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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch] ten Boden an dem Bord des Meers umb
Engelland herumb. Dieser Meer-köhl muß
mit folgendem Meer-köhl nicht vermischet
werden.

Herr Dr. Verzascha setzet allhier auß
Matthiolo die Figur des kleineren Meer-
köhls/ oder vielmehr der kleineren Meer-
winde/ Soldanellae maritimae minoris, C. B.
Brassicae marinae sive Soldanellae, J. B.
welcher
mit rothen zweiglein/ und milchsafftigen/
breiteren als langen/ rundlichten blätteren
auffwächßt/ so der gestalt nach den kleinen
Schellkraut- oder auch den Ephew-blättern
nahe kommen; auch mit langen stielgen be-
gabet/ und einen gesaltzenen scharff-bitteren
geschmack haben. Die Blum ist groß/ pur-
purfarb/ wie ein Glocken gestaltet/ doch et-
was viereckicht in keine blättlein zertheilet.
Der schwartze Samen ist in runden häuß-
lein eingeschlossen. Man findet ihne am
Gestad des Meers/ bey Genua/ Venedig/
in Holland und Engelland.

Eigenschafft.

Mich nimt wunder/ was etliche Auctores
bewogen/ daß sie dieß Kraut under die Köhl-
kräuter gesetzet/ da es doch keine verwandt-
schafft mit denselben hat/ sondern vielmehr
eine gattung Winde ist. Es hat dieß Kraut
in seinem wässerichten Safft ein scharffes/
etzendes/ durchtringendes/ purgierendes
saltz/ neben wenig ölichten theilen/ bey sich;
daher es denn sehr wärmet und trucknet/
auch die wasser gewaltig durch den Stull-
gang außführet. Die Bauren essen bißwei-
len die Blätter mit Saltz/ Eßig und Zu-
cker; oder sie lassen die Blätter in Wasser
kochen/ werffen Muscatblüth/ Jngwer/
Zimmet oder Aeniß darzu/ zerlassen auch
Zucker darinn/ und trincken alßdenn die
Brühen zu außführung der wasseren in der
Wasser-
sucht.
Wassersucht. Andere nehmen ein quintlein
oder anderthalb quintlein von dem pulver
des gedörrten Krauts zu gleichem zweck ein.
Wir halten aber solche Purgier-artzney dem
Magen allzu widrig/ und allzu scharff/ als
daß man sie so sicher in den Leib nehmen
könne.



CAPUT LXXXV.
Berg-köhl. Soldanella alpina.
Gestalt.

DEr Berg-köhl/ Soldanella Alpina
folio rotundo, C. B. Soldanella Alpi-
na, Clus. Pann. Cam. ad Matth. Luna-
ria alia minor coerulea, Dalech.
bringet auß
seiner ablangen und dicklichten wurtzel/ von
welcher viel weißlichte zaseln wie an einem
Haupt herunder hangen/ offt ein oder das
ander/ auch bißweilen mehr runde und dicke
blätter/ welche oben satt-grün/ unden aber
bleich-grün scheinen/ eines zusammen-zie-
henden/ bitterlichten und unangenehmen ge-
schmacks. Auß der wurtzel kommet gemei-
niglich ein glatter/ röthlichter/ rahner/ blo-
ser/ und drey qwer hand hoher stengel/ so
zu zeiten doppelt gefunden wird/ auff wel-
chem zwey oder drey/ und bißweilen mehr
himmel-blaue/ selten aber weisse blumen si-
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Berg-köhl. Soldanella alpina.
tzen/ die nidsich wie ein glöcklein hangen/
und vielfaltiglich zerschnitten sind/ deren
jeglicher ein ablang und hartes kopflein nach-
folget/ welches ein hartes sämlein in sich
haltet. Er wächßt auff den Schweitzeri-
schen/ Oestereichischen/ Steyrmarckischen
und Tyrolischen Alp-gebürgen/ wie auch
auff dem Frantzösischen Berg Jura/ und
dem Jtaliänischen Berg Baldo. Blühet
im Hew- und Augst-monat. Jst ein treff-
liches Wundkraut/ dahero es billich zu den
Wund-tränckern gebraucht wird.



CAPUT LXXXVI.
Zahmer Weyd. Isatis.
Namen.

WEyd heißt Griechisch/ [fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt]. Latei-
nisch/ Isatis, Glastum. Jtaliänisch/
Guado. Frantzösisch/ Pastel, Gue-
de.
Spanisch/ Pastel. Englisch/ Woad.
Niderländisch/ Weed/ Weedie.

