt / durch Gottes Beystand / wunderbahrer weiß darvon kommen.
Die Feind / vnd nemblich deß besagten Thals / eygne Einwohner / sampt dero fürnembsten Redlinsführern / Jacob Robustellen / Azzo Besta / Hans Guizziarden / Lorentz Paribellen vnd anderen / fielen in den Pallast / vnd entsatzten die Oberkeit jhres Gewalts / nemblich Hans Andres Traversen von Schams auß dem obern Engadin / deß Veltlyns Hauptmann vnnd Gubernatorn: Welcher sich mit sampt den seinen in Paul Clamers Hauß verfügt hat / biß daß sie Dienstags den II. Jul. vnder dem Schein sie zuversichern / gen Malenk geführt wurden: allda sie im Dorff Chiesa wider gegebene Trew gefängklich angenommen / vnd die acht folgende Tag auff gehalten worden. Die Jenigen / so dieser Landtshauptmann gefangen hielt / machten sie ledig / vnd nahmen an deren statt die Evangelischen gefangen: enderten stracks den Calender / vnd gaben der Evangelischen Güter preiß: Daher nicht so wol vmb der Religion / als aber auß Begierd zu rauben vnnd stälen / ein grosse menge Volcks von allen Enden Veltlyns zusammen geloffen: Vnd damit männiglich Haab vnd Gut / so sich in so viel reicher Edelleuten Häusern befunden / bekommen möchte / ist die Begierd zum rauben dermassen gewachsen / daß die leiblichen Brüder / vnd nechsten Verwandten / ein ander auffgewercket haben. Die Zinß- vnd Haußleut / auß Hoffnung / daß sie durch diesen Mord jährlichen Zinß vnd Gülten abkommen möchten / haben den armen Evangelischen / auch biß in die Büsch / Höltzer vnd Berg nachgeeylt / vnd sie mit eusserster grawsamkeit gemetzget.
Vnder diesen sind gewesen Doctor Bartolome Paravicin von Sonders: Doctor Nicolaus / sein Bruder / alß kurtz zuvor jhr Bruder Doctor Lelius in der Kirch zu Tell ermordt worden: Petronius Paravicin: Doctor Johan. Baptist. Mallery / von Antorff auß Niederland / ein außbündiger schöner Mann an Gemüth vnnd Leib. Dann er war ein guter Philosophus vnd Theologus, vnd die liebe Jugend zu vnderrichten / hoch qualificirt: ward bey den Häusern Moron ereylt / vnd daselbst nicht allein mit Steinen zu todt geworffen: sondern jhme der Kopff zerspalten / der Bauch auff geschnitten / vnd das Eyngeweid herauß gerissen. Seine beede arme Kinder Hans Andres vnd Catharina wurden nach Meyland geführt.
Anna di Liba / Antonelli Grotti von Schio / auß dem Vincentiner Gebiet / Haußfraw / eines ehrlichen alten Geschlechts / so vmb der Freyheit deß Gewissens willen / vor etlich jahren auß Italia nach Sonders gezogen / ward erstlich von diesen Henckersbuben jren Glauben zuverlaugnen / mit freundlichen Worten angeredet. Als sie aber bestendig verharret / ist sie auffs wenigste jhrem Kindlein / so sie an der Brust getragen / vnd vngefähr zween Monat alt war / zuverschonen vermahnt worden: anderst Kind vnnd Mutter bey einander bleiben / vnnd Augenblicklich sterben müßten. Gab aber vnerschrocken zur antwort / Sie seye nicht darumb auß Italia gezogen / vnd habe das jhrige alles dahinden gelassen / daß sie den Glauben / den jhr Herr Jesus eingepflantzt hette / wolte verlassen: wolte darüber ehe tausend tödt leyden / wann es möglich were. Vnd wie solte ich / sprach sie / meines Kinds verschonen / da doch mein himlischer Vatter seine einigen Kinds / meines Herrn Jesu / nicht verschonet / sondern jhne für mich vnd alle arme Sünder in den Todt gegeben? rc. Vbergab jhnen hiemit das Kindlein / sprechende / Hie habt jhrs: Gott der Herr / der der Vöglein im Lufft rechnung hat / wird diese arme Creatur / da sie gleich in diesen Bergen von Menschen verlassen wird / wol zuerhalten wissen / rc. Rieß die Kleider auff / öffnet jhr Hertz vnnb sprach / Siehe / hie habt jhr den Leib / welchen jhr tödten könnet: meine Seel aber befehle ich in die Hand meines Gottes / welche jhr nicht tödten könnet. Ward drüber hingericht vnnd in vier stuck zerhawen. Dem Töchterlein / weil es ein vberauß schön Kindlein war / ward verschonet / vnd zu Castion / von dannen diese Henckersknecht gebürtig waren / einer Papistin zu säugen vbergeben. Zu mercken aber ists / daß diese gottse-
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Zitationshilfe: | Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635/559>, abgerufen am 29.06.2024. |