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Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740.

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Welchen Handgrif kluger Lehren
Ließ Er mich nicht sehn und hören?
Welchen Vortheil nützer Treu
Brachte mir sein Rath nicht bey?
Ja, mit mir ein Herz zu werden,
Schien ihm, wie erfreut war ich!
Auch sein Liebstes auf der Erden
Endlich nicht zu lieb für mich.
Zwar der Tod zerrieß die Schlüsse;
Doch auch seit dem schnellen Risse,
Ja seit dem, was mich verletzt,
Meines Blochmanns Huld ersetzt;
Starb mir gleichwohl Böttners Treue,
Starb mir nie Sein Beystand ab,
Der vielmehr mir stets aufs neue
Stoff zu Lieb und Dankpflicht gab.
Aber ietzt! Jetzt stirbt diß alles,
Und die Würkung dieses Falles
Raubt der Regung Lust und Sinn,
Reist mich selbst aus mir dahin.
Sollte nun die Angst nicht schreyen,
Da der Schmerz aufs höchste steigt,
Und kein Trauren, ausser zweyen,
Mich wie dieser Fall gebeugt?
Jst der Sturm für mich so strenge:
Welche ein ängstliches Gedränge,
Theure Wittwe, trift wohl Dich,
Dich, o Böttners ander Jch!
Freylich
K
Welchen Handgrif kluger Lehren
Ließ Er mich nicht ſehn und hoͤren?
Welchen Vortheil nuͤtzer Treu
Brachte mir ſein Rath nicht bey?
Ja, mit mir ein Herz zu werden,
Schien ihm, wie erfreut war ich!
Auch ſein Liebſtes auf der Erden
Endlich nicht zu lieb fuͤr mich.
Zwar der Tod zerrieß die Schluͤſſe;
Doch auch ſeit dem ſchnellen Riſſe,
Ja ſeit dem, was mich verletzt,
Meines Blochmanns Huld erſetzt;
Starb mir gleichwohl Boͤttners Treue,
Starb mir nie Sein Beyſtand ab,
Der vielmehr mir ſtets aufs neue
Stoff zu Lieb und Dankpflicht gab.
Aber ietzt! Jetzt ſtirbt diß alles,
Und die Wuͤrkung dieſes Falles
Raubt der Regung Luſt und Sinn,
Reiſt mich ſelbſt aus mir dahin.
Sollte nun die Angſt nicht ſchreyen,
Da der Schmerz aufs hoͤchſte ſteigt,
Und kein Trauren, auſſer zweyen,
Mich wie dieſer Fall gebeugt?
Jſt der Sturm fuͤr mich ſo ſtrenge:
Welche ein aͤngſtliches Gedraͤnge,
Theure Wittwe, trift wohl Dich,
Dich, o Boͤttners ander Jch!
Freylich
K
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[73/0074] Welchen Handgrif kluger Lehren Ließ Er mich nicht ſehn und hoͤren? Welchen Vortheil nuͤtzer Treu Brachte mir ſein Rath nicht bey? Ja, mit mir ein Herz zu werden, Schien ihm, wie erfreut war ich! Auch ſein Liebſtes auf der Erden Endlich nicht zu lieb fuͤr mich. Zwar der Tod zerrieß die Schluͤſſe; Doch auch ſeit dem ſchnellen Riſſe, Ja ſeit dem, was mich verletzt, Meines Blochmanns Huld erſetzt; Starb mir gleichwohl Boͤttners Treue, Starb mir nie Sein Beyſtand ab, Der vielmehr mir ſtets aufs neue Stoff zu Lieb und Dankpflicht gab. Aber ietzt! Jetzt ſtirbt diß alles, Und die Wuͤrkung dieſes Falles Raubt der Regung Luſt und Sinn, Reiſt mich ſelbſt aus mir dahin. Sollte nun die Angſt nicht ſchreyen, Da der Schmerz aufs hoͤchſte ſteigt, Und kein Trauren, auſſer zweyen, Mich wie dieſer Fall gebeugt? Jſt der Sturm fuͤr mich ſo ſtrenge: Welche ein aͤngſtliches Gedraͤnge, Theure Wittwe, trift wohl Dich, Dich, o Boͤttners ander Jch! Freylich K

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Zitationshilfe: Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508578/74>, abgerufen am 27.04.2024.