Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.

Bild:
<< vorherige Seite

Alcalde Deconat neben einer grossen Wacht begleitet auß Mexico nach dem Meerhafen Veracrux / damit er von Dort auß nach dem Königl. Hispanischen Hof geschickt würde / führen lassen / vorgebend / daß es also die Ruhe vnd der Friede deß Landes / auch deß Königs Dienst erforderte. Als nun darauff der Bischoff nach S. Christophel angelanget vnd seine Fortführung den Statthalter langsam gedünckt / hat er den Alcalde Deconat zu schnellerer Fortreiß ermahnet / der sich aber / er habe weder Esel noch Gelt / entschuldiget. Derhalben er jhm vnverzüglich Esel vnd 2000. Thaler geschickt; darauff er biß nach S. Juan de Vacan 7. Meil von Mexico fort passiret: da sich der Bischoff weiter fortzuziehen geweigert / mit vorgeben / er könte der Reiß nicht nachsetzen / er müste dann zuvor vom Statthalter vnd der Königlichen Audientz außtrücklichen Befehl seines Bando haben; vnnd nach dem diese Verweigerung der Statthalter avisiret worden / hat er dem Alcalde bey 12000. Ducaten vnd der Guardien bey Leibs vnd Lebens Straff / den Bischoff fortzuführen / vnd wann er nicht zu Kutschen sitzen vnd fortfahren wolte / jhn mit Bett vnd allem hinein zu tragen vnd anzubinden / befohlen.

Als nun der Bischoff solche Resolution vernommen / hat er sich in Pontifical angethan / vnd das Sacrament in die Hand genommen / seiner Wacht geruffen / vnd die Hostiam consumirt / vorher aber ein eigene Person nach Maxico geschickt / mit Befehl / daß man aldort in allen Kirchen vnd Klöstern nicht anders thun solte / wie es dann beschehen. Darauff etliche Weiber auß der Kirchen weinend vnd klagend / daß sie deß Sacraments beraubt vnd excommunicirt seyn solten / gegangen. In dem fuhre in einer Kutschen vor die Kirchenthür der Secretarius Ossorio / einer vnder den Excommunicirten / dem ein Priester viel Maledictiones gegeben / zu den Buben auff der Gassen ruffend / hier fährt ein excommumnicirter Jud / werffet jhn mit Steinen zu todt: Worauff die Buben nicht faul / also mit Steinen zugeworffen / daß der Secretarius mit grosser Gefahr in den Königlichen Pallast entflohen: vnd diß geschahe vor Mittag.

Zu den Buben nun / die sich je länger je mehr häufften / geselleten sich auch nach mittag bärtige Leut von Mohren / Indianern vnd Mexicanern / die wurffen die Fenster in dem Königlichen Pallast mit Steinen auß / also daß der Stadthalter sein Guardy / sie mit Gewalt abzutreiben herauß schicken mußte; darauff etliche von der Guardy verwundet vnd einer zu todt geworffen / die vbrigen aber sich in den Pallast zu begeben vnnd die Thor nach sich zu sperren getrungen worden.

Wie nun dem tollen Pöfel diese Schantz gelungen / haben sie allerley Holtzwerck vnd lange Bäum / so man eben auff demselben Platz zu verkauffen pflegte / vor 3. Thor deß Königlichen Pallasts gelegt vnd dasselbig angezündet; vnd ob wol der Statthalter das angehende Fewer zu stillen / den Königlichen Fahnen auß den Fenstern gezeigt / ein Trommeten geblasen vnnd vmb hülff ruffen lassen / hat sich doch niemands auff seinen Befehl / oder in seinem Favor sehen lassen. Eben damals kam der Marggraff del Valle zu Pferd / das volck zu Fried vnd Ruhe ermahnend / mit dem er so viel außgerichtet / daß sie jm Platz in den Pallast zu gehen gegeben. Bald hernach sind auch die Inquisitores das Volck zu stillen dahin kommen: worauff das Fewer etwas gelöscht worden / vnd nach dem sie in den Pallast kommen / vnd mit dem Statthalter geredet / ist der Inquisitor Flores in ein Fenster getretten / vnd dem Volck zugeruffen / solten sich zur Ruhe begeben / man schicke albereit auß den Bischoff wider zu rück zu holen. Darauff der Pöfel geantwortet / sie wolten nit allein den Bischoff / sondern auch die Königliche gefangene Räht herauß haben. Derowegen die Inquisitores herauß geruffen / sie weren albereit ledig / vnd der Marggraf del Valle vnd der Inquisitor Flores zögen den Bischoff zu holen. Am herauß gehen hat das Volck dem Marggraffen del Valle einen Diener / vermeinend / daß er einer von deß Vice Re oder Statthalters Haußgenossen were / erstechen.

