Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Vierte Buch/
[Spaltenumbruch] ner/ ablanger/ kleiner haarichter same/ wel-
cher leichtlich davon fliegt. So man in die-
ses kraut schneidet/ gibt es ein bittere milch
von sich. Es wächßt allenthalben auff ma-
gerem/ sandigem und graßichtem Erdreich.

[Abbildung] Gemeines Mauß-öhrlein Pilosella
vulgaris.

2. Das kriechende kleinere Mauß-öhrlein/
Pilosella major repens, minus hirsuta, C. B. mi-
nor folio angustiore minus piloso, repens, J. B.

bringt oben und unden linde/ glatte und
grüne/ schmale blätter/ an deren seiten sich
sehr leichte haar erzeigen/ es bekomt ein o-
der das ander bloß und spannen-hohes sten-
gelein/ so mit keinen oder doch wenig haa-
ren begabet ist/ und entweder nur ein grosse/
oder zwey biß drey kleine blumen trägt.
Die übrigen stengelein kriechen wie die vo-
rigen auff dem boden herumb/ so auß einer
rothen und zaßlichten wurtzel entspringen.
Es wächßt an graßichten orten.

3. Das auffrecht-stehende Mauß-öhrlein/
Pilosella major erecta, C. B. minore flore, hirsu-
tior & elatior non repens, J. B.
Wächßt bey
der Churfürstlichen Statt Heidelberg/ auf
dem Gebürg hinder Aller Heiligen-berg/
und an vielen orten auf dem Ostwald/ auch
bey uns an den Stattmauren/ und auff
dem Crentzacher-berg.

4. Das ander auffrechte Mauß-öhrlein/
Pilosella major erecta altera, C. B. major prima,
Tab.
Wächßt an vorgemelten orten/ son-
derlich in feuchtem sandichtem boden.

Eigenschafft.

Maußöhrlein führet ein bitteres/ grob-
lichtes/ mit irrdischen theilgen wolvermisch-
tes Saltz/ neben wenigem Milchsafft/ und
hat also die eigenschafft gelind zu wärmen/
zu tröcknen/ zusammen zu ziehen/ anzuhal-
ten und zu stopffen/ auch wol die wunden und
geschwär zu säubern und zu heilen. Es muß
[Spaltenumbruch] im Mäyen oder Brachmonat/ da es milch-
safftig ist/ gesamlet werden.

Gebrauch.

Maußöhrlein- und Erdbeer-kraut jedesVerstopf-
fung der
Leb[e]r/
gelbsucht.

ein handvoll in einer maß weissen Weins ge-
sotten/ und denn morgens und abends ein
halb quartal getruncken/ eröffnet die Ver-
stopffung der Leber/ und vertreibet die Gelb-
sucht/ ist ein guter Tranck wider den Nie-
ren-und Blasenstein.

Maußöhrlein-kraut und Geißbart-blätter
in dem Mäyen und anfang des Brachmo-
nats frisch genommen/ gestossen/ den safft
darauß gepreßt/ und etliche wochen lang
morgens und abends vier loth davon mit
ein wenig Zucker vermischt/ getruncken/ ist
eine Artzney wider die fallende Sucht/ hei-Fallende
Sucht/
versehrung
geschwär/
wunden/
Blut-
speyen.

let auch alle innerliche und äusserliche ver-
sehrungen/ Geschwär und Wunden/ ver-
treibet das Blutspeyen. Man kan auch nach
belieben die under einander gestossenen Kräu-
ter in gutem rothem Wein sieden/ durch-
seigen/ und so wol morgens als abends ein
glaßvoll davon trincken.

Maußöhrlein-kraut/ Geißbart-blätter/
Singrün/ Wegerich/ und Tausendgulden-
kraut in Wein gesotten/ mit solchem Wein
alle Morgen und Abend die Wunden/ böseWunden
faule schä-
den/ Fistel.

faule Geschwär/ auch wohl fistulosische lö-
cher und schäden damit außgewaschen/ her-
nach das rein gepülverte Maußöhrlein-
kraut-pulver entweder trocken/ wenn der ort
feucht/ oder mit Rosen-honig und Terben-
thin in Eyerdotter zertrieben/ vermischet/
eingestrewet/ heilet trefflich wol und bald
auß.

