Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kirsten, Abraham: Lebens und Sterbens Regeln S. Pauli. Oels, 1624.

Bild:
<< vorherige Seite

Christliche Leichpredigt.
selber Matth. 22. v. 37. S. Pauli, Gal. 5. v. 6. S. Jacobi, Iac. 2. v. 17.
welche trawen auch nichts anders/ sondern Glaub vnd Liebe
von einem rechten Christen fodern vnnd haben wollen. Es
lest es aber der H. Geist allhier in vnserm Sprüchlein nicht
bleyben bey 2. Regeln/ sondern schreibet gleichsam mehr vor
vnd giebet derselben wol Vier.

Erstlich/ Sibi non vivendum, Das im Christen-I.
Regula.

thumb einer nicht müsse Leben jhm selber/ vnd vermeinen/
das man (1) eher vnd mehr möge suchen eygene ehr vnd ge-
winn als Gottes des HErrn im Himmel/ (2) Nur auff sich
selbst sehen vnd dem Fleische güttlich thun/ (3) dagegen nach
dem Nechsten vnd Neben menschen in der Welt nichts nicht
fragen.

Denn so stehet im Text/ Keiner Lebet jhm selber/ gleich
wie auch 2. Cor. 5. v. 15. Wir halten/ daß so einer für alle ge-
storben/ so sind sie alle gestorben/ vnd Er ist darumb für sie
alle gestorben/ auff das die so da Leben/ hinfort nicht
jhnen selbst leben/
sondern dem der für sie gestorben vnd
Aufferstanden ist.

Es wil aber S. Paulus mit dieser Regel nicht
haben/ das einer nicht solte acht geben auff sich vnd die seinen/
jhme auch selber wenig oder nichts gutts thun/ sondern es
alles solle lassen schlaffen/ vnd lieber kaum halb satt essen vnd
trincken/ als in seinem Standt fleissig sein/ vnd nachmals in
seinem thun sich erweisen frölich: Nein/ wie also/ wer sich vnd
die seinen nicht bedencket der ist ärger als ein Heyde/ vnd hat
den Glauben verleugnet. 1. Timoth. 5. v. 8. Vnd wer jhm
selber Schaden thut/ den heist man billich ein Ertzbösewicht/
Proverb. 24. v. 8. Sondern wenn Palus saget/ keiner
lebet jhm selber/
so verbeut er hiermit dreyerley.

1. Pro-
B ij

Chriſtliche Leichpredigt.
ſelber Matth. 22. v. 37. S. Pauli, Gal. 5. v. 6. S. Jacobi, Iac. 2. v. 17.
welche trawen auch nichts anders/ ſondern Glaub vnd Liebe
von einem rechten Chriſten fodern vnnd haben wollen. Es
leſt es aber der H. Geiſt allhier in vnſerm Spruͤchlein nicht
bleyben bey 2. Regeln/ ſondern ſchreibet gleichſam mehr vor
vnd giebet derſelben wol Vier.

Erſtlich/ Sibi non vivendum, Das im Chriſten-I.
Regula.

thumb einer nicht muͤſſe Leben jhm ſelber/ vnd vermeinen/
das man (1) eher vnd mehr moͤge ſuchen eygene ehr vnd ge-
winn als Gottes des HErꝛn im Himmel/ (2) Nur auff ſich
ſelbſt ſehen vnd dem Fleiſche guͤttlich thun/ (3) dagegen nach
dem Nechſten vnd Neben menſchen in der Welt nichts nicht
fragen.

Denn ſo ſtehet im Text/ Keiner Lebet jhm ſelber/ gleich
wie auch 2. Cor. 5. v. 15. Wir halten/ daß ſo einer fuͤr alle ge-
ſtorben/ ſo ſind ſie alle geſtorben/ vnd Er iſt darumb fuͤr ſie
alle geſtorben/ auff das die ſo da Leben/ hinfort nicht
jhnen ſelbſt leben/
ſondern dem der fuͤr ſie geſtorben vnd
Aufferſtanden iſt.

