[Spaltenumbruch]
len Neben-wurtzeln behängt/ von deren wachsen herfür vier oder fünff Stengel/ die werden selten über ein Spannen lang/ welche mit tieff zerschnittenen Blättern/ der Berg- rauten gleich/ zerspalten/ sind doch länger und schmäler als dieselbige/ eines starcken geruchs. An den Gipffeln der Stengeln kom- men weisse Blumen von fünff Blättern/ wenn die abfallen und vergehen/ folgen her- nach drey-eckichte Häuptlein oder Köpflein/ die sind grösser als die Köpflein der Wein- rauten/ mit scharffen/ subtilen/ haarichten Blättlein überzogen/ darinnen ligt der Sa- men verschlossen/ der ist dreyeckicht/ von Far- ben braun-roth/ eines bitteren geschmacks/ wie auch das gantze Kraut.
Man zielet sie bey uns in den Lust-gärten/ muß aber den Winter über wohl verwahret werden. Sie wächst von sich selbst in Cap- padocia und Galatia. Matthiolus hat sie von D. Guilielmo Quacelbeno, auß Constan- tinopel empfangen. Aber Theodor. Tabernae- montanus hat sie erstlich zu Brüssel bey Jo- hanne Boysoto gesehen/ welcher ihm von dem Samen mitgetheilet hat. Carolus Clusius Libr. 2. Stirp. Hispan. Histor. Cap. 69. & Lib. 5. Rarior. Plantar. Histor. Cap. 35. schreibet/ man finde die Hermel-raute in grosser mänge in Castella nova, umb Madrit und Quadala- jara/ da er sie nicht allein im Sommer/ son- dern auch in dem Wintermonat mit Blu- men und Samen gesehen habe. Bellonius Lib. 2. Observat. Cap. 21. vermeldet/ die Her- mel-raute wachse in sandichten Orten/ umb Alexandria in Egypten/ und daß die Ara- ber/ Egyptier und Türcken sie viel gebrau- chen: denn dieser Aberglaube ist bey ihnen eingewurtzelt/ wenn sie sich alle Tag mit der Hermel-rauten beräuchern/ müssen da- durch die bösen Geister von ihnen weichen.
Jn dem Medicinischen Garten zu Leiden wird auch eine Art der wilden Rauten ge- pflantzet/ welche der nächst vorhergehenden in allem fast ähnlich/ außgenommen/ daß ihre Blühte vier-blättig/ und mit vielen gelben zäserlein gezieret ist. Morison nennet sie auff Lateinisch/ Rutam Chalepensem te- nuifoliam florum petalis Villis scatentibus.
Eigenschafft.
Die Hermel-raute hat gleiche Eigen- schafft mit den vorigen Geschlechten.
CAPUT CLIX. Geiß-raute.Ruta capraria.
Namen.
GEiß-raute heißt Lateinisch/ Ruta capraria, Galega, Herba Galeni, Ru- ta gallica. Jtaliänisch/ Castracane, Galega, Herba nesa, Capragma, Lavanese. Spanisch/ Gallegua. Englisch/ Jtalian fiech/ goates rue. Dänisch/ Bucke-vicker/ suine-vicker. Niderländisch/ Geyte ruyte/ Galeg. Die Geiß-raute wird in Hoch- teutscher Sprach Fleckenkraut genennt/ die- weil sie wider die Flecken-fieber dienlich ist.
Gestalt.
Die Geiß-raute hat ein weisse/ holtz- und [Spaltenumbruch]
[Abbildung]
Geiß-raut.Ruta capraria. zasichte Wurtzel/ fingers dick/ bleibt unver- sehrt drey Jahr im Erdreich stehen/ schlägt alle Jahr wider von der wurtzel auß/ ge- winnet etliche stengel/ anderthalb elen hoch/ die sind mit fetten länglichten blättern von unden an biß oben auß bekleidet/ je neun o- der zehen/ auch bißweilen minder und mehr an einem stiel/ auff beyden seiten/ die ver- gleichen sich den blättern der purpur-blawen Vogels-wicken. Am obern theil der stengeln erscheinen bleiche/ purpur-blawe/ ährichte/ und bißweilen gantz weisse Blumen in dem Hewmonat/ die sind den Blumen der ob- gemeldten Vogels-wicken so gleich/ daß man diese beyde Kräuter kaum von einander un- derscheiden kan/ und ist der unterscheid al- lein darinn zuvermercken/ daß die Vogels- wicken Gäbelein haben/ damit sie sich in den Hecken und anderen Neben-gewächsen anhängen/ deren die Geißraute mangelt. Nach den Blumen folgen kleine/ lange/ un- ebene schötlein/ darinn ist der Samen ver- schlossen/ dem Samen des Griechischen Hews ähnlich/ außgenommen daß er läng- lichter und kleiner ist. Dieses Kraut wächst gern in fetten und feuchten Orten/ an den Gestaden der Bächen und Wasserflüssen. Wird in grosser mänge in Piemont und umb die Haupt-Statt Turin auff der ebne gefunden. Es wird auch von wegen seiner fürtrefflichen Tugend in die Lust-gärten gezielet/ darinnen es drey Jahr beständig beharret/ aber in dem vierdten Jahr verdir- bet die wurtzel und das kraut mit einander.