Hierauff sind die gefangene Königliche Räht ledig auß dem Pallast gangen / die sich alsbald in deß Königlichen Rahts Gavidia (der ein lange zeit von dem Statthalter in seinem eigenen Hauß gefangen gehalten worden) Losament begeben. Vnderdessen / als die Audientz beysamen war / versamlete sich viel Volck / welches ohne einige Authoritet der Justitia / weil sich keiner von derselben Ministris diesen Tag sehen liesse / obgedachten Gubernatoren zu Metepique Melchior de Varetz auß dem Dominicaner Closter genommen / vnd jhn nach der Hauptkirchen geführet: Die Guardy aber / so jhn im Closter verwacht / ist mit Leib vnd Lebens gefahr entloffen.

Nach dem er nun also in die Hauptkirchen gebracht / ist der wütende Pöfel dem Pallast zugeloffen / bey denen sich gar viel Geistliche / theils mit Waffen versehen / theils Crutzifix in den Händen tragend / befunden / die dem Volck zugesprochen / solten für die Catholisch vnd Christlich Religion streiten vnd sterben. Darauff selbige ein Leiter an den Pallast gerad vnder dem Fenster / wo der Fahne herauß gehenget / gelehnet / darauff ein junger Priester mit einem Bildnuß Christi in der Hand / gestiegen / vnd nach dem er die Stangen der Fahnen gebrochen / hat er sie gantz herunder gebracht / da sie das Volck hin vnd wider gezogen / biß sie letztlich etliche Clerici bekommen / vnd auff den Kirchthurn gestecket. Als dieses die Audientz erfahren / hat sie solche begehret / vnd in das Rahthauß gestecket. Vnder dessen hat das Volck die Königliche Gefängnuß öffnen wollen / vnd weil vber 200. Gefangene darinn gelegen / vnd der Statthalter vermeinet / wann er sie gutwillig loß liesse / sie jhme wider den auffrürischen Pöfel beystehen würden / hat er die Thürn selbst auffzuschlagen befohlen. Es ist jhm aber das Widerspiel begegnet / dann niemands mehr / als dieselbe / wider jhn gewesen vnd Stein zu geworffen.

Alcalde Deconat nebẽ einer grossen Wacht begleitet auß Mexico nach dem Meerhafen Veracrux / damit er von Dort auß nach dem Königl. Hispanischen Hof geschickt würde / führen lassen / vorgebend / daß es also die Ruhe vnd der Friede deß Landes / auch deß Königs Dienst erforderte. Als nun darauff der Bischoff nach S. Christophel angelanget vnd seine Fortführung den Statthalter langsam gedünckt / hat er den Alcalde Deconat zu schnellerer Fortreiß ermahnet / der sich aber / er habe weder Esel noch Gelt / entschuldiget. Derhalben er jhm vnverzüglich Esel vnd 2000. Thaler geschickt; darauff er biß nach S. Juan de Vacan 7. Meil von Mexico fort passiret: da sich der Bischoff weiter fortzuziehen geweigert / mit vorgeben / er könte der Reiß nicht nachsetzen / er müste dann zuvor vom Statthalter vnd der Königlichen Audientz außtrücklichen Befehl seines Bando haben; vnnd nach dem diese Verweigerung der Statthalter avisiret worden / hat er dem Alcalde bey 12000. Ducaten vnd der Guardien bey Leibs vnd Lebens Straff / den Bischoff fortzuführen / vnd wann er nicht zu Kutschen sitzen vnd fortfahren wolte / jhn mit Bett vnd allem hinein zu tragen vnd anzubinden / befohlen.

