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Zetkin, Clara: Zur Frage des Frauenwahlrechts. Bearbeitet nach dem Referat auf der Konferenz sozialistischer Frauen zu Mannheim. Dazu drei Anhänge: [...]. Berlin, 1907.

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baldige Befreiung von den Gesetzen und sozialen Gepflogenheiten
bringen würde, welche sie wirtschaftlich und im bürgerlichen Leben in
Unterbürtigkeit vom Manne halten, sondern auch dem ganzen Prole-
tariat ein rasches Wachstum an Kraft, an moralischer und sozialer
Freiheit. Die Einführung des Frauenwahlrechts wäre ein Schritt vor-
wärts auf dem Wege der Demokratie und der Menschheitsentwickelung.

Jean Allemane, Mitglied der französischen Kammer:

Sie wollen meine Meinung über das Frauenwahlrecht wissen? Jch
bedenke mich nicht lange, sie zu sagen. Jch bin ein ebenso entschiedener
Anhänger des Frauenwahlrechts geblieben, wie ich es vor 40 Jahren
war. Die Einführung des Frauenstimmrechts ist unstreitig die Vor-
aussetzung dafür, daß das Wahlrecht seinen Namen als allgemeines
verdient; die Voraussetzung auch dafür, daß es in Uebereinstimmung
mit den Ansprüchen der Gerechtigkeit und Vernunft gebracht wird, denn
es ist ebenso ungerecht, als lächerlich, der Frau das zu versagen, was
man dem Manne gewährt, nur -- weil sie Frau ist. Daraus erwachsen
sehr erklärliche Jrrungen und Wirrungen.

Weil unsere bürgerlichen Republikaner sich weigern, den nötigen
Akt der Gerechtigkeit zu vollziehen, ist es da verwunderlich, daß die
Reaktionäre die Situation auszunutzen versuchen? Zugestanden, daß
das ihrerseits ein schlauer Streich ist!

Die ersteren erheben ein lautes Geschrei und erklären, daß es um
die Republik geschehen wäre, wenn das Frauenwahlrecht eingeführt
würde. Als ob die Reaktionäre gewartet hätten, bis die Frauen stimmen
können, um zu ihrem Vorteil die Frauen zu verwenden, welche durch
ihre Jnteressen, ihre Lage, ihre Vorurteile, getrieben werden, die fort-
schrittlichen Jdeen zu bekämpfen! Man braucht nur etwas in einer
Wahlkampagne mitgearbeitet zu haben, um zu wissen, wie in dieser
Beziehung die Dinge liegen.

Wenn die Frauen das Wahlrecht erhalten, so ist es möglich, daß
einige katholische und protestantische Geistlichen mehr den Abbe Gayraud
und Lemire zugesellt werden, die jetzt von männlichen
Wählern in die Kammer geschickt werden
. Allein wenn
man sich die Abgeordneten genau ansieht, die gewisse Wahlkreise in die
Kammer entsenden, so fragt man sich, von welcher Bedeutung könnte
das sein? Wäre es wirklich ein großes Unglück, wenn an Stelle eines
Gailhard-Bancel, für welchen die Männer der Ardeche gestimmt haben,
die Frauen, welche wie die Männer stimmen könnten, irgend einen Geist-
lichen in die Kammer schickten?

Man wird gegen das Frauenwahlrecht einwenden, daß die politische
Erziehung der Frauen noch ganz rückständig ist. Jedoch kann auch
dieser Grund nicht die Verletzung eines Rechts rechtfertigen, das
meines Dafürhaltens unveräußerlich ist. Das um so weniger, als es
leider noch viel zu viel Männer gibt, welche nicht zu unterscheiden ver-
mögen, auf welcher Seite im politischen Leben Loyalität und Ueber-
zeugung zu finden ist, und die nichtsdestoweniger das Wahlrecht aus-
üben, und als andere Männer vorhanden sind, die sich zu politischen
Geschäften niedrigster und schuftigster Art hergeben.

Die Wirklichkeit legt uns Männern sehr nahe, recht, recht bescheiden
zu sein.

