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Henel, Christoph: Die itzt abfallende und wandernde Blätter Als Ein Bilde des Lebens und Außganges. Schlichtingsheim, [1692].

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und wandernde Blätter.

Denn gesetzet/ daß wir eine zeitlang noch so wohl/ ab-
sonderlich in dem Lentzen unserer Jugend/ als die grünen
Blätter grünen; Daß wir noch so schön in dem Sommer
der besten und dem gemeinen Wesen nützliche Jahre blühen
und prangen: So kömmet doch endlich der kränckliche Herbst
des schwachen Alters/ darinnen unser Safft vertrocknet/
nach dem 32. Psalm/ (welche Worte etliche gar nachdencklich
Virorem hominis das Grüne des Menschen/ gegeben haben
Bootsacc. Moral. Gedan. tit. Viridis p. 1133.) unsere Blätter ver-
welcken/ ab- und in Todes-Staub verfallen und zu nichts
und Aschen in dem Froste des Grabes werden. Ja viel
hundert und noch mehr Blätter sind/ die in den Herbst nicht
einmahl kommen und den erreichen/ sondern bald im vor-
spriessen und vorschiessen verwelcken und abfallen/ den A-
bend im Morgen/ den Untergang im Aufgange/ das Erlie-
gen und Sterben in der Wiegen bald haben und finden/ so
daß es von ihnen heisset: Occasus in ortu.

Kaum haben sie im Auffgang sich gezeiget/
So hat sichs schon zum Untergang geneiget.

Viele sind hernachmahls auch/ die da mitten im Frühling/
oder in dem besten Theile ihrer Jahre/ (da sie am schönsten
und lieblichsten grünen/ da sie GOtt und den Jhrigen am
besten dienen könten) durch Kranckheits Hitze außgezehret/
durch den Todes-wind bestürmet und also angegriffen wer-
den/ daß es mit Jhnen/ wie mit Blättern zum abnehmen
und welcken/ zum falben und fallen/ zum wandern und da-
hin ziehen kommet/ und man ihnen das jenige außfertigen
muß/ was dorten Johannes, ein Hertzog von Cleve über eine
Lilie und ihre Blätter schreiben und mahlen liesse:

Hodie
B
und wandernde Blaͤtter.

Denn geſetzet/ daß wir eine zeitlang noch ſo wohl/ ab-
ſonderlich in dem Lentzen unſerer Jugend/ als die gruͤnen
Blaͤtter gruͤnen; Daß wir noch ſo ſchoͤn in dem Sommer
der beſten und dem gemeinen Weſen nuͤtzliche Jahre bluͤhen
und prangen: So koͤm̃et doch endlich der kraͤnckliche Herbſt
des ſchwachen Alters/ darinnen unſer Safft vertrocknet/
nach dem 32. Pſalm/ (welche Worte etliche gaꝛ nachdencklich
Virorem hominis das Gruͤne des Menſchen/ gegeben haben
Bootſacc. Moral. Gedan. tit. Viridis p. 1133.) unſere Blaͤtter ver-
welcken/ ab- und in Todes-Staub verfallen und zu nichts
und Aſchen in dem Froſte des Grabes werden. Ja viel
hundert und noch mehꝛ Blaͤtter ſind/ die in den Herbſt nicht
einmahl kommen und den erꝛeichen/ ſondern bald im vor-
ſprieſſen und vorſchieſſen verwelcken und abfallen/ den A-
bend im Morgen/ den Untergang im Aufgange/ das Erlie-
gen und Sterben in der Wiegen bald haben und finden/ ſo
daß es von ihnen heiſſet: Occaſus in ortu.

Kaum haben ſie im Auffgang ſich gezeiget/
So hat ſichs ſchon zum Untergang geneiget.

Viele ſind hernachmahls auch/ die da mitten im Fruͤhling/
oder in dem beſten Theile ihrer Jahre/ (da ſie am ſchoͤnſten
und lieblichſten gruͤnen/ da ſie GOtt und den Jhrigen am
beſten dienen koͤnten) durch Kranckheits Hitze außgezehret/
durch den Todes-wind beſtuͤrmet und alſo angegriffen wer-
den/ daß es mit Jhnen/ wie mit Blaͤttern zum abnehmen
und welcken/ zum falben und fallen/ zum wandern und da-
hin ziehen kommet/ und man ihnen das jenige außfertigen
muß/ was dorten Johannes, ein Hertzog von Cleve uͤber eine
Lilie und ihre Blaͤtter ſchreiben und mahlen lieſſe:

Hodiè
B
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[9/0009] und wandernde Blaͤtter. Denn geſetzet/ daß wir eine zeitlang noch ſo wohl/ ab- ſonderlich in dem Lentzen unſerer Jugend/ als die gruͤnen Blaͤtter gruͤnen; Daß wir noch ſo ſchoͤn in dem Sommer der beſten und dem gemeinen Weſen nuͤtzliche Jahre bluͤhen und prangen: So koͤm̃et doch endlich der kraͤnckliche Herbſt des ſchwachen Alters/ darinnen unſer Safft vertrocknet/ nach dem 32. Pſalm/ (welche Worte etliche gaꝛ nachdencklich Virorem hominis das Gruͤne des Menſchen/ gegeben haben Bootſacc. Moral. Gedan. tit. Viridis p. 1133.) unſere Blaͤtter ver- welcken/ ab- und in Todes-Staub verfallen und zu nichts und Aſchen in dem Froſte des Grabes werden. Ja viel hundert und noch mehꝛ Blaͤtter ſind/ die in den Herbſt nicht einmahl kommen und den erꝛeichen/ ſondern bald im vor- ſprieſſen und vorſchieſſen verwelcken und abfallen/ den A- bend im Morgen/ den Untergang im Aufgange/ das Erlie- gen und Sterben in der Wiegen bald haben und finden/ ſo daß es von ihnen heiſſet: Occaſus in ortu. Kaum haben ſie im Auffgang ſich gezeiget/ So hat ſichs ſchon zum Untergang geneiget. Viele ſind hernachmahls auch/ die da mitten im Fruͤhling/ oder in dem beſten Theile ihrer Jahre/ (da ſie am ſchoͤnſten und lieblichſten gruͤnen/ da ſie GOtt und den Jhrigen am beſten dienen koͤnten) durch Kranckheits Hitze außgezehret/ durch den Todes-wind beſtuͤrmet und alſo angegriffen wer- den/ daß es mit Jhnen/ wie mit Blaͤttern zum abnehmen und welcken/ zum falben und fallen/ zum wandern und da- hin ziehen kommet/ und man ihnen das jenige außfertigen muß/ was dorten Johannes, ein Hertzog von Cleve uͤber eine Lilie und ihre Blaͤtter ſchreiben und mahlen lieſſe: Hodiè B

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Zitationshilfe: Henel, Christoph: Die itzt abfallende und wandernde Blätter Als Ein Bilde des Lebens und Außganges. Schlichtingsheim, [1692], S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/359521/9>, abgerufen am 24.11.2024.