Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.viel zu thun, denn überall war ihm ein Fremder zuvorge- Daß ich ihn damit beschäftigte, war im Grunde eine Die Mutter kam hinzu, die glücklichen Leute drangen Am nächsten Abend ging ich wieder nach dem Förster- Nun fand ich sie öfters in Thränen, mir ward's finster viel zu thun, denn uͤberall war ihm ein Fremder zuvorge- Daß ich ihn damit beſchaͤftigte, war im Grunde eine Die Mutter kam hinzu, die gluͤcklichen Leute drangen Am naͤchſten Abend ging ich wieder nach dem Foͤrſter- Nun fand ich ſie oͤfters in Thraͤnen, mir ward’s finſter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0060" n="274"/> viel zu thun, denn uͤberall war ihm ein Fremder zuvorge-<lb/> kommen; er kaufte auch nur fuͤr ungefaͤhr eine Million.</p><lb/> <p>Daß ich ihn damit beſchaͤftigte, war im Grunde eine<lb/> unſchuldige Liſt, um ihn zu entfernen, und ich hatte ſchon<lb/> aͤhnliche mit ihm gebraucht, denn ich muß geſtehen, daß er<lb/> etwas laͤſtig war. Die gute Mutter war dagegen etwas<lb/> taub, und nicht, wie er, auf die Ehre eiferſuͤchtig, den<lb/> Herrn Grafen zu unterhalten.</p><lb/> <p>Die Mutter kam hinzu, die gluͤcklichen Leute drangen<lb/> in mich, den Abend laͤnger unter ihnen zu bleiben; ich<lb/> durfte keine Minute weilen: ich ſah ſchon den aufgehenden<lb/> Mond am Horizonte daͤmmern. — Meine Zeit war um. —</p><lb/> <p>Am naͤchſten Abend ging ich wieder nach dem Foͤrſter-<lb/> garten. Ich hatte den Mantel weit uͤber die Schulter<lb/> geworfen, den Hut tief in die Augen gedruͤckt, ich ging<lb/> auf <hi rendition="#g">Mina</hi> zu; wie ſie aufſah, und mich anblickte, machte<lb/> ſie eine unwillkuͤhrliche Bewegung; da ſtand mir wieder<lb/> klar vor der Seele die Erſcheinung jener ſchaurigen Nacht,<lb/> wo ich mich im Mondſchein ohne Schatten gezeigt. Sie<lb/> war es wirklich. Hatte ſie mich aber auch jetzt erkannt?<lb/> Sie war ſtill und gedankenvoll — mir lag es zentnerſchwer<lb/> auf der Bruſt — ich ſtand von meinem Sitz auf. Sie<lb/> warf ſich ſtille weinend an meine Bruſt. Ich ging.</p><lb/> <p>Nun fand ich ſie oͤfters in Thraͤnen, mir ward’s finſter<lb/> und finſterer um die Seele, — nur die Eltern ſchwam-<lb/> men in uͤberſchwenglicher Gluͤckſeligkeit; der verhaͤngnißvolle<lb/> Tag ruͤckte heran, bang und dumpf, wie eine Gewitter-<lb/> wolke. Der Vorabend war da — ich konnte kaum mehr<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [274/0060]
viel zu thun, denn uͤberall war ihm ein Fremder zuvorge-
kommen; er kaufte auch nur fuͤr ungefaͤhr eine Million.
Daß ich ihn damit beſchaͤftigte, war im Grunde eine
unſchuldige Liſt, um ihn zu entfernen, und ich hatte ſchon
aͤhnliche mit ihm gebraucht, denn ich muß geſtehen, daß er
etwas laͤſtig war. Die gute Mutter war dagegen etwas
taub, und nicht, wie er, auf die Ehre eiferſuͤchtig, den
Herrn Grafen zu unterhalten.
Die Mutter kam hinzu, die gluͤcklichen Leute drangen
in mich, den Abend laͤnger unter ihnen zu bleiben; ich
durfte keine Minute weilen: ich ſah ſchon den aufgehenden
Mond am Horizonte daͤmmern. — Meine Zeit war um. —
Am naͤchſten Abend ging ich wieder nach dem Foͤrſter-
garten. Ich hatte den Mantel weit uͤber die Schulter
geworfen, den Hut tief in die Augen gedruͤckt, ich ging
auf Mina zu; wie ſie aufſah, und mich anblickte, machte
ſie eine unwillkuͤhrliche Bewegung; da ſtand mir wieder
klar vor der Seele die Erſcheinung jener ſchaurigen Nacht,
wo ich mich im Mondſchein ohne Schatten gezeigt. Sie
war es wirklich. Hatte ſie mich aber auch jetzt erkannt?
Sie war ſtill und gedankenvoll — mir lag es zentnerſchwer
auf der Bruſt — ich ſtand von meinem Sitz auf. Sie
warf ſich ſtille weinend an meine Bruſt. Ich ging.
Nun fand ich ſie oͤfters in Thraͤnen, mir ward’s finſter
und finſterer um die Seele, — nur die Eltern ſchwam-
men in uͤberſchwenglicher Gluͤckſeligkeit; der verhaͤngnißvolle
Tag ruͤckte heran, bang und dumpf, wie eine Gewitter-
wolke. Der Vorabend war da — ich konnte kaum mehr
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