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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch]
Gebrauch.

Der Köhl-Kräuter und Cappes gebrauch
für Menschen und Vieh kan nicht genug
beschrieben werden/ ist sonderlich armen
Leuthen ein grosse zuflucht zu einer Speiß
und Artzney/ also daß auch die alten Rö-
mer/ ehe Doctores Medicinae in das Römisch
Reich kommen/ sich wohl 600. Jahr mit
Köhl-kräuteren beholffen/ und allen Kranck-
heiten damit begegnet haben.

Es schreibt Dioscorides in dem 2. buch im
25. cap. daß die Köhlkräuter den Stulgang
fertig machen/ und den Bauch erweichen/
fürnemlich aber der zahme Köhl/ wenn er
sänfftiglich oder gemachsam gesotten wor-
den. Dieses gemüß bekomt wohl dem schwa-
Schwa-
cher ma-
gen.
chen Magen/ hülfft der däwung/ und fürde-
ret den Harn.

Ein halb quintlein Köhlsamen mit milch
Würm.etlich mahl eingenommen/ tödet die Würm
im Leib.

So man ein quintlein Rübköhl-samen
zerstosset/ hernach in fleischbrühen siedet/
und es mit einander warmlicht trincket/ sol-
Grimmen.le es ein gewisse Artzney für das Grimmen
seyn.

Köhl ist dem Wein und der Weinreben
widerwertig/ daher dieses Kraut bey den
mahlzeiten genossen/ umb etwas die trun-
ckenheit zuruck haltet. Etliche essen ein paar
Köhlblätter rohe mit saltz und essig vor der
mahlzeit/ meinen dadurch von dem Wein
nicht truncken zu werden.

Die blumen-gipffelein am Köhl pflegen
die Jtaliäner zu sieden/ wie Spargen anzu-
machen/ und also zu essen/ bekommen dem
Magen wohl/ und treiben den Harn viel
kräfftiger denn das kraut.

Hitzige
umb sich
fressende
schäden/
auch an
heimlichen
orten.

Köhl-blätter auff alle hitzige schäden ge-
legt/ benimmet die hitz/ milteret die schmer-
tzen/ und heilet allerley umb sich fressende
Schäden/ auch an heimlichen orten. Ja
heilet selbsten die Wunden/ und ist bey den
Bauren ein bewärtes mittel.

Fistel/
Krebs/
Wolff/ zit-
termäh-
ler/ unrei-
ne haut.

Der Harn von einem jungen Menschen/
so etliche tag nach einander Köhl-blätter in
seiner Speiß genossen/ soll Fisteln/ Krebs/
den Wolff/ Zittermähler/ und andere un-
reinigkeiten der haut heilen.

Ein besonder mittel zu den alten Schäden
und Geschwären: Nim Köhl-kraut im auß-
Alte schä-
den und
geschwär.
gehenden Hewmonat/ thue die mittel-rip-
pen darvon/ koche die blätter in weissem
Wein/ wasche damit die alten Schäden und
Geschwär/ es miltert den schmertzen/ und
heilet sänfftiglich.

Herr Simon Pauli classe 3. quadripart.
Botan. p. m.
229. berichtet/ wie er selbsten mit
grosser verwunderung wargenommen/ daß
Wartzen.eine Magd von Lübeck die Wartzen/ so ihre
hände gleichsam überzogen/ allein mit dem
Köhl-safft vertrieben habe.

Häisere
stimm.

Wider die häisere Stimm/ zu lösung des
dicken/ zehen schleims/ ist der auß den sten-
geln und blättern frisch außgepreßte und ge-
läuterte safft mit Honig oder Zuckercandel
vermischt/ sehr gut. Oder nemt von dem ge-
läuterten Köhl-safft 4. loth/ Candelzucker
2. loth. Oxymel. simpl. so viel als nöthig/
macht ein Latwerg darauß/ davon man oft
[Spaltenumbruch] zu sich nehmen kan. Den jenigen aber/ welche
ihre Stimme starck und offt brauchen müs-
sen/ dienet folgendes nicht unliebliches
tranck: nemt wolgestampfte Gersten/ Meer-Sonder-
lich gut
tranck für
die Predi-
ger und
Vorsan-
ger/ zu er-
haltung
der stim.