Maußöhrlein-kraut zu einem reinen Pul-
ver gestossen/ und desselbigen einer halbenSchwache
verwundte
und ver-
blute men-
schen.

Ducaten schwer offt in einem weichen Ey
gegeben/ bringet die schwachen/ verwund-
ten und verbluteten Menschen widerumb
zurecht/ gleich als wenn sie vom Tod er-
löset wurden/ derowegen dieses kräutlein in
hohen würden von erfahrnen Wund-ärtz-
ten gehalten wird. Es hat ein solche gewal-
tige krafft zu stopffen/ daß wenns die Schaf-
fe auff der Weide essen/ gerahten sie in ei-
ne solche verstopffung des Bauchs/ daß sie
offtermals davon sterben müssen/ darumb
denn auch die fleissigen Schaff-hirten ihre
Schaff nicht in die Thäler und Felder
treiben/ da des Maußöhrlein-krauts viel
wächßt/ gemeldtes übel zu verhüten.

Ein hand voll Maußöhrlein-kraut in ei-
ner Maß weissen Weins gesotten/ Mor-Unmässi-
ger Blut-
fluß der
Weiber/
hefftiges
erbrechen
von der
Gallen/
rothe ruhr
Bauch-
fluß/ wunden
Brüch.

gens nüchtern und Abends ein halb quar-
tal darvon getruncken/ stillet den unmässi-
gen Blutfluß der Weiber/ vertreibet das
hefftige Erbrechen von der Gallen/ ist dien-
lich in der rothen Ruhr und starcken Bauch-
flüssen/ heilet Wunden und Brüch/ dero-
wegen es auch zu den Wund-und Bruch-
tränckern gebraucht wird.

Maußöhrlein-kraut mit seinem würtzlein
im Mäyen gesamlet/ gewaschen/ in dem
schatten gedörret/ darnach zu einem reinenBrüch der
jungen
Kindern.

pulver gestossen/ ist ein gutes mittel für die
Brüch der jungen Kindern/ so man ihnen
in der Pappen oder einem Breylein/ Mor-
gens und Abends einer Haselnuß groß ein-
gibet.

So

Das Vierte Buch/
[Spaltenumbruch] ner/ ablanger/ kleiner haarichter ſame/ wel-
cher leichtlich davon fliegt. So man in die-
ſes kraut ſchneidet/ gibt es ein bittere milch
von ſich. Es waͤchßt allenthalben auff ma-
gerem/ ſandigem und graßichtem Erdreich.

[Abbildung] Gemeines Mauß-oͤhrlein Piloſella
vulgaris.

2. Das kriechende kleinere Mauß-oͤhrlein/
Piloſella major repens, minùs hirſuta, C. B. mi-
nor folio anguſtiore minùs piloſo, repens, J. B.

bringt oben und unden linde/ glatte und
gruͤne/ ſchmale blaͤtter/ an deren ſeiten ſich
ſehr leichte haar erzeigen/ es bekomt ein o-
der das ander bloß und ſpannen-hohes ſten-
gelein/ ſo mit keinen oder doch wenig haa-
ren begabet iſt/ und entweder nur ein groſſe/
oder zwey biß drey kleine blumen traͤgt.
Die uͤbrigen ſtengelein kriechen wie die vo-
rigen auff dem boden herumb/ ſo auß einer
rothen und zaßlichten wurtzel entſpringen.
Es waͤchßt an graßichten orten.

3. Das auffrecht-ſtehende Mauß-oͤhrlein/
Piloſella major erecta, C. B. minore flore, hirſu-
tior & elatior non repens, J. B.
Waͤchßt bey
der Churfuͤrſtlichen Statt Heidelberg/ auf
dem Gebuͤrg hinder Aller Heiligen-berg/
und an vielen orten auf dem Oſtwald/ auch
bey uns an den Stattmauren/ und auff
dem Crentzacher-berg.

