Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Faber, Melchior: Christliche Leichpredigt. Oeltzschau, 1613.

Bild:
<< vorherige Seite

Leich Predigt.
schrecklich ding es sey/ als nemlichen/ daß sie den
Allmächtigen gerechten Gott erzürnet/ vnd ver-
dienet allerley Straffen/ den zeitlichen Todt
vnd ewige Verdamnis. Davon entsteht im Ge-
wissen der Menschen grosse Angst/ darinnen sie
ewig sterben/ vnd mit dem Teuffel in der Hellen
verderben müssen/ wenn sie nicht des verdiensts
Christi sich trösteten/ durch welchen der Sieg
gegeben wird/ wie Paulus spricht. Daher wir
vns nit allein aus den vnvernünfftigen leben-
digen Thieren/ sondern auch aus den andern
sichtbarn Creaturen/ die keinen lebendigen O-
dem haben/ gleich als aus schönen Bildnissen der
Sterbligkeit vnd Gebrechligkeit des Menschli-
chen Lebens zu erinnern haben. Wie denn auch
aus dieser Fabel zu ersehen/ welche von weisen
Leuten den einfeltigen gar bequem fürgestellet
ist/ doraus den gemeinen Lauff des Menschli-
chen Lebens zu betrachten.

Es stunden in einem Walde etliche grosseFabula de
humana
fragilitate
& incon-
stantia.

Eychen beysammen/ vnd nicht weit davon auff
einer grünen Wiesen viel schöne liebliche Blüm-
lein. Die dicken hohen Eychen spotteten der
Blumen/ als die schwach vnd vergenglich we-
ren/ vnd daß jhnen jhre schönheit nichts hülffe/
ja mehr zu schaden brecht/ dagegen sie Sommer

vnd
C ij

Leich Predigt.
ſchrecklich ding es ſey/ als nemlichen/ daß ſie den
Allmaͤchtigen gerechten Gott erzuͤrnet/ vnd ver-
dienet allerley Straffen/ den zeitlichen Todt
vnd ewige Verdamnis. Davon entſteht im Ge-
wiſſen der Menſchen groſſe Angſt/ darinnen ſie
ewig ſterben/ vnd mit dem Teuffel in der Hellen
verderben muͤſſen/ wenn ſie nicht des verdienſts
Chriſti ſich troͤſteten/ durch welchen der Sieg
gegeben wird/ wie Paulus ſpricht. Daher wir
vns nit allein aus den vnvernuͤnfftigen leben-
digen Thieren/ ſondern auch aus den andern
ſichtbarn Creaturen/ die keinen lebendigen O-
dem haben/ gleich als aus ſchoͤnẽ Bildniſſen der
Sterbligkeit vnd Gebrechligkeit des Menſchli-
chen Lebens zu erinnern haben. Wie denn auch
aus dieſer Fabel zu erſehen/ welche von weiſen
Leuten den einfeltigen gar bequem fuͤrgeſtellet
iſt/ doraus den gemeinen Lauff des Menſchli-
chen Lebens zu betrachten.

Es ſtunden in einem Walde etliche groſſeFabula de
humana
fragilitate
& incon-
ſtantia.

Eychen beyſammen/ vnd nicht weit davon auff
einer gruͤnen Wieſen viel ſchoͤne liebliche Bluͤm-
lein. Die dicken hohen Eychen ſpotteten der
Blumen/ als die ſchwach vnd vergenglich we-
ren/ vnd daß jhnen jhre ſchoͤnheit nichts huͤlffe/
ja mehr zu ſchaden brecht/ dagegen ſie Sommer

