Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.Das Erste Buch/ [Spaltenumbruch]
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Erlenbaum. Alnus.Venedig in etlichen orten stücker von dem holtz des Erlenbaums gesehen/ welche zu Steinen worden/ daher man in der Kunst- kammern vorgemeldten Calceolarii von die- sem steinigen holtz oder höltzernen Stein sol- che Lateine Vers liset: -- -- videas lapidescere Sarni Casparus Bauhinus in pinace Theatri Bota- Eine Art mit längeren/ grünen Blättern Noch ein sonderbares Geschlecht deß Er- Der Erlenbaum/ welcher in allen stücken Eigenschafft. Es wird zwar dieser Baum in der Artzney Gebrauch. Das grüne Laub morgens frühe/ da derFlöhe ver- Sonsten werden die Stämmer dieses Das grüne Laub ist äusserlich gut zu hi- Erlen-rinde brauchen die Läder-färber CAPUT.
Das Erſte Buch/ [Spaltenumbruch]
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Erlenbaum. Alnus.Venedig in etlichen orten ſtuͤcker von dem holtz des Erlenbaums geſehen/ welche zu Steinen worden/ daher man in der Kunſt- kammern vorgemeldten Calceolarii von die- ſem ſteinigen holtz odér hoͤltzernen Stein ſol- che Lateine Vers liſet: — — videas lapideſcere Sarni Caſparus Bauhinus in pinace Theatri Bota- Eine Art mit laͤngeren/ gruͤnen Blaͤttern Noch ein ſonderbares Geſchlecht deß Er- Der Erlenbaum/ welcher in allen ſtuͤcken Eigenſchafft. Es wird zwar dieſer Baum in der Artzney Gebrauch. Das gruͤne Laub morgens fruͤhe/ da derFloͤhe ver- Sonſten werden die Staͤmmer dieſes Das gruͤne Laub iſt aͤuſſerlich gut zu hi- Erlen-rinde brauchen die Laͤder-faͤrber CAPUT.
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Das Erſte Buch/
[Abbildung Erlenbaum. Alnus.
]
Venedig in etlichen orten ſtuͤcker von dem
holtz des Erlenbaums geſehen/ welche zu
Steinen worden/ daher man in der Kunſt-
kammern vorgemeldten Calceolarii von die-
ſem ſteinigen holtz odér hoͤltzernen Stein ſol-
che Lateine Vers liſet:
— — videas lapideſcere Sarni
Cœruleo ſub fonte Alnum, filicisq́; maniplos,
Et paleæ intortos lento cum vimine culmos.
Caſparus Bauhinus in pinace Theatri Bota-
nic. Lib. 11. Sect. 5. berichtet/ daß er neben
den Wurtzeln des Erlenbaums ein aͤſtig Ge-
waͤchs wahrgenommen/ welches ſich der
Eychbaums-trauben vergleiche.
Eine Art mit laͤngeren/ gruͤnen Blaͤttern
waͤchſt allhier an waͤſſerigen Orten/ zwi-
ſchen dem Dorff Muttentz und Muͤnchen-
ſtein.
Noch ein ſonderbares Geſchlecht deß Er-
lenbaums/ beſchreibet Caſparus Bauhinus in
ſuo Matthiolo emaculato ad Lib. 2. Dioſcorid.
cap. 94. wird von ihme Alnus hirſuta, folio
incano, der haͤrige Erlenbaum genennt. Die-
ſer Baum iſt kleiner als der vorige/ hat laͤn-
gere und ſpitzere Blaͤtter/ an dem umbkreiß
mit groͤſſeren Kerffen begabet/ obenher ſind
ſie nicht fett/ ſondern lind wegen ſeiner klei-
nen und bald unſichtbaren Wolle/ die an
dem Rucken voͤller und aͤſchenfarb iſt. Sei-
ne zuſammengedrungene Kaͤtzlein bringen
ein ablange Frucht. Er waͤchſt under Huͤ-
ningen an dem Rhein.
Der Erlenbaum/ welcher in allen ſtuͤcken
auch kleiner iſt/ und keine leimichte Blaͤtter
traͤgt/ wird auff den Oeſterꝛeichiſchen und
Steyrmaͤrckiſchen Bergen gefunden.
Eigenſchafft.
Es wird zwar dieſer Baum in der Artzney
nicht viel gebrauchet/ doch ſoll in ſeiner
[Abbildung Haͤriger Erlenbaum.
Alnus hirſuta.
]
Rinden und Blaͤtteren ein bitterlichtes/ A-
luminoſiſches/ etwas fluͤchtiges ſaltz under
vielem Phlegmatiſchen klebichtem Safft ſte-
cken/ dadurch er die Eigenſchafft hat zu zer-
theilen/ zu kuͤhlen/ auffzuloͤſen/ Entzuͤn-
dungen zu vertreiben/ und Geſchwulſten deß
Zaͤpfleins und der Mandlen zu heilen.
Gebrauch.
Das gruͤne Laub morgens fruͤhe/ da der
Taw noch auffligt/ geſamlet/ und in die
Kammern geſtreuͤet/ da viel Floͤhe innen ſind/
und uͤber ein ſtund wider außgefeget/ nim̃t
die Floͤhe ſauber hinweg/ ſonderlich/ wenn
man annoch Roßmiſt darunder menget/
denn die Floͤhe an ſolchen zaͤhen Blaͤtteren
kleben bleiben.
Floͤhe ver-
treiben.
Sonſten werden die Staͤmmer dieſes
Baums zu Venedig und anderſtwo zu den
Fundamenten der Gebaͤwen/ wie auch zu
den Schiffen gebrauchet/ weilen ſolch holtz
in dem feuchten Erdreich nicht faulet/ ſon-
dern vielmehr in dem geſaltzenen Meer-
waſſer nach und nach eine ſteinerne im-
merwaͤrende daurhafftigkeit bekombt.
Das gruͤne Laub iſt aͤuſſerlich gut zu hi-
tzigen Schaͤden/ welck gemacht/ und alſo
auffgelegt. Jn die Schuh gethan alſo gruͤn/
und darauff gegangen/ ziehet auß den
Schmertzen/ Hitz und Muͤdigkeit der Fuͤſſen.
Erlen-rinde brauchen die Laͤder-faͤrber
zu ſchwartzer Farb. Dieſelbige Rinde und
alt Eiſen legen die Schuſter in das Waſſer/
nach etlichen Tagen wird es ſchwartz wie
Dinten. Auch brauchen etliche die Frucht
oder Knoſpen zu der Dinten/ an ſtatt der
Gallaͤpffel.
CAPUT.
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