Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Albinus, Christoph: Trost Trawriger Eltern. Brieg, 1628.

Bild:
<< vorherige Seite

Hört auff zu weinen vnd klagen/ hat es des ta-
ges offt vnd vielmahl/ vnd wo es nur gegangen oder
gestanden/ diese worte repetiret:

Gleich wie das graß auff dem felde/
wird welck vnd verdorret balde/
Doch wird es wieder herfür gehn/
schön hell vnd lieblich für Gott stehn.

Diß ist bes lieben Kindleins Gottseligkeit gewesen.

Den gehorsam vnd ehrerbiettung gegen
die Eltern betreffende/ ist menniglich bekand/ wie es
sich dißfals erzeiget vnnd verhalten habe. Man hat
wol nicht viel rutten eintragen vnd brauchen dörffen:
nach einem wort ja nach einem wincken hat sichs schon
gerichtet. Jch bin selbst dabey gestanden vnd habe es
gesehen/ wie schmertzlich das frome hertz anfangen zu
weinen/ alß jhm nur ein vnfreundlich wort zugeredet
worden: so gar ists jhm zu wieder gewesen/ wenn es
die Eltern nur im wenigsten erzörnen vnd beleidigen
sollen.

Alß auch ohn gefehr ein viertelstunde vor seinem
seligen ende der Herr Vater jhm einen löffel vol Zitt-
werwasser einflösen wollen/ hat es seinen gehorsam
noch augenscheinlich dargethan vnd erwiesen. Das
arme würmlein hat gleichsam zwischen thür vnd angel
gestecket/ vnd hat nicht gewust was es thun solte. Es
hette dem Herrn Vatern gern zu willen gelebet: das
Zittwerwasser aber ist jhm gantz zu wieder gewesen.

Drumb

Hoͤrt auff zu weinen vnd klagen/ hat es des ta-
ges offt vnd vielmahl/ vnd wo es nur gegangen oder
geſtanden/ dieſe worte repetiret:

Gleich wie das graß auff dem felde/
wird welck vnd verdorret balde/
Doch wird es wieder herfuͤr gehn/
ſchoͤn hell vnd lieblich fuͤr Gott ſtehn.

Diß iſt bes lieben Kindleins Gottſeligkeit geweſẽ.

Den gehorſam vnd ehrerbiettung gegen
die Eltern betreffende/ iſt menniglich bekand/ wie es
ſich dißfals erzeiget vnnd verhalten habe. Man hat
wol nicht viel rutten eintragen vnd brauchen doͤrffen:
nach einem wort ja nach einem wincken hat ſichs ſchon
gerichtet. Jch bin ſelbſt dabey geſtanden vnd habe es
geſehen/ wie ſchmertzlich das frome hertz anfangen zu
weinen/ alß jhm nur ein vnfreundlich wort zugeredet
worden: ſo gar iſts jhm zu wieder geweſen/ wenn es
die Eltern nur im wenigſten erzoͤrnen vnd beleidigen
ſollen.

Alß auch ohn gefehr ein viertelſtunde vor ſeinem
ſeligen ende der Herr Vater jhm einen loͤffel vol Zitt-
werwaſſer einfloͤſen wollen/ hat es ſeinen gehorſam
noch augenſcheinlich dargethan vnd erwieſen. Das
arme wuͤrmlein hat gleichſam zwiſchen thuͤr vnd angel
geſtecket/ vnd hat nicht gewuſt was es thun ſolte. Es
hette dem Herrn Vatern gern zu willen gelebet: das
Zittwerwaſſer aber iſt jhm gantz zu wieder geweſen.