Als nun der Bischoff solche Resolution vernommen / hat er sich in Pontifical angethan / vnd das Sacrament in die Hand genommen / seiner Wacht geruffen / vnd die Hostiam consumirt / vorher aber ein eigene Person nach Maxico geschickt / mit Befehl / daß man aldort in allen Kirchen vnd Klöstern nicht anders thun solte / wie es dann beschehen. Darauff etliche Weiber auß der Kirchen weinend vnd klagend / daß sie deß Sacraments beraubt vnd excommunicirt seyn solten / gegangen. In dem fuhre in einer Kutschen vor die Kirchenthür der Secretarius Ossorio / einer vnder den Excommunicirten / dem ein Priester viel Maledictiones gegeben / zu den Buben auff der Gassen ruffend / hier fährt ein excommumnicirter Jud / werffet jhn mit Steinen zu todt: Worauff die Buben nicht faul / also mit Steinen zugeworffen / daß der Secretarius mit grosser Gefahr in den Königlichen Pallast entflohen: vnd diß geschahe vor Mittag.

Zu den Buben nun / die sich je länger je mehr häufften / geselleten sich auch nach mittag bärtige Leut von Mohren / Indianern vnd Mexicanern / die wurffen die Fenster in dem Königlichen Pallast mit Steinen auß / also daß der Stadthalter sein Guardy / sie mit Gewalt abzutreiben herauß schicken mußte; darauff etliche von der Guardy verwundet vnd einer zu todt geworffen / die vbrigen aber sich in den Pallast zu begeben vnnd die Thor nach sich zu sperren getrungen worden.

Wie nun dem tollen Pöfel diese Schantz gelungen / haben sie allerley Holtzwerck vnd lange Bäum / so man eben auff demselben Platz zu verkauffen pflegte / vor 3. Thor deß Königlichen Pallasts gelegt vnd dasselbig angezündet; vnd ob wol der Statthalter das angehende Fewer zu stillen / den Königlichen Fahnen auß den Fenstern gezeigt / ein Trommeten geblasen vnnd vmb hülff ruffen lassen / hat sich doch niemands auff seinen Befehl / oder in seinem Favor sehen lassen. Eben damals kam der Marggraff del Valle zu Pferd / das volck zu Fried vnd Ruhe ermahnend / mit dem er so viel außgerichtet / daß sie jm Platz in den Pallast zu gehen gegeben. Bald hernach sind auch die Inquisitores das Volck zu stillen dahin kom̃en: worauff das Fewer etwas gelöscht worden / vnd nach dem sie in den Pallast kom̃en / vnd mit dem Statthalter geredet / ist der Inquisitor Flores in ein Fenster getretten / vnd dem Volck zugeruffen / solten sich zur Ruhe begeben / man schicke albereit auß den Bischoff wider zu rück zu holen. Darauff der Pöfel geantwortet / sie wolten nit allein den Bischoff / sondern auch die Königliche gefangene Räht herauß haben. Derowegen die Inquisitores herauß geruffen / sie weren albereit ledig / vñ der Marggraf del Valle vnd der Inquisitor Flores zögen den Bischoff zu holen. Am herauß gehen hat das Volck dem Marggraffen del Valle einen Diener / vermeinend / daß er einer von deß Vice Re oder Statthalters Haußgenossen were / erstechen.

Hierauff sind die gefangene Königliche Räht ledig auß dem Pallast gangen / die sich alsbald in deß Königlichen Rahts Gavidia (der ein lange zeit von dem Statthalter in seinem eigenen Hauß gefangen gehalten worden) Losament begeben. Vnderdessen / als die Audientz beysamen war / versamlete sich viel Volck / welches ohne einige Authoritet der Justitia / weil sich keiner von derselben Ministris diesen Tag sehen liesse / obgedachten Gubernatoren zu Metepique Melchior de Varetz auß dem Dominicaner Closter genommen / vnd jhn nach der Hauptkirchen geführet: Die Guardy aber / so jhn im Closter verwacht / ist mit Leib vnd Lebens gefahr entloffen.