vnd
C ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsExordium" n="2">
          <p><pb facs="#f0019" n="[19]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Leich Predigt.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chrecklich ding es &#x017F;ey/ als nemlichen/ daß &#x017F;ie den<lb/>
Allma&#x0364;chtigen gerechten Gott erzu&#x0364;rnet/ vnd ver-<lb/>
dienet allerley Straffen/ den zeitlichen Todt<lb/>
vnd ewige Verdamnis. Davon ent&#x017F;teht im Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en der Men&#x017F;chen gro&#x017F;&#x017F;e Ang&#x017F;t/ darinnen &#x017F;ie<lb/>
ewig &#x017F;terben/ vnd mit dem Teuffel in der Hellen<lb/>
verderben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ wenn &#x017F;ie nicht des verdien&#x017F;ts<lb/>
Chri&#x017F;ti &#x017F;ich tro&#x0364;&#x017F;teten/ durch welchen der Sieg<lb/>
gegeben wird/ wie Paulus &#x017F;pricht. Daher wir<lb/>
vns nit allein aus den vnvernu&#x0364;nfftigen leben-<lb/>
digen Thieren/ &#x017F;ondern auch aus den andern<lb/>
&#x017F;ichtbarn Creaturen/ die keinen lebendigen O-<lb/>
dem haben/ gleich als aus &#x017F;cho&#x0364;ne&#x0303; Bildni&#x017F;&#x017F;en der<lb/>
Sterbligkeit vnd Gebrechligkeit des Men&#x017F;chli-<lb/>
chen Lebens zu erinnern haben. Wie denn auch<lb/>
aus die&#x017F;er Fabel zu er&#x017F;ehen/ welche von wei&#x017F;en<lb/>
Leuten den einfeltigen gar bequem fu&#x0364;rge&#x017F;tellet<lb/>
i&#x017F;t/ doraus den gemeinen Lauff des Men&#x017F;chli-<lb/>
chen Lebens zu betrachten.</p><lb/>
          <p>Es &#x017F;tunden in einem Walde etliche gro&#x017F;&#x017F;e<note place="right"><hi rendition="#aq">Fabula de<lb/>
humana<lb/>
fragilitate<lb/>
&amp; incon-<lb/>
&#x017F;tantia.</hi></note><lb/>
Eychen bey&#x017F;ammen/ vnd nicht weit davon auff<lb/>
einer gru&#x0364;nen Wie&#x017F;en viel &#x017F;cho&#x0364;ne liebliche Blu&#x0364;m-<lb/>
lein. Die dicken hohen Eychen &#x017F;potteten der<lb/>
Blumen/ als die &#x017F;chwach vnd vergenglich we-<lb/>
ren/ vnd daß jhnen jhre &#x017F;cho&#x0364;nheit nichts hu&#x0364;lffe/<lb/>
ja mehr zu &#x017F;chaden brecht/ dagegen &#x017F;ie Sommer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C ij</fw><fw place="bottom" type="catch">vnd</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[19]/0019] Leich Predigt. ſchrecklich ding es ſey/ als nemlichen/ daß ſie den Allmaͤchtigen gerechten Gott erzuͤrnet/ vnd ver- dienet allerley Straffen/ den zeitlichen Todt vnd ewige Verdamnis. Davon entſteht im Ge- wiſſen der Menſchen groſſe Angſt/ darinnen ſie ewig ſterben/ vnd mit dem Teuffel in der Hellen verderben muͤſſen/ wenn ſie nicht des verdienſts Chriſti ſich troͤſteten/ durch welchen der Sieg gegeben wird/ wie Paulus ſpricht. Daher wir vns nit allein aus den vnvernuͤnfftigen leben- digen Thieren/ ſondern auch aus den andern ſichtbarn Creaturen/ die keinen lebendigen O- dem haben/ gleich als aus ſchoͤnẽ Bildniſſen der Sterbligkeit vnd Gebrechligkeit des Menſchli- chen Lebens zu erinnern haben. Wie denn auch aus dieſer Fabel zu erſehen/ welche von weiſen Leuten den einfeltigen gar bequem fuͤrgeſtellet iſt/ doraus den gemeinen Lauff des Menſchli- chen Lebens zu betrachten. Es ſtunden in einem Walde etliche groſſe Eychen beyſammen/ vnd nicht weit davon auff einer gruͤnen Wieſen viel ſchoͤne liebliche Bluͤm- lein. Die dicken hohen Eychen ſpotteten der Blumen/ als die ſchwach vnd vergenglich we- ren/ vnd daß jhnen jhre ſchoͤnheit nichts huͤlffe/ ja mehr zu ſchaden brecht/ dagegen ſie Sommer vnd Fabula de humana fragilitate & incon- ſtantia. C ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/523898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/523898/19
Zitationshilfe: Faber, Melchior: Christliche Leichpredigt. Oeltzschau, 1613, S. [19]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/523898/19>, abgerufen am 26.04.2024.