Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kühn, Johann Heinrich: J. N. J. Reichthum Göttlicher Güte. Dresden, 1675.

Bild:
<< vorherige Seite

Reichthum Göttlicher Güte.
Es wollen aber etzliche durch diesen Jammer die verderbte
Schwachheit und Unvermögenheit im Guten/ und sündli-
che Neigung zum Bösen angedeutet haben/ wie wir denn
allzumahl in solchem Jammer stecken/ und sind elend/ und
jämmerlich/ arm/ blind und bloß; Unsers HertzensApoc. 3, 17.
dichten und trachten ist nur böse von Jugend auf/ und im-Gen. 6, 5.
c.
8, 21.

merdar. Was wir aber oben von den Nöthen erinnert ha-
ben/ daß nicht allein der böse Baum/ sondern auch die böse
Frucht damit gemeinet werde/ eben das mag auch hier von
dem Jammer angenommen werden.

Das fromme Hertz Davids flehet ferner/ daß derElend.
Allergütigste GOtt an ihm den Reichthum seiner Güte er-
zeigen wolle/ und ansehen seinElend; Sihe an meinen
Jammer und Elend.
Dieses heist in der H. Sprache
[fremdsprachliches Material - 1 Zeichen fehlt]m` (davon das Lateinische/ mola, und Teutsche/ Mah-
len kommen sol) Arbeit und Beschwerung. Und wird da-
mit (wie auch mit dem zuvor genenneten Jammer) nicht
gemeinet wie etliche wollen; Christi humilitas & labor in
passione, propter quae dimitti velit membrorum peccata,

des Herrn Christi Erniedrigung und Arbeit in seinem
schweren und bittern Leiden/ umb derer willen Er seinen
Gliedmassen die Sünden wolle erlassen haben. Es giebet
dieser Psalm keine Anzeigung/ daß er insonderheit auf un-
sern Heiland wolle gezogen/ und von ihm erkläret seyn. So
ist auch die Auslegung der Lateiner beym Lorino allzusehr
eingeschrencket/ als die fürgeben/ die Kirche habe diesen
Jammer und Elend/ humiliter tolerando intra se pravos,
patienter ferendo persecutores externos,
indem sie mit
Demuth die Bösen in ihr vertrage/ und die auswärtigen
Verfolgere mit Gedult leide. Wie Jammer alles das je-
nige ist/ so uns zu Hertzen gehet/ und Leid und Betrübnis

erre-
F 3

Reichthum Goͤttlicher Guͤte.
Es wollen aber etzliche durch dieſen Jammer die verderbte
Schwachheit und Unvermoͤgenheit im Guten/ und ſuͤndli-
che Neigung zum Boͤſen angedeutet haben/ wie wir denn
allzumahl in ſolchem Jammer ſtecken/ und ſind elend/ und
jaͤmmerlich/ arm/ blind und bloß; Unſers HertzensApoc. 3, 17.
dichten und trachten iſt nur boͤſe von Jugend auf/ und im-Gen. 6, 5.
c.
8, 21.

merdar. Was wir aber oben von den Noͤthen erinnert ha-
ben/ daß nicht allein der boͤſe Baum/ ſondern auch die boͤſe
Frucht damit gemeinet werde/ eben das mag auch hier von
dem Jammer angenommen werden.

Das fromme Hertz Davids flehet ferner/ daß derElend.
Allerguͤtigſte GOtt an ihm den Reichthum ſeiner Guͤte er-
zeigen wolle/ und anſehen ſeinElend; Sihe an meinen
Jammer und Elend.
Dieſes heiſt in der H. Sprache
[fremdsprachliches Material – 1 Zeichen fehlt]מע (davon das Lateiniſche/ mola, und Teutſche/ Mah-
len kommen ſol) Arbeit und Beſchwerung. Und wird da-
mit (wie auch mit dem zuvor genenneten Jammer) nicht
gemeinet wie etliche wollen; Chriſti humilitas & labor in
paſſione, propter quæ dimitti velit membrorum peccata,

