Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Theil 1. Abth. 5. Hauptstück.
§. 921.
Von der
Erbfolge
der Kin-
der.

Da die Eltern das Glück der Kinder, so
viel an ihnen ist, befördern sollen (§. 892.);
so müssen sie, wenn sie sterben, ihr
Vermögen den Kindern hinterlassen.

Weil sie aber darauf bedacht seyn sollen, daß
wenn sie sterben sollten ehe die Kinder erzo-
gen, sie den unerzogenen Kindern ein Ver-
mögen hinterlassen, wovon die Auferziehungs-
kosten bestritten werden können (§. 896.); so
gehören, wenn einige von den Kin-
dern erzogen und andere unerzogen
sind, und das Vermögen, was sie hin-
terlassen, kaum zur Auferziehung der
Kinder hinreicht, diese Güter nach
dem Rechte der Natur den unerzoge-
nen Kindern, oder, wenn die Nutzung
dazu hinreicht, der Nießbrauch, so lan-
ge bis sie erzogen sind.
Aus eben diesem
Grunde versteht sich dieses von den
Großeltern und ihren Kindes-Kin-
dern
(§. 897.). Derowegen da man leib-
liche Erben
(haeredes suos) nennt, welche
von dem Verstorbenen herkommen; so sind
die Kinder im ersten und folgenden
Graden leibliche Erben.
Und da wir
nicht weniger vor das Glück der Kinder im
folgenden Grade, als in dem ersten sorgen sol-
len, wie bereits erwiesen worden; so treten,
wenn der Verstorbene Kinder im er-
sten und folgenden Graden hat, die
letztern auch nach dem Rechte der Na-

tur
III. Theil 1. Abth. 5. Hauptſtuͤck.
§. 921.
Von der
Erbfolge
der Kin-
der.

Da die Eltern das Gluͤck der Kinder, ſo
viel an ihnen iſt, befoͤrdern ſollen (§. 892.);
ſo muͤſſen ſie, wenn ſie ſterben, ihr
Vermoͤgen den Kindern hinterlaſſen.

Weil ſie aber darauf bedacht ſeyn ſollen, daß
wenn ſie ſterben ſollten ehe die Kinder erzo-
gen, ſie den unerzogenen Kindern ein Ver-
moͤgen hinterlaſſen, wovon die Auferziehungs-
koſten beſtritten werden koͤnnen (§. 896.); ſo
gehoͤren, wenn einige von den Kin-
dern erzogen und andere unerzogen
ſind, und das Vermoͤgen, was ſie hin-
terlaſſen, kaum zur Auferziehung der
Kinder hinreicht, dieſe Guͤter nach
dem Rechte der Natur den unerzoge-
nen Kindern, oder, wenn die Nutzung
dazu hinreicht, der Nießbrauch, ſo lan-
ge bis ſie erzogen ſind.
Aus eben dieſem
Grunde verſteht ſich dieſes von den
Großeltern und ihren Kindes-Kin-
dern
(§. 897.). Derowegen da man leib-
liche Erben
(hæredes ſuos) nennt, welche
von dem Verſtorbenen herkommen; ſo ſind
die Kinder im erſten und folgenden
Graden leibliche Erben.
Und da wir
nicht weniger vor das Gluͤck der Kinder im
folgenden Grade, als in dem erſten ſorgen ſol-
len, wie bereits erwieſen worden; ſo treten,
wenn der Verſtorbene Kinder im er-
ſten und folgenden Graden hat, die
letztern auch nach dem Rechte der Na-

