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Teubener, Jacob: Christliche Leichpredigt. Leipzig, 1610.

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Leichpredigt.
vergeben hat/ vmb des Mittlers Jesu Christi willen/ an den
sie gegleubet hat. Jn jhrer haushaltung ist sie fleissig vndSedulitas
in oecono-
mia.

fürsichtig gewesen/ vnd darinne von Gott reichlich gesegnet
worden/ welches sie denn auch mit hertzlicher dancksagung
erkant hat. Weil aber das glück viel neider hat/ so mags
wol; seyn/ daß die selige Jungefraw auch jhre heimliche miß-
gönner gehabt: Aber was Gott wil bescheren/ das kan nie-
mand erwehren.

Nach deme sie aber vnser lieber Gott vor drey wochenMorbus.
auffs Siechbette gelegt/ vnd sie bey sich befunden/ daß jhr
die kranckheit je lenger je mehr zusatzte/ hat sie nach der
Communion ein hertzliches verlangen getragen/ zuuor aber
Gott dem Herrn jhre sünde mit solchem ernst gebeich-
tet/ daß jhr die threnen häuffig aus den augen geflossen. Sie
hat sich auch hinwiederumb der barmhertzigkeit Gottes vnd
gnedigen vergebung jhrer sünden mit solchen tröstlichen
Worten vnd Sprüchen zu trösten wissen/ daß man augen-
scheinlich sahe/ wie Gott durch seinen heiligen Geist in jhr
wirckete/ vnd hat darauff mit hertzlicher andacht/ im wahren
Glauben den Leib vnd Blut Jesu Christi im Abendmal wir-
diglich empfangen. Wenn jhr ein schöner Trostspruch
wurde vorgehalten/ derer sie selbst gar sehr viel kunte/ wuste
sie alßbalde die application auff jhre person also zu machen/
daß es mit verwunderung zu hören war. Vnd mag wol
sagen/ daß ich mein lebelang von keinem sterbenden menschen
hertzbrechendere wort gehöret habe/ als von dieser vnser seli-
ligen Jungfrawen. Als ich sie fragte/ ob sie auch etwa in
jhrem Gewissen ein heimliches anligen vnd beschwerung
hette? gab sie darauff zur antwort: Nein/ Gott lob/ gar
nicht/ ich bin mit meinem lieben Gott zu grunde ausgesöh-
net/ Jch frewe vnd tröste mich des bittern leidens vnd ster-

bens
D iij

Leichpredigt.
vergeben hat/ vmb des Mittlers Jeſu Chriſti willen/ an den
ſie gegleubet hat. Jn jhrer haushaltung iſt ſie fleiſſig vndSedulitas
in œcono-
mia.

fuͤrſichtig geweſen/ vnd darinne von Gott reichlich geſegnet
worden/ welches ſie denn auch mit hertzlicher danckſagung
erkant hat. Weil aber das gluͤck viel neider hat/ ſo mags
wol; ſeyn/ daß die ſelige Jungefraw auch jhre heimliche miß-
goͤnner gehabt: Aber was Gott wil beſcheren/ das kan nie-
mand erwehren.

Nach deme ſie aber vnſer lieber Gott vor drey wochenMorbus.
auffs Siechbette gelegt/ vnd ſie bey ſich befunden/ daß jhr
die kranckheit je lenger je mehr zuſatzte/ hat ſie nach der
Communion ein hertzliches verlangen getragen/ zuuor aber
Gott dem Herrn jhre ſuͤnde mit ſolchem ernſt gebeich-
tet/ daß jhr die threnen haͤuffig aus den augen gefloſſen. Sie
hat ſich auch hinwiederumb der barmhertzigkeit Gottes vnd
gnedigen vergebung jhrer ſuͤnden mit ſolchen troͤſtlichen
Worten vnd Spruͤchen zu troͤſten wiſſen/ daß man augen-
ſcheinlich ſahe/ wie Gott durch ſeinen heiligen Geiſt in jhr
wirckete/ vnd hat darauff mit hertzlicher andacht/ im wahren
Glauben den Leib vnd Blut Jeſu Chriſti im Abendmal wir-
diglich empfangen. Wenn jhr ein ſchoͤner Troſtſpruch
wurde vorgehalten/ derer ſie ſelbſt gar ſehr viel kunte/ wuſte
ſie alßbalde die application auff jhre perſon alſo zu machen/
daß es mit verwunderung zu hoͤren war. Vnd mag wol
ſagen/ daß ich mein lebelang von keinem ſterbenden menſchen
hertzbrechendere wort gehoͤret habe/ als von dieſer vnſer ſeli-
ligen Jungfrawen. Als ich ſie fragte/ ob ſie auch etwa in
jhrem Gewiſſen ein heimliches anligen vnd beſchwerung
hette? gab ſie darauff zur antwort: Nein/ Gott lob/ gar
nicht/ ich bin mit meinem lieben Gott zu grunde ausgeſoͤh-
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bens
D iij
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[0029] Leichpredigt. vergeben hat/ vmb des Mittlers Jeſu Chriſti willen/ an den ſie gegleubet hat. Jn jhrer haushaltung iſt ſie fleiſſig vnd fuͤrſichtig geweſen/ vnd darinne von Gott reichlich geſegnet worden/ welches ſie denn auch mit hertzlicher danckſagung erkant hat. Weil aber das gluͤck viel neider hat/ ſo mags wol; ſeyn/ daß die ſelige Jungefraw auch jhre heimliche miß- goͤnner gehabt: Aber was Gott wil beſcheren/ das kan nie- mand erwehren. Sedulitas in œcono- mia. Nach deme ſie aber vnſer lieber Gott vor drey wochen auffs Siechbette gelegt/ vnd ſie bey ſich befunden/ daß jhr die kranckheit je lenger je mehr zuſatzte/ hat ſie nach der Communion ein hertzliches verlangen getragen/ zuuor aber Gott dem Herrn jhre ſuͤnde mit ſolchem ernſt gebeich- tet/ daß jhr die threnen haͤuffig aus den augen gefloſſen. Sie hat ſich auch hinwiederumb der barmhertzigkeit Gottes vnd gnedigen vergebung jhrer ſuͤnden mit ſolchen troͤſtlichen Worten vnd Spruͤchen zu troͤſten wiſſen/ daß man augen- ſcheinlich ſahe/ wie Gott durch ſeinen heiligen Geiſt in jhr wirckete/ vnd hat darauff mit hertzlicher andacht/ im wahren Glauben den Leib vnd Blut Jeſu Chriſti im Abendmal wir- diglich empfangen. Wenn jhr ein ſchoͤner Troſtſpruch wurde vorgehalten/ derer ſie ſelbſt gar ſehr viel kunte/ wuſte ſie alßbalde die application auff jhre perſon alſo zu machen/ daß es mit verwunderung zu hoͤren war. Vnd mag wol ſagen/ daß ich mein lebelang von keinem ſterbenden menſchen hertzbrechendere wort gehoͤret habe/ als von dieſer vnſer ſeli- ligen Jungfrawen. Als ich ſie fragte/ ob ſie auch etwa in jhrem Gewiſſen ein heimliches anligen vnd beſchwerung hette? gab ſie darauff zur antwort: Nein/ Gott lob/ gar nicht/ ich bin mit meinem lieben Gott zu grunde ausgeſoͤh- net/ Jch frewe vnd troͤſte mich des bittern leidens vnd ſter- bens Morbus. D iij

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Zitationshilfe: Teubener, Jacob: Christliche Leichpredigt. Leipzig, 1610, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/509343/29>, abgerufen am 23.04.2024.