des Herrn Chriſti Erniedrigung und Arbeit in ſeinem
ſchweren und bittern Leiden/ umb derer willen Er ſeinen
Gliedmaſſen die Suͤnden wolle erlaſſen haben. Es giebet
dieſer Pſalm keine Anzeigung/ daß er inſonderheit auf un-
ſern Heiland wolle gezogen/ und von ihm erklaͤret ſeyn. So
iſt auch die Auslegung der Lateiner beym Lorino allzuſehr
eingeſchrencket/ als die fuͤrgeben/ die Kirche habe dieſen
Jammer und Elend/ humiliter tolerando intra ſe pravos,
patienter ferendo perſecutores externos,
indem ſie mit
Demuth die Boͤſen in ihr vertrage/ und die auswaͤrtigen
Verfolgere mit Gedult leide. Wie Jammer alles das je-
nige iſt/ ſo uns zu Hertzen gehet/ und Leid und Betruͤbnis

erre-
F 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0045" n="45"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#b">Reichthum Go&#x0364;ttlicher Gu&#x0364;te.</hi></fw><lb/>
Es wollen aber etzliche durch die&#x017F;en Jammer die verderbte<lb/>
Schwachheit und Unvermo&#x0364;genheit im Guten/ und &#x017F;u&#x0364;ndli-<lb/>
che Neigung zum Bo&#x0364;&#x017F;en angedeutet haben/ wie wir denn<lb/>
allzumahl in &#x017F;olchem Jammer &#x017F;tecken/ und &#x017F;ind elend/ und<lb/><hi rendition="#fr">ja&#x0364;mmerlich/</hi> arm/ blind und bloß; Un&#x017F;ers Hertzens<note place="right"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Apoc.</hi></hi> 3, 17.</note><lb/>
dichten und trachten i&#x017F;t nur bo&#x0364;&#x017F;e von Jugend auf/ und im-<note place="right"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Gen.</hi> 6, 5.<lb/><hi rendition="#i">c.</hi></hi> 8, 21.</note><lb/>
merdar. Was wir aber oben von den No&#x0364;then erinnert ha-<lb/>
ben/ daß nicht allein der bo&#x0364;&#x017F;e Baum/ &#x017F;ondern auch die bo&#x0364;&#x017F;e<lb/>
Frucht damit gemeinet werde/ eben das mag auch hier von<lb/>
dem Jammer angenommen werden.</p><lb/>
            <p>Das fromme Hertz Davids flehet ferner/ daß der<note place="right">Elend.</note><lb/>
Allergu&#x0364;tig&#x017F;te GOtt an ihm den Reichthum &#x017F;einer Gu&#x0364;te er-<lb/>
zeigen wolle/ und an&#x017F;ehen &#x017F;ein<hi rendition="#fr">Elend; Sihe an meinen<lb/>
Jammer und Elend.</hi> Die&#x017F;es hei&#x017F;t in der H. Sprache<lb/><gap reason="fm" unit="chars" quantity="1"/>&#x05DE;&#x05E2; (davon das Lateini&#x017F;che/ <hi rendition="#aq">mola,</hi> und Teut&#x017F;che/ Mah-<lb/>
len kommen &#x017F;ol) Arbeit und Be&#x017F;chwerung. Und wird da-<lb/>
mit (wie auch mit dem zuvor genenneten Jammer) nicht<lb/>
gemeinet wie etliche wollen; <hi rendition="#aq">Chri&#x017F;ti humilitas &amp; labor in<lb/>
pa&#x017F;&#x017F;ione, propter quæ dimitti velit membrorum peccata,</hi><lb/>
des <hi rendition="#k">Herrn</hi> Chri&#x017F;ti Erniedrigung und Arbeit in &#x017F;einem<lb/>
&#x017F;chweren und bittern Leiden/ umb derer willen Er &#x017F;einen<lb/>
Gliedma&#x017F;&#x017F;en die Su&#x0364;nden wolle erla&#x017F;&#x017F;en haben. Es giebet<lb/>
