Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733].Gebeugter Mann, der bey der Last Und Sorge, die die Schulen geben, GOtt und der Welt getreu zu leben, Vor langer Zeit den Schluß gefast; Wie würdig war die Tochter nicht, Daß Dir derselben Lebens-Licht Jn künfftgen Zeiten solle scheinen? Weil Frömmigkeit, Verstand und Fleiß, Und was man sonst zu rühmen weiß, Jn Jhr vereinigt zu beweinen. Mit Jhr zerbricht nun dieser Stab, Der Ancker Deiner späten Jahre, Die Hoffnung leget man ins Grab, Des Hauses Zierrath auf die Bahre. Fließt, sprichst Du, meine Thränen, fließt, Mein halbes Leben wird vermist. Es gehet bey dergleichen Schmertzen, Dieweil bey ihnen Maaß und Ziel Nicht allezeit sich finden will, Das Weinen von und zu dem Hertzen. Ein einzler Reiß, an dem nunmehr Die Frucht durch Blüth und Knospen schimmert, Macht den Verlust gedoppelt schwer, Wenn ihn ein jäher Stoß zerdrümmert. Ein Wintzer, dem der Schlossen Wuth An allen Reben Schaden thut, Wird doch noch einst so traurig stehen, Wenn durch den wiederholten Streich Die andern Lesen, und zugleich Die letzten Beeren untergehen. So
Gebeugter Mann, der bey der Laſt Und Sorge, die die Schulen geben, GOtt und der Welt getreu zu leben, Vor langer Zeit den Schluß gefaſt; Wie wuͤrdig war die Tochter nicht, Daß Dir derſelben Lebens-Licht Jn kuͤnfftgen Zeiten ſolle ſcheinen? Weil Froͤmmigkeit, Verſtand und Fleiß, Und was man ſonſt zu ruͤhmen weiß, Jn Jhr vereinigt zu beweinen. Mit Jhr zerbricht nun dieſer Stab, Der Ancker Deiner ſpaͤten Jahre, Die Hoffnung leget man ins Grab, Des Hauſes Zierrath auf die Bahre. Fließt, ſprichſt Du, meine Thraͤnen, fließt, Mein halbes Leben wird vermiſt. Es gehet bey dergleichen Schmertzen, Dieweil bey ihnen Maaß und Ziel Nicht allezeit ſich finden will, Das Weinen von und zu dem Hertzen. Ein einzler Reiß, an dem nunmehr Die Frucht durch Bluͤth und Knoſpen ſchimmert, Macht den Verluſt gedoppelt ſchwer, Wenn ihn ein jaͤher Stoß zerdruͤmmert. Ein Wintzer, dem der Schloſſen Wuth An allen Reben Schaden thut, Wird doch noch einſt ſo traurig ſtehen, Wenn durch den wiederholten Streich Die andern Leſen, und zugleich Die letzten Beeren untergehen. So
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Gebeugter Mann, der bey der Laſt
Und Sorge, die die Schulen geben,
GOtt und der Welt getreu zu leben,
Vor langer Zeit den Schluß gefaſt;
Wie wuͤrdig war die Tochter nicht,
Daß Dir derſelben Lebens-Licht
Jn kuͤnfftgen Zeiten ſolle ſcheinen?
Weil Froͤmmigkeit, Verſtand und Fleiß,
Und was man ſonſt zu ruͤhmen weiß,
Jn Jhr vereinigt zu beweinen.
Mit Jhr zerbricht nun dieſer Stab,
Der Ancker Deiner ſpaͤten Jahre,
Die Hoffnung leget man ins Grab,
Des Hauſes Zierrath auf die Bahre.
Fließt, ſprichſt Du, meine Thraͤnen, fließt,
Mein halbes Leben wird vermiſt.
Es gehet bey dergleichen Schmertzen,
Dieweil bey ihnen Maaß und Ziel
Nicht allezeit ſich finden will,
Das Weinen von und zu dem Hertzen.
Ein einzler Reiß, an dem nunmehr
Die Frucht durch Bluͤth und Knoſpen ſchimmert,
Macht den Verluſt gedoppelt ſchwer,
Wenn ihn ein jaͤher Stoß zerdruͤmmert.
Ein Wintzer, dem der Schloſſen Wuth
An allen Reben Schaden thut,
Wird doch noch einſt ſo traurig ſtehen,
Wenn durch den wiederholten Streich
Die andern Leſen, und zugleich
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