4. Das ander auffrechte Mauß-oͤhrlein/
Piloſella major erecta altera, C. B. major prima,
Tab.
Waͤchßt an vorgemelten orten/ ſon-
derlich in feuchtem ſandichtem boden.

Eigenſchafft.

Maußoͤhrlein fuͤhret ein bitteres/ grob-
lichtes/ mit irꝛdiſchen theilgen wolvermiſch-
tes Saltz/ neben wenigem Milchſafft/ und
hat alſo die eigenſchafft gelind zu waͤrmen/
zu troͤcknen/ zuſammen zu ziehen/ anzuhal-
ten und zu ſtopffen/ auch wol die wunden und
geſchwaͤr zu ſaͤubern und zu heilen. Es muß
[Spaltenumbruch] im Maͤyen oder Brachmonat/ da es milch-
ſafftig iſt/ geſamlet werden.

Gebrauch.

Maußoͤhrlein- und Erdbeer-kraut jedesVerſtopf-
fung deꝛ
Leb[e]r/
gelbſucht.

ein handvoll in einer maß weiſſen Weins ge-
ſotten/ und denn morgens und abends ein
halb quartal getruncken/ eroͤffnet die Ver-
ſtopffung der Leber/ und vertreibet die Gelb-
ſucht/ iſt ein guter Tranck wider den Nie-
ren-und Blaſenſtein.

Maußoͤhrlein-kraut und Geißbart-blaͤtter
in dem Maͤyen und anfang des Brachmo-
nats friſch genommen/ geſtoſſen/ den ſafft
darauß gepreßt/ und etliche wochen lang
morgens und abends vier loth davon mit
ein wenig Zucker vermiſcht/ getruncken/ iſt
eine Artzney wider die fallende Sucht/ hei-Fallende
Sucht/
verſehꝛung
geſchwaͤr/
wunden/
Blut-
ſpeyen.

let auch alle innerliche und aͤuſſerliche ver-
ſehrungen/ Geſchwaͤr und Wunden/ ver-
treibet das Blutſpeyen. Man kan auch nach
belieben die under einander geſtoſſenen Kraͤu-
ter in gutem rothem Wein ſieden/ durch-
ſeigen/ und ſo wol morgens als abends ein
glaßvoll davon trincken.

Maußoͤhrlein-kraut/ Geißbart-blaͤtter/
Singruͤn/ Wegerich/ und Tauſendgulden-
kraut in Wein geſotten/ mit ſolchem Wein
alle Morgen und Abend die Wunden/ boͤſeWunden
faule ſchaͤ-
den/ Fiſtel.

faule Geſchwaͤr/ auch wohl fiſtuloſiſche loͤ-
cher und ſchaͤden damit außgewaſchen/ her-
nach das rein gepuͤlverte Maußoͤhrlein-
kraut-pulver entweder trocken/ wenn der ort
feucht/ oder mit Roſen-honig und Terben-
thin in Eyerdotter zertrieben/ vermiſchet/
eingeſtrewet/ heilet trefflich wol und bald
auß.

Maußoͤhrlein-kraut zu einem reinen Pul-
ver geſtoſſen/ und deſſelbigen einer halbenSchwache
verwundte
und ver-
blute men-
ſchen.

Ducaten ſchwer offt in einem weichen Ey
gegeben/ bringet die ſchwachen/ verwund-
ten und verbluteten Menſchen widerumb
zurecht/ gleich als wenn ſie vom Tod er-
loͤſet wurden/ derowegen dieſes kraͤutlein in
hohen wuͤrden von erfahrnen Wund-aͤrtz-
ten gehalten wird. Es hat ein ſolche gewal-
tige krafft zu ſtopffen/ daß weñs die Schaf-
fe auff der Weide eſſen/ gerahten ſie in ei-
ne ſolche verſtopffung des Bauchs/ daß ſie
offtermals davon ſterben muͤſſen/ darumb
denn auch die fleiſſigen Schaff-hirten ihre
Schaff nicht in die Thaͤler und Felder
treiben/ da des Maußoͤhrlein-krauts viel
waͤchßt/ gemeldtes uͤbel zu verhuͤten.