tur
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0704" n="668"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq">III.</hi> <hi rendition="#b">Theil 1. Abth. 5. Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi> </fw><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 921.</head><lb/>
                <note place="left">Von der<lb/>
Erbfolge<lb/>
der Kin-<lb/>
der.</note>
                <p>Da <hi rendition="#fr">die Eltern</hi> das Glu&#x0364;ck der Kinder, &#x017F;o<lb/>
viel an ihnen i&#x017F;t, befo&#x0364;rdern &#x017F;ollen (§. 892.);<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie, wenn &#x017F;ie &#x017F;terben, ihr<lb/>
Vermo&#x0364;gen den Kindern hinterla&#x017F;&#x017F;en.</hi><lb/>
Weil &#x017F;ie aber darauf bedacht &#x017F;eyn &#x017F;ollen, daß<lb/>
wenn &#x017F;ie &#x017F;terben &#x017F;ollten ehe die Kinder erzo-<lb/>
gen, &#x017F;ie den unerzogenen Kindern ein Ver-<lb/>
mo&#x0364;gen hinterla&#x017F;&#x017F;en, wovon die Auferziehungs-<lb/>
ko&#x017F;ten be&#x017F;tritten werden ko&#x0364;nnen (§. 896.); <hi rendition="#fr">&#x017F;o<lb/>
geho&#x0364;ren, wenn einige von den Kin-<lb/>
dern erzogen und andere unerzogen<lb/>
&#x017F;ind, und das Vermo&#x0364;gen, was &#x017F;ie hin-<lb/>
terla&#x017F;&#x017F;en, kaum zur Auferziehung der<lb/>
Kinder hinreicht, die&#x017F;e Gu&#x0364;ter nach<lb/>
dem Rechte der Natur den unerzoge-<lb/>
nen Kindern, oder, wenn die Nutzung<lb/>
dazu hinreicht, der Nießbrauch, &#x017F;o lan-<lb/>
ge bis &#x017F;ie erzogen &#x017F;ind.</hi> Aus eben die&#x017F;em<lb/>
Grunde <hi rendition="#fr">ver&#x017F;teht &#x017F;ich die&#x017F;es von den<lb/>
Großeltern und ihren Kindes-Kin-<lb/>
dern</hi> (§. 897.). Derowegen da man <hi rendition="#fr">leib-<lb/>
liche Erben</hi> <hi rendition="#aq">(hæredes &#x017F;uos)</hi> nennt, welche<lb/>
von dem Ver&#x017F;torbenen herkommen; <hi rendition="#fr">&#x017F;o &#x017F;ind<lb/>
die Kinder im er&#x017F;ten und folgenden<lb/>
Graden leibliche Erben.</hi> Und da wir<lb/>
nicht weniger vor das Glu&#x0364;ck der Kinder im<lb/>
folgenden Grade, als in dem er&#x017F;ten &#x017F;orgen &#x017F;ol-<lb/>
len, wie bereits erwie&#x017F;en worden; <hi rendition="#fr">&#x017F;o treten,<lb/>
wenn der Ver&#x017F;torbene Kinder im er-<lb/>
&#x017F;ten und folgenden Graden hat, die<lb/>
letztern auch nach dem Rechte der Na-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">tur</hi></fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[668/0704] III. Theil 1. Abth. 5. Hauptſtuͤck. §. 921. Da die Eltern das Gluͤck der Kinder, ſo viel an ihnen iſt, befoͤrdern ſollen (§. 892.); ſo muͤſſen ſie, wenn ſie ſterben, ihr Vermoͤgen den Kindern hinterlaſſen. Weil ſie aber darauf bedacht ſeyn ſollen, daß wenn ſie ſterben ſollten ehe die Kinder erzo- gen, ſie den unerzogenen Kindern ein Ver- moͤgen hinterlaſſen, wovon die Auferziehungs- koſten beſtritten werden koͤnnen (§. 896.); ſo gehoͤren, wenn einige von den Kin- dern erzogen und andere unerzogen ſind, und das Vermoͤgen, was ſie hin- terlaſſen, kaum zur Auferziehung der Kinder hinreicht, dieſe Guͤter nach dem Rechte der Natur den unerzoge- nen Kindern, oder, wenn die Nutzung dazu hinreicht, der Nießbrauch, ſo lan- ge bis ſie erzogen ſind. Aus eben dieſem Grunde verſteht ſich dieſes von den Großeltern und ihren Kindes-Kin- dern (§. 897.). Derowegen da man leib- liche Erben (hæredes ſuos) nennt, welche von dem Verſtorbenen herkommen; ſo ſind die Kinder im erſten und folgenden Graden leibliche Erben. Und da wir nicht weniger vor das Gluͤck der Kinder im folgenden Grade, als in dem erſten ſorgen ſol- len, wie bereits erwieſen worden; ſo treten, wenn der Verſtorbene Kinder im er- ſten und folgenden Graden hat, die letztern auch nach dem Rechte der Na- tur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/704
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 668. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/704>, abgerufen am 21.12.2024.