trauben ohne kernen/ jedes 2. loth/ Süß-
holtz/ Köhlsamen jedes ein halb loth/ sechs
wolsafftige Feigen/ Frauwenhaar-kraut/
Hyssopen/ jedes ein halbe handvoll/ frische
Piengen oder Pineolen ein loth/ zerhackt al-
les under einander/ siedets in frisch Brund-
wasser ein halb stund lang/ oder länger nach
belieben; siechtets hernach durch ein tuch/
und zerlaßt in jedem pfund des durchsiege-
nen saffts zwey loth abgeschaumten Ho-
nig/ sampt einem loth Candelzucker. Man
kan morgens und nachts/ oder nur nachts/
bißweilen nur morgens 8. biß 12. loth davon
warmlicht sörblend einnehmen.

Die frischen safftigen Köhlblätter werden
auch sonderlich gerühmt/ die gezogenen bla-Blatteren-
oder Bla-
sen ziehen.

sen oder blatteren damit fliessend und sau-
ber zu erhalten/ wobey aber in acht zu neh-
men/ daß man sie alle stund/ oder alle zwey
stund auffs längste änderen/ und frische auf-
legen soll/ und zwar so warm sie der patient
immer erdulden mag: worinnen denn das
geheimnuß und vortheil dieser Cur sonder-
lich bestehet.

Das weisse Cappes-kraut/ oder den weis-
sen Kopf-köhl/ pflegt man nach dem Herbst
bey uns klein zerschneiden/ und einzusal-
tzen/ wordurch er denn allgemach saur/ und
also den Winter durch mit fettem Schwei-
nen-fleisch gekocht/ sehr vielen ein angeneh-
me Speiß abgibet. Auf disem eingemachten
Kraut sitzet ein gesaltzenes wasser/ welches
zu löschung des Brands/ wovon auch derBrand
von holtz/
schwefel.

Brand immer geschehen/ es seye von feuri-
gem Holtz/ Schwefel/ Pech/ oder Metall/
eines der fürtrefflichsten mitteln ist/ wo nur
die haut nicht weit durchgebrennet; man
wärmet dieß wasser ein wenig/ nässet ein
zart weiches leinenes tuch darinnen/ und
schlägts also über; ehe es gar trucken/ muß
es wider frisch genässet werden. Es ziehet
den Brand und die Hitz geschwind auß/ und
befürderet die heilung.



CAPUT LXXXIII.
Wilder Köhl. Brassica Sylvestris.
Namen.

WIlder Köhl heißt Griechisch/ [fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt]
[fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt]. Lateinisch/ Brassica sylve-
stris, Brassica campestris.
Jtaliänisch/
Cavolo salvatico. Frantzösisch/ Chou s uva-
ge.
Spanisch/ Berza agreste. Englisch/ Ho-
mely Colewort. Niderländisch/ wilte Koole.

Geschlecht und Gestalt.

1. Das erste Geschlecht der wilde durch-
wachsende Feld-köhl/ Brassica campestris per-
foliata flore albo, C. B. perfoliata siliquosa, J. B.

hat blätter wie die Steckrüben/ sind rund-
licht/ ablang/ eisengraw/ fett/ safftig/ zer-
brüchlich und rauch. Der stengel ist rund/
dünn/ weiß/ anderthalb schuh hoch: trägt
bleiche oder weisse Blumen/ wie der Köhl o-

der
K k k 3
Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch]
Gebrauch.

Der Koͤhl-Kraͤuter und Cappes gebrauch
fuͤr Menſchen und Vieh kan nicht genug
beſchrieben werden/ iſt ſonderlich armen
Leuthen ein groſſe zuflucht zu einer Speiß
und Artzney/ alſo daß auch die alten Roͤ-
mer/ ehe Doctores Medicinæ in das Roͤmiſch
Reich kommen/ ſich wohl 600. Jahr mit
Koͤhl-kraͤuteren beholffen/ und allen Kranck-
heiten damit begegnet haben.

