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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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Vorrede.
von mir gewiesen worden, daß, wenn man
die positiven Gesetze, in den Fällen, worinn
sie von den natürlichen abweichen, nach der
Richtschnur der natürlichen, vermöge der
natürlichen Theorie der bürgerlichen, oder
positivischen Gesetze, welches gewiß auch
keinen geringen Theil des Rechts der Na-
tur ausmacht, ob er gleich bisher gäntzlich
verlassen und unbearbeitet geblieben ist,
prüfet, sich zwischen der natürlichen und
bürgerlichen Rechtsgelehrsamkeit die schön-
ste Uebereinstimmung erzeuge, und mithin
in allen eine beständige Eintracht und Ue-
bereinkommen sey. Diejenigen, welche sich
auf die Rechte legen, sind gemeiniglich der-
jenigen Methode, welche allein zur Wis-
senschaft führet, unkundig, und übersehen
das weite Feld des Rechts der Natur nicht.
Derowegen scheinet es wol nicht, daß mein
Werck nach ihrem Geschmack seyn werde;
noch vielweniger aber reimet sich es zu der
Fähigkeit der Anfänger, als welchen auch
die Weitläuftigkeit im Wege stehet. Da
mir nun das Amt das Natur- und Völ-
ckerrecht zu lehren aufgetragen ist; so mu-
ste ich mich bemühen, daß ich die zur Er-
kentniß der Gesetze begierige Jugend zu ei-

ner

Vorrede.
von mir gewieſen worden, daß, wenn man
die poſitiven Geſetze, in den Faͤllen, worinn
ſie von den natuͤrlichen abweichen, nach der
Richtſchnur der natuͤrlichen, vermoͤge der
natuͤrlichen Theorie der buͤrgerlichen, oder
poſitiviſchen Geſetze, welches gewiß auch
keinen geringen Theil des Rechts der Na-
tur ausmacht, ob er gleich bisher gaͤntzlich
verlaſſen und unbearbeitet geblieben iſt,
pruͤfet, ſich zwiſchen der natuͤrlichen und
buͤrgerlichen Rechtsgelehrſamkeit die ſchoͤn-
ſte Uebereinſtimmung erzeuge, und mithin
in allen eine beſtaͤndige Eintracht und Ue-
bereinkommen ſey. Diejenigen, welche ſich
auf die Rechte legen, ſind gemeiniglich der-
jenigen Methode, welche allein zur Wiſ-
ſenſchaft fuͤhret, unkundig, und uͤberſehen
das weite Feld des Rechts der Natur nicht.
Derowegen ſcheinet es wol nicht, daß mein
Werck nach ihrem Geſchmack ſeyn werde;
noch vielweniger aber reimet ſich es zu der
Faͤhigkeit der Anfaͤnger, als welchen auch
die Weitlaͤuftigkeit im Wege ſtehet. Da
mir nun das Amt das Natur- und Voͤl-
ckerrecht zu lehren aufgetragen iſt; ſo mu-
ſte ich mich bemuͤhen, daß ich die zur Er-
kentniß der Geſetze begierige Jugend zu ei-

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[0019] Vorrede. von mir gewieſen worden, daß, wenn man die poſitiven Geſetze, in den Faͤllen, worinn ſie von den natuͤrlichen abweichen, nach der Richtſchnur der natuͤrlichen, vermoͤge der natuͤrlichen Theorie der buͤrgerlichen, oder poſitiviſchen Geſetze, welches gewiß auch keinen geringen Theil des Rechts der Na- tur ausmacht, ob er gleich bisher gaͤntzlich verlaſſen und unbearbeitet geblieben iſt, pruͤfet, ſich zwiſchen der natuͤrlichen und buͤrgerlichen Rechtsgelehrſamkeit die ſchoͤn- ſte Uebereinſtimmung erzeuge, und mithin in allen eine beſtaͤndige Eintracht und Ue- bereinkommen ſey. Diejenigen, welche ſich auf die Rechte legen, ſind gemeiniglich der- jenigen Methode, welche allein zur Wiſ- ſenſchaft fuͤhret, unkundig, und uͤberſehen das weite Feld des Rechts der Natur nicht. Derowegen ſcheinet es wol nicht, daß mein Werck nach ihrem Geſchmack ſeyn werde; noch vielweniger aber reimet ſich es zu der Faͤhigkeit der Anfaͤnger, als welchen auch die Weitlaͤuftigkeit im Wege ſtehet. Da mir nun das Amt das Natur- und Voͤl- ckerrecht zu lehren aufgetragen iſt; ſo mu- ſte ich mich bemuͤhen, daß ich die zur Er- kentniß der Geſetze begierige Jugend zu ei- ner

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/19>, abgerufen am 26.04.2024.