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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch] men von der farbe ihrer Mutter weit ab.
Die Ameisen lieben diese wurtzel sehr/ und
zerfressen sie gantz/ wo sie nur immer mö-
gen zukommen.

Eigenschafft.

Die Goldwurtz hat gleiche Natur/ wie
die wurtzel der weissen Lilien: Führet auch
mit vielem wässerigen safft/ ein subtiles/
flüchtiges/ alkalisches saltz/ und hat davon
die eigenschafft zu eröffnen/ zu erweichen/
und zu erdünneren/ durch die Harn- und
Mutter-gäng zu treiben.

Gebrauch.

Die Alchymisten machen grosses geschrey
von diesem Kraut/ denn sie vermeinen/ es
[Spaltenumbruch] habe die krafft/ die Metall zu verände-
ren.

So ein Pferd grindicht ist: Nim gestos-Grindicht[e]
Pferd.

sene Goldwurtzel/ Lorbeeren/ Wachholder-
beer/ Jmber/ Salpeter jedes ein halb loth/
weissen praecipitat ein halb quintlein/ mische
alles zusammen/ menge alt Schmer darun-
der/ und schmiere den Grind damit.

Die Goldwurtz in weissem Wein gesot-Sand und
Schleim
der Nieren/
Verlohre-
ne Reini-
gung der
Weiberen/
Schwindel
Fallende
Sucht.

ten/ und von dem Wein offt getruncken/
treibet den Sand und Schleim durch den
Harn/ bringet wider die monatliche Reini-
gung der Weibern/ vertreibet endlich auch
den Schwindel/ und die fallende Sucht/
wenn etwan annoch der Mistel vom Linden-
baum damit gesotten wird.



CAPUT LIII.
[Spaltenumbruch] [Abbildung] I. Stendelwurtz. I. Orchis.
Namen.

STendelwurtz/ oder Knaben-kraut/
heißt Griechisch/ [fremdsprachliches Material - 2 Wörter fehlen]
Lateinisch/ Orchis, Cynosorchis, Te-
sticulus, Satyrion officinale.
Jtaliänisch/
Testicolo di cane. Frantzösisch/ Couillon du
Chien.
Spanisch/ Cojon de perro. Englisch/
Ragwort. Dänisch/ Gogsurt/ Gogsbid/
Giliurt. Niderländisch/ Standelurt/ Honts-
culiekens.

Geschlecht und Gestalt.

Das erste Geschlecht der Stendelwurtz ist
zweyerley/ nemlich das Männlein und
Weiblein. Das Männlein; Orchis morio
mas foliis maculatis, C. B. Park. Orchis ma-
jor tota purpurea maculoso folio, J. B.
hat bey
der wurtzel sechs/ siben/ auch mehr gestreiff-
te/ lange/ breitlichte/ fette/ und glatte/ biß-
weilen oben auff mit roth-schwartzen flecken
begabte blätter. Sein runder stengel wächßt
drey qwer-hand hoch/ und trägt oben am
[Spaltenumbruch] [Abbildung] II. Stendelwurtz. II. Orchis.
gipffel/ in dem Aprillen und Mäy/ viel pur-
pur-braune wenig gesprengte blumen/ wie
ein außgespitzt Aere; bey dem stiel eines jeden
blümleins/ hat es auch ein kleines außge-
spitztes purpur-farbes blättlein. Es gewin-
net zwey runde und länglichte wurtzeln/ in der
gestalt zweyer Oliven/ deren eine höher
hängt/ härter und voller ist; die andere wird
nidriger/ weich und runtzlicht. Das Weib-
lein; Orchis morio foemina, C. B. Park. Or-
chis minor purpurea & aliorum colorum cum
alis virentibus, J. B.
vergleicht sich dem
Männlein mit der wurtzel/ stengel/ blättern
und blumen/ ist jedoch kleiner/ hat wolrie-
chende blümlein/ welche purpur-roth/ leib-
farb/ oder auch wohl weiß/ mit purpur-brau-
nen flecklein ein wenig besprengt. Man fin-
det sie an stein-und sandichten orten/ son-
derlich aber in den mageren Berg-matten/
und Weide.

Das ander Geschlecht der Stendelwurtz
ist auch zweyerley/ das Männlein und

Weib-

Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch] men von der farbe ihrer Mutter weit ab.
Die Ameiſen lieben dieſe wurtzel ſehr/ und
zerfreſſen ſie gantz/ wo ſie nur immer moͤ-
gen zukommen.

