Wieder- vergel- tung zu sehen ha- be.Strafrechtes, nicht in Betrachtung zu zie- hen ist (§. 156.); so ist auch bey der Be- strafung der Privat- und öffentlichen Verbrechen nicht auf die Wiederver- geltung zu sehen, sondern man muß den Verbrecher zur Strafe bald mit ei- nem geringern Uebel, als er zugefüget hat, belegen, wie es der Endzweck der Strafe erfordert (§. 94.). Aus eben der Ursache ist auch ein Uebel an sich selbst nicht also beschaffen, daß es gestraft werden müste, und der Regent des Staats hat auch den Tod eines Uebel- thäters nicht zu seiner Absicht, son- dern vielmehr die Beleidigung so wohl von einem ieden, als auch von der Re- publick, oder allen zusammengenom- men abzuwenden.
§. 1050.
Was nicht ge- straft werden könne.
Weil die Menschen von Natur kein Recht zu strafen haben, ausser nur wenn wircklich eine Beleidigung geschehen ist (§. 93.); so können die innerlichen Handlungen, wenn sie nicht äusserlich ausbrechen, nicht gestrafet werden. Daher kann man auch der Jrrthümer halber nie- mand bestrafen, aber die Ausbreitung des Jrrthums ist es, sonderlich wenn man es verbothen hat, welche mit Strafe be- leget werden kann. Derowegen weil die Gottesverleugnung und der Deismus ebenfalls Jrrthümer sind, so sind sie der
Strafe
III. Theil 2. Abth. 4. Hauptſtuͤck.
Wieder- vergel- tung zu ſehen ha- be.Strafrechtes, nicht in Betrachtung zu zie- hen iſt (§. 156.); ſo iſt auch bey der Be- ſtrafung der Privat- und oͤffentlichen Verbrechen nicht auf die Wiederver- geltung zu ſehen, ſondern man muß den Verbrecher zur Strafe bald mit ei- nem geringern Uebel, als er zugefuͤget hat, belegen, wie es der Endzweck der Strafe erfordert (§. 94.). Aus eben der Urſache iſt auch ein Uebel an ſich ſelbſt nicht alſo beſchaffen, daß es geſtraft werden muͤſte, und der Regent des Staats hat auch den Tod eines Uebel- thaͤters nicht zu ſeiner Abſicht, ſon- dern vielmehr die Beleidigung ſo wohl von einem ieden, als auch von der Re- publick, oder allen zuſammengenom- men abzuwenden.
§. 1050.
Was nicht ge- ſtraft werden koͤnne.
Weil die Menſchen von Natur kein Recht zu ſtrafen haben, auſſer nur wenn wircklich eine Beleidigung geſchehen iſt (§. 93.); ſo koͤnnen die innerlichen Handlungen, wenn ſie nicht aͤuſſerlich ausbrechen, nicht geſtrafet werden. Daher kann man auch der Jrrthuͤmer halber nie- mand beſtrafen, aber die Ausbreitung des Jrrthums iſt es, ſonderlich wenn man es verbothen hat, welche mit Strafe be- leget werden kann. Derowegen weil die Gottesverleugnung und der Deiſmus ebenfalls Jrrthuͤmer ſind, ſo ſind ſie der
Strafe
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III. Theil 2. Abth. 4. Hauptſtuͤck.
Strafrechtes, nicht in Betrachtung zu zie-
hen iſt (§. 156.); ſo iſt auch bey der Be-
ſtrafung der Privat- und oͤffentlichen
Verbrechen nicht auf die Wiederver-
geltung zu ſehen, ſondern man muß
den Verbrecher zur Strafe bald mit ei-
nem geringern Uebel, als er zugefuͤget
hat, belegen, wie es der Endzweck
der Strafe erfordert (§. 94.). Aus eben
der Urſache iſt auch ein Uebel an ſich ſelbſt
nicht alſo beſchaffen, daß es geſtraft
werden muͤſte, und der Regent des
Staats hat auch den Tod eines Uebel-
thaͤters nicht zu ſeiner Abſicht, ſon-
dern vielmehr die Beleidigung ſo wohl
von einem ieden, als auch von der Re-
publick, oder allen zuſammengenom-
men abzuwenden.
Wieder-
vergel-
tung zu
ſehen ha-
be.
§. 1050.
Weil die Menſchen von Natur kein Recht
zu ſtrafen haben, auſſer nur wenn wircklich
eine Beleidigung geſchehen iſt (§. 93.); ſo
koͤnnen die innerlichen Handlungen,
wenn ſie nicht aͤuſſerlich ausbrechen,
nicht geſtrafet werden. Daher kann
man auch der Jrrthuͤmer halber nie-
mand beſtrafen, aber die Ausbreitung
des Jrrthums iſt es, ſonderlich wenn man
es verbothen hat, welche mit Strafe be-
leget werden kann. Derowegen weil die
Gottesverleugnung und der Deiſmus
ebenfalls Jrrthuͤmer ſind, ſo ſind ſie der
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 760. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/796>, abgerufen am 21.11.2024.
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