Gestalt und Geschlecht.

Der Weyd ist zweyerley/ zahm und
wild. Der zahme Weyd/ Jsatis sativa vel la-
tifolia, C. B. Jsatis sive Glastum sativum, J. B.

Breitet seine blätter auff die erden auß wie
Wegrich/ außgenommen daß sie fetter/
glatt/ und blau-schwartz sind. Die blätter
an dem stengel sind länglicht/ außgespitzt/
oben schmal/ unden breit/ mit zwey ohr-
lein/ die begreiffen ohne stiel mit einer
spalten den stengel/ wie Baurensenff oder
groß Besemkraut: gemelter stengel ist zwey-
er elen hoch/ und zu zeiten höher/ rund/
röthlicht/ glatt/ oben auß ästicht/ sonsten fin-
gers dick; bringt oben kleine/ zarte und gel-
be/ vierblättige blümlein/ gantz drauschlicht/

und

Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch] ten Boden an dem Bord des Meers umb
Engelland herumb. Dieſer Meer-koͤhl muß
mit folgendem Meer-koͤhl nicht vermiſchet
werden.

Herꝛ Dr. Verzaſcha ſetzet allhier auß
Matthiolo die Figur des kleineren Meer-
koͤhls/ oder vielmehr der kleineren Meer-
winde/ Soldanellæ maritimæ minoris, C. B.
Braſſicæ marinæ ſive Soldanellæ, J. B.
welcher
mit rothen zweiglein/ und milchſafftigen/
breiteren als langen/ rundlichten blaͤtteren
auffwaͤchßt/ ſo der geſtalt nach den kleinen
Schellkraut- oder auch den Ephew-blaͤttern
nahe kommen; auch mit langen ſtielgen be-
gabet/ und einen geſaltzenen ſcharff-bitteren
geſchmack haben. Die Blum iſt groß/ pur-
purfarb/ wie ein Glocken geſtaltet/ doch et-
was viereckicht in keine blaͤttlein zertheilet.
Der ſchwartze Samen iſt in runden haͤuß-
lein eingeſchloſſen. Man findet ihne am
Geſtad des Meers/ bey Genua/ Venedig/
in Holland und Engelland.

Eigenſchafft.

Mich nimt wunder/ was etliche Auctores
bewogen/ daß ſie dieß Kraut under die Koͤhl-
kraͤuter geſetzet/ da es doch keine verwandt-
ſchafft mit denſelben hat/ ſondern vielmehr
eine gattung Winde iſt. Es hat dieß Kraut
in ſeinem waͤſſerichten Safft ein ſcharffes/
etzendes/ durchtringendes/ purgierendes
ſaltz/ neben wenig oͤlichten theilen/ bey ſich;
daher es denn ſehr waͤrmet und trucknet/
auch die waſſer gewaltig durch den Stull-
gang außfuͤhret. Die Bauren eſſen bißwei-
len die Blaͤtter mit Saltz/ Eßig und Zu-
cker; oder ſie laſſen die Blaͤtter in Waſſer
kochen/ werffen Muſcatbluͤth/ Jngwer/
Zimmet oder Aeniß darzu/ zerlaſſen auch
Zucker darinn/ und trincken alßdenn die
Bruͤhen zu außfuͤhrung der waſſeren in der
Waſſer-
ſucht.
Waſſerſucht. Andere nehmen ein quintlein
oder anderthalb quintlein von dem pulver
des gedoͤrꝛten Krauts zu gleichem zweck ein.
Wir halten aber ſolche Purgier-artzney dem
Magen allzu widrig/ und allzu ſcharff/ als
daß man ſie ſo ſicher in den Leib nehmen
koͤnne.



CAPUT LXXXV.
Berg-koͤhl. Soldanella alpina.
Geſtalt.