Eigenschafft.
Geiß-rauten hat keinen Geschmack noch Geruch/ jedoch steckt ein alkalisch-irdisches miltes saltz darinn verborgen/ dadurch sie die kräfften hat alles Gifft in und ausser dem Leib zu töden.
Gebrauch.
Von den Baum- und Staud-Gewaͤchſen.
[Spaltenumbruch]
len Neben-wurtzeln behaͤngt/ von deren wachſen herfuͤr vier oder fuͤnff Stengel/ die werden ſelten uͤber ein Spannen lang/ welche mit tieff zerſchnittenen Blaͤttern/ der Berg- rauten gleich/ zerſpalten/ ſind doch laͤnger und ſchmaͤler als dieſelbige/ eines ſtarcken geruchs. An den Gipffeln der Stengeln kom- men weiſſe Blumen von fuͤnff Blaͤttern/ wenn die abfallen und vergehen/ folgen her- nach drey-eckichte Haͤuptlein oder Koͤpflein/ die ſind groͤſſer als die Koͤpflein der Wein- rauten/ mit ſcharffen/ ſubtilen/ haarichten Blaͤttlein uͤberzogen/ darinnen ligt der Sa- men verſchloſſen/ der iſt dreyeckicht/ von Far- ben braun-roth/ eines bitteren geſchmacks/ wie auch das gantze Kraut.
Man zielet ſie bey uns in den Luſt-gaͤrten/ muß aber den Winter uͤber wohl verwahret werden. Sie waͤchſt von ſich ſelbſt in Cap- padocia und Galatia. Matthiolus hat ſie von D. Guilielmo Quacelbeno, auß Conſtan- tinopel empfangen. Aber Theodor. Tabernæ- montanus hat ſie erſtlich zu Bruͤſſel bey Jo- hanne Boyſoto geſehen/ welcher ihm von dem Samen mitgetheilet hat. Carolus Cluſius Libr. 2. Stirp. Hiſpan. Hiſtor. Cap. 69. & Lib. 5. Rarior. Plantar. Hiſtor. Cap. 35. ſchreibet/ man finde die Hermel-raute in groſſer maͤnge in Caſtella nova, umb Madrit und Quadala- jara/ da er ſie nicht allein im Sommer/ ſon- dern auch in dem Wintermonat mit Blu- men und Samen geſehen habe. Bellonius Lib. 2. Obſervat. Cap. 21. vermeldet/ die Her- mel-raute wachſe in ſandichten Orten/ umb Alexandria in Egypten/ und daß die Ara- ber/ Egyptier und Tuͤrcken ſie viel gebrau- chen: denn dieſer Aberglaube iſt bey ihnen eingewurtzelt/ wenn ſie ſich alle Tag mit der Hermel-rauten beraͤuchern/ muͤſſen da- durch die boͤſen Geiſter von ihnen weichen.
Jn dem Mediciniſchen Garten zu Leiden wird auch eine Art der wilden Rauten ge- pflantzet/ welche der naͤchſt vorhergehenden in allem faſt aͤhnlich/ außgenommen/ daß ihre Bluͤhte vier-blaͤttig/ und mit vielen gelben zaͤſerlein gezieret iſt. Moriſon nennet ſie auff Lateiniſch/ Rutam Chalepenſem te- nuifoliam florum petalis Villis ſcatentibus.
Eigenſchafft.
Die Hermel-raute hat gleiche Eigen- ſchafft mit den vorigen Geſchlechten.
CAPUT CLIX. Geiß-raute.Ruta capraria.
Namen.
