Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.Und zeigt' ich den, so stellten sie sich blind Und was ist denn der Schatten? möcht' ich fragen, Wie man so oft mich selber schon gefragt, So überschwänklich hoch es anzuschlagen, Wie sich die arge Welt es nicht versagt? Das gibt sich schon nach neunzehn Tausend Tagen, Die, Weisheit bringend, über uns getagt; Die wir dem Schatten Wesen sonst verliehen, Seh'n Wesen jetzt als Schatten sich verziehen. Wir geben uns die Hand darauf, Schlemihl, Wir schreiten zu, und lassen es beim Alten; Wir kümmern uns um alle Welt nicht viel, Es desto fester mit uns selbst zu halten; Wir gleiten so schon näher unserm Ziel, Ob Jene lachten, ob die Andern schalten, Nach allen Stürmen wollen wir im Hafen Doch ungestört gesunden Schlafes schlafen. Berlin, August 1834. Adelbert von Chamisso. Und zeigt’ ich den, ſo ſtellten ſie ſich blind Und was iſt denn der Schatten? möcht’ ich fragen, Wie man ſo oft mich ſelber ſchon gefragt, So überſchwänklich hoch es anzuſchlagen, Wie ſich die arge Welt es nicht verſagt? Das gibt ſich ſchon nach neunzehn Tauſend Tagen, Die, Weisheit bringend, über uns getagt; Die wir dem Schatten Weſen ſonſt verliehen, Seh’n Weſen jetzt als Schatten ſich verziehen. Wir geben uns die Hand darauf, Schlemihl, Wir ſchreiten zu, und laſſen es beim Alten; Wir kümmern uns um alle Welt nicht viel, Es deſto feſter mit uns ſelbſt zu halten; Wir gleiten ſo ſchon näher unſerm Ziel, Ob Jene lachten, ob die Andern ſchalten, Nach allen Stürmen wollen wir im Hafen Doch ungeſtört geſunden Schlafes ſchlafen. Berlin, Auguſt 1834. Adelbert von Chamisso. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="3"> <pb facs="#f0012" n="6"/> <l>Und zeigt’ ich den, ſo ſtellten ſie ſich blind</l><lb/> <l>Und konnten gar zu lachen nicht ermatten.</l><lb/> <l>Was hilft es denn! man trägt es in Geduld</l><lb/> <l>Und iſt noch froh, fühlt man ſich ohne Schuld.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Und was iſt denn der Schatten? möcht’ ich fragen,</l><lb/> <l>Wie man ſo oft mich ſelber ſchon gefragt,</l><lb/> <l>So überſchwänklich hoch es anzuſchlagen,</l><lb/> <l>Wie ſich die arge Welt es nicht verſagt?</l><lb/> <l>Das gibt ſich ſchon nach neunzehn Tauſend Tagen,</l><lb/> <l>Die, Weisheit bringend, über uns getagt;</l><lb/> <l>Die wir dem Schatten <hi rendition="#g">Weſen</hi> ſonſt verliehen,</l><lb/> <l>Seh’n Weſen jetzt als <hi rendition="#g">Schatten</hi> ſich verziehen.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Wir geben uns die Hand darauf, Schlemihl,</l><lb/> <l>Wir ſchreiten zu, und laſſen es beim Alten;</l><lb/> <l>Wir kümmern uns um alle Welt nicht viel,</l><lb/> <l>Es deſto feſter mit uns ſelbſt zu halten;</l><lb/> <l>Wir gleiten ſo ſchon näher unſerm Ziel,</l><lb/> <l>Ob Jene lachten, ob die Andern ſchalten,<lb/> Nach allen Stürmen wollen wir im Hafen</l><lb/> <l>Doch ungeſtört geſunden Schlafes ſchlafen.</l> </lg><lb/> </lg> <closer> <salute><hi rendition="#g">Berlin,</hi> Auguſt 1834.<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Adelbert von Chamisso.</hi></hi></hi></salute> </closer><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [6/0012]
Und zeigt’ ich den, ſo ſtellten ſie ſich blind
Und konnten gar zu lachen nicht ermatten.
Was hilft es denn! man trägt es in Geduld
Und iſt noch froh, fühlt man ſich ohne Schuld.
Und was iſt denn der Schatten? möcht’ ich fragen,
Wie man ſo oft mich ſelber ſchon gefragt,
So überſchwänklich hoch es anzuſchlagen,
Wie ſich die arge Welt es nicht verſagt?
Das gibt ſich ſchon nach neunzehn Tauſend Tagen,
Die, Weisheit bringend, über uns getagt;
Die wir dem Schatten Weſen ſonſt verliehen,
Seh’n Weſen jetzt als Schatten ſich verziehen.
Wir geben uns die Hand darauf, Schlemihl,
Wir ſchreiten zu, und laſſen es beim Alten;
Wir kümmern uns um alle Welt nicht viel,
Es deſto feſter mit uns ſelbſt zu halten;
Wir gleiten ſo ſchon näher unſerm Ziel,
Ob Jene lachten, ob die Andern ſchalten,
Nach allen Stürmen wollen wir im Hafen
Doch ungeſtört geſunden Schlafes ſchlafen.
Berlin, Auguſt 1834.
Adelbert von Chamisso.
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Zitationshilfe: | Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/12>, abgerufen am 21.03.2023. |