Es ſchreibt Dioſcorides in dem 2. buch im
25. cap. daß die Koͤhlkraͤuter den Stulgang
fertig machen/ und den Bauch erweichen/
fuͤrnemlich aber der zahme Koͤhl/ wenn er
ſaͤnfftiglich oder gemachſam geſotten wor-
den. Dieſes gemuͤß bekomt wohl dem ſchwa-
Schwa-
cher ma-
gen.
chen Magen/ huͤlfft der daͤwung/ und fuͤrde-
ret den Harn.

Ein halb quintlein Koͤhlſamen mit milch
Wuͤrm.etlich mahl eingenommen/ toͤdet die Wuͤrm
im Leib.

So man ein quintlein Ruͤbkoͤhl-ſamen
zerſtoſſet/ hernach in fleiſchbruͤhen ſiedet/
und es mit einander warmlicht trincket/ ſol-
Grim̃en.le es ein gewiſſe Artzney fuͤr das Grimmen
ſeyn.

Koͤhl iſt dem Wein und der Weinreben
widerwertig/ daher dieſes Kraut bey den
mahlzeiten genoſſen/ umb etwas die trun-
ckenheit zuruck haltet. Etliche eſſen ein paar
Koͤhlblaͤtter rohe mit ſaltz und eſſig vor der
mahlzeit/ meinen dadurch von dem Wein
nicht truncken zu werden.

Die blumen-gipffelein am Koͤhl pflegen
die Jtaliaͤner zu ſieden/ wie Spargen anzu-
machen/ und alſo zu eſſen/ bekommen dem
Magen wohl/ und treiben den Harn viel
kraͤfftiger denn das kraut.

Hitzige
umb ſich
freſſende
ſchaͤden/
auch an
heimlichen
orten.

Koͤhl-blaͤtter auff alle hitzige ſchaͤden ge-
legt/ benimmet die hitz/ milteret die ſchmer-
tzen/ und heilet allerley umb ſich freſſende
Schaͤden/ auch an heimlichen orten. Ja
heilet ſelbſten die Wunden/ und iſt bey den
Bauren ein bewaͤrtes mittel.

Fiſtel/
Krebs/
Wolff/ zit-
termaͤh-
ler/ unrei-
ne haut.

Der Harn von einem jungen Menſchen/
ſo etliche tag nach einander Koͤhl-blaͤtter in
ſeiner Speiß genoſſen/ ſoll Fiſteln/ Krebs/
den Wolff/ Zittermaͤhler/ und andere un-
reinigkeiten der haut heilen.

Ein beſonder mittel zu den alten Schaͤden
und Geſchwaͤren: Nim Koͤhl-kraut im auß-
Alte ſchaͤ-
den und
geſchwaͤr.
gehenden Hewmonat/ thue die mittel-rip-
pen darvon/ koche die blaͤtter in weiſſem
Wein/ waſche damit die alten Schaͤden und
Geſchwaͤr/ es miltert den ſchmertzen/ und
heilet ſaͤnfftiglich.

Herꝛ Simon Pauli claſſe 3. quadripart.
Botan. p. m.
229. berichtet/ wie er ſelbſten mit
groſſer verwunderung wargenommen/ daß
Wartzen.eine Magd von Luͤbeck die Wartzen/ ſo ihre
haͤnde gleichſam uͤberzogen/ allein mit dem
Koͤhl-ſafft vertrieben habe.

Haͤiſere
ſtimm.

Wider die haͤiſere Stimm/ zu loͤſung des
dicken/ zehen ſchleims/ iſt der auß den ſten-
geln und blaͤttern friſch außgepreßte und ge-
laͤuterte ſafft mit Honig oder Zuckercandel
vermiſcht/ ſehr gut. Oder nemt von dem ge-
laͤuterten Koͤhl-ſafft 4. loth/ Candelzucker
2. loth. Oxymel. ſimpl. ſo viel als noͤthig/
macht ein Latwerg darauß/ davon man oft
[Spaltenumbruch] zu ſich nehmen kan. Den jenigen aber/ welche
ihre Stimme ſtarck und offt brauchen muͤſ-
ſen/ dienet folgendes nicht unliebliches
tranck: nemt wolgeſtampfte Gerſten/ Meer-Sonder-
lich gut
tranck fuͤr
die Predi-
ger und
Vorſan-
ger/ zu er-
haltung
der ſtim.