Ein hand voll Maußoͤhrlein-kraut in ei-
ner Maß weiſſen Weins geſotten/ Mor-Unmaͤſſi-
ger Blut-
fluß der
Weiber/
hefftiges
erbrechen
von der
Gallen/
rothe ruhr
Bauch-
fluß/ wundẽ
Bruͤch.

gens nuͤchtern und Abends ein halb quar-
tal darvon getruncken/ ſtillet den unmaͤſſi-
gen Blutfluß der Weiber/ vertreibet das
hefftige Erbrechen von der Gallen/ iſt dien-
lich in der rothen Ruhr und ſtarcken Bauch-
fluͤſſen/ heilet Wunden und Bruͤch/ dero-
wegen es auch zu den Wund-und Bruch-
traͤnckern gebraucht wird.

Maußoͤhrlein-kraut mit ſeinem wuͤrtzlein
im Maͤyen geſamlet/ gewaſchen/ in dem
ſchatten gedoͤrꝛet/ darnach zu einem reinenBruͤch der
jungen
Kindern.

pulver geſtoſſen/ iſt ein gutes mittel fuͤr die
Bruͤch der jungen Kindern/ ſo man ihnen
in der Pappen oder einem Breylein/ Mor-
gens und Abends einer Haſelnuß groß ein-
gibet.