GEiß-raute heißt Lateiniſch/ Ruta capraria, Galega, Herba Galeni, Ru- ta gallica. Jtaliaͤniſch/ Caſtracane, Galega, Herba neſa, Capragma, Lavaneſe. Spaniſch/ Gallegua. Engliſch/ Jtalian fiech/ goates rue. Daͤniſch/ Bucke-vicker/ ſuine-vicker. Niderlaͤndiſch/ Geyte ruyte/ Galeg. Die Geiß-raute wird in Hoch- teutſcher Sprach Fleckenkraut genennt/ die- weil ſie wider die Flecken-fieber dienlich iſt.
Geſtalt.
Die Geiß-raute hat ein weiſſe/ holtz- und [Spaltenumbruch]
[Abbildung]
Geiß-raut.Ruta capraria. zaſichte Wurtzel/ fingers dick/ bleibt unver- ſehrt drey Jahr im Erdreich ſtehen/ ſchlaͤgt alle Jahr wider von der wurtzel auß/ ge- winnet etliche ſtengel/ anderthalb elen hoch/ die ſind mit fetten laͤnglichten blaͤttern von unden an biß oben auß bekleidet/ je neun o- der zehen/ auch bißweilen minder und mehr an einem ſtiel/ auff beyden ſeiten/ die ver- gleichen ſich den blaͤttern der purpur-blawen Vogels-wicken. Am obern theil der ſtengeln erſcheinen bleiche/ purpur-blawe/ aͤhrichte/ und bißweilen gantz weiſſe Blumen in dem Hewmonat/ die ſind den Blumen der ob- gemeldten Vogels-wicken ſo gleich/ daß man dieſe beyde Kraͤuter kaum von einander un- derſcheiden kan/ und iſt der unterſcheid al- lein darinn zuvermercken/ daß die Vogels- wicken Gaͤbelein haben/ damit ſie ſich in den Hecken und anderen Neben-gewaͤchſen anhaͤngen/ deren die Geißraute mangelt. Nach den Blumen folgen kleine/ lange/ un- ebene ſchoͤtlein/ darinn iſt der Samen ver- ſchloſſen/ dem Samen des Griechiſchen Hews aͤhnlich/ außgenommen daß er laͤng- lichter und kleiner iſt. Dieſes Kraut waͤchſt gern in fetten und feuchten Orten/ an den Geſtaden der Baͤchen und Waſſerfluͤſſen. Wird in groſſer maͤnge in Piemont und umb die Haupt-Statt Turin auff der ebne gefunden. Es wird auch von wegen ſeiner fuͤrtrefflichen Tugend in die Luſt-gaͤrten gezielet/ darinnen es drey Jahr beſtaͤndig beharꝛet/ aber in dem vierdten Jahr verdir- bet die wurtzel und das kraut mit einander.
Eigenſchafft.
Geiß-rauten hat keinen Geſchmack noch Geruch/ jedoch ſteckt ein alkaliſch-irdiſches miltes ſaltz darinn verborgen/ dadurch ſie die kraͤfften hat alles Gifft in und auſſer dem Leib zu toͤden.
Gebrauch.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0295"n="279"/><fwplace="top"type="header">Von den Baum- und Staud-Gewaͤchſen.</fw><lb/><cb/>
len Neben-wurtzeln behaͤngt/ von deren<lb/>
wachſen herfuͤr vier oder fuͤnff Stengel/ die<lb/>
werden ſelten uͤber ein Spannen lang/ welche<lb/>
mit tieff zerſchnittenen Blaͤttern/ der Berg-<lb/>
rauten gleich/ zerſpalten/ ſind doch laͤnger<lb/>
und ſchmaͤler als dieſelbige/ eines ſtarcken<lb/>
geruchs. An den Gipffeln der Stengeln kom-<lb/>
men weiſſe Blumen von fuͤnff Blaͤttern/<lb/>
wenn die abfallen und vergehen/ folgen her-<lb/>
nach drey-eckichte Haͤuptlein oder Koͤpflein/<lb/>
die ſind groͤſſer als die Koͤpflein der Wein-<lb/>
rauten/ mit ſcharffen/ ſubtilen/ haarichten<lb/>
Blaͤttlein uͤberzogen/ darinnen ligt der Sa-<lb/>
men verſchloſſen/ der iſt dreyeckicht/ von Far-<lb/>
ben braun-roth/ eines bitteren geſchmacks/<lb/>
wie auch das gantze Kraut.</p><lb/><p>Man zielet ſie bey uns in den Luſt-gaͤrten/<lb/>