Nach dem er nun also in die Hauptkirchen gebracht / ist der wütende Pöfel dem Pallast zugeloffen / bey denen sich gar viel Geistliche / theils mit Waffen versehen / theils Crutzifix in den Händen tragend / befunden / die dem Volck zugesprochen / solten für die Catholisch vnd Christlich Religion streiten vnd sterben. Darauff selbige ein Leiter an den Pallast gerad vnder dem Fenster / wo der Fahne herauß gehenget / gelehnet / darauff ein junger Priester mit einem Bildnuß Christi in der Hand / gestiegen / vnd nach dem er die Stangen der Fahnen gebrochen / hat er sie gantz herunder gebracht / da sie das Volck hin vnd wider gezogen / biß sie letztlich etliche Clerici bekommen / vnd auff den Kirchthurn gestecket. Als dieses die Audientz erfahren / hat sie solche begehret / vnd in das Rahthauß gestecket. Vnder dessen hat das Volck die Königliche Gefängnuß öffnen wollen / vnd weil vber 200. Gefangene darinn gelegen / vnd der Statthalter vermeinet / wann er sie gutwillig loß liesse / sie jhme wider den auffrürischen Pöfel beystehen würden / hat er die Thürn selbst auffzuschlagen befohlen. Es ist jhm aber das Widerspiel begegnet / dann niemands mehr / als dieselbe / wider jhn gewesen vnd Stein zu geworffen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <p><pb facs="#f1013" n="904"/>
Alcalde Deconat nebe&#x0303; einer grossen Wacht begleitet auß Mexico nach dem                      Meerhafen Veracrux / damit er von Dort auß nach dem Königl. Hispanischen Hof                      geschickt würde / führen lassen / vorgebend / daß es also die Ruhe vnd der                      Friede deß Landes / auch deß Königs Dienst erforderte. Als nun darauff der                      Bischoff nach S. Christophel angelanget vnd seine Fortführung den Statthalter                      langsam gedünckt / hat er den Alcalde Deconat zu schnellerer Fortreiß ermahnet /                      der sich aber / er habe weder Esel noch Gelt / entschuldiget. Derhalben er jhm                      vnverzüglich Esel vnd 2000. Thaler geschickt; darauff er biß nach S. Juan de                      Vacan 7. Meil von Mexico fort passiret: da sich der Bischoff weiter fortzuziehen                      geweigert / mit vorgeben / er könte der Reiß nicht nachsetzen / er müste dann                      zuvor vom Statthalter vnd der Königlichen Audientz außtrücklichen Befehl seines                      Bando haben; vnnd nach dem diese Verweigerung der Statthalter avisiret worden /                      hat er dem Alcalde bey 12000. Ducaten vnd der Guardien bey Leibs vnd Lebens                      Straff / den Bischoff fortzuführen / vnd wann er nicht zu Kutschen sitzen vnd                      fortfahren wolte / jhn mit Bett vnd allem hinein zu tragen vnd anzubinden /                      befohlen.</p>
          <p>Als nun der Bischoff solche Resolution vernommen / hat er sich in Pontifical                      angethan / vnd das Sacrament in die Hand genommen / seiner Wacht geruffen / vnd                      die Hostiam consumirt / vorher aber ein eigene Person nach Maxico geschickt /                      mit Befehl / daß man aldort in allen Kirchen vnd Klöstern nicht anders thun                      solte / wie es dann beschehen. Darauff etliche Weiber auß der Kirchen weinend                      vnd klagend / daß sie deß Sacraments beraubt vnd excommunicirt seyn solten /                      gegangen. In dem fuhre in einer Kutschen vor die Kirchenthür der Secretarius                      Ossorio / einer vnder den Excommunicirten / dem ein Priester viel Maledictiones                      gegeben / zu den Buben auff der Gassen ruffend / hier fährt ein excommumnicirter                      Jud / werffet jhn mit Steinen zu todt: Worauff die Buben nicht faul / also mit                      Steinen zugeworffen / daß der Secretarius mit grosser Gefahr in den Königlichen                      Pallast entflohen: vnd diß geschahe vor Mittag.</p>
