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Origanus, Elias: Einfältige Predigt. Liegnitz, 1617.

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Als jhr Bruder Leonhart, vier Tage vor jh-
rem Tödlichen einfalle/ ohn allen zweiffel aus Got-
tes anregen/ damit der betrübte einsame Vater von
jhme/ wie denn geschehen/ getröstet würde/ eine hal-
be stunde in die Nacht von der Schweidnitz kom-
men/ den Vater vnd Schwesterlein mit frewden
zu ersuchen/ und aber mit leide sie am Bett ligende
funden und gegrüsset/ hat sie geantwort: O lieber
Bruder
Daniel, wie lang hab ich euch nicht ge-
sehen!
(Denn sie gegen der wand gekeret/ meinete
es wer Daniel.) Des andern Tages spricht sie:
Lieber Bruder/ köndt jhr mir nicht den Tod mit
von der Schweidnitz bringen?

Den 11. Septemb. welches der nechste war vor jh-
rem Viertägigem Todeskampffe sprach sie zu der
einen Magd: O liebe Helena, gehe doch hin auf
den Kirchhof/ vnd hole mir den Tod.
Die Magd
spricht: Ich habe nicht der weil/ liebes Kind. Ey/
spricht sie: Wie bald ist das geschehen. Offt hat
sie gesaget: O wenn ich nur stürbe/ so hett ich
ruh/ vnd jhr auch.
Wenn sie gefraget worden/
Wo sie würde hinkommen nach dem Tode/ Hat sie
geantwortet: Zu der lieben Mutter. Dieses
sehnen nach dem Tode hat sonder zweiffel GOtt in

jhr

Als jhr Bruder Leonhart, vier Tage vor jh-
rem Toͤdlichen einfalle/ ohn allen zweiffel aus Got-
tes anregen/ damit der betruͤbte einſame Vater von
jhme/ wie denn geſchehen/ getroͤſtet wuͤrde/ eine hal-
be ſtunde in die Nacht von der Schweidnitz kom-
men/ den Vater vnd Schweſterlein mit frewden
zu erſuchen/ und aber mit leide ſie am Bett ligende
funden und gegruͤſſet/ hat ſie geantwort: O lieber
Bruder
Daniel, wie lang hab ich euch nicht ge-
ſehen!
(Denn ſie gegen der wand gekeret/ meinete
es wer Daniel.) Des andern Tages ſpricht ſie:
Lieber Bruder/ koͤndt jhr mir nicht den Tod mit
von der Schweidnitz bringen?

Den 11. Septemb. welches der nechſte war vor jh-
rem Viertaͤgigem Todeskampffe ſprach ſie zu der
einen Magd: O liebe Helena, gehe doch hin auf
den Kirchhof/ vnd hole mir den Tod.
Die Magd
ſpricht: Ich habe nicht der weil/ liebes Kind. Ey/
ſpricht ſie: Wie bald iſt das geſchehen. Offt hat
ſie geſaget: O wenn ich nur ſtuͤrbe/ ſo hett ich
ruh/ vnd jhr auch.
Wenn ſie gefraget worden/
Wo ſie wuͤrde hinkommen nach dem Tode/ Hat ſie
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[0031] Als jhr Bruder Leonhart, vier Tage vor jh- rem Toͤdlichen einfalle/ ohn allen zweiffel aus Got- tes anregen/ damit der betruͤbte einſame Vater von jhme/ wie denn geſchehen/ getroͤſtet wuͤrde/ eine hal- be ſtunde in die Nacht von der Schweidnitz kom- men/ den Vater vnd Schweſterlein mit frewden zu erſuchen/ und aber mit leide ſie am Bett ligende funden und gegruͤſſet/ hat ſie geantwort: O lieber Bruder Daniel, wie lang hab ich euch nicht ge- ſehen! (Denn ſie gegen der wand gekeret/ meinete es wer Daniel.) Des andern Tages ſpricht ſie: Lieber Bruder/ koͤndt jhr mir nicht den Tod mit von der Schweidnitz bringen? Den 11. Septemb. welches der nechſte war vor jh- rem Viertaͤgigem Todeskampffe ſprach ſie zu der einen Magd: O liebe Helena, gehe doch hin auf den Kirchhof/ vnd hole mir den Tod. Die Magd ſpricht: Ich habe nicht der weil/ liebes Kind. Ey/ ſpricht ſie: Wie bald iſt das geſchehen. Offt hat ſie geſaget: O wenn ich nur ſtuͤrbe/ ſo hett ich ruh/ vnd jhr auch. Wenn ſie gefraget worden/ Wo ſie wuͤrde hinkommen nach dem Tode/ Hat ſie geantwortet: Zu der lieben Mutter. Dieſes ſehnen nach dem Tode hat ſonder zweiffel GOtt in jhr

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Zitationshilfe: Origanus, Elias: Einfältige Predigt. Liegnitz, 1617, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/509378/31>, abgerufen am 28.04.2024.