So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0838" n="822"/><fw place="top" type="header">Das Vierte Buch/</fw><lb/><cb/>
ner/ ablanger/ kleiner haarichter &#x017F;ame/ wel-<lb/>
cher leichtlich davon fliegt. So man in die-<lb/>
&#x017F;es kraut &#x017F;chneidet/ gibt es ein bittere milch<lb/>
von &#x017F;ich. Es wa&#x0364;chßt allenthalben auff ma-<lb/>
gerem/ &#x017F;andigem und graßichtem Erdreich.</p><lb/>
            <figure>
              <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Gemeines Mauß-o&#x0364;hrlein</hi> <hi rendition="#aq">Pilo&#x017F;ella<lb/>
vulgaris.</hi> </hi> </head><lb/>
            </figure>
            <p>2. Das kriechende kleinere Mauß-o&#x0364;hrlein/<lb/><hi rendition="#aq">Pilo&#x017F;ella major repens, minùs hir&#x017F;uta, <hi rendition="#i">C. B.</hi> mi-<lb/>
nor folio angu&#x017F;tiore minùs pilo&#x017F;o, repens, <hi rendition="#i">J. B.</hi></hi><lb/>
bringt oben und unden linde/ glatte und<lb/>
gru&#x0364;ne/ &#x017F;chmale bla&#x0364;tter/ an deren &#x017F;eiten &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;ehr leichte haar erzeigen/ es bekomt ein o-<lb/>
der das ander bloß und &#x017F;pannen-hohes &#x017F;ten-<lb/>
gelein/ &#x017F;o mit keinen oder doch wenig haa-<lb/>
ren begabet i&#x017F;t/ und entweder nur ein gro&#x017F;&#x017F;e/<lb/>
oder zwey biß drey kleine blumen tra&#x0364;gt.<lb/>
Die u&#x0364;brigen &#x017F;tengelein kriechen wie die vo-<lb/>
rigen auff dem boden herumb/ &#x017F;o auß einer<lb/>
rothen und zaßlichten wurtzel ent&#x017F;pringen.<lb/>
Es wa&#x0364;chßt an graßichten orten.</p><lb/>
            <p>3. Das auffrecht-&#x017F;tehende Mauß-o&#x0364;hrlein/<lb/><hi rendition="#aq">Pilo&#x017F;ella major erecta, <hi rendition="#i">C. B.</hi> minore flore, hir&#x017F;u-<lb/>
tior &amp; elatior non repens, <hi rendition="#i">J. B.</hi></hi> Wa&#x0364;chßt bey<lb/>
der Churfu&#x0364;r&#x017F;tlichen Statt Heidelberg/ auf<lb/>
dem Gebu&#x0364;rg hinder Aller Heiligen-berg/<lb/>
und an vielen orten auf dem O&#x017F;twald/ auch<lb/>
bey uns an den Stattmauren/ und auff<lb/>
dem Crentzacher-berg.</p><lb/>
            <p>4. Das ander auffrechte Mauß-o&#x0364;hrlein/<lb/><hi rendition="#aq">Pilo&#x017F;ella major erecta altera, <hi rendition="#i">C. B.</hi> major prima,<lb/><hi rendition="#i">Tab.</hi></hi> Wa&#x0364;chßt an vorgemelten orten/ &#x017F;on-<lb/>
derlich in feuchtem &#x017F;andichtem boden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Eigen&#x017F;chafft.</hi> </head><lb/>
            <p>Maußo&#x0364;hrlein fu&#x0364;hret ein bitteres/ grob-<lb/>
lichtes/ mit ir&#xA75B;di&#x017F;chen theilgen wolvermi&#x017F;ch-<lb/>
tes Saltz/ neben wenigem Milch&#x017F;afft/ und<lb/>
hat al&#x017F;o die eigen&#x017F;chafft gelind zu wa&#x0364;rmen/<lb/>
zu tro&#x0364;cknen/ zu&#x017F;ammen zu ziehen/ anzuhal-<lb/>
ten und zu &#x017F;topffen/ auch wol die wunden und<lb/>
ge&#x017F;chwa&#x0364;r zu &#x017F;a&#x0364;ubern und zu heilen. Es muß<lb/><cb/>
im Ma&#x0364;yen oder Brachmonat/ da es milch-<lb/>
&#x017F;afftig i&#x017F;t/ ge&#x017F;amlet werden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Gebrauch.</hi> </head><lb/>
            <p>Maußo&#x0364;hrlein- und Erdbeer-kraut jedes<note place="right">Ver&#x017F;topf-<lb/>
fung de&#xA75B;<lb/>
Leb<supplied>e</supplied>r/<lb/>