Es wil aber S. Paulus mit dieſer Regel nicht
haben/ das einer nicht ſolte acht geben auff ſich vñ die ſeinen/
jhme auch ſelber wenig oder nichts gutts thun/ ſondern es
alles ſolle laſſen ſchlaffen/ vnd lieber kaum halb ſatt eſſen vñ
trincken/ als in ſeinem Standt fleiſſig ſein/ vnd nachmals in
ſeinem thun ſich erweiſen froͤlich: Nein/ wie alſo/ wer ſich vñ
die ſeinen nicht bedencket der iſt aͤrger als ein Heyde/ vnd hat
den Glauben verleugnet. 1. Timoth. 5. v. 8. Vnd wer jhm
ſelber Schaden thut/ den heiſt man billich ein Ertzboͤſewicht/
Proverb. 24. v. 8. Sondern wenn Palus ſaget/ keiner
lebet jhm ſelber/
ſo verbeut er hiermit dreyerley.

1. Pro-
B ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0011"/><fw type="header" place="top">Chri&#x017F;tliche Leichpredigt.</fw><lb/>
&#x017F;elber <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Matth. 22. v. 37. S. Pauli, Gal. 5. v. 6. S. Jacobi, Iac. 2. v.</hi> 17.</hi><lb/>
welche trawen auch nichts anders/ &#x017F;ondern Glaub vnd Liebe<lb/>
von einem rechten Chri&#x017F;ten fodern vnnd haben wollen. Es<lb/>
le&#x017F;t es aber der H. Gei&#x017F;t allhier in vn&#x017F;erm Spru&#x0364;chlein nicht<lb/>
bleyben bey 2. Regeln/ &#x017F;ondern &#x017F;chreibet gleich&#x017F;am mehr vor<lb/>
vnd giebet der&#x017F;elben wol Vier.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Er&#x017F;tlich/</hi><hi rendition="#aq">Sibi non vivendum,</hi><hi rendition="#fr">Das im Chri&#x017F;ten-</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">I.<lb/>
Regula.</hi></note><lb/>
thumb einer nicht mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Leben jhm &#x017F;elber/ vnd vermeinen/<lb/>
das man (1) eher vnd mehr mo&#x0364;ge &#x017F;uchen eygene ehr vnd ge-<lb/>
winn als Gottes des HEr&#xA75B;n im Himmel/ (2) Nur auff &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ehen vnd dem Flei&#x017F;che gu&#x0364;ttlich thun/ (3) dagegen nach<lb/>
dem Nech&#x017F;ten vnd Neben men&#x017F;chen in der Welt nichts nicht<lb/>
fragen.</p><lb/>
            <p>Denn &#x017F;o &#x017F;tehet im Text/ Keiner Lebet jhm &#x017F;elber/ gleich<lb/>
wie auch <hi rendition="#i">2. <hi rendition="#aq">Cor. 5. v.</hi> 15.</hi> Wir halten/ daß &#x017F;o einer fu&#x0364;r alle ge-<lb/>
&#x017F;torben/ &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie alle ge&#x017F;torben/ vnd Er i&#x017F;t darumb fu&#x0364;r &#x017F;ie<lb/>
alle ge&#x017F;torben/ auff das die &#x017F;o da Leben/ <hi rendition="#fr">hinfort nicht<lb/>
jhnen &#x017F;elb&#x017F;t leben/</hi> &#x017F;ondern dem der fu&#x0364;r &#x017F;ie ge&#x017F;torben vnd<lb/>
Auffer&#x017F;tanden i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Es wil aber S. Paulus mit die&#x017F;er Regel nicht</hi><lb/>
haben/ das einer nicht &#x017F;olte acht geben auff &#x017F;ich vn&#x0303; die &#x017F;einen/<lb/>
jhme auch &#x017F;elber wenig oder nichts gutts thun/ &#x017F;ondern es<lb/>
alles &#x017F;olle la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chlaffen/ vnd lieber kaum halb &#x017F;att e&#x017F;&#x017F;en vn&#x0303;<lb/>