muß aber den Winter uͤber wohl verwahret<lb/>
werden. Sie waͤchſt von ſich ſelbſt in Cap-<lb/>
padocia und Galatia. <hirendition="#aq">Matthiolus</hi> hat ſie<lb/>
von <hirendition="#aq">D. Guilielmo Quacelbeno,</hi> auß Conſtan-<lb/>
tinopel empfangen. Aber <hirendition="#aq">Theodor. Tabernæ-<lb/>
montanus</hi> hat ſie erſtlich zu Bruͤſſel bey <hirendition="#aq">Jo-<lb/>
hanne Boyſoto</hi> geſehen/ welcher ihm von dem<lb/>
Samen mitgetheilet hat. <hirendition="#aq">Carolus Cluſius<lb/>
Libr. 2. Stirp. Hiſpan. Hiſtor. Cap. 69. & Lib. 5.<lb/>
Rarior. Plantar. Hiſtor. Cap.</hi> 35. ſchreibet/ man<lb/>
finde die Hermel-raute in groſſer maͤnge in<lb/><hirendition="#aq">Caſtella nova,</hi> umb Madrit und Quadala-<lb/>
jara/ da er ſie nicht allein im Sommer/ ſon-<lb/>
dern auch in dem Wintermonat mit Blu-<lb/>
men und Samen geſehen habe. <hirendition="#aq">Bellonius<lb/>
Lib. 2. Obſervat. Cap.</hi> 21. vermeldet/ die Her-<lb/>
mel-raute wachſe in ſandichten Orten/ umb<lb/>
Alexandria in Egypten/ und daß die Ara-<lb/>
ber/ Egyptier und Tuͤrcken ſie viel gebrau-<lb/>
chen: denn dieſer Aberglaube iſt bey ihnen<lb/>
eingewurtzelt/ wenn ſie ſich alle Tag mit<lb/>
der Hermel-rauten beraͤuchern/ muͤſſen da-<lb/>
durch die boͤſen Geiſter von ihnen weichen.</p><lb/><p>Jn dem Mediciniſchen Garten zu Leiden<lb/>
wird auch eine Art der wilden Rauten ge-<lb/>
pflantzet/ welche der naͤchſt vorhergehenden<lb/>
in allem faſt aͤhnlich/ außgenommen/ daß<lb/>
ihre Bluͤhte vier-blaͤttig/ und mit vielen<lb/>
gelben zaͤſerlein gezieret iſt. <hirendition="#aq">Moriſon</hi> nennet<lb/>ſie auff Lateiniſch/ <hirendition="#aq">Rutam Chalepenſem te-<lb/>
nuifoliam florum petalis Villis ſcatentibus.</hi></p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Eigenſchafft.</hi></head><lb/><p>Die Hermel-raute hat gleiche Eigen-<lb/>ſchafft mit den vorigen Geſchlechten.</p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head><hirendition="#aq"><hirendition="#g">CAPUT CLIX</hi>.</hi><lb/><hirendition="#b">Geiß-raute.</hi><hirendition="#aq">Ruta capraria.</hi></head><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Namen.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">G</hi>Eiß-raute heißt Lateiniſch/ <hirendition="#aq">Ruta<lb/>
capraria, Galega, Herba Galeni, Ru-<lb/>
ta gallica.</hi> Jtaliaͤniſch/ <hirendition="#aq">Caſtracane,<lb/>
Galega, Herba neſa, Capragma, Lavaneſe.</hi><lb/>
Spaniſch/ <hirendition="#aq">Gallegua.</hi> Engliſch/ Jtalian<lb/>
fiech/ goates rue. Daͤniſch/ Bucke-vicker/<lb/>ſuine-vicker. Niderlaͤndiſch/ Geyte ruyte/<lb/>
Galeg. Die Geiß-raute wird in Hoch-<lb/>
teutſcher Sprach Fleckenkraut genennt/ die-<lb/>
weil ſie wider die Flecken-fieber dienlich iſt.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Geſtalt.</hi></head><lb/><p>Die Geiß-raute hat ein weiſſe/ holtz- und<lb/><cb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#fr">Geiß-raut.</hi><hirendition="#aq">Ruta capraria.</hi></hi></head><lb/></figure> zaſichte Wurtzel/ fingers dick/ bleibt unver-<lb/>ſehrt drey Jahr im Erdreich ſtehen/ ſchlaͤgt<lb/>
