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Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740.

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nicht Heerlinge hat? Wo ist der Pallast, in dem man nicht
Spinnweben abkehren muß? Wo ist der Keller, in dem das
Bier nicht umschlägt? Wo ist die Schule, welche nicht zum
Stalle wird, in dem räudige Schaafe sind. Mühe! Mü-
he!
soll, was höckricht ist, eben; soll, was unächt ist, ächt
werden. Der seelige Martin Rößler, er war Collega tertius,
sagte offte: er müßte sich martern, wie der Esel, Futter aber
hätte er, wie der Zeisken. Frage nur den, der den Schul-
Gestanck riechen muß, was Schulen sind, er wird dirs er-
zehlen.

Studenten die Hülle und die Fülle. Wenig derer, die
Lust hätten auf den Schul-Cathedern zu sitzen. Zu müh-
sam,
zu mühsam, das Lehren in den Schulen! welches ich
aber auch nicht loben kan. Man geht zu Schiffe, ob es schon
auf der See Sandbäncke hat. Man läßt den Pflug nicht ste-
hen, ob es schon Klösser hat, von denen man besorgen muß,
daß der Pflug an sie stossen dörffte. Was GOtt will, muß
man auch wollen, wird man schon zum Lichte, das sich darü-
ber selber verzehret.

Jst bemüht, wer lehret, so muß auch bemüht seyn, wer
gelehret wird. Man spricht: Junges Blut, spaare dein Gut.
Spaare, spaare, nur Mühe spaare nicht. Mühe, der bedarf,
aus wem was werden soll. Verlohren des Lehrers Mühe,
ist, wer gelehret wird, verdrossen, träge. Er ist das Holtz,
aus dem kein Tugendbild werden kan. Non tibi de ventis as-
sa columba venit.
Wer hungrig ist, kan sich des Hungers
nicht erwehren, wartet er, biß ihm, nach was er Appetit hat,
ins Maul fallen wird.

Mühsam ist das Lehren in den Schulen. So Centner-
schwere Mühe, so Feder-leichter Danck. Spricht man nicht:
Kahl-Kopf! Kahl-Kopf! Man hat mehr Titul, Kletten, die

sich

nicht Heerlinge hat? Wo iſt der Pallaſt, in dem man nicht
Spinnweben abkehren muß? Wo iſt der Keller, in dem das
Bier nicht umſchlaͤgt? Wo iſt die Schule, welche nicht zum
Stalle wird, in dem raͤudige Schaafe ſind. Muͤhe! Muͤ-
he!
ſoll, was hoͤckricht iſt, eben; ſoll, was unaͤcht iſt, aͤcht
werden. Der ſeelige Martin Roͤßler, er war Collega tertius,
ſagte offte: er muͤßte ſich martern, wie der Eſel, Futter aber
haͤtte er, wie der Zeisken. Frage nur den, der den Schul-
Geſtanck riechen muß, was Schulen ſind, er wird dirs er-
zehlen.

Studenten die Huͤlle und die Fuͤlle. Wenig derer, die
Luſt haͤtten auf den Schul-Cathedern zu ſitzen. Zu muͤh-
ſam,
zu muͤhſam, das Lehren in den Schulen! welches ich
aber auch nicht loben kan. Man geht zu Schiffe, ob es ſchon
auf der See Sandbaͤncke hat. Man laͤßt den Pflug nicht ſte-
hen, ob es ſchon Kloͤſſer hat, von denen man beſorgen muß,
daß der Pflug an ſie ſtoſſen doͤrffte. Was GOtt will, muß
man auch wollen, wird man ſchon zum Lichte, das ſich daruͤ-
ber ſelber verzehret.

Jſt bemuͤht, wer lehret, ſo muß auch bemuͤht ſeyn, wer
gelehret wird. Man ſpricht: Junges Blut, ſpaare dein Gut.
Spaare, ſpaare, nur Muͤhe ſpaare nicht. Muͤhe, der bedarf,
aus wem was werden ſoll. Verlohren des Lehrers Muͤhe,
iſt, wer gelehret wird, verdroſſen, traͤge. Er iſt das Holtz,
aus dem kein Tugendbild werden kan. Non tibi de ventis aſ-
ſa columba venit.
Wer hungrig iſt, kan ſich des Hungers
nicht erwehren, wartet er, biß ihm, nach was er Appetit hat,
ins Maul fallen wird.

Muͤhſam iſt das Lehren in den Schulen. So Centner-
ſchwere Muͤhe, ſo Feder-leichter Danck. Spricht man nicht:
Kahl-Kopf! Kahl-Kopf! Man hat mehr Titul, Kletten, die

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[12/0013] nicht Heerlinge hat? Wo iſt der Pallaſt, in dem man nicht Spinnweben abkehren muß? Wo iſt der Keller, in dem das Bier nicht umſchlaͤgt? Wo iſt die Schule, welche nicht zum Stalle wird, in dem raͤudige Schaafe ſind. Muͤhe! Muͤ- he! ſoll, was hoͤckricht iſt, eben; ſoll, was unaͤcht iſt, aͤcht werden. Der ſeelige Martin Roͤßler, er war Collega tertius, ſagte offte: er muͤßte ſich martern, wie der Eſel, Futter aber haͤtte er, wie der Zeisken. Frage nur den, der den Schul- Geſtanck riechen muß, was Schulen ſind, er wird dirs er- zehlen. Studenten die Huͤlle und die Fuͤlle. Wenig derer, die Luſt haͤtten auf den Schul-Cathedern zu ſitzen. Zu muͤh- ſam, zu muͤhſam, das Lehren in den Schulen! welches ich aber auch nicht loben kan. Man geht zu Schiffe, ob es ſchon auf der See Sandbaͤncke hat. Man laͤßt den Pflug nicht ſte- hen, ob es ſchon Kloͤſſer hat, von denen man beſorgen muß, daß der Pflug an ſie ſtoſſen doͤrffte. Was GOtt will, muß man auch wollen, wird man ſchon zum Lichte, das ſich daruͤ- ber ſelber verzehret. Jſt bemuͤht, wer lehret, ſo muß auch bemuͤht ſeyn, wer gelehret wird. Man ſpricht: Junges Blut, ſpaare dein Gut. Spaare, ſpaare, nur Muͤhe ſpaare nicht. Muͤhe, der bedarf, aus wem was werden ſoll. Verlohren des Lehrers Muͤhe, iſt, wer gelehret wird, verdroſſen, traͤge. Er iſt das Holtz, aus dem kein Tugendbild werden kan. Non tibi de ventis aſ- ſa columba venit. Wer hungrig iſt, kan ſich des Hungers nicht erwehren, wartet er, biß ihm, nach was er Appetit hat, ins Maul fallen wird. Muͤhſam iſt das Lehren in den Schulen. So Centner- ſchwere Muͤhe, ſo Feder-leichter Danck. Spricht man nicht: Kahl-Kopf! Kahl-Kopf! Man hat mehr Titul, Kletten, die ſich

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Zitationshilfe: Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508578/13>, abgerufen am 03.12.2024.