          <p>Zu den Buben nun / die sich je länger je mehr häufften / geselleten sich auch                      nach mittag bärtige Leut von Mohren / Indianern vnd Mexicanern / die wurffen die                      Fenster in dem Königlichen Pallast mit Steinen auß / also daß der Stadthalter                      sein Guardy / sie mit Gewalt abzutreiben herauß schicken mußte; darauff etliche                      von der Guardy verwundet vnd einer zu todt geworffen / die vbrigen aber sich in                      den Pallast zu begeben vnnd die Thor nach sich zu sperren getrungen worden.</p>
          <p>Wie nun dem tollen Pöfel diese Schantz gelungen / haben sie allerley Holtzwerck                      vnd lange Bäum / so man eben auff demselben Platz zu verkauffen pflegte / vor 3.                      Thor deß Königlichen Pallasts gelegt vnd dasselbig angezündet; vnd ob wol der                      Statthalter das angehende Fewer zu stillen / den Königlichen Fahnen auß den                      Fenstern gezeigt / ein Trommeten geblasen vnnd vmb hülff ruffen lassen / hat                      sich doch niemands auff seinen Befehl / oder in seinem Favor sehen lassen. Eben                      damals kam der Marggraff del Valle zu Pferd / das volck zu Fried vnd Ruhe                      ermahnend / mit dem er so viel außgerichtet / daß sie jm Platz in den Pallast zu                      gehen gegeben. Bald hernach sind auch die Inquisitores das Volck zu stillen                      dahin kom&#x0303;en: worauff das Fewer etwas gelöscht worden / vnd nach                      dem sie in den Pallast kom&#x0303;en / vnd mit dem Statthalter geredet /                      ist der Inquisitor Flores in ein Fenster getretten / vnd dem Volck zugeruffen /                      solten sich zur Ruhe begeben / man schicke albereit auß den Bischoff wider zu                      rück zu holen. Darauff der Pöfel geantwortet / sie wolten nit allein den                      Bischoff / sondern auch die Königliche gefangene Räht herauß haben. Derowegen                      die Inquisitores herauß geruffen / sie weren albereit ledig / vn&#x0303;                      der Marggraf del Valle vnd der Inquisitor Flores zögen den Bischoff zu holen. Am                      herauß gehen hat das Volck dem Marggraffen del Valle einen Diener / vermeinend /                      daß er einer von deß Vice Re oder Statthalters Haußgenossen were / erstechen.</p>
          <p>Hierauff sind die gefangene Königliche Räht ledig auß dem Pallast gangen / die                      sich alsbald in deß Königlichen Rahts Gavidia (der ein lange zeit von dem                      Statthalter in seinem eigenen Hauß gefangen gehalten worden) Losament begeben.                      Vnderdessen / als die Audientz beysamen war / versamlete sich viel Volck /                      welches ohne einige Authoritet der Justitia / weil sich keiner von derselben                      Ministris diesen Tag sehen liesse / obgedachten Gubernatoren zu Metepique                      Melchior de Varetz auß dem Dominicaner Closter genommen / vnd jhn nach der                      Hauptkirchen geführet: Die Guardy aber / so jhn im Closter verwacht / ist mit                      Leib vnd Lebens gefahr entloffen.</p>