trincken/ als in &#x017F;einem Standt flei&#x017F;&#x017F;ig &#x017F;ein/ vnd nachmals in<lb/>
&#x017F;einem thun &#x017F;ich erwei&#x017F;en fro&#x0364;lich: Nein/ wie al&#x017F;o/ wer &#x017F;ich vn&#x0303;<lb/>
die &#x017F;einen nicht bedencket der i&#x017F;t a&#x0364;rger als ein Heyde/ vnd hat<lb/>
den Glauben verleugnet. <hi rendition="#i">1. <hi rendition="#aq">Timoth. 5. v.</hi> 8.</hi> Vnd wer jhm<lb/>
&#x017F;elber Schaden thut/ den hei&#x017F;t man billich ein Ertzbo&#x0364;&#x017F;ewicht/<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Proverb. 24. v.</hi> 8.</hi> <hi rendition="#fr">Sondern wenn Palus &#x017F;aget/ keiner<lb/>
lebet jhm &#x017F;elber/</hi> &#x017F;o verbeut er hiermit dreyerley.</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom">B ij</fw>
            <fw type="catch" place="bottom">1. <hi rendition="#aq">Pro-</hi></fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0011] Chriſtliche Leichpredigt. ſelber Matth. 22. v. 37. S. Pauli, Gal. 5. v. 6. S. Jacobi, Iac. 2. v. 17. welche trawen auch nichts anders/ ſondern Glaub vnd Liebe von einem rechten Chriſten fodern vnnd haben wollen. Es leſt es aber der H. Geiſt allhier in vnſerm Spruͤchlein nicht bleyben bey 2. Regeln/ ſondern ſchreibet gleichſam mehr vor vnd giebet derſelben wol Vier. Erſtlich/ Sibi non vivendum, Das im Chriſten- thumb einer nicht muͤſſe Leben jhm ſelber/ vnd vermeinen/ das man (1) eher vnd mehr moͤge ſuchen eygene ehr vnd ge- winn als Gottes des HErꝛn im Himmel/ (2) Nur auff ſich ſelbſt ſehen vnd dem Fleiſche guͤttlich thun/ (3) dagegen nach dem Nechſten vnd Neben menſchen in der Welt nichts nicht fragen. I. Regula. Denn ſo ſtehet im Text/ Keiner Lebet jhm ſelber/ gleich wie auch 2. Cor. 5. v. 15. Wir halten/ daß ſo einer fuͤr alle ge- ſtorben/ ſo ſind ſie alle geſtorben/ vnd Er iſt darumb fuͤr ſie alle geſtorben/ auff das die ſo da Leben/ hinfort nicht jhnen ſelbſt leben/ ſondern dem der fuͤr ſie geſtorben vnd Aufferſtanden iſt. Es wil aber S. Paulus mit dieſer Regel nicht haben/ das einer nicht ſolte acht geben auff ſich vñ die ſeinen/ jhme auch ſelber wenig oder nichts gutts thun/ ſondern es alles ſolle laſſen ſchlaffen/ vnd lieber kaum halb ſatt eſſen vñ trincken/ als in ſeinem Standt fleiſſig ſein/ vnd nachmals in ſeinem thun ſich erweiſen froͤlich: Nein/ wie alſo/ wer ſich vñ die ſeinen nicht bedencket der iſt aͤrger als ein Heyde/ vnd hat den Glauben verleugnet. 1. Timoth. 5. v. 8. Vnd wer jhm ſelber Schaden thut/ den heiſt man billich ein Ertzboͤſewicht/ Proverb. 24. v. 8. Sondern wenn Palus ſaget/ keiner lebet jhm ſelber/ ſo verbeut er hiermit dreyerley. 1. Pro- B ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/508451
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/508451/11
Zitationshilfe: Kirsten, Abraham: Lebens und Sterbens Regeln S. Pauli. Oels, 1624, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508451/11>, abgerufen am 23.11.2024.