DEr Berg-koͤhl/ Soldanella Alpina
folio rotundo, C. B. Soldanella Alpi-
na, Clus. Pann. Cam. ad Matth. Luna-
ria alia minor cœrulea, Dalech.
bringet auß
ſeiner ablangen und dicklichten wurtzel/ von
welcher viel weißlichte zaſeln wie an einem
Haupt herunder hangen/ offt ein oder das
ander/ auch bißweilen mehr runde und dicke
blaͤtter/ welche oben ſatt-gruͤn/ unden aber
bleich-gruͤn ſcheinen/ eines zuſammen-zie-
henden/ bitterlichten und unangenehmen ge-
ſchmacks. Auß der wurtzel kommet gemei-
niglich ein glatter/ roͤthlichter/ rahner/ blo-
ſer/ und drey qwer hand hoher ſtengel/ ſo
zu zeiten doppelt gefunden wird/ auff wel-
chem zwey oder drey/ und bißweilen mehr
himmel-blaue/ ſelten aber weiſſe blumen ſi-
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Berg-koͤhl. Soldanella alpina.
tzen/ die nidſich wie ein gloͤcklein hangen/
und vielfaltiglich zerſchnitten ſind/ deren
jeglicher ein ablang und hartes kopflein nach-
folget/ welches ein hartes ſaͤmlein in ſich
haltet. Er waͤchßt auff den Schweitzeri-
ſchen/ Oeſtereichiſchen/ Steyrmarckiſchen
und Tyroliſchen Alp-gebuͤrgen/ wie auch
auff dem Frantzoͤſiſchen Berg Jura/ und
dem Jtaliaͤniſchen Berg Baldo. Bluͤhet
im Hew- und Augſt-monat. Jſt ein treff-
liches Wundkraut/ dahero es billich zu den
Wund-traͤnckern gebraucht wird.



CAPUT LXXXVI.
Zahmer Weyd. Iſatis.
Namen.

WEyd heißt Griechiſch/ [fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt]. Latei-
niſch/ Iſatis, Glaſtum. Jtaliaͤniſch/
Guado. Frantzoͤſiſch/ Paſtel, Gue-
de.
Spaniſch/ Paſtel. Engliſch/ Woad.
Niderlaͤndiſch/ Weed/ Weedie.

Geſtalt und Geſchlecht.

Der Weyd iſt zweyerley/ zahm und
wild. Der zahme Weyd/ Jſatis ſativa vel la-
tifolia, C. B. Jſatis ſive Glaſtum ſativum, J. B.

Breitet ſeine blaͤtter auff die erden auß wie
Wegrich/ außgenommen daß ſie fetter/
glatt/ und blau-ſchwartz ſind. Die blaͤtter
an dem ſtengel ſind laͤnglicht/ außgeſpitzt/
oben ſchmal/ unden breit/ mit zwey ohr-
lein/ die begreiffen ohne ſtiel mit einer
ſpalten den ſtengel/ wie Baurenſenff oder
groß Beſemkraut: gemelter ſtengel iſt zwey-
er elen hoch/ und zu zeiten hoͤher/ rund/
roͤthlicht/ glatt/ oben auß aͤſticht/ ſonſten fin-
gers dick; bringt oben kleine/ zarte und gel-
be/ vierblaͤttige bluͤmlein/ gantz drauſchlicht/

