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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.

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um den Hals, und ward wieder ganz verschämt, sich vergessen
zu haben. Nun fiel es ihm ein, zu zweifeln, zu erwägen und
zu forschen; er sprach von Mitgift, von Sicherheit, von Zu-
kunft für sein liebes Kind. Ich dankte ihm, mich daran zu
mahnen. Ich sagte ihm, ich wünsche in dieser Gegend, wo
ich geliebt zu sein schien, mich anzusiedeln, und ein sorgen-
freies Leben zu führen. Ich bat ihn, die schönsten Güter, die
im Lande ausgeboten wurden, unter dem Namen seiner Toch-
ter zu kaufen, und die Bezahlung auf mich anzuweisen. Es
könne darin ein Vater dem Liebenden am besten dienen. --
Es gab ihm viel zu thun, denn überall war ihm ein Fremder
zuvorgekommen; er kaufte auch nur für ungefähr eine Million.

Daß ich ihn damit beschäftigte, war im Grunde eine un-
schuldige List, um ihn zu entfernen, und ich hatte schon ähn-
liche mit ihm gebraucht, denn ich muß gestehen, daß er etwas
lästig war. Die gute Mutter war dagegen etwas taub, und
nicht, wie er, auf die Ehre eifersüchtig, den Herrn Grafen zu
unterhalten.

Die Mutter kam hinzu, die glücklichen Leute drangen in
mich, den Abend länger unter ihnen zu bleiben; ich durfte
keine Minute weilen: ich sah schon den aufgehenden Mond
am Horizonte dämmern. -- Meine Zeit war um. --

Am nächsten Abend ging ich wieder nach dem Förstergar-
ten. Ich hatte den Mantel weit über die Schulter geworfen,
den Hut tief in die Augen gedrückt, ich ging auf Mina zu;
wie sie aufsah, und mich anblickte, machte sie eine unwillkühr-
liche Bewegung; da stand mir wieder klar vor der Seele die
Erscheinung jener schaurigen Nacht, wo ich mich im Mond-
schein ohne Schatten gezeigt. Sie war es wirklich. Hatte sie
mich aber auch jetzt erkannt? Sie war still und gedankenvoll
-- mir lag es zentnerschwer auf der Brust -- ich stand von
meinem Sitz auf. Sie warf sich stille weinend an meine Brust.
Ich ging.

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um den Hals, und ward wieder ganz verſchämt, ſich vergeſſen
zu haben. Nun fiel es ihm ein, zu zweifeln, zu erwägen und
zu forſchen; er ſprach von Mitgift, von Sicherheit, von Zu-
kunft für ſein liebes Kind. Ich dankte ihm, mich daran zu
mahnen. Ich ſagte ihm, ich wünſche in dieſer Gegend, wo
ich geliebt zu ſein ſchien, mich anzuſiedeln, und ein ſorgen-
freies Leben zu führen. Ich bat ihn, die ſchönſten Güter, die
im Lande ausgeboten wurden, unter dem Namen ſeiner Toch-
ter zu kaufen, und die Bezahlung auf mich anzuweiſen. Es
könne darin ein Vater dem Liebenden am beſten dienen. —
Es gab ihm viel zu thun, denn überall war ihm ein Fremder
zuvorgekommen; er kaufte auch nur für ungefähr eine Million.

Daß ich ihn damit beſchäftigte, war im Grunde eine un-
ſchuldige Liſt, um ihn zu entfernen, und ich hatte ſchon ähn-
liche mit ihm gebraucht, denn ich muß geſtehen, daß er etwas
läſtig war. Die gute Mutter war dagegen etwas taub, und
nicht, wie er, auf die Ehre eiferſüchtig, den Herrn Grafen zu
unterhalten.

Die Mutter kam hinzu, die glücklichen Leute drangen in
mich, den Abend länger unter ihnen zu bleiben; ich durfte
keine Minute weilen: ich ſah ſchon den aufgehenden Mond
am Horizonte dämmern. — Meine Zeit war um. —

Am nächſten Abend ging ich wieder nach dem Förſtergar-
ten. Ich hatte den Mantel weit über die Schulter geworfen,
den Hut tief in die Augen gedrückt, ich ging auf Mina zu;
wie ſie aufſah, und mich anblickte, machte ſie eine unwillkühr-
liche Bewegung; da ſtand mir wieder klar vor der Seele die
Erſcheinung jener ſchaurigen Nacht, wo ich mich im Mond-
ſchein ohne Schatten gezeigt. Sie war es wirklich. Hatte ſie
mich aber auch jetzt erkannt? Sie war ſtill und gedankenvoll
— mir lag es zentnerſchwer auf der Bruſt — ich ſtand von
meinem Sitz auf. Sie warf ſich ſtille weinend an meine Bruſt.
Ich ging.

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[33/0051] um den Hals, und ward wieder ganz verſchämt, ſich vergeſſen zu haben. Nun fiel es ihm ein, zu zweifeln, zu erwägen und zu forſchen; er ſprach von Mitgift, von Sicherheit, von Zu- kunft für ſein liebes Kind. Ich dankte ihm, mich daran zu mahnen. Ich ſagte ihm, ich wünſche in dieſer Gegend, wo ich geliebt zu ſein ſchien, mich anzuſiedeln, und ein ſorgen- freies Leben zu führen. Ich bat ihn, die ſchönſten Güter, die im Lande ausgeboten wurden, unter dem Namen ſeiner Toch- ter zu kaufen, und die Bezahlung auf mich anzuweiſen. Es könne darin ein Vater dem Liebenden am beſten dienen. — Es gab ihm viel zu thun, denn überall war ihm ein Fremder zuvorgekommen; er kaufte auch nur für ungefähr eine Million. Daß ich ihn damit beſchäftigte, war im Grunde eine un- ſchuldige Liſt, um ihn zu entfernen, und ich hatte ſchon ähn- liche mit ihm gebraucht, denn ich muß geſtehen, daß er etwas läſtig war. Die gute Mutter war dagegen etwas taub, und nicht, wie er, auf die Ehre eiferſüchtig, den Herrn Grafen zu unterhalten. Die Mutter kam hinzu, die glücklichen Leute drangen in mich, den Abend länger unter ihnen zu bleiben; ich durfte keine Minute weilen: ich ſah ſchon den aufgehenden Mond am Horizonte dämmern. — Meine Zeit war um. — Am nächſten Abend ging ich wieder nach dem Förſtergar- ten. Ich hatte den Mantel weit über die Schulter geworfen, den Hut tief in die Augen gedrückt, ich ging auf Mina zu; wie ſie aufſah, und mich anblickte, machte ſie eine unwillkühr- liche Bewegung; da ſtand mir wieder klar vor der Seele die Erſcheinung jener ſchaurigen Nacht, wo ich mich im Mond- ſchein ohne Schatten gezeigt. Sie war es wirklich. Hatte ſie mich aber auch jetzt erkannt? Sie war ſtill und gedankenvoll — mir lag es zentnerſchwer auf der Bruſt — ich ſtand von meinem Sitz auf. Sie warf ſich ſtille weinend an meine Bruſt. Ich ging. 3

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/Yw_7531_1/51>, abgerufen am 21.11.2024.