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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827.

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meine Fragen. Wir kamen an das Bette eines
Bergstromes, der über einen weiten Strich des
Waldes seine Verwüstung verbreitet hatte. Mich
schauderte innerlich vor dem sonnenhellen Raum,
ich ließ den Landmann vorangehen. Er hielt
aber mitten im gefährlichen Orte still, und wand-
te sich zu mir, um mir die Geschichte dieser
Verwüstung zu erzählen. Er bemerkte bald,
was mir fehlte, und hielt mitten in seiner Rede
ein: "Aber wie geht denn das zu, der Herr
hat ja keinen Schatten." -- "Leider! leider!"
erwiederte ich seufzend. "Es sind mir während
einer bösen langen Krankheit, Haare, Nägel
und Schatten ausgegangen. Seht, Vater, in
meinem Alter, die Haare, die ich wieder ge-
kriegt habe, ganz weiß, die Nägel sehr kurz,
und der Schatten, der will noch nicht wieder
wachsen." -- "Ei! ei!" versetzte der alte Mann
kopfschüttelnd, "keinen Schatten, das ist bös!
das war eine böse Krankheit, die der Herr ge-
habt hat." Aber, er hub seine Erzählung nicht
wieder an, und bei dem nächsten Querweg, der
sich darbot, ging er, ohne ein Wort zu sagen,
von mir ab. -- Bittere Thränen zitterten aufs

meine Fragen. Wir kamen an das Bette eines
Bergſtromes, der über einen weiten Strich des
Waldes ſeine Verwüſtung verbreitet hatte. Mich
ſchauderte innerlich vor dem ſonnenhellen Raum,
ich ließ den Landmann vorangehen. Er hielt
aber mitten im gefährlichen Orte ſtill, und wand-
te ſich zu mir, um mir die Geſchichte dieſer
Verwüſtung zu erzählen. Er bemerkte bald,
was mir fehlte, und hielt mitten in ſeiner Rede
ein: “Aber wie geht denn das zu, der Herr
hat ja keinen Schatten.„ — “Leider! leider!„
erwiederte ich ſeufzend. “Es ſind mir während
einer böſen langen Krankheit, Haare, Nägel
und Schatten ausgegangen. Seht, Vater, in
meinem Alter, die Haare, die ich wieder ge-
kriegt habe, ganz weiß, die Nägel ſehr kurz,
und der Schatten, der will noch nicht wieder
wachſen.„ — “Ei! ei!„ verſetzte der alte Mann
kopfſchüttelnd, “keinen Schatten, das iſt bös!
das war eine böſe Krankheit, die der Herr ge-
habt hat.„ Aber, er hub ſeine Erzählung nicht
wieder an, und bei dem nächſten Querweg, der
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[106/0136] meine Fragen. Wir kamen an das Bette eines Bergſtromes, der über einen weiten Strich des Waldes ſeine Verwüſtung verbreitet hatte. Mich ſchauderte innerlich vor dem ſonnenhellen Raum, ich ließ den Landmann vorangehen. Er hielt aber mitten im gefährlichen Orte ſtill, und wand- te ſich zu mir, um mir die Geſchichte dieſer Verwüſtung zu erzählen. Er bemerkte bald, was mir fehlte, und hielt mitten in ſeiner Rede ein: “Aber wie geht denn das zu, der Herr hat ja keinen Schatten.„ — “Leider! leider!„ erwiederte ich ſeufzend. “Es ſind mir während einer böſen langen Krankheit, Haare, Nägel und Schatten ausgegangen. Seht, Vater, in meinem Alter, die Haare, die ich wieder ge- kriegt habe, ganz weiß, die Nägel ſehr kurz, und der Schatten, der will noch nicht wieder wachſen.„ — “Ei! ei!„ verſetzte der alte Mann kopfſchüttelnd, “keinen Schatten, das iſt bös! das war eine böſe Krankheit, die der Herr ge- habt hat.„ Aber, er hub ſeine Erzählung nicht wieder an, und bei dem nächſten Querweg, der ſich darbot, ging er, ohne ein Wort zu ſagen, von mir ab. — Bittere Thränen zitterten aufs

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754/136>, abgerufen am 24.11.2024.