gelb&#x017F;ucht.</note><lb/>
ein handvoll in einer maß wei&#x017F;&#x017F;en Weins ge-<lb/>
&#x017F;otten/ und denn morgens und abends ein<lb/>
halb quartal getruncken/ ero&#x0364;ffnet die Ver-<lb/>
&#x017F;topffung der Leber/ und vertreibet die Gelb-<lb/>
&#x017F;ucht/ i&#x017F;t ein guter Tranck wider den Nie-<lb/>
ren-und Bla&#x017F;en&#x017F;tein.</p><lb/>
            <p>Maußo&#x0364;hrlein-kraut und Geißbart-bla&#x0364;tter<lb/>
in dem Ma&#x0364;yen und anfang des Brachmo-<lb/>
nats fri&#x017F;ch genommen/ ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ den &#x017F;afft<lb/>
darauß gepreßt/ und etliche wochen lang<lb/>
morgens und abends vier loth davon mit<lb/>
ein wenig Zucker vermi&#x017F;cht/ getruncken/ i&#x017F;t<lb/>
eine Artzney wider die fallende Sucht/ hei-<note place="right">Fallende<lb/>
Sucht/<lb/>
ver&#x017F;eh&#xA75B;ung<lb/>
ge&#x017F;chwa&#x0364;r/<lb/>
wunden/<lb/>
Blut-<lb/>
&#x017F;peyen.</note><lb/>
let auch alle innerliche und a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche ver-<lb/>
&#x017F;ehrungen/ Ge&#x017F;chwa&#x0364;r und Wunden/ ver-<lb/>
treibet das Blut&#x017F;peyen. Man kan auch nach<lb/>
belieben die under einander ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;enen Kra&#x0364;u-<lb/>
ter in gutem rothem Wein &#x017F;ieden/ durch-<lb/>
&#x017F;eigen/ und &#x017F;o wol morgens als abends ein<lb/>
glaßvoll davon trincken.</p><lb/>
            <p>Maußo&#x0364;hrlein-kraut/ Geißbart-bla&#x0364;tter/<lb/>
Singru&#x0364;n/ Wegerich/ und Tau&#x017F;endgulden-<lb/>
kraut in Wein ge&#x017F;otten/ mit &#x017F;olchem Wein<lb/>
alle Morgen und Abend die Wunden/ bo&#x0364;&#x017F;e<note place="right">Wunden<lb/>
faule &#x017F;cha&#x0364;-<lb/>
den/ Fi&#x017F;tel.</note><lb/>
faule Ge&#x017F;chwa&#x0364;r/ auch wohl fi&#x017F;tulo&#x017F;i&#x017F;che lo&#x0364;-<lb/>
cher und &#x017F;cha&#x0364;den damit außgewa&#x017F;chen/ her-<lb/>
nach das rein gepu&#x0364;lverte Maußo&#x0364;hrlein-<lb/>
kraut-pulver entweder trocken/ wenn der ort<lb/>
feucht/ oder mit Ro&#x017F;en-honig und Terben-<lb/>
thin in Eyerdotter zertrieben/ vermi&#x017F;chet/<lb/>
einge&#x017F;trewet/ heilet trefflich wol und bald<lb/>
auß.</p><lb/>
            <p>Maußo&#x0364;hrlein-kraut zu einem reinen Pul-<lb/>
ver ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ und de&#x017F;&#x017F;elbigen einer halben<note place="right">Schwache<lb/>
verwundte<lb/>
und ver-<lb/>
blute men-<lb/>
&#x017F;chen.</note><lb/>
Ducaten &#x017F;chwer offt in einem weichen Ey<lb/>
gegeben/ bringet die &#x017F;chwachen/ verwund-<lb/>
ten und verbluteten Men&#x017F;chen widerumb<lb/>
zurecht/ gleich als wenn &#x017F;ie vom Tod er-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;et wurden/ derowegen die&#x017F;es kra&#x0364;utlein in<lb/>
hohen wu&#x0364;rden von erfahrnen Wund-a&#x0364;rtz-<lb/>
ten gehalten wird. Es hat ein &#x017F;olche gewal-<lb/>
tige krafft zu &#x017F;topffen/ daß weñs die Schaf-<lb/>
fe auff der Weide e&#x017F;&#x017F;en/ gerahten &#x017F;ie in ei-<lb/>
ne &#x017F;olche ver&#x017F;topffung des Bauchs/ daß &#x017F;ie<lb/>
offtermals davon &#x017F;terben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ darumb<lb/>
denn auch die flei&#x017F;&#x017F;igen Schaff-hirten ihre<lb/>
Schaff nicht in die Tha&#x0364;ler und Felder<lb/>