trauben ohne kernen/ jedes 2. loth/ Suͤß-
holtz/ Koͤhlſamen jedes ein halb loth/ ſechs
wolſafftige Feigen/ Frauwenhaar-kraut/
Hyſſopen/ jedes ein halbe handvoll/ friſche
Piengen oder Pineolen ein loth/ zerhackt al-
les under einander/ ſiedets in friſch Bruñ-
waſſer ein halb ſtund lang/ oder laͤnger nach
belieben; ſiechtets hernach durch ein tuch/
und zerlaßt in jedem pfund des durchſiege-
nen ſaffts zwey loth abgeſchaumten Ho-
nig/ ſampt einem loth Candelzucker. Man
kan morgens und nachts/ oder nur nachts/
bißweilen nur morgens 8. biß 12. loth davon
warmlicht ſoͤrblend einnehmen.

Die friſchen ſafftigen Koͤhlblaͤtter werden
auch ſonderlich geruͤhmt/ die gezogenen bla-Blatteren-
oder Bla-
ſen ziehen.

ſen oder blatteren damit flieſſend und ſau-
ber zu erhalten/ wobey aber in acht zu neh-
men/ daß man ſie alle ſtund/ oder alle zwey
ſtund auffs laͤngſte aͤnderen/ und friſche auf-
legen ſoll/ und zwar ſo warm ſie der patient
immer erdulden mag: worinnen denn das
geheimnuß und vortheil dieſer Cur ſonder-
lich beſtehet.

Das weiſſe Cappes-kraut/ oder den weiſ-
ſen Kopf-koͤhl/ pflegt man nach dem Herbſt
bey uns klein zerſchneiden/ und einzuſal-
tzen/ wordurch er denn allgemach ſaur/ und
alſo den Winter durch mit fettem Schwei-
nen-fleiſch gekocht/ ſehr vielen ein angeneh-
me Speiß abgibet. Auf diſem eingemachten
Kraut ſitzet ein geſaltzenes waſſer/ welches
zu loͤſchung des Brands/ wovon auch derBrand
von holtz/
ſchwefel.

Brand immer geſchehen/ es ſeye von feuri-
gem Holtz/ Schwefel/ Pech/ oder Metall/
eines der fuͤrtrefflichſten mitteln iſt/ wo nur
die haut nicht weit durchgebrennet; man
waͤrmet dieß waſſer ein wenig/ naͤſſet ein
zart weiches leinenes tuch darinnen/ und
ſchlaͤgts alſo uͤber; ehe es gar trucken/ muß
es wider friſch genaͤſſet werden. Es ziehet
den Brand und die Hitz geſchwind auß/ und
befuͤrderet die heilung.



CAPUT LXXXIII.
Wilder Koͤhl. Braſsica Sylveſtris.
Namen.

WIlder Koͤhl heißt Griechiſch/ [fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt]
[fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt]. Lateiniſch/ Braſsica ſylve-
ſtris, Braſsica campeſtris.
Jtaliaͤniſch/
Cavolo ſalvatico. Frantzoͤſiſch/ Chou ſ uva-
ge.
Spaniſch/ Berza agreſte. Engliſch/ Ho-
mely Colewort. Niderlaͤndiſch/ wilte Koole.

Geſchlecht und Geſtalt.