Meiner Vergangenheit wie dem sozialistischen Programm getreu,
bin ich entschlossen, mein bestes zu tun, damit sobald als möglich die
politische Gleichheit zwischen den Geschlechtern herbeigeführt wird.

baldige Befreiung von den Gesetzen und sozialen Gepflogenheiten
bringen würde, welche sie wirtschaftlich und im bürgerlichen Leben in
Unterbürtigkeit vom Manne halten, sondern auch dem ganzen Prole-
tariat ein rasches Wachstum an Kraft, an moralischer und sozialer
Freiheit. Die Einführung des Frauenwahlrechts wäre ein Schritt vor-
wärts auf dem Wege der Demokratie und der Menschheitsentwickelung.

Jean Allemane, Mitglied der französischen Kammer:

Sie wollen meine Meinung über das Frauenwahlrecht wissen? Jch
bedenke mich nicht lange, sie zu sagen. Jch bin ein ebenso entschiedener
Anhänger des Frauenwahlrechts geblieben, wie ich es vor 40 Jahren
war. Die Einführung des Frauenstimmrechts ist unstreitig die Vor-
aussetzung dafür, daß das Wahlrecht seinen Namen als allgemeines
verdient; die Voraussetzung auch dafür, daß es in Uebereinstimmung
mit den Ansprüchen der Gerechtigkeit und Vernunft gebracht wird, denn
es ist ebenso ungerecht, als lächerlich, der Frau das zu versagen, was
man dem Manne gewährt, nur — weil sie Frau ist. Daraus erwachsen
sehr erklärliche Jrrungen und Wirrungen.

Weil unsere bürgerlichen Republikaner sich weigern, den nötigen
Akt der Gerechtigkeit zu vollziehen, ist es da verwunderlich, daß die
Reaktionäre die Situation auszunutzen versuchen? Zugestanden, daß
das ihrerseits ein schlauer Streich ist!

Die ersteren erheben ein lautes Geschrei und erklären, daß es um
die Republik geschehen wäre, wenn das Frauenwahlrecht eingeführt
würde. Als ob die Reaktionäre gewartet hätten, bis die Frauen stimmen
können, um zu ihrem Vorteil die Frauen zu verwenden, welche durch
ihre Jnteressen, ihre Lage, ihre Vorurteile, getrieben werden, die fort-
schrittlichen Jdeen zu bekämpfen! Man braucht nur etwas in einer
Wahlkampagne mitgearbeitet zu haben, um zu wissen, wie in dieser
Beziehung die Dinge liegen.

Wenn die Frauen das Wahlrecht erhalten, so ist es möglich, daß
einige katholische und protestantische Geistlichen mehr den Abbé Gayraud
und Lemire zugesellt werden, die jetzt von männlichen
Wählern in die Kammer geschickt werden
. Allein wenn
man sich die Abgeordneten genau ansieht, die gewisse Wahlkreise in die
Kammer entsenden, so fragt man sich, von welcher Bedeutung könnte
das sein? Wäre es wirklich ein großes Unglück, wenn an Stelle eines
Gailhard-Bancel, für welchen die Männer der Ardéche gestimmt haben,
die Frauen, welche wie die Männer stimmen könnten, irgend einen Geist-
lichen in die Kammer schickten?

Man wird gegen das Frauenwahlrecht einwenden, daß die politische
Erziehung der Frauen noch ganz rückständig ist. Jedoch kann auch
dieser Grund nicht die Verletzung eines Rechts rechtfertigen, das
meines Dafürhaltens unveräußerlich ist. Das um so weniger, als es
leider noch viel zu viel Männer gibt, welche nicht zu unterscheiden ver-
mögen, auf welcher Seite im politischen Leben Loyalität und Ueber-
zeugung zu finden ist, und die nichtsdestoweniger das Wahlrecht aus-
üben, und als andere Männer vorhanden sind, die sich zu politischen
Geschäften niedrigster und schuftigster Art hergeben.

Die Wirklichkeit legt uns Männern sehr nahe, recht, recht bescheiden
zu sein.

Meiner Vergangenheit wie dem sozialistischen Programm getreu,
bin ich entschlossen, mein bestes zu tun, damit sobald als möglich die
politische Gleichheit zwischen den Geschlechtern herbeigeführt wird.

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2015-08-28T12:13:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-28T12:13:05Z)

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Zitationshilfe: Zetkin, Clara: Zur Frage des Frauenwahlrechts. Bearbeitet nach dem Referat auf der Konferenz sozialistischer Frauen zu Mannheim. Dazu drei Anhänge: [...]. Berlin, 1907, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zetkin_frauenwahlrecht2_1907/85>, abgerufen am 22.12.2024.