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Leyser, Polycarp: Ein Christliche Leichpredigt. Wittenberg, 1583.

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Vorrede.

Dieweil auch gemeiniglich gottselige Christen/
jhr leben in dieser Welt also angestellet haben/ das aus
demselben allerley Christliche Tugenden/ andern zum
exempel vnd nachfolg/ fürgestellet werden können/ wel-
che nicht allein dazumahl/ wenn man die Leich für
augen hat/ den leuten mehr zu hertzen vnd gemüht ge-
hen/ sondern auch hernach jederzeit nützlich vnd frucht-
barlich können betrachtet werden. So sind auch jr
viel nicht damit genüget/ das sie den verstorbenen bey
der Begrebnus ein ehrlich zeugnus gegeben haben/ son-
dern fassen dasselbig auch in Schrifften/ vnd theilens
andern mit/ auff das also der gerechten gedechtnus
(vermög der verheissung im 112 Psalm) so viel müg-
lich/ möge ewiglich bleiben. Wie dann der heiligen
Väter etliche/ sonderlich aber Gregorius Nazianzenus
vnd Augustinus, in diesem stück sich sehr geübet haben.

Vnd solchs sind wir schüldig der liebe/ welche wir
gegen solche Gottseligen Christen tragen/ dieweil
wir wissen das vnser Lieb vnd vereinigung/ welche wir
vntereinander in Christo haben/ nicht mit dem Tod
auffhöret/ sondern sich auch durch den Tod bis in je-
nes leben erstreckt/ in welchem vnser lieb vnd freundt-
schafft erst recht in Gott volkommen sein wird. Vnd
wie vnser lieber Herr vnd heiland Christus/ den Laza-
rum/ da er schon gestorben war/ seinen Freund nen-
net/ also bleiben auch alle die/ welche Gottselig in

Chri-
Vorrede.

Dieweil auch gemeiniglich gottſelige Chriſten/
jhr leben in dieſer Welt alſo angeſtellet haben/ das aus
demſelben allerley Chriſtliche Tugenden/ andern zum
exempel vnd nachfolg/ fuͤrgeſtellet werden koͤnnen/ wel-
che nicht allein dazumahl/ wenn man die Leich fuͤr
augen hat/ den leuten mehr zu hertzen vnd gemuͤht ge-
hen/ ſondern auch hernach jederzeit nuͤtzlich vñ frucht-
barlich koͤnnen betrachtet werden. So ſind auch jr
viel nicht damit genuͤget/ das ſie den verſtorbenen bey
der Begrebnus ein ehrlich zeugnus gegeben habẽ/ ſon-
dern faſſen daſſelbig auch in Schrifften/ vnd theilens
andern mit/ auff das alſo der gerechten gedechtnus
(vermoͤg der verheiſſung im 112 Pſalm) ſo viel muͤg-
lich/ moͤge ewiglich bleiben. Wie dann der heiligen
Vaͤter etliche/ ſonderlich aber Gregorius Nazianzenus
vnd Auguſtinus, in dieſem ſtuͤck ſich ſehr geuͤbet haben.

Vnd ſolchs ſind wir ſchuͤldig der liebe/ welche wir
gegen ſolche Gottſeligen Chriſten tragen/ dieweil
wir wiſſen das vnſer Lieb vnd vereinigung/ welche wir
vntereinander in Chriſto haben/ nicht mit dem Tod
auffhoͤret/ ſondern ſich auch durch den Tod bis in je-
nes leben erſtreckt/ in welchem vnſer lieb vnd freundt-
ſchafft erſt recht in Gott volkommen ſein wird. Vnd
wie vnſer lieber Herr vnd heiland Chriſtus/ den Laza-
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net/ alſo bleiben auch alle die/ welche Gottſelig in

Chri-
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Zitationshilfe: Leyser, Polycarp: Ein Christliche Leichpredigt. Wittenberg, 1583, S. [4]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/522222/4>, abgerufen am 24.11.2024.