Eigenſchafft.

Die Goldwurtz hat gleiche Natur/ wie
die wurtzel der weiſſen Lilien: Fuͤhret auch
mit vielem waͤſſerigen ſafft/ ein ſubtiles/
fluͤchtiges/ alkaliſches ſaltz/ und hat davon
die eigenſchafft zu eroͤffnen/ zu erweichen/
und zu erduͤnneren/ durch die Harn- und
Mutter-gaͤng zu treiben.

Gebrauch.

Die Alchymiſten machen groſſes geſchrey
von dieſem Kraut/ denn ſie vermeinen/ es
[Spaltenumbruch] habe die krafft/ die Metall zu veraͤnde-
ren.

So ein Pferd grindicht iſt: Nim geſtoſ-Grindicht[e]
Pferd.

ſene Goldwurtzel/ Lorbeeren/ Wachholder-
beer/ Jmber/ Salpeter jedes ein halb loth/
weiſſen præcipitat ein halb quintlein/ miſche
alles zuſammen/ menge alt Schmer darun-
der/ und ſchmiere den Grind damit.

Die Goldwurtz in weiſſem Wein geſot-Sand und
Schleim
der Nierẽ/
Verlohre-
ne Reini-
gung der
Weiberen/
Schwindel
Fallende
Sucht.

ten/ und von dem Wein offt getruncken/
treibet den Sand und Schleim durch den
Harn/ bringet wider die monatliche Reini-
gung der Weibern/ vertreibet endlich auch
den Schwindel/ und die fallende Sucht/
wenn etwan annoch der Miſtel vom Linden-
baum damit geſotten wird.



CAPUT LIII.
[Spaltenumbruch] [Abbildung] I. Stendelwurtz. I. Orchis.
Namen.

STendelwurtz/ oder Knaben-kraut/
heißt Griechiſch/ [fremdsprachliches Material – 2 Wörter fehlen]
Lateiniſch/ Orchis, Cynoſorchis, Te-
ſticulus, Satyrion officinale.
Jtaliaͤniſch/
Teſticolo di cane. Frantzoͤſiſch/ Couillon du
Chien.
Spaniſch/ Cojon de perro. Engliſch/
Ragwort. Daͤniſch/ Gogsurt/ Gogsbid/
Giliurt. Niderlaͤndiſch/ Standelurt/ Honts-
culiekens.

Geſchlecht und Geſtalt.

Das erſte Geſchlecht der Stendelwurtz iſt
zweyerley/ nemlich das Maͤnnlein und
Weiblein. Das Maͤnnlein; Orchis morio
mas foliis maculatis, C. B. Park. Orchis ma-
jor tota purpurea maculoſo folio, J. B.
hat bey
der wurtzel ſechs/ ſiben/ auch mehr geſtreiff-
te/ lange/ breitlichte/ fette/ und glatte/ biß-
weilen oben auff mit roth-ſchwartzen flecken
begabte blaͤtter. Sein runder ſtengel waͤchßt
drey qwer-hand hoch/ und traͤgt oben am
[Spaltenumbruch] [Abbildung] II. Stendelwurtz. II. Orchis.
gipffel/ in dem Aprillen und Maͤy/ viel pur-
pur-braune wenig geſprengte blumen/ wie
ein außgeſpitzt Aere; bey dem ſtiel eines jeden
bluͤmleins/ hat es auch ein kleines außge-
ſpitztes purpur-farbes blaͤttlein. Es gewin-
net zwey runde und laͤnglichte wurtzeln/ in der
geſtalt zweyer Oliven/ deren eine hoͤher
haͤngt/ haͤrter und voller iſt; die andere wird
nidriger/ weich und runtzlicht. Das Weib-
lein; Orchis morio fœmina, C. B. Park. Or-
chis minor purpurea & aliorum colorum cum
alis virentibus, J. B.
vergleicht ſich dem
Maͤnnlein mit der wurtzel/ ſtengel/ blaͤttern
und blumen/ iſt jedoch kleiner/ hat wolrie-
chende bluͤmlein/ welche purpur-roth/ leib-
farb/ oder auch wohl weiß/ mit purpur-brau-
nen flecklein ein wenig beſprengt. Man fin-
det ſie an ſtein-und ſandichten orten/ ſon-
derlich aber in den mageren Berg-matten/
und Weide.