1. Das erſte Geſchlecht der wilde durch-
wachſende Feld-koͤhl/ Braſsica campeſtris per-
foliata flore albo, C. B. perfoliata ſiliquoſa, J. B.

hat blaͤtter wie die Steckruͤben/ ſind rund-
licht/ ablang/ eiſengraw/ fett/ ſafftig/ zer-
bruͤchlich und rauch. Der ſtengel iſt rund/
duͤnn/ weiß/ anderthalb ſchuh hoch: traͤgt
bleiche oder weiſſe Blumen/ wie der Koͤhl o-

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[445/0461] Von den Kraͤuteren. Gebrauch. Der Koͤhl-Kraͤuter und Cappes gebrauch fuͤr Menſchen und Vieh kan nicht genug beſchrieben werden/ iſt ſonderlich armen Leuthen ein groſſe zuflucht zu einer Speiß und Artzney/ alſo daß auch die alten Roͤ- mer/ ehe Doctores Medicinæ in das Roͤmiſch Reich kommen/ ſich wohl 600. Jahr mit Koͤhl-kraͤuteren beholffen/ und allen Kranck- heiten damit begegnet haben. Es ſchreibt Dioſcorides in dem 2. buch im 25. cap. daß die Koͤhlkraͤuter den Stulgang fertig machen/ und den Bauch erweichen/ fuͤrnemlich aber der zahme Koͤhl/ wenn er ſaͤnfftiglich oder gemachſam geſotten wor- den. Dieſes gemuͤß bekomt wohl dem ſchwa- chen Magen/ huͤlfft der daͤwung/ und fuͤrde- ret den Harn. Schwa- cher ma- gen. Ein halb quintlein Koͤhlſamen mit milch etlich mahl eingenommen/ toͤdet die Wuͤrm im Leib. Wuͤrm. So man ein quintlein Ruͤbkoͤhl-ſamen zerſtoſſet/ hernach in fleiſchbruͤhen ſiedet/ und es mit einander warmlicht trincket/ ſol- le es ein gewiſſe Artzney fuͤr das Grimmen ſeyn. Grim̃en. Koͤhl iſt dem Wein und der Weinreben widerwertig/ daher dieſes Kraut bey den mahlzeiten genoſſen/ umb etwas die trun- ckenheit zuruck haltet. Etliche eſſen ein paar Koͤhlblaͤtter rohe mit ſaltz und eſſig vor der mahlzeit/ meinen dadurch von dem Wein nicht truncken zu werden. Die blumen-gipffelein am Koͤhl pflegen die Jtaliaͤner zu ſieden/ wie Spargen anzu- machen/ und alſo zu eſſen/ bekommen dem Magen wohl/ und treiben den Harn viel kraͤfftiger denn das kraut. Koͤhl-blaͤtter auff alle hitzige ſchaͤden ge- legt/ benimmet die hitz/ milteret die ſchmer- tzen/ und heilet allerley umb ſich freſſende Schaͤden/ auch an heimlichen orten. Ja heilet ſelbſten die Wunden/ und iſt bey den Bauren ein bewaͤrtes mittel. Der Harn von einem jungen Menſchen/ ſo etliche tag nach einander Koͤhl-blaͤtter in ſeiner Speiß genoſſen/ ſoll Fiſteln/ Krebs/ den Wolff/ Zittermaͤhler/ und andere un- reinigkeiten der haut heilen. Ein beſonder mittel zu den alten Schaͤden und Geſchwaͤren: Nim Koͤhl-kraut im auß- gehenden Hewmonat/ thue die mittel-rip- pen darvon/ koche die blaͤtter in weiſſem Wein/ waſche damit die alten Schaͤden und Geſchwaͤr/ es miltert den ſchmertzen/ und heilet ſaͤnfftiglich. Alte ſchaͤ- den und geſchwaͤr. Herꝛ Simon Pauli claſſe 3. quadripart. Botan. p. m. 229. berichtet/ wie er ſelbſten mit groſſer verwunderung wargenommen/ daß eine Magd von Luͤbeck die Wartzen/ ſo ihre haͤnde gleichſam uͤberzogen/ allein mit dem Koͤhl-ſafft vertrieben habe. Wartzen. Wider die haͤiſere Stimm/ zu loͤſung des dicken/ zehen ſchleims/ iſt der auß den ſten- geln und blaͤttern friſch außgepreßte und ge- laͤuterte ſafft mit Honig oder