treiben/ da des Maußo&#x0364;hrlein-krauts viel<lb/>
wa&#x0364;chßt/ gemeldtes u&#x0364;bel zu verhu&#x0364;ten.</p><lb/>
            <p>Ein hand voll Maußo&#x0364;hrlein-kraut in ei-<lb/>
ner Maß wei&#x017F;&#x017F;en Weins ge&#x017F;otten/ Mor-<note place="right">Unma&#x0364;&#x017F;&#x017F;i-<lb/>
ger Blut-<lb/>
fluß der<lb/>
Weiber/<lb/>
hefftiges<lb/>
erbrechen<lb/>
von der<lb/>
Gallen/<lb/>
rothe ruhr<lb/>
Bauch-<lb/>
fluß/ wund&#x1EBD;<lb/>
Bru&#x0364;ch.</note><lb/>
gens nu&#x0364;chtern und Abends ein halb quar-<lb/>
tal darvon getruncken/ &#x017F;tillet den unma&#x0364;&#x017F;&#x017F;i-<lb/>
gen Blutfluß der Weiber/ vertreibet das<lb/>
hefftige Erbrechen von der Gallen/ i&#x017F;t dien-<lb/>
lich in der rothen Ruhr und &#x017F;tarcken Bauch-<lb/>
flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ heilet Wunden und Bru&#x0364;ch/ dero-<lb/>
wegen es auch zu den Wund-und Bruch-<lb/>
tra&#x0364;nckern gebraucht wird.</p><lb/>
            <p>Maußo&#x0364;hrlein-kraut mit &#x017F;einem wu&#x0364;rtzlein<lb/>
im Ma&#x0364;yen ge&#x017F;amlet/ gewa&#x017F;chen/ in dem<lb/>
&#x017F;chatten gedo&#x0364;r&#xA75B;et/ darnach zu einem reinen<note place="right">Bru&#x0364;ch der<lb/>
jungen<lb/>
Kindern.</note><lb/>
pulver ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ i&#x017F;t ein gutes mittel fu&#x0364;r die<lb/>
Bru&#x0364;ch der jungen Kindern/ &#x017F;o man ihnen<lb/>
in der Pappen oder einem Breylein/ Mor-<lb/>
gens und Abends einer Ha&#x017F;elnuß groß ein-<lb/>
gibet.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[822/0838] Das Vierte Buch/ ner/ ablanger/ kleiner haarichter ſame/ wel- cher leichtlich davon fliegt. So man in die- ſes kraut ſchneidet/ gibt es ein bittere milch von ſich. Es waͤchßt allenthalben auff ma- gerem/ ſandigem und graßichtem Erdreich. [Abbildung Gemeines Mauß-oͤhrlein Piloſella vulgaris. ] 2. Das kriechende kleinere Mauß-oͤhrlein/ Piloſella major repens, minùs hirſuta, C. B. mi- nor folio anguſtiore minùs piloſo, repens, J. B. bringt oben und unden linde/ glatte und gruͤne/ ſchmale blaͤtter/ an deren ſeiten ſich ſehr leichte haar erzeigen/ es bekomt ein o- der das ander bloß und ſpannen-hohes ſten- gelein/ ſo mit keinen oder doch wenig haa- ren begabet iſt/ und entweder nur ein groſſe/ oder zwey biß drey kleine blumen traͤgt. Die uͤbrigen ſtengelein kriechen wie die vo- rigen auff dem boden herumb/ ſo auß einer rothen und zaßlichten wurtzel entſpringen. Es waͤchßt an graßichten orten. 3. Das auffrecht-ſtehende Mauß-oͤhrlein/ Piloſella major erecta, C. B. minore flore, hirſu- tior & elatior non repens, J. B. Waͤchßt bey der Churfuͤrſtlichen Statt Heidelberg/ auf dem Gebuͤrg hinder Aller Heiligen-berg/ und an vielen orten auf dem Oſtwald/ auch bey uns an den Stattmauren/ und auff dem Crentzacher-berg. 4. Das ander auffrechte Mauß-oͤhrlein/ Piloſella major erecta altera, C. B. major prima, Tab. Waͤchßt an vorgemelten orten/ ſon- derlich in feuchtem ſandichtem boden. Eigenſchafft. Maußoͤhrlein fuͤhret ein bitteres/ grob- lichtes/ mit irꝛdiſchen theilgen wolvermiſch- tes Saltz/ neben wenigem Milchſafft/ und hat alſo die eigenſchafft gelind zu waͤrmen/ zu troͤcknen/ zuſammen zu ziehen/ anzuhal- ten und zu ſtopffen/ auch wol die wunden und geſchwaͤr zu ſaͤubern und zu heilen. Es muß im