Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.ich ihn noch aus seiner Tasche drei Reitpferde, ich sage Dir, So verlegen und demüthig der Mann selbst zu sein schien, Ich beschloß, mich aus der Gesellschaft zu stehlen, was Ich hatte mich schon wirklich durch den Rosenhain, den ich ihn noch aus ſeiner Taſche drei Reitpferde, ich ſage Dir, So verlegen und demüthig der Mann ſelbſt zu ſein ſchien, Ich beſchloß, mich aus der Geſellſchaft zu ſtehlen, was Ich hatte mich ſchon wirklich durch den Roſenhain, den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="6"/> ich ihn noch aus ſeiner Taſche drei Reitpferde, ich ſage Dir,<lb/> drei ſchöne, große Rappen mit Sattel und Zeug herausziehen<lb/> ſah! — denke Dir, um Gotteswillen! drei geſattelte Pferde<lb/> noch aus derſelben Taſche, woraus ſchon eine Brieftaſche, ein<lb/> Fernrohr, ein gewirkter Teppich, zwanzig Schritte lang und<lb/> zehn breit, ein Luſtzelt von derſelben Größe, und alle dazu<lb/> gehörigen Stangen und Eiſen, herausgekommen waren! —<lb/> Wenn ich Dir nicht betheuerte, es ſelbſt mit eigenen Augen<lb/> angeſehen zu haben, würdeſt Du es gewiß nicht glauben. —</p><lb/> <p>So verlegen und demüthig der Mann ſelbſt zu ſein ſchien,<lb/> ſo wenig Aufmerkſamkeit ihm auch die Andern ſchenkten, ſo<lb/> ward mir doch ſeine blaſſe Erſcheinung, von der ich kein Auge<lb/> abwenden konnte, ſo ſchauerlich, daß ich ſie nicht länger ertra-<lb/> gen konnte.</p><lb/> <p>Ich beſchloß, mich aus der Geſellſchaft zu ſtehlen, was<lb/> bei der unbedeutenden Rolle, die ich darinnen ſpielte, mir ein<lb/> Leichtes ſchien. Ich wollte nach der Stadt zurückkehren, am<lb/> andern Morgen mein Glück beim Herrn <hi rendition="#g">John</hi> wieder verſu-<lb/> chen, und, wenn ich den Muth dazu fände, ihn über den<lb/> ſeltſamen grauen Mann befragen. — Wäre es mir nur ſo zu<lb/> entkommen geglückt!</p><lb/> <p>Ich hatte mich ſchon wirklich durch den Roſenhain, den<lb/> Hügel hinab, glücklich geſchlichen, und befand mich auf einem<lb/> freien Raſenplatz, als ich aus Furcht, außer den Wegen durch’s<lb/> Gras gehend angetroffen zu werden, einen forſchenden Blick<lb/> um mich warf. — Wie erſchrak ich, als ich den Mann im<lb/> grauen Rock hinter mir her und auf mich zukommen ſah. Er<lb/> nahm ſogleich den Hut vor mir ab, und verneigte ſich ſo<lb/> tief, als noch Niemand vor mir gethan hatte. Es war kein<lb/> Zweifel, er wollte mich anreden, und ich konnte, ohne grob<lb/> zu ſein, es nicht vermeiden. Ich nahm den Hut auch ab, ver-<lb/> neigte mich wieder, und ſtand da in der Sonne mit bloßem<lb/> Haupt wie angewurzelt. Ich ſah’ ihn voller Furcht ſtier an,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [6/0024]
ich ihn noch aus ſeiner Taſche drei Reitpferde, ich ſage Dir,
drei ſchöne, große Rappen mit Sattel und Zeug herausziehen
ſah! — denke Dir, um Gotteswillen! drei geſattelte Pferde
noch aus derſelben Taſche, woraus ſchon eine Brieftaſche, ein
Fernrohr, ein gewirkter Teppich, zwanzig Schritte lang und
zehn breit, ein Luſtzelt von derſelben Größe, und alle dazu
gehörigen Stangen und Eiſen, herausgekommen waren! —
Wenn ich Dir nicht betheuerte, es ſelbſt mit eigenen Augen
angeſehen zu haben, würdeſt Du es gewiß nicht glauben. —
So verlegen und demüthig der Mann ſelbſt zu ſein ſchien,
ſo wenig Aufmerkſamkeit ihm auch die Andern ſchenkten, ſo
ward mir doch ſeine blaſſe Erſcheinung, von der ich kein Auge
abwenden konnte, ſo ſchauerlich, daß ich ſie nicht länger ertra-
gen konnte.
Ich beſchloß, mich aus der Geſellſchaft zu ſtehlen, was
bei der unbedeutenden Rolle, die ich darinnen ſpielte, mir ein
Leichtes ſchien. Ich wollte nach der Stadt zurückkehren, am
andern Morgen mein Glück beim Herrn John wieder verſu-
chen, und, wenn ich den Muth dazu fände, ihn über den
ſeltſamen grauen Mann befragen. — Wäre es mir nur ſo zu
entkommen geglückt!
Ich hatte mich ſchon wirklich durch den Roſenhain, den
Hügel hinab, glücklich geſchlichen, und befand mich auf einem
freien Raſenplatz, als ich aus Furcht, außer den Wegen durch’s
Gras gehend angetroffen zu werden, einen forſchenden Blick
um mich warf. — Wie erſchrak ich, als ich den Mann im
grauen Rock hinter mir her und auf mich zukommen ſah. Er
nahm ſogleich den Hut vor mir ab, und verneigte ſich ſo
tief, als noch Niemand vor mir gethan hatte. Es war kein
Zweifel, er wollte mich anreden, und ich konnte, ohne grob
zu ſein, es nicht vermeiden. Ich nahm den Hut auch ab, ver-
neigte mich wieder, und ſtand da in der Sonne mit bloßem
Haupt wie angewurzelt. Ich ſah’ ihn voller Furcht ſtier an,
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