Zuckercandel vermiſcht/ ſehr gut. Oder nemt von dem ge- laͤuterten Koͤhl-ſafft 4. loth/ Candelzucker 2. loth. Oxymel. ſimpl. ſo viel als noͤthig/ macht ein Latwerg darauß/ davon man oft zu ſich nehmen kan. Den jenigen aber/ welche ihre Stimme ſtarck und offt brauchen muͤſ- ſen/ dienet folgendes nicht unliebliches tranck: nemt wolgeſtampfte Gerſten/ Meer- trauben ohne kernen/ jedes 2. loth/ Suͤß- holtz/ Koͤhlſamen jedes ein halb loth/ ſechs wolſafftige Feigen/ Frauwenhaar-kraut/ Hyſſopen/ jedes ein halbe handvoll/ friſche Piengen oder Pineolen ein loth/ zerhackt al- les under einander/ ſiedets in friſch Bruñ- waſſer ein halb ſtund lang/ oder laͤnger nach belieben; ſiechtets hernach durch ein tuch/ und zerlaßt in jedem pfund des durchſiege- nen ſaffts zwey loth abgeſchaumten Ho- nig/ ſampt einem loth Candelzucker. Man kan morgens und nachts/ oder nur nachts/ bißweilen nur morgens 8. biß 12. loth davon warmlicht ſoͤrblend einnehmen. Sonder- lich gut tranck fuͤr die Predi- ger und Vorſan- ger/ zu er- haltung der ſtim. Die friſchen ſafftigen Koͤhlblaͤtter werden auch ſonderlich geruͤhmt/ die gezogenen bla- ſen oder blatteren damit flieſſend und ſau- ber zu erhalten/ wobey aber in acht zu neh- men/ daß man ſie alle ſtund/ oder alle zwey ſtund auffs laͤngſte aͤnderen/ und friſche auf- legen ſoll/ und zwar ſo warm ſie der patient immer erdulden mag: worinnen denn das geheimnuß und vortheil dieſer Cur ſonder- lich beſtehet. Blatteren- oder Bla- ſen ziehen. Das weiſſe Cappes-kraut/ oder den weiſ- ſen Kopf-koͤhl/ pflegt man nach dem Herbſt bey uns klein zerſchneiden/ und einzuſal- tzen/ wordurch er denn allgemach ſaur/ und alſo den Winter durch mit fettem Schwei- nen-fleiſch gekocht/ ſehr vielen ein angeneh- me Speiß abgibet. Auf diſem eingemachten Kraut ſitzet ein geſaltzenes waſſer/ welches zu loͤſchung des Brands/ wovon auch der Brand immer geſchehen/ es ſeye von feuri- gem Holtz/ Schwefel/ Pech/ oder Metall/ eines der fuͤrtrefflichſten mitteln iſt/ wo nur die haut nicht weit durchgebrennet; man waͤrmet dieß waſſer ein wenig/ naͤſſet ein zart weiches leinenes tuch darinnen/ und ſchlaͤgts alſo uͤber; ehe es gar trucken/ muß es wider friſch genaͤſſet werden. Es ziehet den Brand und die Hitz geſchwind auß/ und befuͤrderet die heilung. Brand von holtz/ ſchwefel. CAPUT LXXXIII. Wilder Koͤhl. Braſsica Sylveſtris. Namen. WIlder Koͤhl heißt Griechiſch/ _ _. Lateiniſch/ Braſsica ſylve- ſtris, Braſsica campeſtris. Jtaliaͤniſch/ Cavolo ſalvatico. Frantzoͤſiſch/ Chou ſ uva- ge. Spaniſch/ Berza agreſte. Engliſch/ Ho- mely Colewort. Niderlaͤndiſch/ wilte Koole. Geſchlecht und Geſtalt. 1. Das erſte Geſchlecht der wilde durch- wachſende Feld-koͤhl/ Braſsica campeſtris per- foliata flore albo, C. B. perfoliata ſiliquoſa, J. B. hat blaͤtter wie die Steckruͤben/ ſind rund- licht/ ablang/ eiſengraw/ fett/ ſafftig/ zer- bruͤchlich und rauch. Der ſtengel iſt rund/ duͤnn/ weiß/ anderthalb ſchuh hoch: traͤgt bleiche oder weiſſe Blumen/ wie der Koͤhl o- der K k k 3

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/461>, abgerufen am 21.11.2024.