und
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[447/0463] Von den Kraͤuteren. ten Boden an dem Bord des Meers umb Engelland herumb. Dieſer Meer-koͤhl muß mit folgendem Meer-koͤhl nicht vermiſchet werden. Herꝛ Dr. Verzaſcha ſetzet allhier auß Matthiolo die Figur des kleineren Meer- koͤhls/ oder vielmehr der kleineren Meer- winde/ Soldanellæ maritimæ minoris, C. B. Braſſicæ marinæ ſive Soldanellæ, J. B. welcher mit rothen zweiglein/ und milchſafftigen/ breiteren als langen/ rundlichten blaͤtteren auffwaͤchßt/ ſo der geſtalt nach den kleinen Schellkraut- oder auch den Ephew-blaͤttern nahe kommen; auch mit langen ſtielgen be- gabet/ und einen geſaltzenen ſcharff-bitteren geſchmack haben. Die Blum iſt groß/ pur- purfarb/ wie ein Glocken geſtaltet/ doch et- was viereckicht in keine blaͤttlein zertheilet. Der ſchwartze Samen iſt in runden haͤuß- lein eingeſchloſſen. Man findet ihne am Geſtad des Meers/ bey Genua/ Venedig/ in Holland und Engelland. Eigenſchafft. Mich nimt wunder/ was etliche Auctores bewogen/ daß ſie dieß Kraut under die Koͤhl- kraͤuter geſetzet/ da es doch keine verwandt- ſchafft mit denſelben hat/ ſondern vielmehr eine gattung Winde iſt. Es hat dieß Kraut in ſeinem waͤſſerichten Safft ein ſcharffes/ etzendes/ durchtringendes/ purgierendes ſaltz/ neben wenig oͤlichten theilen/ bey ſich; daher es denn ſehr waͤrmet und trucknet/ auch die waſſer gewaltig durch den Stull- gang außfuͤhret. Die Bauren eſſen bißwei- len die Blaͤtter mit Saltz/ Eßig und Zu- cker; oder ſie laſſen die Blaͤtter in Waſſer kochen/ werffen Muſcatbluͤth/ Jngwer/ Zimmet oder Aeniß darzu/ zerlaſſen auch Zucker darinn/ und trincken alßdenn die Bruͤhen zu außfuͤhrung der waſſeren in der Waſſerſucht. Andere nehmen ein quintlein oder anderthalb quintlein von dem pulver des gedoͤrꝛten Krauts zu gleichem zweck ein. Wir halten aber ſolche Purgier-artzney dem Magen allzu widrig/ und allzu ſcharff/ als daß man ſie ſo ſicher in den Leib nehmen koͤnne. Waſſer- ſucht. CAPUT LXXXV. Berg-koͤhl. Soldanella alpina. Geſtalt. DEr Berg-koͤhl/ Soldanella Alpina folio rotundo, C. B. Soldanella Alpi- na, Clus. Pann. Cam. ad Matth. Luna- ria alia minor cœrulea, Dalech. bringet auß ſeiner ablangen und dicklichten wurtzel/ von welcher viel weißlichte zaſeln wie an einem Haupt herunder hangen/ offt ein oder das ander/ auch bißweilen mehr runde und dicke blaͤtter/ welche oben ſatt-gruͤn/ unden aber bleich-gruͤn ſcheinen/ eines zuſammen-zie- henden/ bitterlichten und unangenehmen ge- ſchmacks. Auß der wurtzel kommet gemei- niglich ein glatter/ roͤthlichter/ rahner/ blo- ſer/ und drey qwer hand hoher ſtengel/ ſo zu zeiten doppelt gefunden wird/ auff wel- chem zwey oder drey/ und bißweilen mehr himmel-blaue/ ſelten aber weiſſe blumen ſi- [Abbildung Berg-koͤhl. Soldanella alpina. ] tzen/ die nidſich wie ein gloͤcklein hangen/ und vielfaltiglich zerſchnitten ſind/ deren jeglicher ein ablang und hartes kopflein nach- folget/ welches ein hartes ſaͤmlein in ſich haltet. Er waͤchßt auff den Schweitzeri- ſchen/ Oeſtereichiſchen/ Steyrmarckiſchen und Tyroliſchen Alp-gebuͤrgen/ wie auch auff dem Frantzoͤſiſchen Berg Jura/ und dem Jtaliaͤniſchen Berg Baldo. Bluͤhet im Hew- und Augſt-monat. Jſt ein treff- liches Wundkraut/ dahero es billich zu den Wund-traͤnckern gebraucht wird. CAPUT LXXXVI. Zahmer Weyd. Iſatis. Namen. WEyd heißt Griechiſch/ _. Latei- niſch/ Iſatis, Glaſtum. Jtaliaͤniſch/ Guado. Frantzoͤſiſch/ Paſtel, Gue- de. Spaniſch/ Paſtel. Engliſch/ Woad. Niderlaͤndiſch/ Weed/ Weedie. Geſtalt und Geſchlecht. Der Weyd iſt zweyerley/ zahm und wild. Der zahme Weyd/ Jſatis ſativa vel la- tifolia, C. B. Jſatis ſive Glaſtum ſativum, J. B. Breitet ſeine blaͤtter auff die erden auß wie Wegrich/ außgenommen daß ſie fetter/ glatt/ und blau-ſchwartz ſind. Die blaͤtter an dem ſtengel ſind laͤnglicht/ außgeſpitzt/ oben ſchmal/ unden breit/ mit zwey ohr- lein/ die begreiffen ohne ſtiel mit einer ſpalten den ſtengel/ wie Baurenſenff oder groß Beſemkraut: gemelter ſtengel iſt zwey- er elen hoch/ und zu zeiten hoͤher/ rund/ roͤthlicht/ glatt/ oben auß aͤſticht/ ſonſten fin- gers dick; bringt oben kleine/ zarte und gel- be/ vierblaͤttige bluͤmlein/ gantz drauſchlicht/ und

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/463>, abgerufen am 03.12.2024.