Drumb
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsPersonalia" n="2">
          <pb facs="#f0071" n="[71]"/>
          <p><cit><quote><hi rendition="#fr">Ho&#x0364;rt auff zu weinen vnd klagen/</hi></quote><bibl/></cit> hat es des ta-<lb/>
ges offt vnd vielmahl/ vnd wo es nur gegangen oder<lb/>
ge&#x017F;tanden/ die&#x017F;e worte repetiret<hi rendition="#i">:</hi></p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l> <hi rendition="#fr">Gleich wie das graß auff dem felde/</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">wird welck vnd verdorret balde/</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Doch wird es wieder herfu&#x0364;r gehn/</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">&#x017F;cho&#x0364;n hell vnd lieblich fu&#x0364;r Gott &#x017F;tehn.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <p>Diß i&#x017F;t bes lieben Kindleins Gott&#x017F;eligkeit gewe&#x017F;e&#x0303;.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Den gehor&#x017F;am vnd ehrerbiettung gegen</hi><lb/>
die Eltern betreffende/ i&#x017F;t menniglich bekand/ wie es<lb/>
&#x017F;ich dißfals erzeiget vnnd verhalten habe. Man hat<lb/>
wol nicht viel rutten eintragen vnd brauchen do&#x0364;rffen:<lb/>
nach einem wort ja nach einem wincken hat &#x017F;ichs &#x017F;chon<lb/>
gerichtet. Jch bin &#x017F;elb&#x017F;t dabey ge&#x017F;tanden vnd habe es<lb/>
ge&#x017F;ehen/ wie &#x017F;chmertzlich das frome hertz anfangen zu<lb/>
weinen/ alß jhm nur ein vnfreundlich wort zugeredet<lb/>
worden: &#x017F;o gar i&#x017F;ts jhm zu wieder gewe&#x017F;en/ wenn es<lb/>
die Eltern nur im wenig&#x017F;ten erzo&#x0364;rnen vnd beleidigen<lb/>
&#x017F;ollen.</p><lb/>
          <p>Alß auch ohn gefehr ein viertel&#x017F;tunde vor &#x017F;einem<lb/>
&#x017F;eligen ende der Herr Vater jhm einen lo&#x0364;ffel vol Zitt-<lb/>
werwa&#x017F;&#x017F;er einflo&#x0364;&#x017F;en wollen/ hat es &#x017F;einen gehor&#x017F;am<lb/>
noch augen&#x017F;cheinlich dargethan vnd erwie&#x017F;en. Das<lb/>
arme wu&#x0364;rmlein hat gleich&#x017F;am zwi&#x017F;chen thu&#x0364;r vnd angel<lb/>
ge&#x017F;tecket/ vnd hat nicht gewu&#x017F;t was es thun &#x017F;olte. Es<lb/>
hette dem Herrn Vatern gern zu willen gelebet: das<lb/>
Zittwerwa&#x017F;&#x017F;er aber i&#x017F;t jhm gantz zu wieder gewe&#x017F;en.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Drumb</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[71]/0071] Hoͤrt auff zu weinen vnd klagen/ hat es des ta- ges offt vnd vielmahl/ vnd wo es nur gegangen oder geſtanden/ dieſe worte repetiret: Gleich wie das graß auff dem felde/ wird welck vnd verdorret balde/ Doch wird es wieder herfuͤr gehn/ ſchoͤn hell vnd lieblich fuͤr Gott ſtehn. Diß iſt bes lieben Kindleins Gottſeligkeit geweſẽ. Den gehorſam vnd ehrerbiettung gegen die Eltern betreffende/ iſt menniglich bekand/ wie es ſich dißfals erzeiget vnnd verhalten habe. Man hat wol nicht viel rutten eintragen vnd brauchen doͤrffen: nach einem wort ja nach einem wincken hat ſichs ſchon gerichtet. Jch bin ſelbſt dabey geſtanden vnd habe es geſehen/ wie ſchmertzlich das frome hertz anfangen zu weinen/ alß jhm nur ein vnfreundlich wort zugeredet worden: ſo gar iſts jhm zu wieder geweſen/ wenn es die Eltern nur im wenigſten erzoͤrnen vnd beleidigen ſollen. Alß auch ohn gefehr ein viertelſtunde vor ſeinem ſeligen ende der Herr Vater jhm einen loͤffel vol Zitt- werwaſſer einfloͤſen wollen/ hat es ſeinen gehorſam noch augenſcheinlich dargethan vnd erwieſen. Das arme wuͤrmlein hat gleichſam zwiſchen thuͤr vnd angel geſtecket/ vnd hat nicht gewuſt was es thun ſolte. Es hette dem Herrn Vatern gern zu willen gelebet: das Zittwerwaſſer aber iſt jhm gantz zu wieder geweſen. Drumb

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/522424
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/522424/71
Zitationshilfe: Albinus, Christoph: Trost Trawriger Eltern. Brieg, 1628, S. [71]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/522424/71>, abgerufen am 05.12.2024.