Das ander Geſchlecht der Stendelwurtz
iſt auch zweyerley/ das Maͤnnlein und

Weib-
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[375/0391] Von den Kraͤuteren. men von der farbe ihrer Mutter weit ab. Die Ameiſen lieben dieſe wurtzel ſehr/ und zerfreſſen ſie gantz/ wo ſie nur immer moͤ- gen zukommen. Eigenſchafft. Die Goldwurtz hat gleiche Natur/ wie die wurtzel der weiſſen Lilien: Fuͤhret auch mit vielem waͤſſerigen ſafft/ ein ſubtiles/ fluͤchtiges/ alkaliſches ſaltz/ und hat davon die eigenſchafft zu eroͤffnen/ zu erweichen/ und zu erduͤnneren/ durch die Harn- und Mutter-gaͤng zu treiben. Gebrauch. Die Alchymiſten machen groſſes geſchrey von dieſem Kraut/ denn ſie vermeinen/ es habe die krafft/ die Metall zu veraͤnde- ren. So ein Pferd grindicht iſt: Nim geſtoſ- ſene Goldwurtzel/ Lorbeeren/ Wachholder- beer/ Jmber/ Salpeter jedes ein halb loth/ weiſſen præcipitat ein halb quintlein/ miſche alles zuſammen/ menge alt Schmer darun- der/ und ſchmiere den Grind damit. Grindichte Pferd. Die Goldwurtz in weiſſem Wein geſot- ten/ und von dem Wein offt getruncken/ treibet den Sand und Schleim durch den Harn/ bringet wider die monatliche Reini- gung der Weibern/ vertreibet endlich auch den Schwindel/ und die fallende Sucht/ wenn etwan annoch der Miſtel vom Linden- baum damit geſotten wird. Sand und Schleim der Nierẽ/ Verlohre- ne Reini- gung der Weiberen/ Schwindel Fallende Sucht. CAPUT LIII. [Abbildung I. Stendelwurtz. I. Orchis. ] Namen. STendelwurtz/ oder Knaben-kraut/ heißt Griechiſch/ __ Lateiniſch/ Orchis, Cynoſorchis, Te- ſticulus, Satyrion officinale. Jtaliaͤniſch/ Teſticolo di cane. Frantzoͤſiſch/ Couillon du Chien. Spaniſch/ Cojon de perro. Engliſch/ Ragwort. Daͤniſch/ Gogsurt/ Gogsbid/ Giliurt. Niderlaͤndiſch/ Standelurt/ Honts- culiekens. Geſchlecht und Geſtalt. Das erſte Geſchlecht der Stendelwurtz iſt zweyerley/ nemlich das Maͤnnlein und Weiblein. Das Maͤnnlein; Orchis morio mas foliis maculatis, C. B. Park. Orchis ma- jor tota purpurea maculoſo folio, J. B. hat bey der wurtzel ſechs/ ſiben/ auch mehr geſtreiff- te/ lange/ breitlichte/ fette/ und glatte/ biß- weilen oben auff mit roth-ſchwartzen flecken begabte blaͤtter. Sein runder ſtengel waͤchßt drey qwer-hand hoch/ und traͤgt oben am [Abbildung II. Stendelwurtz. II. Orchis. ] gipffel/ in dem Aprillen und Maͤy/ viel pur- pur-braune wenig geſprengte blumen/ wie ein außgeſpitzt Aere; bey dem ſtiel eines jeden bluͤmleins/ hat es auch ein kleines außge- ſpitztes purpur-farbes blaͤttlein. Es gewin- net zwey runde und laͤnglichte wurtzeln/ in der geſtalt zweyer Oliven/ deren eine hoͤher haͤngt/ haͤrter und voller iſt; die andere wird nidriger/ weich und runtzlicht. Das Weib- lein; Orchis morio fœmina, C. B. Park. Or- chis minor purpurea & aliorum colorum cum alis virentibus, J. B. vergleicht ſich dem Maͤnnlein mit der wurtzel/ ſtengel/ blaͤttern und blumen/ iſt jedoch kleiner/ hat wolrie- chende bluͤmlein/ welche purpur-roth/ leib- farb/ oder auch wohl weiß/ mit purpur-brau- nen flecklein ein wenig beſprengt. Man fin- det ſie an ſtein-und ſandichten orten/ ſon- derlich aber in den mageren Berg-matten/ und Weide. Das ander Geſchlecht der Stendelwurtz iſt auch zweyerley/ das Maͤnnlein und Weib-

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/391>, abgerufen am 21.11.2024.