          <p>Nach dem er nun also in die Hauptkirchen gebracht / ist der wütende Pöfel dem                      Pallast zugeloffen / bey denen sich gar viel Geistliche / theils mit Waffen                      versehen / theils Crutzifix in den Händen tragend / befunden / die dem Volck                      zugesprochen / solten für die Catholisch vnd Christlich Religion streiten vnd                      sterben. Darauff selbige ein Leiter an den Pallast gerad vnder dem Fenster / wo                      der Fahne herauß gehenget / gelehnet / darauff ein junger Priester mit einem                      Bildnuß Christi in der Hand / gestiegen / vnd nach dem er die Stangen der Fahnen                      gebrochen / hat er sie gantz herunder gebracht / da sie das Volck hin vnd wider                      gezogen / biß sie letztlich etliche Clerici bekommen / vnd auff den Kirchthurn                      gestecket. Als dieses die Audientz erfahren / hat sie solche begehret / vnd in                      das Rahthauß gestecket. Vnder dessen hat das Volck die Königliche Gefängnuß                      öffnen wollen / vnd weil vber 200. Gefangene darinn gelegen / vnd der                      Statthalter vermeinet / wann er sie gutwillig loß liesse / sie jhme wider den                      auffrürischen Pöfel beystehen würden / hat er die Thürn selbst auffzuschlagen                      befohlen. Es ist jhm aber das Widerspiel begegnet / dann niemands mehr / als                      dieselbe / wider jhn gewesen vnd Stein zu geworffen.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[904/1013] Alcalde Deconat nebẽ einer grossen Wacht begleitet auß Mexico nach dem Meerhafen Veracrux / damit er von Dort auß nach dem Königl. Hispanischen Hof geschickt würde / führen lassen / vorgebend / daß es also die Ruhe vnd der Friede deß Landes / auch deß Königs Dienst erforderte. Als nun darauff der Bischoff nach S. Christophel angelanget vnd seine Fortführung den Statthalter langsam gedünckt / hat er den Alcalde Deconat zu schnellerer Fortreiß ermahnet / der sich aber / er habe weder Esel noch Gelt / entschuldiget. Derhalben er jhm vnverzüglich Esel vnd 2000. Thaler geschickt; darauff er biß nach S. Juan de Vacan 7. Meil von Mexico fort passiret: da sich der Bischoff weiter fortzuziehen geweigert / mit vorgeben / er könte der Reiß nicht nachsetzen / er müste dann zuvor vom Statthalter vnd der Königlichen Audientz außtrücklichen Befehl seines Bando haben; vnnd nach dem diese Verweigerung der Statthalter avisiret worden / hat er dem Alcalde bey 12000. Ducaten vnd der Guardien bey Leibs vnd Lebens Straff / den Bischoff fortzuführen / vnd wann er nicht zu Kutschen sitzen vnd fortfahren wolte / jhn mit Bett vnd allem hinein zu tragen vnd anzubinden / befohlen. Als nun der Bischoff solche Resolution vernommen / hat er sich in Pontifical angethan / vnd das Sacrament in die Hand genommen / seiner Wacht geruffen / vnd die Hostiam consumirt / vorher aber ein eigene Person nach Maxico geschickt / mit Befehl / daß man aldort in allen Kirchen vnd Klöstern nicht anders thun solte / wie es dann beschehen. Darauff etliche Weiber auß der Kirchen weinend vnd klagend / daß sie deß Sacraments beraubt vnd excommunicirt seyn solten / gegangen. In dem fuhre in einer Kutschen vor die Kirchenthür der Secretarius Ossorio / einer vnder den Excommunicirten / dem ein Priester viel Maledictiones gegeben / zu den Buben auff der Gassen ruffend / hier fährt ein excommumnicirter Jud / werffet jhn mit Steinen zu todt: Worauff die Buben nicht faul / also mit Steinen zugeworffen / daß der Secretarius mit grosser Gefahr in den Königlichen Pallast entflohen: vnd diß geschahe vor Mittag. Zu den Buben nun / die sich je länger je mehr häufften / geselleten sich auch nach mittag bärtige Leut von Mohren / Indianern vnd Mexicanern / die wurffen die Fenster in dem Königlichen Pallast mit Steinen auß / also daß der Stadthalter sein Guardy / sie mit Gewalt abzutreiben herauß schicken mußte; darauff etliche von der Guardy verwundet vnd einer zu todt geworffen / die vbrigen aber sich in den Pallast zu begeben vnnd die Thor nach sich zu sperren