die&#x017F;er P&#x017F;alm keine Anzeigung/ daß er in&#x017F;onderheit auf un-<lb/>
&#x017F;ern Heiland wolle gezogen/ und von ihm erkla&#x0364;ret &#x017F;eyn. So<lb/>
i&#x017F;t auch die Auslegung der Lateiner beym <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lorino</hi></hi> allzu&#x017F;ehr<lb/>
einge&#x017F;chrencket/ als die fu&#x0364;rgeben/ die Kirche habe die&#x017F;en<lb/>
Jammer und Elend/ <hi rendition="#aq">humiliter tolerando intra &#x017F;e pravos,<lb/>
patienter ferendo per&#x017F;ecutores externos,</hi> indem &#x017F;ie mit<lb/>
Demuth die Bo&#x0364;&#x017F;en in ihr vertrage/ und die auswa&#x0364;rtigen<lb/>
Verfolgere mit Gedult leide. Wie Jammer alles das je-<lb/>
nige i&#x017F;t/ &#x017F;o uns zu Hertzen gehet/ und Leid und Betru&#x0364;bnis<lb/>
<fw type="sig" place="bottom">F 3</fw><fw type="catch" place="bottom">erre-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0045] Reichthum Goͤttlicher Guͤte. Es wollen aber etzliche durch dieſen Jammer die verderbte Schwachheit und Unvermoͤgenheit im Guten/ und ſuͤndli- che Neigung zum Boͤſen angedeutet haben/ wie wir denn allzumahl in ſolchem Jammer ſtecken/ und ſind elend/ und jaͤmmerlich/ arm/ blind und bloß; Unſers Hertzens dichten und trachten iſt nur boͤſe von Jugend auf/ und im- merdar. Was wir aber oben von den Noͤthen erinnert ha- ben/ daß nicht allein der boͤſe Baum/ ſondern auch die boͤſe Frucht damit gemeinet werde/ eben das mag auch hier von dem Jammer angenommen werden. Apoc. 3, 17. Gen. 6, 5. c. 8, 21. Das fromme Hertz Davids flehet ferner/ daß der Allerguͤtigſte GOtt an ihm den Reichthum ſeiner Guͤte er- zeigen wolle/ und anſehen ſeinElend; Sihe an meinen Jammer und Elend. Dieſes heiſt in der H. Sprache _מע (davon das Lateiniſche/ mola, und Teutſche/ Mah- len kommen ſol) Arbeit und Beſchwerung. Und wird da- mit (wie auch mit dem zuvor genenneten Jammer) nicht gemeinet wie etliche wollen; Chriſti humilitas & labor in paſſione, propter quæ dimitti velit membrorum peccata, des Herrn Chriſti Erniedrigung und Arbeit in ſeinem ſchweren und bittern Leiden/ umb derer willen Er ſeinen Gliedmaſſen die Suͤnden wolle erlaſſen haben. Es giebet dieſer Pſalm keine Anzeigung/ daß er inſonderheit auf un- ſern Heiland wolle gezogen/ und von ihm erklaͤret ſeyn. So iſt auch die Auslegung der Lateiner beym Lorino allzuſehr eingeſchrencket/ als die fuͤrgeben/ die Kirche habe dieſen Jammer und Elend/ humiliter tolerando intra ſe pravos, patienter ferendo perſecutores externos, indem ſie mit Demuth die Boͤſen in ihr vertrage/ und die auswaͤrtigen Verfolgere mit Gedult leide. Wie Jammer alles das je- nige iſt/ ſo uns zu Hertzen gehet/ und Leid und Betruͤbnis erre- Elend. F 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/508612
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/508612/45
Zitationshilfe: Kühn, Johann Heinrich: J. N. J. Reichthum Göttlicher Güte. Dresden, 1675, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508612/45>, abgerufen am 26.04.2024.