Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.wandelte ich mit der Herrin Arm in Arm, in einiger Ich ließ sie aus meinem Arm in eine Ohnmacht sinken, wandelte ich mit der Herrin Arm in Arm, in einiger Ich ließ ſie aus meinem Arm in eine Ohnmacht ſinken, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0046" n="260"/> wandelte ich mit der Herrin Arm in Arm, in einiger<lb/> Entfernung von den uͤbrigen Gaͤſten, und bemuͤhte mich,<lb/> ihr Redensarten vorzudrechſeln. Sie ſah ſittig vor ſich<lb/> nieder und erwiederte leiſe den Druck meiner Hand; da<lb/> trat unverſehens hinter uns der Mond aus den Wolken<lb/> hervor — und ſie ſah nur <hi rendition="#g">ihren</hi> Schatten vor ſich hin-<lb/> fallen. Sie fuhr zuſammen und blickte beſtuͤrzt mich an,<lb/> dann wieder auf die Erde, mit dem Auge meinen Schatten<lb/> begehrend; und was in ihr vorging, malte ſich ſo ſonder-<lb/> bar in ihren Mienen, daß ich in ein lautes Gelaͤchter<lb/> haͤtte ausbrechen moͤgen, wenn es mir nicht ſelber eiskalt<lb/> uͤber den Ruͤcken gelaufen waͤre.</p><lb/> <p>Ich ließ ſie aus meinem Arm in eine Ohnmacht ſinken,<lb/> ſchoß wie ein Pfeil durch die entſetzten Gaͤſte, erreichte<lb/> die Thuͤr, warf mich in den erſten Wagen, den ich da<lb/> haltend fand, und fuhr nach der Stadt zuruͤck, wo ich dies-<lb/> mal zu meinem Unheil den vorſichtigen <hi rendition="#g">Bendel</hi> gelaſſen<lb/> hatte. Er erſchrak, als er mich ſah, <hi rendition="#g">ein</hi> Wort entdeckte ihm<lb/> Alles. Es wurden auf der Stelle Poſtpferde geholt. Ich<lb/> nahm nur einen meiner Leute mit mir, einen abgefeimten<lb/> Spitzbuben, Namens <hi rendition="#g">Rascal</hi>, der ſich mir durch ſeine<lb/> Gewandtheit nothwendig zu machen gewußt, und der<lb/> nichts vom heutigen Vorfall ahnen konnte. Ich legte in<lb/> derſelben Nacht noch dreißig Meilen zuruͤck. <hi rendition="#g">Bendel</hi><lb/> blieb hinter mir, mein Haus aufzuloͤſen, Gold zu ſpenden<lb/> und mir das Noͤthigſte nachzubringen. Als er mich am<lb/> andern Tage einholte, warf ich mich in ſeine Arme, und<lb/> ſchwur ihm, nicht etwa keine Thorheit mehr zu begehen,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [260/0046]
wandelte ich mit der Herrin Arm in Arm, in einiger
Entfernung von den uͤbrigen Gaͤſten, und bemuͤhte mich,
ihr Redensarten vorzudrechſeln. Sie ſah ſittig vor ſich
nieder und erwiederte leiſe den Druck meiner Hand; da
trat unverſehens hinter uns der Mond aus den Wolken
hervor — und ſie ſah nur ihren Schatten vor ſich hin-
fallen. Sie fuhr zuſammen und blickte beſtuͤrzt mich an,
dann wieder auf die Erde, mit dem Auge meinen Schatten
begehrend; und was in ihr vorging, malte ſich ſo ſonder-
bar in ihren Mienen, daß ich in ein lautes Gelaͤchter
haͤtte ausbrechen moͤgen, wenn es mir nicht ſelber eiskalt
uͤber den Ruͤcken gelaufen waͤre.
Ich ließ ſie aus meinem Arm in eine Ohnmacht ſinken,
ſchoß wie ein Pfeil durch die entſetzten Gaͤſte, erreichte
die Thuͤr, warf mich in den erſten Wagen, den ich da
haltend fand, und fuhr nach der Stadt zuruͤck, wo ich dies-
mal zu meinem Unheil den vorſichtigen Bendel gelaſſen
hatte. Er erſchrak, als er mich ſah, ein Wort entdeckte ihm
Alles. Es wurden auf der Stelle Poſtpferde geholt. Ich
nahm nur einen meiner Leute mit mir, einen abgefeimten
Spitzbuben, Namens Rascal, der ſich mir durch ſeine
Gewandtheit nothwendig zu machen gewußt, und der
nichts vom heutigen Vorfall ahnen konnte. Ich legte in
derſelben Nacht noch dreißig Meilen zuruͤck. Bendel
blieb hinter mir, mein Haus aufzuloͤſen, Gold zu ſpenden
und mir das Noͤthigſte nachzubringen. Als er mich am
andern Tage einholte, warf ich mich in ſeine Arme, und
ſchwur ihm, nicht etwa keine Thorheit mehr zu begehen,
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