alle Jahr wider von der wurtzel auß/ ge-<lb/>
winnet etliche ſtengel/ anderthalb elen hoch/<lb/>
die ſind mit fetten laͤnglichten blaͤttern von<lb/>
unden an biß oben auß bekleidet/ je neun o-<lb/>
der zehen/ auch bißweilen minder und mehr<lb/>
an einem ſtiel/ auff beyden ſeiten/ die ver-<lb/>
gleichen ſich den blaͤttern der purpur-blawen<lb/>
Vogels-wicken. Am obern theil der ſtengeln<lb/>
erſcheinen bleiche/ purpur-blawe/ aͤhrichte/<lb/>
und bißweilen gantz weiſſe Blumen in dem<lb/>
Hewmonat/ die ſind den Blumen der ob-<lb/>
gemeldten Vogels-wicken ſo gleich/ daß man<lb/>
dieſe beyde Kraͤuter kaum von einander un-<lb/>
derſcheiden kan/ und iſt der unterſcheid al-<lb/>
lein darinn zuvermercken/ daß die Vogels-<lb/>
wicken Gaͤbelein haben/ damit ſie ſich in<lb/>
den Hecken und anderen Neben-gewaͤchſen<lb/>
anhaͤngen/ deren die Geißraute mangelt.<lb/>
Nach den Blumen folgen kleine/ lange/ un-<lb/>
ebene ſchoͤtlein/ darinn iſt der Samen ver-<lb/>ſchloſſen/ dem Samen des Griechiſchen<lb/>
Hews aͤhnlich/ außgenommen daß er laͤng-<lb/>
lichter und kleiner iſt. Dieſes Kraut waͤchſt<lb/>
gern in fetten und feuchten Orten/ an den<lb/>
Geſtaden der Baͤchen und Waſſerfluͤſſen.<lb/>
Wird in groſſer maͤnge in Piemont und<lb/>
umb die Haupt-Statt Turin auff der ebne<lb/>
gefunden. Es wird auch von wegen ſeiner<lb/>
fuͤrtrefflichen Tugend in die Luſt-gaͤrten<lb/>
gezielet/ darinnen es drey Jahr beſtaͤndig<lb/>
beharꝛet/ aber in dem vierdten Jahr verdir-<lb/>
bet die wurtzel und das kraut mit einander.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Eigenſchafft.</hi></head><lb/><p>Geiß-rauten hat keinen Geſchmack noch<lb/>
Geruch/ jedoch ſteckt ein alkaliſch-irdiſches<lb/>
miltes ſaltz darinn verborgen/ dadurch ſie<lb/>
die kraͤfften hat alles Gifft in und auſſer<lb/>
dem Leib zu toͤden.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Gebrauch.</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[279/0295]
Von den Baum- und Staud-Gewaͤchſen.
len Neben-wurtzeln behaͤngt/ von deren
wachſen herfuͤr vier oder fuͤnff Stengel/ die
werden ſelten uͤber ein Spannen lang/ welche
mit tieff zerſchnittenen Blaͤttern/ der Berg-
rauten gleich/ zerſpalten/ ſind doch laͤnger
und ſchmaͤler als dieſelbige/ eines ſtarcken
geruchs. An den Gipffeln der Stengeln kom-
men weiſſe Blumen von fuͤnff Blaͤttern/
wenn die abfallen und vergehen/ folgen her-
nach drey-eckichte Haͤuptlein oder Koͤpflein/
die ſind groͤſſer als die Koͤpflein der Wein-
rauten/ mit ſcharffen/ ſubtilen/ haarichten
Blaͤttlein uͤberzogen/ darinnen ligt der Sa-
men verſchloſſen/ der iſt dreyeckicht/ von Far-
ben braun-roth/ eines bitteren geſchmacks/
wie auch das gantze Kraut.
Man zielet ſie bey uns in den Luſt-gaͤrten/
muß aber den Winter uͤber wohl verwahret
werden. Sie waͤchſt von ſich ſelbſt in Cap-
padocia und Galatia. Matthiolus hat ſie
von D. Guilielmo Quacelbeno, auß Conſtan-
tinopel empfangen. Aber Theodor. Tabernæ-
montanus hat ſie erſtlich zu Bruͤſſel bey Jo-
hanne Boyſoto geſehen/ welcher ihm von dem
Samen mitgetheilet hat. Carolus Cluſius
Libr. 2. Stirp. Hiſpan. Hiſtor. Cap. 69. & Lib. 5.
