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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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II. Theil 19. Hauptstück.
klären, daß es mit jenem übereinkommt.
Und weil die, welche die Kürtze im Reden lie-
ben, in ihren Worten sich entweder auf das
vorhergehende, oder nachfolgende beziehen; so
muß man die Auslegung dergestalt ma-
chen, daß das vorhergehende und nach-
folgende mit einander übereinstimme,
wofern es nicht offenbar erhellet, daß
das vorhergehende durchs nachfolgen-
de geändert worden sey.

§. 806.
Von der
Ausle-
gung aus
den Be-
wegungs-
gründen
des Wil-
lens.

Es ist bekannt, daß der Wille durch Be-
wegungsgründe bestimmt wird, welche ein
hinreichender Grund des Wollens sind. Wenn
bekannt ist, was für ein Grund
einig
und allein einen etwas zu wollen be-
wogen hat, oder warum er dieses ge-
wollt hat; so muß man die Worte
auslegen, daß sie damit übereinkom-
men;
folglich wenn mehrere Gründe
zusammen genommen einen Bewe-
gungsgrund ausmachen, daß sie mit
denselben zusammen genommen, wenn
sie aber getheilt den Bewegungsgrund
ausmachen, daß sie mit denselben ge-
theilt
(divisim) übereinstimmen.

§. 807.
Von de-
nen Wör-
tern, die
man so
anneh-
men
muß, wie

Es erhellet leicht vor sich, daß wenn ein
Wort und eine Redensart sich auf et-
was beziehen, die Bedeutung dersel-
ben, die sie an und vor sich selbst ge-
nommen
(si simpliciter sumitur) haben,

also

II. Theil 19. Hauptſtuͤck.
klaͤren, daß es mit jenem uͤbereinkommt.
Und weil die, welche die Kuͤrtze im Reden lie-
ben, in ihren Worten ſich entweder auf das
vorhergehende, oder nachfolgende beziehen; ſo
muß man die Auslegung dergeſtalt ma-
chen, daß das vorhergehende und nach-
folgende mit einander uͤbereinſtimme,
wofern es nicht offenbar erhellet, daß
das vorhergehende durchs nachfolgen-
de geaͤndert worden ſey.

§. 806.
Von der
Ausle-
gung aus
den Be-
wegungs-
gruͤnden
des Wil-
lens.

Es iſt bekannt, daß der Wille durch Be-
wegungsgruͤnde beſtimmt wird, welche ein
hinreichender Grund des Wollens ſind. Wenn
bekannt iſt, was fuͤr ein Grund
einig
und allein einen etwas zu wollen be-
wogen hat, oder warum er dieſes ge-
wollt hat; ſo muß man die Worte
auslegen, daß ſie damit uͤbereinkom-
men;
folglich wenn mehrere Gruͤnde
zuſammen genommen einen Bewe-
gungsgrund ausmachen, daß ſie mit
denſelben zuſammen genommen, wenn
ſie aber getheilt den Bewegungsgrund
ausmachen, daß ſie mit denſelben ge-
theilt
(diviſim) uͤbereinſtimmen.

§. 807.
Von de-
nen Woͤr-
tern, die
man ſo
anneh-
men
muß, wie

Es erhellet leicht vor ſich, daß wenn ein
Wort und eine Redensart ſich auf et-
was beziehen, die Bedeutung derſel-
ben, die ſie an und vor ſich ſelbſt ge-
nommen
(ſi ſimpliciter ſumitur) haben,

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[594/0630] II. Theil 19. Hauptſtuͤck. klaͤren, daß es mit jenem uͤbereinkommt. Und weil die, welche die Kuͤrtze im Reden lie- ben, in ihren Worten ſich entweder auf das vorhergehende, oder nachfolgende beziehen; ſo muß man die Auslegung dergeſtalt ma- chen, daß das vorhergehende und nach- folgende mit einander uͤbereinſtimme, wofern es nicht offenbar erhellet, daß das vorhergehende durchs nachfolgen- de geaͤndert worden ſey. §. 806. Es iſt bekannt, daß der Wille durch Be- wegungsgruͤnde beſtimmt wird, welche ein hinreichender Grund des Wollens ſind. Wenn bekannt iſt, was fuͤr ein Grund einig und allein einen etwas zu wollen be- wogen hat, oder warum er dieſes ge- wollt hat; ſo muß man die Worte auslegen, daß ſie damit uͤbereinkom- men; folglich wenn mehrere Gruͤnde zuſammen genommen einen Bewe- gungsgrund ausmachen, daß ſie mit denſelben zuſammen genommen, wenn ſie aber getheilt den Bewegungsgrund ausmachen, daß ſie mit denſelben ge- theilt (diviſim) uͤbereinſtimmen. §. 807. Es erhellet leicht vor ſich, daß wenn ein Wort und eine Redensart ſich auf et- was beziehen, die Bedeutung derſel- ben, die ſie an und vor ſich ſelbſt ge- nommen (ſi ſimpliciter ſumitur) haben, alſo

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/630>, abgerufen am 21.12.2024.