Maͤyen oder Brachmonat/ da es milch- ſafftig iſt/ geſamlet werden. Gebrauch. Maußoͤhrlein- und Erdbeer-kraut jedes ein handvoll in einer maß weiſſen Weins ge- ſotten/ und denn morgens und abends ein halb quartal getruncken/ eroͤffnet die Ver- ſtopffung der Leber/ und vertreibet die Gelb- ſucht/ iſt ein guter Tranck wider den Nie- ren-und Blaſenſtein. Verſtopf- fung deꝛ Leber/ gelbſucht. Maußoͤhrlein-kraut und Geißbart-blaͤtter in dem Maͤyen und anfang des Brachmo- nats friſch genommen/ geſtoſſen/ den ſafft darauß gepreßt/ und etliche wochen lang morgens und abends vier loth davon mit ein wenig Zucker vermiſcht/ getruncken/ iſt eine Artzney wider die fallende Sucht/ hei- let auch alle innerliche und aͤuſſerliche ver- ſehrungen/ Geſchwaͤr und Wunden/ ver- treibet das Blutſpeyen. Man kan auch nach belieben die under einander geſtoſſenen Kraͤu- ter in gutem rothem Wein ſieden/ durch- ſeigen/ und ſo wol morgens als abends ein glaßvoll davon trincken. Fallende Sucht/ verſehꝛung geſchwaͤr/ wunden/ Blut- ſpeyen. Maußoͤhrlein-kraut/ Geißbart-blaͤtter/ Singruͤn/ Wegerich/ und Tauſendgulden- kraut in Wein geſotten/ mit ſolchem Wein alle Morgen und Abend die Wunden/ boͤſe faule Geſchwaͤr/ auch wohl fiſtuloſiſche loͤ- cher und ſchaͤden damit außgewaſchen/ her- nach das rein gepuͤlverte Maußoͤhrlein- kraut-pulver entweder trocken/ wenn der ort feucht/ oder mit Roſen-honig und Terben- thin in Eyerdotter zertrieben/ vermiſchet/ eingeſtrewet/ heilet trefflich wol und bald auß. Wunden faule ſchaͤ- den/ Fiſtel. Maußoͤhrlein-kraut zu einem reinen Pul- ver geſtoſſen/ und deſſelbigen einer halben Ducaten ſchwer offt in einem weichen Ey gegeben/ bringet die ſchwachen/ verwund- ten und verbluteten Menſchen widerumb zurecht/ gleich als wenn ſie vom Tod er- loͤſet wurden/ derowegen dieſes kraͤutlein in hohen wuͤrden von erfahrnen Wund-aͤrtz- ten gehalten wird. Es hat ein ſolche gewal- tige krafft zu ſtopffen/ daß weñs die Schaf- fe auff der Weide eſſen/ gerahten ſie in ei- ne ſolche verſtopffung des Bauchs/ daß ſie offtermals davon ſterben muͤſſen/ darumb denn auch die fleiſſigen Schaff-hirten ihre Schaff nicht in die Thaͤler und Felder treiben/ da des Maußoͤhrlein-krauts viel waͤchßt/ gemeldtes uͤbel zu verhuͤten. Schwache verwundte und ver- blute men- ſchen. Ein hand voll Maußoͤhrlein-kraut in ei- ner Maß weiſſen Weins geſotten/ Mor- gens nuͤchtern und Abends ein halb quar- tal darvon getruncken/ ſtillet den unmaͤſſi- gen Blutfluß der Weiber/ vertreibet das hefftige Erbrechen von der Gallen/ iſt dien- lich in der rothen Ruhr und ſtarcken Bauch- fluͤſſen/ heilet Wunden und Bruͤch/ dero- wegen es auch zu den Wund-und Bruch- traͤnckern gebraucht wird. Unmaͤſſi- ger Blut- fluß der Weiber/ hefftiges erbrechen von der Gallen/ rothe ruhr Bauch- fluß/ wundẽ Bruͤch. Maußoͤhrlein-kraut mit ſeinem wuͤrtzlein im Maͤyen geſamlet/ gewaſchen/ in dem ſchatten gedoͤrꝛet/ darnach zu einem reinen pulver geſtoſſen/ iſt ein gutes mittel fuͤr die Bruͤch der jungen Kindern/ ſo man ihnen in der Pappen oder einem Breylein/ Mor- gens und Abends einer Haſelnuß groß ein- gibet. Bruͤch der jungen Kindern. So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/838
Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 822. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/838>, abgerufen am 21.12.2024.