Seidel, Samuel: Schlaf wohl!. 2. Aufl. Lauban, 1733.Jst das, so mußt du ja mein Glücke nicht beneiden; Und Liebe mit Vernunfft begreifft sich auch im Scheiden. Wie lange währt es noch? So stillt sich die Begier, So hohl ich dich mir nach, so ist dein Geist bey mir, So stöhrt kein Fall noch Tod die GOtt-geweyhten Flammen, So bleiben ich und du in Ewigkeit beysammen. So, dünkt mich, ruffst Du mir aus Salems stoltzer Ruh; Doch in dem Augenblick zieht sich der Schau-Platz zu. Jch bin noch, wo ich war. Das Traum-Bild weicht von hinnen, Nun werd ich sonsten nichts, als nur Dein Grabmahl innen. Hier find ich mich noch itzt verlassen und betrübt; Doch, da dis Schatten-Bild mir zu bedenken giebt, Wieviel Du itzt erlangt; wie wenig Du verlassen, So lernt die Blödigkeit zwar wohl ein Hertze fassen; Doch läßt der treue Schmertz durchaus nicht völlig nach. Drum seuffzen Blut und Hertz für stillem Ungemach, Biß zu dem letzten Schritt nach jenem Engel-Chore: Ach Meine Böttnerin! Ach Meine Theodore! OVID. Jſt das, ſo mußt du ja mein Gluͤcke nicht beneiden; Und Liebe mit Vernunfft begreifft ſich auch im Scheiden. Wie lange waͤhrt es noch? So ſtillt ſich die Begier, So hohl ich dich mir nach, ſo iſt dein Geiſt bey mir, So ſtoͤhrt kein Fall noch Tod die GOtt-geweyhten Flammen, So bleiben ich und du in Ewigkeit beyſammen. So, duͤnkt mich, ruffſt Du mir aus Salems ſtoltzer Ruh; Doch in dem Augenblick zieht ſich der Schau-Platz zu. Jch bin noch, wo ich war. Das Traum-Bild weicht von hinnen, Nun werd ich ſonſten nichts, als nur Dein Grabmahl innen. Hier find ich mich noch itzt verlaſſen und betruͤbt; Doch, da dis Schatten-Bild mir zu bedenken giebt, Wieviel Du itzt erlangt; wie wenig Du verlaſſen, So lernt die Bloͤdigkeit zwar wohl ein Hertze faſſen; Doch laͤßt der treue Schmertz durchaus nicht voͤllig nach. Drum ſeuffzen Blut und Hertz fuͤr ſtillem Ungemach, Biß zu dem letzten Schritt nach jenem Engel-Chore: Ach Meine Boͤttnerin! Ach Meine Theodore! OVID. <TEI> <text> <body> <div type="fsEpicedia" n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0022" n="[22]"/> <l>Jſt das, ſo mußt du ja mein Gluͤcke nicht beneiden;</l><lb/> <l>Und Liebe mit Vernunfft begreifft ſich auch im Scheiden.</l><lb/> <l>Wie lange waͤhrt es noch? So ſtillt ſich die Begier,</l><lb/> <l>So hohl ich dich mir nach, ſo iſt dein Geiſt bey mir,</l><lb/> <l>So ſtoͤhrt kein Fall noch Tod die GOtt-geweyhten Flammen,</l><lb/> <l>So bleiben ich und du in Ewigkeit beyſammen.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l>So, duͤnkt mich, ruffſt Du mir aus Salems ſtoltzer Ruh;</l><lb/> <l>Doch in dem Augenblick zieht ſich der Schau-Platz zu.</l><lb/> <l>Jch bin noch, wo ich war. Das Traum-Bild weicht von hinnen,</l><lb/> <l>Nun werd ich ſonſten nichts, als nur Dein Grabmahl innen.</l><lb/> <l>Hier find ich mich noch itzt verlaſſen und betruͤbt;</l><lb/> <l>Doch, da dis Schatten-Bild mir zu bedenken giebt,</l><lb/> <l>Wieviel Du itzt erlangt; wie wenig Du verlaſſen,</l><lb/> <l>So lernt die Bloͤdigkeit zwar wohl ein Hertze faſſen;</l><lb/> <l>Doch laͤßt der treue Schmertz durchaus nicht voͤllig nach.</l><lb/> <l>Drum ſeuffzen Blut und Hertz fuͤr ſtillem Ungemach,</l><lb/> <l>Biß zu dem letzten Schritt nach jenem Engel-Chore:</l><lb/> <l>Ach Meine <hi rendition="#fr">Boͤttnerin!</hi> Ach Meine <hi rendition="#fr">Theodore!</hi></l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cit> <quote> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">OVID.<lb/><hi rendition="#i">Heu mihi, non magnas qvod habent mea carmina vires!<lb/> Noſtraqve ſunt meritis ora minora Tuis.</hi></hi> </hi> </quote> <bibl/> </cit> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [[22]/0022]
Jſt das, ſo mußt du ja mein Gluͤcke nicht beneiden;
Und Liebe mit Vernunfft begreifft ſich auch im Scheiden.
Wie lange waͤhrt es noch? So ſtillt ſich die Begier,
So hohl ich dich mir nach, ſo iſt dein Geiſt bey mir,
So ſtoͤhrt kein Fall noch Tod die GOtt-geweyhten Flammen,
So bleiben ich und du in Ewigkeit beyſammen.
So, duͤnkt mich, ruffſt Du mir aus Salems ſtoltzer Ruh;
Doch in dem Augenblick zieht ſich der Schau-Platz zu.
Jch bin noch, wo ich war. Das Traum-Bild weicht von hinnen,
Nun werd ich ſonſten nichts, als nur Dein Grabmahl innen.
Hier find ich mich noch itzt verlaſſen und betruͤbt;
Doch, da dis Schatten-Bild mir zu bedenken giebt,
Wieviel Du itzt erlangt; wie wenig Du verlaſſen,
So lernt die Bloͤdigkeit zwar wohl ein Hertze faſſen;
Doch laͤßt der treue Schmertz durchaus nicht voͤllig nach.
Drum ſeuffzen Blut und Hertz fuͤr ſtillem Ungemach,
Biß zu dem letzten Schritt nach jenem Engel-Chore:
Ach Meine Boͤttnerin! Ach Meine Theodore!
OVID.
Heu mihi, non magnas qvod habent mea carmina vires!
Noſtraqve ſunt meritis ora minora Tuis.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |