Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712].Trauer-Rede. in ein hartes Gefängnis geworffen/ ehe ihn der grosse GOtt erhöhet/ undzu einen grossen Minister des Königes in Egypten/ ja zu einen Herrn über seinen Vater und Brüder machet. Ein unschuldiger David muß des Kö- nigs Sauls verkehrten Neid lange erdulten/ und stehet viel Verfolgun- gen aus/ daß er von einem Orthe zum andern fliehen muß. Allein der grosse GOtt weiß schon die rechte Zeit seiner Erhöhung/ und lässet den David das Jsraelitische Reich besceptern/ welches er denen Nachkommen des Königs Sauls entwendet. Eben diese Gewonheit nimmet der große GOTT noch heutiges Tages in acht/ und machet aus denen geringsten Kindern/ sowohl in dem Geistlichen als Weltlichen Stande/ die berühm- testen Männer/ die seine Ehre treulich befördern/ und vor die gemeine Wohlfahrt eine unmündige Sorge tragen. Jst eben dasjenige/ was der Apostel Paulus 1. Cor. I, 28. vorträget/ wenn er saget: Was thöricht ist vor der Welt/ das hat GOtt erwehlet/ daß er die Weisen zuschanden mach- te. An vielfältigen Exempeln fehlet es nicht. Wer war der theure Mann GOttes Lutherus? Eines elenden BergmannsSohn in Eisleben/ welcher sich von seinen Eltern keine Wohlthat versprechen konte/ sondern in höch- ster Armuth sich bald in der Schulen zu Magdeburg/ bald zu Eisenach küm- merlich durchbringen muste. Doch machete GOtt einen so theuren Werck- zeug seiner Ehre aus ihm/ daß er des Pabstes grausame Tyranney übern Hauffen warff/ und das helle Licht des seeligmachenden Evangelii nach lan- ger Finsterniß wiederum hervor brachte. Wer war der theure Lehrer un- serer Kirchen/ D. Martinus Chemnitius? Eines armen Tuchmachers zu Brietzen in der Marck verlassener Sohn/ welcher in dem vierzehenden Jah- re seines Alters/ nachdem seine Eltern mit frühzeitigen Tode abgangen/ auf das Handwerck kam. Allein die Wunder-Gütte GOttes schickte es also/ daß er die Schule zu Magdeburg besuchete/ und mit der Zeit ein so grosses Licht in der Evangelischen Kirche wurde/ daß die Päbstler selbsten bekennen: Prior Martinus non stetisset, nisi alter venisset. d. i. Die Lehre des H. Evangelii würde durch die Patres des Concilii Tridentini entweder ver- dunckelt/ oder wohl gar verderbet seyn/ wenn nicht Martinus Chemnitius gekom-
Trauer-Rede. in ein hartes Gefaͤngnis geworffen/ ehe ihn der groſſe GOtt erhoͤhet/ undzu einen groſſen Miniſter des Koͤniges in Egypten/ ja zu einen Herrn uͤber ſeinen Vater und Bruͤder machet. Ein unſchuldiger David muß des Koͤ- nigs Sauls verkehrten Neid lange erdulten/ und ſtehet viel Verfolgun- gen aus/ daß er von einem Orthe zum andern fliehen muß. Allein der groſſe GOtt weiß ſchon die rechte Zeit ſeiner Erhoͤhung/ und laͤſſet den David das Jſraelitiſche Reich beſceptern/ welches er denen Nachkommen des Koͤnigs Sauls entwendet. Eben dieſe Gewonheit nimmet der große GOTT noch heutiges Tages in acht/ und machet aus denen geringſten Kindern/ ſowohl in dem Geiſtlichen als Weltlichen Stande/ die beruͤhm- teſten Maͤnner/ die ſeine Ehre treulich befoͤrdern/ und vor die gemeine Wohlfahrt eine unmuͤndige Sorge tragen. Jſt eben dasjenige/ was der Apoſtel Paulus 1. Cor. I, 28. vortraͤget/ wenn er ſaget: Was thoͤricht iſt vor der Welt/ das hat GOtt erwehlet/ daß er die Weiſen zuſchanden mach- te. An vielfaͤltigen Exempeln fehlet es nicht. Wer war der theure Mann GOttes Lutherus? Eines elenden BergmannsSohn in Eisleben/ welcher ſich von