Rarior. Plantar. Hiſtor. Cap. 35. ſchreibet/ man
finde die Hermel-raute in groſſer maͤnge in
Caſtella nova, umb Madrit und Quadala-
jara/ da er ſie nicht allein im Sommer/ ſon-
dern auch in dem Wintermonat mit Blu-
men und Samen geſehen habe. Bellonius
Lib. 2. Obſervat. Cap. 21. vermeldet/ die Her-
mel-raute wachſe in ſandichten Orten/ umb
Alexandria in Egypten/ und daß die Ara-
ber/ Egyptier und Tuͤrcken ſie viel gebrau-
chen: denn dieſer Aberglaube iſt bey ihnen
eingewurtzelt/ wenn ſie ſich alle Tag mit
der Hermel-rauten beraͤuchern/ muͤſſen da-
durch die boͤſen Geiſter von ihnen weichen.
Jn dem Mediciniſchen Garten zu Leiden
wird auch eine Art der wilden Rauten ge-
pflantzet/ welche der naͤchſt vorhergehenden
in allem faſt aͤhnlich/ außgenommen/ daß
ihre Bluͤhte vier-blaͤttig/ und mit vielen
gelben zaͤſerlein gezieret iſt. Moriſon nennet
ſie auff Lateiniſch/ Rutam Chalepenſem te-
nuifoliam florum petalis Villis ſcatentibus.
Eigenſchafft.
Die Hermel-raute hat gleiche Eigen-
ſchafft mit den vorigen Geſchlechten.
CAPUT CLIX.
Geiß-raute. Ruta capraria.
Namen.
GEiß-raute heißt Lateiniſch/ Ruta
capraria, Galega, Herba Galeni, Ru-
ta gallica. Jtaliaͤniſch/ Caſtracane,
Galega, Herba neſa, Capragma, Lavaneſe.
Spaniſch/ Gallegua. Engliſch/ Jtalian
fiech/ goates rue. Daͤniſch/ Bucke-vicker/
ſuine-vicker. Niderlaͤndiſch/ Geyte ruyte/
Galeg. Die Geiß-raute wird in Hoch-
teutſcher Sprach Fleckenkraut genennt/ die-
weil ſie wider die Flecken-fieber dienlich iſt.
Geſtalt.
Die Geiß-raute hat ein weiſſe/ holtz- und
[Abbildung Geiß-raut. Ruta capraria.
]
zaſichte Wurtzel/ fingers dick/ bleibt unver-
ſehrt drey Jahr im Erdreich ſtehen/ ſchlaͤgt
alle Jahr wider von der wurtzel auß/ ge-
winnet etliche ſtengel/ anderthalb elen hoch/
die ſind mit fetten laͤnglichten blaͤttern von
unden an biß oben auß bekleidet/ je neun o-
der zehen/ auch bißweilen minder und mehr
an einem ſtiel/ auff beyden ſeiten/ die ver-
gleichen ſich den blaͤttern der purpur-blawen
Vogels-wicken. Am obern theil der ſtengeln
erſcheinen bleiche/ purpur-blawe/ aͤhrichte/
und bißweilen gantz weiſſe Blumen in dem
Hewmonat/ die ſind den Blumen der ob-
gemeldten Vogels-wicken ſo gleich/ daß man
dieſe beyde Kraͤuter kaum von einander un-
derſcheiden kan/ und iſt der unterſcheid al-
lein darinn zuvermercken/ daß die Vogels-
wicken Gaͤbelein haben/ damit ſie ſich in
den Hecken und anderen Neben-gewaͤchſen
anhaͤngen/ deren die Geißraute mangelt.
Nach den Blumen folgen kleine/ lange/ un-
ebene ſchoͤtlein/ darinn iſt der Samen ver-
ſchloſſen/ dem Samen des Griechiſchen
Hews aͤhnlich/ außgenommen daß er laͤng-
lichter und kleiner iſt. Dieſes Kraut waͤchſt
gern in fetten und feuchten Orten/ an den
Geſtaden der Baͤchen und Waſſerfluͤſſen.
Wird in groſſer maͤnge in Piemont und
umb die Haupt-Statt Turin auff der ebne
gefunden. Es wird auch von wegen ſeiner
fuͤrtrefflichen Tugend in die Luſt-gaͤrten
gezielet/ darinnen es drey Jahr beſtaͤndig
beharꝛet/ aber in dem vierdten Jahr verdir-
bet die wurtzel und das kraut mit einander.
Eigenſchafft.
Geiß-rauten hat keinen Geſchmack noch
Geruch/ jedoch ſteckt ein alkaliſch-irdiſches
miltes ſaltz darinn verborgen/ dadurch ſie
die kraͤfften hat alles Gifft in und auſſer
dem Leib zu toͤden.
Gebrauch.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/295>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.