getrungen worden. Wie nun dem tollen Pöfel diese Schantz gelungen / haben sie allerley Holtzwerck vnd lange Bäum / so man eben auff demselben Platz zu verkauffen pflegte / vor 3. Thor deß Königlichen Pallasts gelegt vnd dasselbig angezündet; vnd ob wol der Statthalter das angehende Fewer zu stillen / den Königlichen Fahnen auß den Fenstern gezeigt / ein Trommeten geblasen vnnd vmb hülff ruffen lassen / hat sich doch niemands auff seinen Befehl / oder in seinem Favor sehen lassen. Eben damals kam der Marggraff del Valle zu Pferd / das volck zu Fried vnd Ruhe ermahnend / mit dem er so viel außgerichtet / daß sie jm Platz in den Pallast zu gehen gegeben. Bald hernach sind auch die Inquisitores das Volck zu stillen dahin kom̃en: worauff das Fewer etwas gelöscht worden / vnd nach dem sie in den Pallast kom̃en / vnd mit dem Statthalter geredet / ist der Inquisitor Flores in ein Fenster getretten / vnd dem Volck zugeruffen / solten sich zur Ruhe begeben / man schicke albereit auß den Bischoff wider zu rück zu holen. Darauff der Pöfel geantwortet / sie wolten nit allein den Bischoff / sondern auch die Königliche gefangene Räht herauß haben. Derowegen die Inquisitores herauß geruffen / sie weren albereit ledig / vñ der Marggraf del Valle vnd der Inquisitor Flores zögen den Bischoff zu holen. Am herauß gehen hat das Volck dem Marggraffen del Valle einen Diener / vermeinend / daß er einer von deß Vice Re oder Statthalters Haußgenossen were / erstechen. Hierauff sind die gefangene Königliche Räht ledig auß dem Pallast gangen / die sich alsbald in deß Königlichen Rahts Gavidia (der ein lange zeit von dem Statthalter in seinem eigenen Hauß gefangen gehalten worden) Losament begeben. Vnderdessen / als die Audientz beysamen war / versamlete sich viel Volck / welches ohne einige Authoritet der Justitia / weil sich keiner von derselben Ministris diesen Tag sehen liesse / obgedachten Gubernatoren zu Metepique Melchior de Varetz auß dem Dominicaner Closter genommen / vnd jhn nach der Hauptkirchen geführet: Die Guardy aber / so jhn im Closter verwacht / ist mit Leib vnd Lebens gefahr entloffen. Nach dem er nun also in die Hauptkirchen gebracht / ist der wütende Pöfel dem Pallast zugeloffen / bey denen sich gar viel Geistliche / theils mit Waffen versehen / theils Crutzifix in den Händen tragend / befunden / die dem Volck zugesprochen / solten für die Catholisch vnd Christlich Religion streiten vnd sterben. Darauff selbige ein Leiter an den Pallast gerad vnder dem Fenster / wo der Fahne herauß gehenget / gelehnet / darauff ein junger Priester mit einem Bildnuß Christi in der Hand / gestiegen / vnd nach dem er die Stangen der Fahnen gebrochen / hat er sie gantz herunder gebracht / da sie das Volck hin vnd wider gezogen / biß sie letztlich etliche Clerici bekommen / vnd auff den Kirchthurn gestecket. Als dieses die Audientz erfahren / hat sie solche begehret / vnd in das Rahthauß gestecket. Vnder dessen hat das Volck die Königliche Gefängnuß öffnen wollen / vnd weil vber 200. Gefangene darinn gelegen / vnd der Statthalter vermeinet / wann er sie gutwillig loß liesse / sie jhme wider den auffrürischen Pöfel beystehen würden / hat er die Thürn selbst auffzuschlagen befohlen. Es ist jhm aber das Widerspiel begegnet / dann niemands mehr / als dieselbe / wider jhn gewesen vnd Stein zu geworffen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Frederike Neuber, Marcus Baumgarten: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Das zweispaltige Layout wurde bei Transkription und Auszeichnung des Textes nicht berücksichtigt.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635/1013
Zitationshilfe: Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635, S. 904. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635/1013>, abgerufen am 28.07.2024.