"Bendel," setzt' ich spät und zitternd hin- zu, "nun hast Du mein Vertrauen, nun kannst Du es verrathen. Geh' hin und zeuge wider mich." -- Er schien in schwerem Kampfe mit sich selber, endlich stürzte er vor mir nieder und ergriff meine Hand, die er mit seinen Thrä- nen benetzte. "Nein," rief er aus, "was die Welt auch meine, ich kann und werde um Schat- tens willen meinen gütigen Herrn nicht verlassen, ich werde recht, und nicht klug handeln, ich werde bei Ihnen bleiben, Ihnen meinen Schat- ten borgen, Ihnen helfen, wo ich kann, und wo ich nicht kann, mit Ihnen weinen." Ich fiel ihm um den Hals, ob solcher ungewohnten Ge- sinnung staunend; denn ich war von ihm über- zeugt, daß er es nicht um Gold that.
Seitdem änderten sich in Etwas mein Schick- sal und meine Lebensweise. Es ist unbeschreib- lich, wie vorsorglich Bendel mein Gebrechen zu verhehlen wußte. Ueberall war er vor mir und mit mir, Alles vorhersehend, Anstalten treffend, und wo Gefahr unversehens drohte, mich schnell mit seinem Schatten überdeckend, denn er war größer und stärker als ich. So wagt' ich mich
«Bendel,» ſetzt’ ich ſpät und zitternd hin- zu, «nun haſt Du mein Vertrauen, nun kannſt Du es verrathen. Geh’ hin und zeuge wider mich.» — Er ſchien in ſchwerem Kampfe mit ſich ſelber, endlich ſtürzte er vor mir nieder und ergriff meine Hand, die er mit ſeinen Thrä- nen benetzte. «Nein,» rief er aus, «was die Welt auch meine, ich kann und werde um Schat- tens willen meinen gütigen Herrn nicht verlaſſen, ich werde recht, und nicht klug handeln, ich werde bei Ihnen bleiben, Ihnen meinen Schat- ten borgen, Ihnen helfen, wo ich kann, und wo ich nicht kann, mit Ihnen weinen.» Ich fiel ihm um den Hals, ob ſolcher ungewohnten Ge- ſinnung ſtaunend; denn ich war von ihm über- zeugt, daß er es nicht um Gold that.
Seitdem änderten ſich in Etwas mein Schick- ſal und meine Lebensweiſe. Es iſt unbeſchreib- lich, wie vorſorglich Bendel mein Gebrechen zu verhehlen wußte. Ueberall war er vor mir und mit mir, Alles vorherſehend, Anſtalten treffend, und wo Gefahr unverſehens drohte, mich ſchnell mit ſeinem Schatten überdeckend, denn er war größer und ſtärker als ich. So wagt’ ich mich
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«Bendel,» ſetzt’ ich ſpät und zitternd hin-
zu, «nun haſt Du mein Vertrauen, nun kannſt
Du es verrathen. Geh’ hin und zeuge wider
mich.» — Er ſchien in ſchwerem Kampfe mit
ſich ſelber, endlich ſtürzte er vor mir nieder
und ergriff meine Hand, die er mit ſeinen Thrä-
nen benetzte. «Nein,» rief er aus, «was die
Welt auch meine, ich kann und werde um Schat-
tens willen meinen gütigen Herrn nicht verlaſſen,
ich werde recht, und nicht klug handeln, ich
werde bei Ihnen bleiben, Ihnen meinen Schat-
ten borgen, Ihnen helfen, wo ich kann, und
wo ich nicht kann, mit Ihnen weinen.» Ich fiel
ihm um den Hals, ob ſolcher ungewohnten Ge-
ſinnung ſtaunend; denn ich war von ihm über-
zeugt, daß er es nicht um Gold that.
Seitdem änderten ſich in Etwas mein Schick-
ſal und meine Lebensweiſe. Es iſt unbeſchreib-
lich, wie vorſorglich Bendel mein Gebrechen zu
verhehlen wußte. Ueberall war er vor mir und
mit mir, Alles vorherſehend, Anſtalten treffend,
und wo Gefahr unverſehens drohte, mich ſchnell
mit ſeinem Schatten überdeckend, denn er war
größer und ſtärker als ich. So wagt’ ich mich
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/56>, abgerufen am 27.07.2024.
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