ſeinen Eltern keine Wohlthat verſprechen konte/ ſondern in hoͤch- ſter Armuth ſich bald in der Schulen zu Magdeburg/ bald zu Eiſenach kuͤm- merlich durchbringen muſte. Doch machete GOtt einen ſo theuren Werck- zeug ſeiner Ehre aus ihm/ daß er des Pabſtes grauſame Tyranney uͤbern Hauffen warff/ und das helle Licht des ſeeligmachenden Evangelii nach lan- ger Finſterniß wiederum hervor brachte. Wer war der theure Lehrer un- ſerer Kirchen/ D. Martinus Chemnitius? Eines armen Tuchmachers zu Brietzen in der Marck verlaſſener Sohn/ welcher in dem vierzehenden Jah- re ſeines Alters/ nachdem ſeine Eltern mit fruͤhzeitigen Tode abgangen/ auf das Handwerck kam. Allein die Wunder-Guͤtte GOttes ſchickte es alſo/ daß er die Schule zu Magdeburg beſuchete/ und mit der Zeit ein ſo groſſes Licht in der Evangeliſchen Kirche wurde/ daß die Paͤbſtler ſelbſten bekennen: Prior Martinus non ſtetiſſet, niſi alter veniſſet. d. i. Die Lehre des H. Evangelii wuͤrde durch die Patres des Concilii Tridentini entweder ver- dunckelt/ oder wohl gar verderbet ſeyn/ wenn nicht Martinus Chemnitius gekom-
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Trauer-Rede.
in ein hartes Gefaͤngnis geworffen/ ehe ihn der groſſe GOtt erhoͤhet/ und
zu einen groſſen Miniſter des Koͤniges in Egypten/ ja zu einen Herrn uͤber
ſeinen Vater und Bruͤder machet. Ein unſchuldiger David muß des Koͤ-
nigs Sauls verkehrten Neid lange erdulten/ und ſtehet viel Verfolgun-
gen aus/ daß er von einem Orthe zum andern fliehen muß. Allein der
groſſe GOtt weiß ſchon die rechte Zeit ſeiner Erhoͤhung/ und laͤſſet den
David das Jſraelitiſche Reich beſceptern/ welches er denen Nachkommen
des Koͤnigs Sauls entwendet. Eben dieſe Gewonheit nimmet der große
GOTT noch heutiges Tages in acht/ und machet aus denen geringſten
Kindern/ ſowohl in dem Geiſtlichen als Weltlichen Stande/ die beruͤhm-
teſten Maͤnner/ die ſeine Ehre treulich befoͤrdern/ und vor die gemeine
Wohlfahrt eine unmuͤndige Sorge tragen. Jſt eben dasjenige/ was der
Apoſtel Paulus 1. Cor. I, 28. vortraͤget/ wenn er ſaget: Was thoͤricht iſt
vor der Welt/ das hat GOtt erwehlet/ daß er die Weiſen zuſchanden mach-
te. An vielfaͤltigen Exempeln fehlet es nicht. Wer war der theure Mann
GOttes Lutherus? Eines elenden BergmannsSohn in Eisleben/ welcher
ſich von ſeinen Eltern keine Wohlthat verſprechen konte/ ſondern in hoͤch-
ſter Armuth ſich bald in der Schulen zu Magdeburg/ bald zu Eiſenach kuͤm-
merlich durchbringen muſte. Doch machete GOtt einen ſo theuren Werck-
zeug ſeiner Ehre aus ihm/ daß er des Pabſtes grauſame Tyranney uͤbern
Hauffen warff/ und das helle Licht des ſeeligmachenden Evangelii nach lan-
ger Finſterniß wiederum hervor brachte. Wer war der theure Lehrer un-
ſerer Kirchen/ D. Martinus Chemnitius? Eines armen Tuchmachers zu
Brietzen in der Marck verlaſſener Sohn/ welcher in dem vierzehenden Jah-
re ſeines Alters/ nachdem ſeine Eltern mit fruͤhzeitigen Tode abgangen/ auf
das Handwerck kam. Allein die Wunder-Guͤtte GOttes ſchickte es alſo/
daß er die Schule zu Magdeburg beſuchete/ und mit der Zeit ein ſo groſſes
Licht in der Evangeliſchen Kirche wurde/ daß die Paͤbſtler ſelbſten bekennen:
Prior Martinus non ſtetiſſet, niſi alter veniſſet. d. i. Die Lehre des H.
Evangelii wuͤrde durch die Patres des Concilii Tridentini entweder ver-
dunckelt/ oder wohl gar verderbet ſeyn/ wenn nicht Martinus Chemnitius
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